Entscheidungen finden

Wie hat der Presserat entschieden?

Rüge, Missbilligung oder Hinweis, wie hat der Presserat entschieden? Hier können Sie online in der Spruchpraxis des Presserats eine Auswahl an Beschwerdefällen von 1985 bis heute recherchieren.

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Sie müssen dazu immer das volle Aktenzeichen eingeben, also 0123/24/3-BA.

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Entscheidungsjahr
7053 Entscheidungen

Der schreckliche Tod eines Mädchens

„Michelle kämpfte mit ihrem Killer“ titelt eine Boulevardzeitung. Der Artikel gibt im Wesentlichen Zeugenaussagen und vorläufige Ermittlungsergebnisse der Polizei im Zusammenhang mit dem Tod der Achtjährigen wieder. Die Redaktion stellt verschiedene Szenarien dar, wie sich die Tötung des Mädchens abgespielt haben könnte. In dem Artikel heißt es unter anderem: „Stundenlang muss ihr Martyrium gedauert haben, ehe der Mörder sie erstickte. Ob er sie strangulierte oder mit bloßen Händen den Hals zudrückte, ist noch unklar. Sicher ist, dass er äußerst brutal gewesen sein muss; eine Gerichtsmedizinerin soll bei der Obduktion sogar einen Nervenzusammenbruch erlitten haben. Michelles Leiche hatte blaue Flecken, ihr fehlten ganze Haarbüschel.“ Es sei – so die Zeitung weiter – ungeklärt, ob der Mörder Michelle durch den Wald geschleift habe, eher er sie in den Ententeich warf. Zu dem Bericht erhält der Presserat Beschwerden von zwei Lesern. Der eine moniert, aus dem Artikel gehe nicht hervor, aus welchen Quellen die wiedergegebenen Informationen stammten. Die Behörden hätten eine Nachrichtensperre verhängt. Schon deshalb sei es sehr zweifelhaft, ob die im Bericht genannten Fakten überhaupt stimmten. Michelles Eltern, so deren Anwältin, seien von den Behörden aus Rücksichtnahme nicht über Details der Tat informiert worden. So hätten sie erst aus der Zeitung von diesen erfahren. Der Artikel widerspreche jeglicher Ethik und berühre unnötigerweise die Privatsphäre der Eltern. Eine Darstellung wie in diesem Fall stelle Gewalt und Brutalität unnötig sensationell dar. Eine weitere Beschwerdeführerin hält den Artikel ebenfalls für unangemessen sensationell. Die geschilderten Details würden die Traumata der Hinterbliebenen noch verstärken. Durch die Berichterstattung sei die Arbeit der Polizei behindert worden. Die von der Zeitung wiedergegebenen Informationen hätten nicht veröffentlicht werden dürfen. Sie – die Beschwerdeführerin – fühle sich persönlich vom dem Artikel betroffen: Im Alter von neun Jahren habe sie einen Klassenkameraden durch Mord verloren. Jetzt koche durch diesen Artikel noch einmal alles hoch. Die Rechtsabteilung der Zeitung ist der Auffassung, der Fall Michelle sei nach wie vor im öffentlichen Bewusstsein. Schon deshalb sei die Berichterstattung gerechtfertigt. Der mutmaßliche Kindesmörder sei nach wie vor auf freiem Fuß. Die Polizei ermittle weiter, jedoch bislang ohne Ergebnis. Es habe nie eine Nachrichtensperre gegeben. Dies habe der zuständige Polizeipräsident gegenüber dem Chefredakteur der Zeitung eingeräumt. Daher sei die Polizei auch nicht in ihrer Arbeit behindert worden. Überdies habe die Zeitung bewusst darauf verzichtet, auf Einzelheiten aus dem Obduktionsbericht einzugehen. Sie habe nicht „unnötig sensationell“ berichtet, sondern lediglich über ein brutales Verbrechen informiert. Es sei Aufgabe der Presse, über Grausamkeiten und Brutalitäten zu berichten, die das Gemeinwesen berührten und beunruhigende Entwicklungen widerspiegelten. Schließlich bedauert die Rechtsabteilung, dass Leser durch den Artikel traumatisiert werden könnten. Grund dafür sei jedoch nicht eine etwaige Verletzung ethischer Grundsätze, sondern allein die Grausamkeit des Verbrechens. (2008)

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Anführungszeichen – ja oder nein?

„Koch schadet Deutschlands Ruf“ – so lautet die Überschrift des Aufmachers auf Seite 1 in einer Regionalzeitung. Ohne Anführungszeichen. Im Interview mit der Zeitung hat sich Außenminister Steinmeier im Vorfeld der hessischen Landtagswahl sinngemäß so geäußert. Im Text zitiert die Zeitung Steinmeier. Die Kampagne Kochs gegen kriminelle Ausländer – und jetzt wörtlich - „ist nicht gut für unseren Ruf“. Ein Leser sieht in der Überschrift einen Verstoß gegen Ziffer 2 des Pressekodex. Darin ist die journalistische Sorgfaltspflicht geregelt. Das Steinmeier-Zitat sei nicht in Anführungszeichen gesetzt und somit nicht als solches erkennbar. Es sei für den Leser nicht erkennbar, ob es sich bei der Aussage in der Überschrift um eine Nachricht oder eine Meinungsäußerung handelt. Die Rechtsabteilung der Zeitung stellt fest, Anführungszeichen in der Titelzeile seien in diesem Blatt grundsätzlich nicht üblich. Dies gelte vor allem, wenn sich aus dem Zusammenhang mit der Unterzeile ergebe, dass es sich bei der Titelzeile um eine – wenn hier auch gekürzte - Äußerung handele, die im Rahmen des Interviews mit Frank-Walter Steinmeier gefallen sei. Sowohl aus der Unterzeile des Aufmachers wie auch im ersten Absatz des Textes werde deutlich, dass es sich bei der Äußerung um ein Zitat handele. (2008)

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Behauptungen als Tatsachen dargestellt

Eine überregionale Zeitung schildert einen Polizeieinsatz und berichtet Einzelheiten aus einem dabei gedrehten Videofilm. Der Beitrag ist mit Fotos aus dem Film illustriert. Darin heißt es: „Hier ist zu sehen, wie der von der Polizei zur Bewusstlosigkeit verprügelte Florian S. aus dem Rettungswagen geholt und dann zur Davidwache in St. Pauli transportiert wurde. Dabei hätte er nach der brutalen Behandlung durch die Beamten dringend ärztliche Hilfe nötig gehabt“. Im weiteren Verlauf wird die Ohnmacht von Florian S. geschildert: „Florian versuchte sich zu entfernen, da griff ein Uniformierter an und versetzte ihm einen Faustschlag ins Gesicht“. In dem Artikel wird ein Polizeisprecher zitiert, der den Einsatz aus Sicht der Beamten schildert. Einen Tag später berichtet die Zeitung unter der Überschrift „Empörung über Polizeiübergriffe“ von einer Pressekonferenz, bei der der Film gezeigt wurde. Dabei wurde Florian S. vorgeworfen, simuliert zu haben. Andere Sprecher verlangten ein Ermittlungsverfahren gegen die Polizeibeamten. Dass ein Vorermittlungsverfahren eingeleitet wurde, bestätigt ein Sprecher der Staatsanwaltschaft. Der Beschwerdeführer, Sprecher der Polizei und selbst Betroffener in diesem Fall, sieht einen Verstoß gegen Ziffer 2 des Pressekodex (Journalistische Sorgfaltspflicht). In dem Artikel würde eine Reihe von Behauptungen als Tatsachen dargestellt, ohne dass diese als solche erkennbar seien. Der Ermittlungsstand der Polizei sei anders. Florian S. sei von Polizeibeamten weder verprügelt noch angegriffen worden. Vielmehr habe dieser Polizeibeamte angegriffen, als sie seine Personalien feststellen wollten. Ein Ermittlungsverfahren wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte sei daraufhin gegen den 21-Jährigen eingeleitet worden. Die Schilderung der Vorgänge im Rettungswagen sei falsch. Nachdem der scheinbar bewusstlose junge Mann in den Wagen gebracht worden sei, habe er plötzlich versucht, zu fliehen. Die Polizisten hätten dies verhindert. Florian S. sei wiederum scheinbar bewusstlos geworden. Die Polizei habe einen Rettungswagen gerufen, der den Mann ins Krankenhaus gebracht habe. Der Beschwerdeführer wirft der Redaktion vor, sie habe schon einen Tag vor der Berichterstattung gewusst, dass die Notärztin erhebliche Zweifel am Zustand von Florian S. gehabt habe. Zitat: „Der war nie bewusstlos“. Abschließend informiert der Beschwerdeführer über eine gegen die Zeitung erwirkte Gegendarstellung. Die Chefredaktion der Zeitung hat diese Gegendarstellung unabhängig von ihrem Wahrheitsgehalt veröffentlicht. Zum Vorwurf, die journalistische Sorgfaltspflicht verletzt zu haben, teilt sie mit, der Autor der Beiträge habe einen entsprechenden Videofilm ausgewertet. Sie hält die Berichterstattung für korrekt. Sie informiert darüber, dass der Videofilm inzwischen der Generalstaatsanwaltschaft übergeben worden sei, die im Fall von Florian S. ein Ermittlungsverfahren gegen Polizisten wegen des Verdachts der Körperverletzung eingeleitet habe. (2008)

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Gerangel um eine interne Ausschreibung

Die Leiterin eines Umweltamts in einer Kleinstadt will nach Ablauf ihrer Wahlperiode weitermachen. Sie bewirbt sich auf die interne Ausschreibung, doch wird ihr eine andere Bewerberin vorgezogen. Die örtliche Zeitung berichtet, manche Kommunalpolitiker vermuteten einen parteipolitischen Schachzug. Nach ihrer Meinung sei eine interne Ausschreibung gar nicht nötig gewesen, da das Innenministerium der Übernahme der Behördenchefin zugestimmt habe. Der Beschwerdeführer sieht in dem Beitrag einen Verstoß gegen den Pressekodex. Er kritisiert vor allem diese Textpassage: „Theoretisch hätte sich die Dezernentin gar nicht bewerben dürfen, da sie nicht zu den internen Mitarbeitern zählt, doch ist in Anbetracht der ungewöhnlichen Situation eine Ausnahme gemacht worden.“ Der Beschwerdeführer sieht darin eine falsche Tatsachenbehauptung. Er beruft sich auf die Kommunalverfassung des Bundeslandes, Danach sei der Ausschluss einer Beigeordneten von einer internen Stellenausschreibung benachteiligend. Eine Sonderregelung werde nicht – wie von der Zeitung suggeriert – praktiziert. Mit dieser falschen Darstellung verletze die Autorin des Beitrags ihre Sorgfaltspflicht. Es werde der Eindruck vermittelt, dass eine ungewöhnliche Situation sehr wohl eine Ausnahme, sprich Rechtsbruch, rechtfertige. Die Redaktionsleitung verweist auf eine Aussage der Landrätin im nicht-öffentlichen Sitzungsteil des Kreistages. Ihre Aussage sei bereits in vorangegangenen Berichten zitiert worden, ohne dass die Behördenleiterin oder der Beschwerdeführer reagiert hätten. Beide hätten auch kein klärendes Gespräch mit der Redaktion gesucht. Die Kommunalpolitikerin sei für sieben Jahre als Beigeordnete gewählt worden und lediglich über diesen Weg in die Kreisverwaltung gekommen. Zuvor habe sie nicht im Landratsamt gearbeitet. Sie sei also befristet angestellt im Wahlbeamtenverhältnis und habe zu keiner Zeit einen Arbeitsvertrag gehabt. Ihr Wahlbeamtenverhältnis habe nur während der Wahlperiode bestanden. Nach deren Ablauf sei sie also automatisch ausgeschieden. Da sie als Beigeordnete auch das Umweltamt geleitet habe, habe der Landkreis diese Stelle neu besetzen müssen. Es sei eine interne Ausschreibung erfolgt, auf die sich nur Mitarbeiter hätten bewerben können. Die Behördenchefin sei zu diesem Zeitpunkt bereits als Beigeordnete verabschiedet worden und somit keine Mitarbeiterin der Verwaltung mehr gewesen. Dennoch habe man ihr gestattet, sich zu bewerben. Fünf Männer und fünf Frauen hätten sich beworben; eine Kommission habe ihre Entscheidung getroffen. (2008)

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Persönlichkeitsrechte nicht verletzt

Eine Regionalzeitung berichtet über einen Rettungseinsatz. 18 Kinder einer Grundschule waren durch austretendes Gas in einem Klassenzimmer verletzt worden. Zum Artikel gehören drei Fotos. Darauf sind Feuerwehrleute im Einsatz zu sehen sowie ein Junge, der sich eine Atemschutzmaske vor das Gesicht hält. Das größte der drei Bilder zeigt zwei Jungen, die aus einem Krankenwagen herausschauen. Im Vordergrund sind zwei Rettungskräfte zu sehen, einer von hinten. Die Gesichter der Jungen sind klar zu erkennen. Der Beschwerdeführer, ein Leser der Zeitung, sieht in der Wiedergabe dieses Fotos einen Verstoß gegen Ziffer 8 der Pressekodex (Persönlichkeitsrechte). Aus seiner Sicht hätten die Gesichter der Jungen gepixelt werden müssen. Die Chefredaktion der Zeitung steht auf dem Standpunkt, es liege kein Verstoß gegen Ziffer 8 und hier besonders gegen Richtlinie 8.1 vor. Mit seiner Beschwerde versuche der Beschwerdeführer offensichtlich, die beiden abgebildeten Jungen in die Nähe von Opfern oder Tätern im Sinne der Richtlinie zu rücken. Das Foto mache jedoch deutlich, dass die beiden erkennbar nicht zu den Opfern bzw. Verletzten gehören. Tatsächlich seien sie routinemäßig in dem Rettungswagen untersucht worden. Auch sei das Foto nicht unangemessen sensationell. Es zeige lediglich einen Ausschnitt aus dem Einsatz der Rettungskräfte vor Ort. Der Chefredakteur schließt mit dem Hinweis, dass aufgrund der Ungewöhnlichkeit des Gasaustritts und der Ungewissheit über die Ursachen ein öffentliches Interesse an der Berichterstattung auch in Form dieses Fotodokuments bestanden habe. (2008)

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Moderne „Kinderlieder“ und ihre Texte

Eine überregionale Zeitung veröffentlicht unter der Überschrift „Moderne Kinderlieder“ zwei Liedtexte, einen von „Lady Bitch Ray“, einen anderen vom Rapper „Frauenarzt“. Textproben: „Du kriegst meine Spezialtherapie Boy, die Fellatiogenitaltherapie Boy. Guck was diese Zunge mit deiner Eichel macht. Guck dir meine Muschi an und streichel mal – ich trag nichts drunter, das macht dich rattengeil.“ Und: „Es dauert nicht lange, schon warn wir bei ihr zu Haus und fünf Minuten später zog sie sich nackt für uns aus. Wir fickten sie kaputt danach spritzten wir sie voll und eh wir es vergessen, ihr Name war Nicole“. Ein Leser wirft der Zeitung vor, dass der Beitrag pornografische Textstellen enthalte, die für jedermann – auch Jugendliche – einsehbar seien. Von Freiheit der Künste könne keine Rede sein. Der Chefredakteur der Zeitung verweist auf den Kontext der Liedtexte. Sie gehörten zu einem zweiseitigen „Thema des Tages“. Dabei beklagten Sozialarbeiter, Eltern und Kirchenvertreter die zunehmende Pornografie vor allem im Internet. Diese erschwere den Jugendlichen die Entwicklung einer eigenen, selbstbestimmten Sexualität. Die Redaktion habe dokumentiert, wie weit die beklagte Entwicklung fortgeschritten sei. Die Texte seien im Internet frei zugänglich und stammten von Interpreten, die bei Jugendlichen sehr beliebt seien. Die Überschrift sei bewusst neutral gewählt. Keine der Textstellen sei besonders hervorgehoben worden. (2008)

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Mutmaßlicher Exhibitionist identifizierbar

Verdacht als Tatsache dargestellt

Im Bericht einer Regionalzeitung ist davon die Rede, dass die örtliche Junge Union an einem rechtsextremen Eklat beteiligt gewesen sei. Vor einem „autonomen Haus“ in der Stadt sei der Hitler-Gruß entboten worden. Mit dabei – so die Zeitung – der frühere JU-Vorsitzende (in diesem Fall auch Beschwerdeführer) sowie ein früheres CDU-Ratsmitglied. Im kritisierten Beitrag zitiert die Zeitung einen SPD-Ratsherrn, der den Vorfall beobachtet haben will. Auch andere Beobachter sollen der Redaktion den Vorfall bestätigt haben. Am nächsten Tag berichtet die Zeitung von Ermittlungen der Staatsanwaltschaft gegen die Beteiligten. Auch von Parteiausschlussverfahren ist die Rede. Kurz darauf erscheint ein weiterer Bericht. Im Verlauf einer Sondersitzung des CDU-Kreisverbandes habe der frühere JU-Vorsitzende die gegen ihn erhobenen Vorwürfe zurückgewiesen und seinerseits die Staatsanwaltschaft eingeschaltet. Gegen den SPD-Ratsherrn laufe ein Verfahren wegen Verleumdung. Der persönlich betroffene Beschwerdeführer wirft der Zeitung unwahre Berichterstattung vor. Der Anruf des SPD-Ratsherrn sei die einzige Information der Redaktion gewesen. Die von ihm genannten Beobachter der Geschehnisse hätten sich bis heute nicht bei der Polizei gemeldet. Die Zeitung sei einer Fehlinformation aufgesessen. Bei sorgfältiger Recherche hätte dies vermieden werden können. Im Nachgang zu seinem Beschwerdeschreiben übersendet der Beschwerdeführer die Kopie eines Schreibens der Staatsanwaltschaft. Darin wird ihm die Einstellung des Verfahrens mitgeteilt. Der Chefredakteur der Zeitung weist den Vorwurf der Verletzung des Pressekodex zurück. Unabhängig davon habe die Redaktion in einer späteren Ausgabe ihr Bedauern darüber zum Ausdruck gebracht, dass durch die Berichterstattung eine öffentliche Diskussion in Gang gesetzt worden sei, die dem Beschwerdeführer geschadet habe. Der Chefredakteur hält die Aussage des SPD-Ratsherrn für glaubhaft. Dieser habe sich seinerseits auf Zeugen berufen. Die Angelegenheit habe zu viel Staub aufgewirbelt, als dass man sie hätte verschweigen dürfen. Es sei geradezu die Pflicht der Zeitung gewesen, darüber zu berichten. Einer der Beteiligten sei vor kurzem aus der CDU ausgetreten und damit einem Parteiausschlussverfahren zuvorgekommen. Hintergrund seien seine Kontakte zur rechten Szene gewesen. Auch darüber sei ausführlich berichtet worden. Zudem sei in der Sache immer in einschränkender Form („soll… haben“) berichtet worden. Schließlich informiert der Chefredakteur darüber, dass eine vom Beschwerdeführer abgegebene Gegendarstellung unmittelbar nach ihrem Eingang veröffentlicht worden sei. (2008)

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Unbewiesene Tatsachen in der Überschrift

Von einem rechtsextremen Eklat berichtet eine Regionalzeitung. In der Überschrift heißt es, an dem Vorfall sei die örtliche Junge Union beteiligt gewesen. Ein namentlich genanntes früheres CDU-Mitglied habe den Hitler-Gruß gezeigt und gepöbelt. Die Zeitung zitiert ein SPD-Ratsmitglied, das den Vorfall beobachtet haben will. Andere Augenzeugen sollen der Zeitung gegenüber die Vorkommnisse bestätigt haben. Einer der Betroffenen tritt als Beschwerdeführer auf. Er habe sich als Gast einer privaten Party vor Ort aufgehalten. Als es zwischen zwei Gästen zum Streit gekommen sei, habe sich der private Sicherheitsdienst der Party eingeschaltet. Die Schilderung der Zeitung, er habe innerhalb einer etwa dreißigköpfigen Gruppe gegrölt und den Hitler-Gruß entboten, habe ihn geschockt. Wegen falscher Verdächtigung und Verleumdung habe er bei der Polizei Anzeige erstattet. Bis heute gebe es keine Zeugen für die behaupteten Vorfälle. Der Beschwerdeführer spricht persönlich und beruflich von Rufschädigung durch die Zeitung. Die Behauptung, er habe den Hitler-Gruß gezeigt und gepöbelt, sei nicht einmal mit einem Fragezeichen versehen worden. Der Artikel enthalte Fehler, die bei sorgfältiger Recherche hätten vermieden werden können. Später teilt der Beschwerdeführer mit, dass ein Ermittlungsverfahren gegen ihn eingestellt worden sei. Mehr als zwanzig Zeugen seien vernommen worden. Nur einer von ihnen habe eine vermummte Gestalt wahrgenommen, die den Hitler-Gruß gezeigt habe. Alle anderen hätten ausgesagt, dass die von der Zeitung behaupteten Vorfälle sich nicht ereignet hätten. In einem weiteren Bericht bedauert die Zeitung zwar ihre Berichterstattung, schreibt aber gleichzeitig, dass sich ihre Informanten geweigert hätten, bei der Polizei auszusagen. Die Chefredaktion stellt fest, die Redaktion habe ihr Bedauern darüber zum Ausdruck gebracht, dass durch die Berichterstattung eine öffentliche Diskussion in Gang gesetzt worden sei, die dem Beschwerdeführer geschadet habe. Entgegen der Meinung des Beschwerdeführers habe sich die Redaktion nicht mit der Aussage des SPD-Ratsherrn zufrieden gegeben. Sie habe mit zwei Zeugen aus der autonomen Szene gesprochen, die sich in früheren Fällen als durchaus seriöse Informanten erwiesen hätten. Insgesamt ziehe sich die Einschränkung, dass die Untersuchung des Vorfalls noch nicht abgeschlossen ist, wie ein roter Faden durch die Berichterstattung. Dem Leser werde eindeutig mitgeteilt, dass es sich um eine Verdachtsberichterstattung handele. Schließlich sei eine vom Beschwerdeführer angestrengte Gegendarstellung unmittelbar nach ihrem Eingang veröffentlicht worden. (2008)

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Wahlkampfanzeige nicht als Werbung gekennzeichnet

Einen Tag vor der Kreistagswahl erscheint in einer Regionalzeitung eine Wahlwerbung des amtierenden CSU-Landrats. Die Anzeige ist blatthoch, schwarz-weiß und ist von einer Linie umgeben. Daneben steht ein redaktioneller Beitrag, in dem die Redaktion Wahlverfahren und Stimmzettelmodalitäten erläutert. Ein Leser sieht in der Kombination von Anzeige und redaktionellem Beitrag einen Fall von Schleichwerbung. Erst bei wiederholtem Hinsehen falle dem Leser auf, „dass es sich bei dem in Aufmachung und Art bewusst an den Artikel angelehnten Beitrag eher um eine bezahlte Werbung der CSU handelt“. Bei allen anderen Parteiwerbungen in der Ausgabe werde die Wahlwerbung deutlich mit dem Wort „Anzeige“ gekennzeichnet und auch grafisch deutlich vom redaktionellen Umfeld abgegrenzt. Nur bei der Anzeige des Landrats fehle dieser Hinweis. Nach Auffassung der Geschäftsleitung der Zeitung handelt es sich bei der beanstandeten Anzeige nicht um eine „irreführend gestaltete Werbung für die CSU, sondern um eine vom Kunden fertig gelieferte Anzeige“. Die Unterstellung des Beschwerdeführers, die Redaktion arbeite mit dem Kalkül, Ältere und Unwissende zu täuschen, weist die Verlagsleitung zurück. Die jetzt beanstandete Anzeige hebe sich deutlich vom redaktionellen Umfeld ab. Die Trennung sei eindeutig. Die Platzierung der Anzeige auf dieser Seite, so räumt die Geschäftsleitung ein, war unglücklich. Die Redaktion habe bei der Gestaltung des redaktionellen Teils nichts vom Inhalt der daneben platzierten Anzeige gewusst. Die Verantwortlichen seien bereits zu erhöhter Sensibilität in derartigen Fragen ermahnt worden. (2008)

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