Wie hat der Presserat entschieden?
Rüge, Missbilligung oder Hinweis, wie hat der Presserat entschieden? Hier können Sie online in der Spruchpraxis des Presserats eine Auswahl an Beschwerdefällen von 1985 bis heute recherchieren.
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7053 Entscheidungen
Unter der Überschrift „Linke Gewalt nimmt dramatisch zu“ berichtet eine überregionale Tageszeitung über die Entwicklung von politisch motivierten Straftaten von 2001 bis 2007. Ein Leser ist mit dem Wort „dramatisch“ nicht einverstanden. Er teilt mit, dass die Zahl der Gewaltdelikte im angegebenen Zeitraum lediglich um 3,1 Prozent zugenommen habe. Hier von „dramatisch“ zu sprechen, verfälsche die Tatsachen. Nach Darstellung des Chefredakteurs der Zeitung beschreibe das kritische Wort nicht allein die Steigerung der linken Gewalttaten. Es beziehe sich auch auf deren „Qualität“. Der Bundesinnenminister habe auf die zunehmende Brutalität hingewiesen. Der Chefredakteur zitiert eine andere überregionale Zeitung: „Linksextreme Straftäter in Deutschland werden brutaler, sie verübten im vergangenen Jahr mehr Straftaten als je zuvor seit Einführung der entsprechenden Deliktstatistik. Das kann man dem Bericht des Innenministeriums zur Entwicklung politischer Kriminalität entnehmen.“ Auch eine Nachrichtenagentur habe den Innenminister im Zusammenhang mit der linksextremen Gewalt mit den Worten „(…) massive Gewalttaten gegen Polizeikräfte“ zitiert. Von einer Verzerrung der Tatsachen in der Überschrift, wie vom Beschwerdeführer kritisiert, könne keine Rede sein. (2008)
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Eine Regionalzeitung berichtet auf der Titelseite unter der Überschrift „Keine Seuchengefahr durch ´Hexenhaus´“ über eine Frau, die mit einer Vielzahl von Tieren und bis zu hundert Tierkadavern in einem Haus gelebt hat. Laut Auskunft eines Nachbarn sei die Frau vor fünf Jahren aus England zugezogen. Ein Beitrag im Innenteil der Zeitung unter der Überschrift „41 Tiere lebend aus ´Hexenhaus´ geborgen“ ist mit zwei Fotos illustriert. Das eine zeigt das Haus von außen; das zweite wurde von außen aufgenommen und bildet Tierkäfige und Verschmutzungen ab. Die von der Berichterstattung betroffene Frau stößt sich vor allem daran, dass Fotos vom Haus und von einem Innenraum des Gebäudes veröffentlicht worden seien. Dies habe Sachbeschädigung und Diebstahl zur Folge gehabt. Schaulustige seien auf dem Grundstück angetroffen worden. Sie beanstandet die detaillierte Beschreibung ihrer Person, durch die sie in ihrem Umfeld erkennbar sei. Der Chefredakteur der kritisierten Zeitung hält der Beschwerde das Argument des in diesem Fall besonders großen öffentlichen Interesses entgegen. Es handele sich hier um einen besonders krassen Fall von Verstößen gegen das Tierschutzgesetz, den die Polizei sehr detailliert und mit vielen Fotos öffentlich gemacht habe. Die bundesweite Berichterstattung in Zeitungen, Agenturen und im Internet ließen Zweifel aufkommen, dass ausgerechnet die Fotos in dieser Zeitung zur Unruhe im Umfeld der Beschwerdeführerin geführt hätten. Das Haus sei zudem vom Mitarbeiter des Blattes nicht betreten worden. Das in diesem Zusammenhang kritisierte Foto habe der Mitarbeiter durch ein Fenster aufgenommen. Die Versuche der Zeitung, seinerzeit Kontakt mit der Frau aufzunehmen, seien erfolglos gewesen, so der Chefredakteur weiter. Es habe auch keine detaillierte Beschreibung der Beschwerdeführerin gegeben. Man habe sich ihrer Biografie nur annähern können. Daraus zu konstruieren, die Zeitung verbaue mit ihrer Berichterstattung die beruflichen Chancen der Frau, sei absurd. Ihr Name sei nicht einmal mit Initialen genannt worden. Das Ziel der Redaktion sei aber gewesen, den Lesern ein Bild von der Frau zu vermitteln. Die Zeitung sei sich sicher, dass sie die Frau fair behandelt habe. Diese habe auch nie eine Korrektur der Berichte verlangt. Alles in allem verwechsle die Beschwerdeführerin Ursache und Wirkung. Sie habe sich schließlich durch ihr Vorgehen selbst in eine problematische Situation gebracht. (2008)
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„Bilder zum Gruseln in verwahrlostem Haus“ – unter dieser Überschrift berichtet eine Regionalzeitung über eine Frau, die mit mehr als 200 Tieren in einem Haus gelebt habe. Zahlreiche Tierkadaver hätten in dem Gebäude gelegen. Der Beitrag ist durch ein Foto illustriert. Es zeigt das Haus von außen. Von der Frau heißt es, dass sie sichtlich verwirrt gewirkt habe und in eine psychiatrische Anstalt eingewiesen worden sei. Die Betroffene, die sich über die Berichterstattung auch anderer Zeitungen beschwert, bemängelt vor allem, dass das Haus im Bild gezeigt wird, von manchen Publikationen auch von innen. Dies habe Sachbeschädigung und Diebstahl zur Folge gehabt. Auch hätten sich Schaulustige auf dem Grundstück eingefunden. Die Beschwerdeführerin kritisiert überdies die detaillierte Beschreibung ihrer Person, durch die sie in ihrem Umfeld erkennbar sei. Der Chefredakteur der Zeitung teilt mit, bei dem beanstandeten Artikel habe es sich um einen Agenturbericht gehandelt. Die Beschwerde beziehe sich offensichtlich auf die Berichterstattung in einer anderen Zeitung, die in dieser Gegend erscheint. Sein Blatt habe nicht – wie vorgeworfen – ständig Fotos von dem Haus veröffentlicht. Auch die genaue Ortsbezeichnung habe nicht in dieser Zeitung gestanden. Die Redaktion habe keine Fotos aus dem Innern des Hauses gebracht. Die Beschwerde sei aus all diesen Gründen unbegründet. (2008)
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In einer Boulevardzeitung und deren Online-Ausgabe erscheint ein Artikel mit der Überschrift „Die toten Kinder von Darry – Von der Mutter erstickt, vom Vater wieder ausgegraben“. Das Blatt berichtet über die Umbettung dreier Kinder von einem Berliner Friedhof nach Schleswig-Holstein. Diese Kinder – und zwei weitere - waren von ihrer Mutter getötet worden. Die Bilder zeigen Nahaufnahmen der Särge und der Gruft. In den Printbeitrag eingeblockt ist ein Familienfoto, auf dem die Gesichter der Erwachsenen gepixelt sind. Bei der Beschwerde geht es sowohl um die Umstände der Recherche als auch um den Inhalt der Veröffentlichungen. Der Beschwerdeführer – ein leitender Notfallseelsorger aus Schleswig-Holstein – ist mit dem fünffachen Kindermord von 2007 von Berufs wegen befasst. Er berichtet, die Umbettung der drei Kinder habe unter Ausschluss der Öffentlichkeit stattfinden sollen. Mit allen Firmen und den Friedhöfen sei Stillschweigen und absolute Vertraulichkeit vereinbart worden. Zu Beginn der Exhumierung in Berlin hätten mehrere Journalisten fotografieren und filmen wollen. Die Friedhofsverwaltung habe vergeblich versucht, sie davon abzuhalten. Im Gegensatz zu anderen Medien habe das Boulevardblatt Nahaufnahmen der Särge, der Gruft und des gesamten Vorgangs veröffentlicht. Zudem sei in der Online-Ausgabe ein „abscheuliches Video“ mit Nahaufnahmen abrufbar gewesen. Der Geistliche sieht einen Missbrauch der Pressefreiheit und eine Verletzung der Persönlichkeitsrechte der verstorbenen Kinder und des trauernden Vaters. Er legt Wert darauf, dass der Videobeitrag aus dem Netz genommen wird. Im Übrigen sieht er den Pressekodex in den Ziffern 1, 8, 9, 11 und 15 verletzt. Die Rechtsabteilung der Zeitung ist der Auffassung, dass die Vorwürfe im juristischen Sinne nicht begründet sind, weil das Bundesverfassungsgericht die Fortwirkung des Persönlichkeitsrechts nach dem Tode verneine und nur ein Fortwirken der Menschenwürde im Sinne des allgemeinen Achtungsanspruchs anerkannt habe. Weder die Berichterstattung selbst noch die Bilder würdigten die Kinder herab oder erniedrigten sie. Da der Vater keine Scheu gezeigt habe, selbst per TV in die Öffentlichkeit zu gehen, könne von einer Verletzung seiner Persönlichkeitsrechte nicht ausgegangen werden. Die Berichterstattung über die Umbettung sei mitfühlend und nicht sensationsheischend. Die Rechtsabteilung räumt ein, dass die im Internet gezeigten Bewegt-Bilder allerdings religiöse Gefühle verletzen könnten. Dies habe der Chefredakteur in einem Brief an den Seelsorger bedauert. Das fragliche Video sei nicht mehr abrufbar. Die bei der Exhumierung anwesenden Reporter hätten im Übrigen versichert, dass sie zu keiner Zeit am Fotografieren der Umbettung gehindert worden seien. (2008)
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In einer Boulevardzeitung erscheinen Beiträge unter den Überschriften „Fußball-Fieber – Erste Firmen geben Mitarbeitern EM-frei“ und „Darf ich schnell noch Urlaub nehmen?“. Während im ersten Beitrag Beispiele angeführt werden für Unternehmen, die ihren Mitarbeitern aufgrund des Halbfinalspiels freigeben, beantwortet der zweite Artikel die Frage: „Kann ich am Morgen nach dem Spiel spontan freimachen?“ mit dem Hinweis: „Nein, das wäre unentschuldigtes Fehlen. Möglich ist nur eine Krankmeldung. Dann innerhalb von drei Tagen ein Arzt-Attest vorlegen“. Ein Leser versteht diesen Hinweis als Anleitung zum Krankfeiern, wenn der Arbeitgeber dem Mitarbeiter nicht freigibt. Dies sei nichts anderes als die Aufforderung zu einer illegalen Handlung. Neben dem Arbeitgeber werde bei diesem Krankfeiern auch die Krankenversicherung geschädigt. Der Beschwerdeführer hält die Veröffentlichung für verantwortungslos und kritisiert, dass die Redaktion einen erheblichen volkswirtschaftlichen Schaden „angeregt“ habe. Die Rechtsabteilung der Zeitung steht auf dem Standpunkt, die Redaktion habe die Leser nicht ermuntert, durch Vortäuschen einer Krankheit der Arbeit fernzubleiben – weder ausdrücklich noch indirekt. Die Redaktion habe eine derartige Wirkung der Berichterstattung auch weder beabsichtigt noch leichtfertig in Kauf genommen. Die Leser wüssten sehr wohl, dass unbegründetes Krankfeiern arbeitsrechtliche Konsequenzen habe. Schon der Attest-Hinweis weist darauf hin, dass eine Krankheit vorliegen und ärztlich festgestellt werden muss, bevor eine Krankmeldung möglich ist. Der Beschwerdeführer lege den Artikel in unzulässiger Weise weit aus. Nach seiner Interpretation täusche jeder Arbeitnehmer eine Krankheit nur vor, der sich während der EM krankmeldet. Auch werde suggeriert, Ärzte seien bereit, dem täuschenden Arbeitnehmer recht einfach einen „gelben Urlaubsschein“ auszustellen. (2008)
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Das Museum der Artenvielfalt von Frank Gehry ist Gegenstand eines Artikels in einer überregionalen Zeitung. Darin steht der folgende Satz: „Panama ist einer der wichtigsten Handelsplätze Amerikas und eine der größten Geldwaschanlagen der Welt. Juden, Araber, Libanesen, Inder, Amerikaner, Kolumbianer investieren hier, Bürotürme, Hotelburgen und Finanzzentren wachsen aus den Mangroven, (…)“. Ein Leser sieht eine Verunglimpfung in der Aufzählung von Juden, Arabern, Libanesen etc. Es sei unmöglich, eine Religionsgemeinschaft zu Geldwäschern zu erklären. Der Beschwerdeführer hatte die Zeitung um eine Erklärung gebeten, jedoch auch nach einer Woche noch keine Antwort erhalten. Daraufhin wandte er sich an den Deutschen Presserat. Der stellvertretende Chefredakteur der Zeitung hält die Beschwerde für unbegründet und legt zugleich Wert auf die Feststellung, dass der Leser eine erklärende E-Mail vom Autor des kritisierten Beitrages bekommen habe. Im Übrigen beziehe sich der zweite der beiden zitierten Sätze nicht auf den ersten. Im zweiten Satz zähle der Autor beispielhaft Bevölkerungsgruppen auf, die in Panama investieren. Weder schreibe noch assoziiere er, dass all diese Menschen auch Geldwäsche betrieben. Aus der E-Mail des Autors an den Beschwerdeführer: „Panama hat eine sehr große jüdische Gemeinde, die im Wirtschaftsleben eine wichtige Rolle spielt. Das steht in vielen Reiseführern und wird auf Internetseiten jüdischer Organisationen immer wieder vorgegeben, sogar als Argument, um (jüdische) Touristen anzulocken. Ich wählte die Reihung, um die Internationalität und das Völkergemisch des Landes zu illustrieren. Dass es viele Juden in Panama gibt, habe ich erwähnt, weil ich diesem Umstand einen gewissen Nachrichtenwert zubilligte. Es ist etwas Besonderes in Lateinamerika“. Der Autor, so der stellvertretende Chefredakteur abschließend, habe keineswegs, wie vom Beschwerdeführer behauptet, „eine Religionsgemeinschaft zu Geldwäschern erklärt“. Trotzdem habe sich der Verfasser dem Leser gegenüber dafür entschuldigt, dass sich dieser durch eine Formulierung in dem Artikel betroffen oder verletzt fühlt. (2008)
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„Putzen und spucken“ – so überschreibt ein Nachrichtenmagazin einen Bericht über organisiertes Autofenster-Putzen in Berlin. Im Beitrag heißt es: „Das Problem mit den Fensterputzern hat sich zugespitzt, seit Zigeuner in das Geschäft dringen“. Des weiteren werden die Putzfrauen als „Frauen mit bunten Röcken“, „kampfbereite Waschweiber“ und erneut als „vier Frauen in langen bunten Röcken“ beschrieben. Ein Vertreter des Europäischen Zentrums für Antiziganismusforschung tritt als Beschwerdeführer auf. Er kritisiert, dass Angehörige der Sinti und Roma durchgehend als Zigeuner bezeichnet werden. Dies sei diskriminierend, zumal die Tätigkeit des Autofenster-Putzens in keinem Verhältnis zum Begriff „Zigeuner“ stehe. Außerdem werde das Autofenster-Putzen mit Betteln gleichgesetzt. Die Fensterputzer würden durch den Bericht kriminalisiert. Der Beschwerdeführer – ein Roma – fühlt sich in seiner Ehre verletzt. Der Chefredakteur des Magazins teilt mit, im Rahmen eines Zitats der Polizei werde berichtet, dass das Autofenster-Putzen nicht verboten sei. Von einer faktenwidrigen Kriminalisierung könne daher keine Rede sein. Es sei für ihn nicht erkennbar, worin die Ehrverletzung des Beschwerdeführers begründet sein solle. Die Frage der möglichen Diskriminierung habe sich die Redaktion auch gestellt, sei jedoch nach reiflicher Überlegung zu den schließlich gewählten Formulierungen gelangt. Eine ethnische Zuordnung sei im vorliegenden Fall zum Verständnis des Vorgangs erforderlich, da es nicht in allgemeiner Form um das Problem des aufgedrängten Fensterputzens im Straßenverkehr gehe. Vielmehr gehe es in dem Artikel um die besondere Verschärfung der Situation, nachdem eine bestimmte Ethnie in das Fensterputzergeschäft eingestiegen sei. Mit anderen ethnischen Gruppen, die früher das Geschäft betrieben hätten, habe es wesentlich weniger Probleme gegeben. Das Magazin beruft sich dabei auf Aussagen der Polizei. Der Begriff „Zigeuner“ – so der Chefredakteur – werde von Sinti und Roma selbst benutzt. Im Zusammenhang mit der Auseinandersetzung über die Inschrift für das Denkmal der von den Nazis ermordeten Zigeuner im Berliner Tiergarten habe die Sinti-Allianz Deutschland ausdrücklich die Erwähnung anderer von der Nazi-Diktatur verfolgten Zigeuner-Volksgruppen neben den Sinti und Roma gefordert. Auf ihrer Homepage setze sich die Allianz dafür ein, dass dieses Mahnmal „für alle Zigeuner errichtet werde und nicht nur für die Sinti und Roma“. (2008)
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