Entscheidungen finden

Wie hat der Presserat entschieden?

Rüge, Missbilligung oder Hinweis, wie hat der Presserat entschieden? Hier können Sie online in der Spruchpraxis des Presserats eine Auswahl an Beschwerdefällen von 1985 bis heute recherchieren.

Bitte beachten: Im Volltext abrufbar sind nur Entscheidungen mit den Aktenzeichen ab 2024, z.B. 0123/24/3-BA!
Sie müssen dazu immer das volle Aktenzeichen eingeben, also 0123/24/3-BA.

Nach detaillierten Richtlinien (z.B. 8.1) können Sie erst ab den Fällen aus 2024 recherchieren. Ältere Fälle werden nur unter der entsprechenden Ziffer (z.B. 8) angezeigt.

Sie haben Fragen zu unseren Sanktionen? Hier finden Sie Erläuterungen.

 

Entscheidungsjahr
6869 Entscheidungen

Streit um eine kunstvolle Holzdecke

Unter den Überschriften “Hat er ein wertvolles Stück Holz unterschlagen?”, “Kunst-Klau - …überführt Politiker!” sowie “Herr Stadtrat, warum sagen Sie nichts mehr?” berichtet eine Boulevardzeitung über den Verbleib einer kunstvoll geschnitzten Holzkassettendecke. Die Zeitung wirft dem Beschwerdeführer vor, diese Decke aus einem versteigerten und unter Denkmalschutz stehenden Haus entfernt und im eigenen Haus aufgehängt zu haben. Dies wird als “Unterschlagung” und “Kunst-Klau” bezeichnet. Die Zeitung beruft sich auf eine Anzeige des Landesdenkmalamtes sowie ein Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft. Der Beitrag ist mit einem von außen aufgenommenen Foto illustriert, auf dem die Kassettendecke in einem Haus des Beschwerdeführers zu sehen sein soll. Dieser lässt sich durch einen Anwalt vertreten. Er wehrt sich gegen den von der Zeitung erweckten Eindruck, er habe das Werk gestohlen oder unterschlagen. Die Decke sei nicht verschwunden, da alle Beteiligten wüssten, wo sie sich befinde. Der Beschwerdeführer habe auch der Zeitung gegenüber niemals geleugnet zu wissen, wo das Werk abgeblieben sei. Das angegebene Haus gehöre nicht dem Beschwerdeführer. Es liege kein Diebstahl oder eine Unterschlagung vor, da juristisch ein rechtmäßiger Besitz und Eigentumsübergang an den Beschwerdeführer erfolgt sei. Die Zeitung wisse auch, dass die Berichterstattung falsch gewesen sei. Sie habe dem Mandanten gegenüber eine Unterlassungsverpflichtungserklärung abgegeben, weigere sich jedoch gleichwohl, die Wahrheit zu schreiben. Der Stadtrat wendet sich an den Deutschen Presserat. Die Rechtsabteilung der Zeitung hält die Beschwerde für unbegründet. Es sei strittig, ob der Beschwerdeführer mitgeteilt habe, wo sich die Kassettendecke befinde. Er habe vielmehr geleugnet zu wissen, wo die Decke nunmehr sei. Hierbei handle es sich um den Schwerpunkt der Beschwerde. In Bezug auf kleinere Ungenauigkeiten, die die tatsächliche Eigentumslage an den im Artikel genannten Immobilien betreffen, habe die Zeitung eine Unterlassungserklärung abgegeben. Die Bezeichnung Kunst-Klau hält die Zeitung für vertretbar und weist auf das eingeleitete Ermittlungsverfahren hin.

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Verbindungen auffällig, aber nicht anstößig

Eine Regionalzeitung veröffentlicht drei Artikel und einen Leserbrief über einen Fall von Kinderprostitution. Sie setzt sich kritisch mit der Rolle der Behörden und einiger ihrer Mitarbeiter auseinander. Der Trägervereinsvorsitzende des Kinderheims, in dem fünf der sechs betroffenen Mädchen untergebracht sind, ist Sohn der vormaligen Jugendamtsleiterin, die Schwiegertochter arbeitet dort als pädagogische Fachkraft. Eine derzeitige Sachbearbeiterin im zuständigen Jugendamt war früher Erzieherin im Heim, die psychologische Betreuerin eines der Kinder ist die Tochter der früheren Jugendamtsleiterin. So heißt es in dem Artikel: “Die mitunter verwandtschaftlichen Verbindungen mach Beteiligter, die Nähe von Amt und Heim, sie mögen auffällig sein, aber nicht anstößig. Fragen unserer Zeitung wollten sich die frühere Jugendamtsleiterin und ihre Tochter nicht stellen. Die Bitte um ein Gespräch lehnt stellvertretend ihre Anwältin ab.” Die Beschwerdeführerin – es handelt sich dabei um die frühere Jugendamtsleiterin – beanstandet, dass in der Berichterstattung Interessenkollisionen, Amtsmissbrauch und Vorteilsnahme suggeriert würden. Die Zeitung konstruiere persönliche Verquickungen und berichte sensationswirksam. Diverse Äußerungen seien unbedacht und problematisch, da sie eine unnötige Belastung der Kinder darstellten. Die sie unmittelbar betreffenden Passagen seien herabwürdigend, beleidigend und ehrverletzend. Die Frau wendet sich an den Deutschen Presserat. Die Chefredaktion steht auf dem Standpunkt, es sei legitim zu thematisieren, dass die Beschwerdeführerin als Sachbearbeiterin im Jugendamt mit dem Fall befasst blieb. Sie beanstandet überdies, dass das Landratsamt offensichtlich Korrespondenzen mit der Zeitung unerlaubterweise an die Beschwerdeführerin weitergeleitet habe. (2006)

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Behördliches Tun lässt Fragen offen

“Amtlich gekümmert und Kinder doch allein gelassen – Im Prozess um die …. Kinderprostitution fiel das vorerst letzte Urteil – doch zum Agieren des Jugendamtes bleiben Fragen offen” – Aussagen aus einer Regionalzeitung zum Gerichtsverfahren in einem Fall von Kinderprostitution. Die Zeitung hat das Strafverfahren fortlaufend begleitet. Sie setzt sich kritisch mit der Rolle der Behörden und einiger ihrer Mitarbeiter auseinander. Dabei wird die Mutter der Beschwerdeführerin, vormals Leiterin des zuständigen Jugendamtes, mit Namen erwähnt. Es geht auch um die Tatsache, dass es zwischen dem Jugendheim, in dem die Kinder untergebracht sind, und dem Jugendamt verwandtschaftliche Verbindungen gibt. Die Beschwerdeführerin, Tochter der früheren Jugendamtsleiterin und Psychologin, die in dem Prozess als Zeugin auftrat, ist der Meinung, die Zitate suggerierten Interessenkollision, Amtsmissbrauch und Vorteilsnahme. Die Zeitung konstruiere persönliche Verquickungen und berichte sensationswirksam. Dies sei eine bewusste Manipulation. Die erhobenen Vorwürfe würden lediglich beiläufig kurz entkräftet. Das führe dann zu einer widersprüchlichen Darstellung mit doppelsinnigen Botschaften. So weit sie selbst und ihre Mutter Thema seien, handle es sich um Verleumdungen und eine Veröffentlichung mit ungeprüften falschen Behauptungen, sowie die Unterdrückung von objektiven und nachprüfbaren Informationen. Sie wendet sich an den Deutschen Presserat. Die Beschwerde ist nach Auffassung der Chefredaktion der Zeitung unbegründet und deshalb zurückzuweisen. In dem Hintergrundbeitrag sei aufgearbeitet worden, welche Fragen im Zusammenhang mit dem Handeln der Behörden noch offen seien. In der vorangegangen Behandlung des Falles durch den Presserat (BK1-175/05) sei festgehalten worden, dass die Verwandtschaftsverhältnisse grob thematisiert werden können und sollten. Sie seien in dem fraglichen Artikel in sachlicher Form erwähnt worden. (2006)

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Leser fordert: “Zurückschicken”

Unter der Überschrift “Zurückschicken” veröffentlicht eine Regionalzeitung einen Leserbrief, in dem es unter anderem heißt: “Trotz deutschen Passes (leider) reden sie (gemeint sind die Deutschrussen) untereinander russisch, was für uns Einheimische beleidigend ist. Als Konsequenz aus dem Vorfall wäre es richtig, den deutschen Pass einzuziehen und die Leute in ihr Heimatland zurückzuführen.” Eine Gruppe Betroffener kann sich des Eindrucks nicht erwehren, dass die Zeitung “hier nicht nur zum stillschweigenden Mittäter wird, sondern im Wissen um diese Inhalte auch selber bereit ist, den Konflikt mit zu schüren.” Sie wertet die Veröffentlichung als offensichtlich rassistisch und volksverhetzend und wendet sich an den Deutschen Presserat. Die Chefredaktion weist darauf hin, dass sie frei ist in der Auswahl der Leserzuschriften und welche sie abdrucke und welche nicht. Anders als vom Beschwerdeführer angenommen, liege in diesem Fall eine so genannte Rassenfrage offensichtlich gar nicht vor. Die Zeitung betont, dass es in der Tat Schwierigkeiten mit der Integration und der Gewaltbereitschaft bestimmter Einwanderungsgruppen vor Ort gibt. “Wir verstärken sie nicht, wir übersehen und unterdrücken sie aber auch nicht. Denn das entspräche nicht der Aufgabe einer lokalen Monopolzeitung.” (2006)

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Nervenzusammenbruch nach Preisnachlass

In einer Lokalzeitung steht eine Glosse unter der Überschrift „Rabatte für Schwangere“. Darin geht es um das ungewöhnliche Verhalten einer Supermarkt-Kassiererin, die einigen Kunden zehn Prozent weniger als den eigentlich fälligen Betrag abverlangt hat. Ein junger Mann habe, weil er Zivildienstleistender gewesen sei, Rabatt erhalten. Diesen Vorteil an der Ladenkasse wollte der Autor der Glosse ebenfalls in Anspruch nehmen. Die Euro-Summen der einzelnen Einkäufe werden genannt. Die Kassiererin und ihr Ehemann beschweren sich beim Deutschen Presserat über die Glosse. Die numerischen Angaben im Beitrag seien falsch gewesen. Zudem habe der Artikel zur Folge gehabt, dass die Beschwerdeführerin ihren Arbeitsplatz verloren und einen Nervenzusammenbruch erlitten habe. Der Redaktionsleiter der Zeitung spricht in seiner Stellungnahme von der humorvollen Aufarbeitung einer wahren Begebenheit. Der Redakteur selbst sei Begünstigter des Preisnachlasses gewesen. Die Zahlen seien verändert worden, um die Ermittlung der Supermarktkasse zu verhindern. (2006)

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Die Nichte hat die Brände gelegt

“Brand zerstört den ….-Hof”, “Freitod nach dem Großbrand” und “Die Nichte gesteht die Brandstiftung” lauten die Überschriften, unter denen eine Regionalzeitung ausführlich über ein ländliches Drama berichtet. Der Brand und die Löscharbeiten werden ausführlich geschildert und auch die Namen der Familienmitglieder genannt. In einem der Beiträge wird auch darüber berichtet, dass einer der Söhne des Bauern sich angesichts des Brandes trotz eines “schwierigen Verhältnisses” wieder mit dem Vater versöhnt habe, dann jedoch tot aufgefunden worden sei, nachdem er sich in seinem Wagen mit Abgasen das Leben genommen habe. Die Zeitung zitiert einen Polizeisprecher mit der Aussage, man könne “den Brand und den Tod des Sohnes nicht von einander losgelöst sehen.” Die Zeitung berichtet auch, dass eine Angehörige der Familie gestanden habe, diesen und andere Brände gelegt zu haben. Wegen des Verdachts pyromanischer Veranlagung sei sie ins psychiatrische Landeskrankenhaus eingewiesen worden. Weiter wird klargestellt, dass der Selbstmord nach Mitteilung der Staatsanwaltschaft nichts mit dem Brand zu tun gehabt habe, der Grund für den Suizid jedoch noch unklar sei. Zwei Beschwerdeführer sehen eine Verletzung der Persönlichkeitsrechte des Verstorbenen und seiner Angehörigen durch die Ausbreitung innerfamiliärer Details, an denen kein öffentliches Interesse bestehe. Unzulässig sei der Eindruck vermittelt worden, der Sohn habe den Brand gelegt, möglicherweise sogar von der Familie gewollt. Sie rufen den Deutschen Presserat an. Der Chefredakteur der Zeitung räumt ein, dass es grundsätzlich schwierig sei, einem Unglück dieser Dimension gerecht zu werden – gerade im ländlichen Raum, wo jeder jeden kenne und schon die geringste Andeutung im Text genüge, um die Betroffenen zu identifizieren. Hinsichtlich der Brandursache habe die Zeitung lediglich den Pressesprecher der Polizei zitiert, der den Zusammenhang des Brandes mit dem Tod des Sohnes selbst angedeutet habe. Die Entscheidung, über den Selbstmord zu berichten, habe die Redaktion nach eingehender Abwägung getroffen, da zum Zeitpunkt der Berichterstattung ein Zusammenhang mit dem Brand nicht ausgeschlossen werden konnte. Die Chefredaktion räumt ein, dass einige Details der Berichterstattung unnötig gewesen seien. Dazu zählt sie die Nennung der Namen aller Familienangehörigen, die an einer Geburtstagsfeier teilgenommen hätten. Damit habe man über das Ziel der “wahrhaftigen Unterrichtung der Öffentlichkeit hinausgeschossen”. Dafür habe sich der Leiter der zuständigen Redaktion bei dem Hofbesitzer entschuldigt. (2006)

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Prozess in besonders gesichertem Gericht

“Kampf um jeden Meter” überschreibt eine Regionalzeitung ihren Bericht über einen Mordprozess. Nach ihrer Beobachtung werde die Anklage zur Nebensache, weil sich Verteidiger, Staatsanwaltschaft und Gericht angeblich einen Kleinkrieg lieferten. Der von einem Anwalt vertretene Beschwerdeführer beanstandet vor allem drei Passagen des Berichtes. Es sei nicht zutreffend, dass der Anwalt nicht mit den bestellten Pflichtverteidigern zusammenarbeite. Gleiches gelte für die Formulierung, dass er das Gericht keines Blickes würdige. Und schließlich werde durch eine weitere Formulierung in dem Bericht unterstellt, dass der Angeklagte einem Mafia-Clan angehöre. Auch dies sei unzutreffend. Vor allem sei unklar, aufgrund welcher Quellenlage der Bericht entstanden sei, da jedenfalls niemand mit dem Anwalt gesprochen habe. Der Beschwerdeführer wendet sich an den Deutschen Presserat. Der stellvertretende Chefredakteur der Zeitung ist der Auffassung, die Zuordnung des Angeklagten zu einer “weich umrissenen” Personengruppe durch die umgangssprachliche Formulierung “Mafia-Clan” sei zu rechtfertigen. In der Anklageschrift sei von mafiaähnlichen Strukturen ausdrücklich die Rede. Die Formulierung sei auch dadurch zulässig, dass der Prozess entgegen sonstiger Übung in einem besonders gesicherten Gerichtsgebäude stattgefunden habe. Die dort vorhandenen Räume seien extra für Prozesse gegen die organisierte Kriminalität vorgesehen. (2005)

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Kongress mit Ironie und Satire

Eine Fachzeitschrift veröffentlicht unter der Überschrift „Bigger than ever“ einen Beitrag über einen Internationalen Hörgeräteakustiker-Kongress in Frankfurt. Der Autor nimmt die Veranstaltung ironisch-satirisch aufs Korn. Ihn erinnert das Produkt „Lynx“ einer bestimmten und namentlich genannten Firma „…an Songbird und ähnlichen Schrott“. Aufgrund der Werbung auf T-Shirts von Firmen-Hostessen („Die geilsten Teile kommen aus der Schweiz“) trifft der Autor zudem die Feststellung, wer das eigenwillige Bergvolk in unserer Nachbarschaft kenne, wisse, dass die schon immer „eine Sex-Meise gehabt“ hätten. Man müsse nur einmal am Bahnhofkiosk in Zürich den „Schweizer Sexanzeiger“ kaufen, um rasch festzustellen, dass „anything goes“. Am Ende der Passage heißt es: „Ich schlage vor, dass wir diesen geilen Anbieter künftig ´lynx´ liegen lassen“. Die angegriffene Firma sieht Ironie und Satire etwas anders, nämlich als eine ehrverletzende und polarisierende Darstellung ihres Messeauftritts. Sie schaltet den Deutschen Presserat ein. Ein Vertreter der kritisierten Fachzeitschrift bezeichnet die Glosse als festen Bestandteil des Blattes. Ein allgemein anerkannter Fachmann äußere sich an diesem Platz seit Jahren zu branchenaktuellen Themen. Insider rechneten dabei stets mit satirischen Übertreibungen. Die Beschwerde führende Firma habe sich auf dem Kongress durch Hostessen mit ausgeprägter Oberweite repräsentieren lassen. Ihre T-Shirts hätten die Aufschrift getragen „Die geilsten Dinger kommen aus der Schweiz“. So habe der Firmenauftritt wohl unter dem Motto „Sex sells“ gestanden. Dieser Ansatz sei von dem Glossen-Schreiber satirisch aufbereitet worden. Keineswegs sollten die Schweizer Bürger pauschal herabgewürdigt werden. Gleiches gelte für die geschäftliche Ehre der Firma. Zu dem Kritikpunkt vom „Songbird und ähnlichem Schrott“ erläutert der Verlagsrepräsentant, damit seien Hörgeräte angesprochen, die vor Jahren von inzwischen insolventen Firmen angeboten worden seien und die nichts getaugt hätten. Jeder Insider wisse, worum es bei dieser Anmerkung gehe. (2006)

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Mohammed-Karikaturen zulässig

Der Streit um die Mohammed-Karikaturen schlägt sich in einer überregionalen Tageszeitung auf der Titelseite nieder. Unter der Überschrift “Protest gegen Mohammed-Bilder erfolgreich” ist eine der Zeichnungen abgedruckt. Sie zeigt den Propheten, aus dessen Kopfbedeckung eine brennende Zündschnur hervorragt. Im Innern des Blattes werden weitere vier Karikaturen veröffentlicht, eine davon im Großformat. Unter der Überschrift “Heiliger Zorn” setzt sich schließlich ein Kommentator mit dem Thema auseinander. Im Hinblick auf die Reaktionen nach der Veröffentlichung der Zeichnungen in einer dänischen Zeitung wird die Frage gestellt, wie satirefähig der Islam sei. Es gebe, so der Autor, “eine Schamschwelle satirischer Verhunzung”, die in Religionsfragen nicht überschritten werden sollte. Da die westliche Demokratie die “institutionalisierte Form der Meinungsfreiheit” sei, überfordere der von den Moslems angelegte Maßstab die offene Gesellschaft. Es gebe im Westen kein “Recht auf Satireverschonung”. Beispielhaft wird die Kritik am Christentum aufgeführt. In dem Kommentar werden die moslemischen Proteste als “heuchlerisch” und der Prophet Mohammed als “mittelalterlicher Räuberfürst” bezeichnet. Zahlreiche Leser wenden sich an den Deutschen Presserat. Sie sehen im Nachdruck der Karikaturen sowie dem Kommentar einen Verstoß gegen Ziffer 10 des Pressekodex. (Verletzung des sittlichen und religiösen Empfindens einer Personengruppe). Die Darstellung des Propheten sei beleidigend und verletzend. Die Darstellung des Propheten auf der Titelseite mit einer Bombe mit angezündeter Zündschnur in der Kopfbedeckung suggeriere die direkte Assoziation mit dem Terrorismus. Die großformatige Darstellung einer Karikatur im Innern des Blattes sei mit der Dokumentationspflicht nicht mehr zu erklären. Mit dem Nachdruck der umstrittenen Karikaturen zu diesem Zeitpunkt sei die Beleidigung einer religiösen Minderheit bewusst in Kauf genommen worden. Die Bezeichnung Mohammeds als “frühmittelalterlicher Räuberfürst” im Kommentar sei ebenfalls beleidigend. Die Chefredaktion hält die Beschwerden für unbegründet. Die Zeitung habe insbesondere nicht religiöse Symbole lächerlich gemacht oder sie herabgesetzt, weder Glaubenswahrheiten des Islam verfälscht noch verunglimpft. Die Beiträge zu diesem Thema seien publizistisch veranlasst und gerechtfertigt gewesen. Dies schließe den Nachdruck der Karikaturen mit ein. Der Abdruck der Zeichnungen sei als zulässige Meinungsäußerung und im Rahmen der Kunstfreiheit gerechtfertigt. Es sei zulässig, mit den Abbildungen zu dokumentieren, was den Konflikt, über den berichtet worden sei, ausgelöst habe. Hinsichtlich des Begriffs “mittelalterlicher Räuberfürst” beruft sich die Chefredaktion auf das Recht der freien Meinungsäußerung. Der Begriff sei nicht willkürlich verwendet worden. Ihm habe ein sachlicher Bezug zugrunde gelegen und er basiere auf wahren Tatsachen. Es sei historisch überliefert, dass Mohammed zunächst vor allem ein Feldherr gewesen sei. So sei es eine erlaubte sprachliche Zuspitzung, wenn in dem Kontext von einem “Räuberfürsten” gesprochen werde. Ausdrücklich nicht gemeint sei ein herabwürdigend abfälliger, umgangssprachlicher Begriffsgebrauch gewesen. (2006)

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Arbeitsloser Computerbetrüger

Unter der Überschrift “Amtsgericht … übt Milde gegenüber Computerbetrüger” berichtet eine Regionalzeitung über ein Gerichtsverfahren. Es geht um einen Angeklagten, der bei einer Geldautomatenmanipulation gefilmt wurde. In dem Artikel heißt es: “Der arbeitslose, bereits wegen Unterschlagung in vier Fällen und Diebstahl vorbestrafte Mann, der nichts besitzt und bei der Oma wohnt, gab auch sofort den Computerbetrug in … zu.” Der Beschwerdeführer ist der Ansicht, dass der Hinweis auf die Arbeitslosigkeit des Angeklagten für das Verständnis des Tathergangs unerheblich sei. Auch der Autor könne keinen Sachbezug zu dem Tathergang herleiten. Arbeitslose sind nach Meinung des Beschwerdeführers eine schutzbedürftige Minderheit in Deutschland. So sei der Artikel geeignet, Vorurteile gegen die gesamte Gruppe der Arbeitslosen zu schüren. Der Leser wendet sich an den Deutschen Presserat. Die Chefredaktion der Zeitung weist darauf hin, dass die Arbeitslosigkeit nur einmal im Text kurz erwähnt worden sei und der Beschreibung der handelnden Person diene. Hätte der Betroffen im Beruf gestanden, wäre auch dies erwähnt worden. Eine Diskriminierung von Arbeitslosen liege deshalb nicht vor. (2006)

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