Wie hat der Presserat entschieden?
Rüge, Missbilligung oder Hinweis, wie hat der Presserat entschieden? Hier können Sie online in der Spruchpraxis des Presserats eine Auswahl an Beschwerdefällen von 1985 bis heute recherchieren.
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7053 Entscheidungen
Eine Regionalzeitung berichtet mehrmals über das nächtliche Geschehen am Verlagsort. Deutsche Türsteher, die den Zutritt zu diversen Diskotheken regeln, sehen sich Ausländern gegenüber, die trotz Hausverboten mit Gewalt versuchen, in die als Drogenumschlagplätze bekannten Etablissements hineinzukommen. Das Ergebnis sind Schlägereien und Schlimmeres. Die Zeitung berichtet unter den Überschriften „Brutaler Machtkampf um (…) Diskotheken“ und „Machtkampf um die Vorherrschaft in den Diskotheken“. Sie schreibt, eine „Bande krimineller Ausländer“ versuche seit Monaten, die Dominanz im Nachtleben zu erlangen. Die örtlichen Sicherheitsfirmen, deren Türsteher nahezu alle City-Diskotheken bewachten, hätten von bewaffneten Übergriffen und massiven Drohungen berichtet. Die Zeitung schildert einen Vorfall, bei dem mindestens 30 Ausländer mit Schlagstöcken und Baseball-Schlägern eine Security-Firma stürmen wollten. Der Berichterstatter lässt einen Türsteher zu Wort kommen. Drei Tage später hätten etwa 20 Ausländer vier Deutsche attackiert und drei von ihnen schwer verletzt. Eine Polizeisprecherin wird mit den Worten zitiert, bei den Tätern habe es sich um polizeilich bekannte Türken, Iraner und Libanesen gehandelt. Im Wesentlichen gehe es um fünf Leute zwischen 17 und 24 Jahren, die in allen Innenstadt-Discos Hausverbot hätten, weil sie grundlos Gäste zusammengeschlagen und Mitarbeiter bedroht hätten. Eine Angehörige eines Antidiskriminierungsbüros hält die Berichterstattung für rassistisch und diskriminierend. Sie sieht einen Verstoß gegen Ziffer 12, Richtlinie 12.1, des Pressekodex (Diskriminierung und Berichterstattung über Straftaten). Die Berichterstattung sei einseitig. Durch die Betonung der Herkunft der Beteiligten sowie eine Verallgemeinerung der Konfliktparteien als deutsche Türsteher auf der einen und Ausländer auf der anderen Seite erfolge eine Ethnisierung der Konfliktparteien. Der Chefredakteur der Zeitung verwahrt sich gegen die Vorwürfe. Die Zeitung hätte über die Zutrittskontrollen und die damit verbundenen Vorkommnisse unter dem Aspekt berichtet, dass Diskotheken auch als Umschlagplatz für Drogen dienten. Die Polizei habe ausdrücklich auf die unterschiedlichen Nationalitäten der Täter hingewiesen. Bereits hieraus ergebe sich die Besonderheit des Konflikts, nämlich zwischen einer von Deutschen dominierten Türsteher-Szene und ausländischen Mitbürgern, die sich gegen ausgesprochene Hausverbote mit Gewalt zur Wehr setzten. Der Chefredakteur fasst seine Stellungnahme zusammen: Mit der Berichterstattung über den Konflikt sollten keine Ressentiments gegenüber Ausländern geschürt werden. Vielmehr seien die von der Polizei veröffentlichten Nationalitäten der Konfliktparteien Wesensmerkmale der Auseinandersetzung. Ohne Nennung der Nationalitäten würde ein nicht den tatsächlichen Gegebenheiten entsprechender Eindruck von den Ereignissen entstehen. (2007)
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„Ich habe ein Gruppensex-Baby“ titelt eine Boulevardzeitung. Sie berichtet in Wort und Bild über eine junge Frau und ihre mittlerweile ein Jahr alte Tochter. Auf einem Foto ist die Frau zu erkennen; ihr Kind wird verfremdet dargestellt. Ein weiteres Foto zeigt die Frau hochschwanger. Ein drittes Bild wurde bei einer vermeintlichen „Orgie“ aufgenommen. Es zeigt zwei kopulierende Paare. Der Bildtext lautet: „Ist Joy so entstanden? Dieses Foto wurde bei einer der Orgien im `Haus der Lüste´ gemacht. Auch Mandy mischte kräftig mit.“ Mandy ist Joy´s Mutter. Im Beitrag ist die Rede davon, dass acht Männer zum Vaterschaftstest mussten, weil Mutter Mandy offensichtlich nicht weiß, wer der Erzeuger ihrer Tochter ist. Ein Leser und eine Leserin wenden sich an den Deutschen Presserat. Der Leser moniert die pornografischen Fotos. Hier werde unter dem Mäntelchen der Leserinformation Pornografie in kleinen Dosierungen auch an den minderjährigen Betrachter gebracht. Die Leserin sieht einen Verstoß gegen die Ziffern 1, 8, 9 und 11 des Pressekodex. Nach ihrer Auffassung achtet der Artikel weder die Menschenwürde noch beachte er, welche Wirkung die voyeuristischen Bilder auf Menschen hätten, die keine Grenzen sexueller Übergriffe, auch auf Jugendliche und Kinder, mehr kennen. Wofür gebe es journalistische Ethik, wenn Journalisten und Zeitungen Kinder nicht vor dieser entwürdigenden Darstellung ihrer eigenen zufälligen Zeugung schützten. Wer Pornografie kaufen wolle, könne dies tun. Eine allgemein zugängliche Zeitung müsse sich davon jedoch deutlich absetzen. Nach Darstellung der Rechtsabteilung der Zeitung beruhe die Berichterstattung auf den Angaben von Mandy, die sich von der Veröffentlichung erhofft habe, möglicherweise den Vater ihrer Tochter zu finden. Das Einverständnis der 20-Jährigen schließe eine Verletzung ihrer Persönlichkeitsrechte aus. Der Pressekodex sei auch nicht durch das im „Haus der Lüste“ gemachte Foto verletzt. Die vollständige oder teilweise Darstellung des nackten menschlichen Körpers sei als solche noch nicht pornografisch. Bereiche der Scham seien großflächig gepixelt worden. Die handelnden Personen seien nicht erkennbar. Im Mittelpunkt der Geschichte stünde die Suche nach dem Vater und nicht die Aufnahme der beiden Paare. Den Vorwurf, Pornografie veröffentlicht zu haben, weist die Rechtsabteilung zurück. (2007)
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Eine Boulevardzeitung berichtet unter der Überschrift „Er macht der Satanistin das Leben zur Hölle“ über die Verurteilung von Ali M. (36). Dieser hatte Manuela R. mit Briefen terrorisiert und wurde vom Amtsgericht zu einer Haftstrafe von vier Monaten verurteilt. Manuela R. war einige Jahre zuvor wegen Mordes zu 13 Jahren Haft verurteilt worden. Seither befindet sie sich in einer Psychiatrie, wie die Zeitung berichtet. Illustriert ist der Beitrag mit drei Fotos. Eines zeigt den verurteilten Briefschreiber, ein zweites Manuela R. als - laut Bildtext - „Satansbraut“ bezeichnet und das dritte die Frau, wie sie zum heutigen Zeitpunkt aussieht. Die Bilder sind nicht verfremdet. Manuela R. wendet sich an den Deutschen Presserat. Nach ihrer Auffassung sind die Bezeichnungen „Satanistin“ und „Satansbraut“ diffamierend und bringen sie mehr als fünf Jahre nach der Verurteilung in direkter Weise mit dem damaligen Delikt in Verbindung. Sie habe sich öffentlich im Rahmen einer Fernsehsendung von der satanischen Szene losgesagt. Das berichtete seinerzeit auch die Zeitung. Es gebe – so Manuela R. – keinen Grund, über sie zu berichten und die damalige Tat erneut zu erwähnen. Zwar sei der juristische Vorgang des Verfahrens gegen Ali M. von ihr initiiert worden, aber deshalb noch lange nicht Gegenstand des öffentlichen Interesses. Manuela R. sieht Ziffer 8 (Persönlichkeitsrechte) des Pressekodex verletzt und ihr Resozialisierungsinteresse nicht berücksichtigt. Die Rechtsabteilung der Zeitung steht auf dem Standpunkt, die Redaktion habe über ein öffentliches Strafgerichtsverfahren zulässig berichtet. Es gebe einen unmittelbaren Zusammenhang zwischen dem Verfahren gegen Ali M. und der Straftat des gemeinschaftlichen Mordes des Ehepaares R., das mit 15 bzw. 13 Jahren Haft bestraft worden sei. Vor diesem Hintergrund habe es im öffentlichen Informationsinteresse gelegen, über die Vorgeschichte des Falles zu berichten. Das öffentliche Informationsinteresse überwiege gegenüber den Persönlichkeitsrechten der Beschwerdeführerin. Dies gelte auch für das von der Frau reklamierte Resozialisierungsinteresse. In einem Fernsehbeitrag habe sich Manuela R. persönlich und nicht anonymisiert in die Öffentlichkeit begeben, wodurch auch kein Anonymisierungsinteresse im Rahmen der Resozialisierung bestehe. (2007)
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Streitigkeiten innerhalb einer Unabhängigen Wählergemeinschaft (UWG) sind Thema der Berichterstattung in einer Regionalzeitung. Die Redaktion gibt Einzelheiten des Konflikts wieder und berichtet vom Verlauf einer internen Sitzung. Die Redaktion beruft sich auf Informationen, die ihr vorlägen. Der Fraktionsvorsitzende tritt als Beschwerdeführer auf. Er bezweifelt, dass die Zeitung ihre Aufgabe fair nach bestem Wissen und Gewissen wahrnehme. Er wirft der Redaktion eine einseitige Darstellung der Tatsachen sowie Meinungsunterdrückung vor. Der Artikel sei „schlecht recherchiert bzw. der Informant hat nicht den Tatsachen entsprechende Informationen weitergegeben“. Die Zeitung habe dadurch rufschädigende Tatsachen verbreitet. Außerdem sei eine Gegendarstellung mit dem Hinweis auf nicht erfüllte Voraussetzungen zurückgewiesen worden. Um welche Voraussetzungen es sich dabei gehandelt habe, sei nicht erläutert worden. Der Chefredakteur der Zeitung bringt seine Hoffnung zum Ausdruck, mit dem Beschwerdeführer eine Einigung zu erzielen. Deshalb beantragt er einen Aufschub für seine Stellungnahme. In einem Brief an den Beschwerdeführer schreibt er, ein „grobes Fehlverhalten“ der örtlichen Lokalredaktion sei nicht festzustellen. Den Vorwurf tendenzieller und schlecht recherchierter Berichterstattung weist er mit Entschiedenheit zurück. (2007)
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Eine Zeitschrift berichtet in einem Jahresrückblick über die Einweihung des Gerhard-Richter-Fensters im Kölner Dom. Unter dem Foto des Werkes steht der folgende Bildtext: „Gott würfelt nicht? Gerhard Richters Glasfenster für den Kölner Dom, ein Gotteslob aus Licht und Farbe, entstand nach dem Zufallsprinzip. Und entzündete heftige Debatten. Kardinal Meisner aus Köln sprach von ´entarteter Kunst´, das Publikum jedoch ist begeistert.“ Ein Leser der Zeitschrift sieht in der Bildunterschrift einen Verstoß gegen die journalistische Sorgfaltspflicht. Kardinal Meisner habe das Kunstwerk zwar kritisiert, doch sei der Begriff von der entarteten Kunst dabei nicht gefallen. Die Reaktionen auf das Fenster seien sehr unterschiedlich ausgefallen. Keineswegs sei das Publikum einhellig begeistert gewesen. Nach Auffassung des Beschwerdeführers schädigt der Beitrag den Ruf des Kardinals und verletze dessen Ehre. Es entstehe der völlig verfehlte Eindruck, Meisner habe sich nationalsozialistischen Vokabulars bedient. Der stellvertretende Chefredakteur der Zeitschrift zitiert Meisner in seiner Stellungnahme. Danach habe der Kardinal bei der Einweihung des Kunstmuseums des Erzbistums Köln wörtlich gesagt: „Dort, wo die Kultur vom Kultus, von der Gottesverehrung abgekoppelt wird, erstarrt der Kultus im Ritualismus, und die Kultur entartet. Sie verliert ihre Mitte.“ Der Beschwerdegegner hält die journalistisch verkürzte Formulierung ´entartete Kunst´ für legitim. Das verkürzte Zitat sei auch von anderen Medien veröffentlicht worden. Die Redaktion habe keine Vergleiche mit dem Nationalsozialismus in den Vordergrund rücken wollen. Ihr sei es vielmehr um die Tatsache gegangen, dass ein Kardinal Anstoß genommen habe an einem künstlerischen Auftragswert für einen Sakralbau. (2007)
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„Schule lehrt Kindern das Fürchten!“ titelt eine Regionalzeitung. Oder ist es umgekehrt, wie ein Lehrer in seinem Leserbrief „Kinder lehren Schule das Fürchten!“ schreibt? Dem Pädagogen antwortet der Vater eines Schülers per Leserbrief. Darin wird das persönliche Verhalten des Lehrers angesprochen: „Vorsingen lassen im Stimmbruch und dann vor der Klasse den Schüler auslachen – sind dies ´pädagogisch wertvolle´ Motivationsmethoden? Verbale und schriftliche Hinweise unter einer schlecht ausgefallenen Arbeit: ´hauptschulreife Leistung´ oder ´welch ein Desaster´ – fördert dies eine positive Arbeitshaltung bei Schülern?“ Der angegriffene Lehrer hält die Veröffentlichung für rufschädigend. „…unterschreitet (die Zeitung) jedes vorstellbare Niveau und bietet einem frustrierten und überforderten Vater eine Plattform, eine ursprünglich sachliche Diskussion zu personalisieren und die Öffentlichkeit mit unqualifiziertem Verbalmüll sachlich falsch und schlicht dumm zu informieren.“ Der Lehrer fügt seiner Beschwerde einen Brief der Zeitung bei, in dem sich der Chefredakteur entschuldigt. Der Leserbrief beziehe sich auf einen lange zurückliegenden Sachverhalt und hätte nicht erscheinen dürfen. Der Chefredakteur distanziert sich von dem Inhalt des Briefes. (2007)
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Eine Boulevardzeitung berichtet unter der Überschrift „Was geschah auf dem Männer-Klo? Drogengerüchte um (…)“ über einen Mann aus dem Showgeschäft. Ein nicht namentlich genannter Besucher eines Schwulen-Clubs will gesehen haben, wie der Sänger auf der Toilette Drogen nahm. Dem Bericht beigefügt sind drei Bilder: Das Aufmacher-Bild zeigt verschwommen zwei Männer in einem Toilettenvorraum. Die rechte Person soll den Sänger darstellen. Die Szene nahm der Beobachter mit seiner Handy-Kamera auf. Er fotografierte über eine Toilettentür hinweg. Bild zwei ist ein Porträt des Unterhaltungskünstlers; Bild drei zeigt den Sänger zusammen mit Dieter Bohlen. Ein Leser des Blattes ist der Ansicht, dass der Beitrag den Unterhalter in seiner Privatsphäre verletzt, und somit ein Verstoß gegen Ziffer 8 des Pressekodex (Persönlichkeitsrechte) vorliegt. Es gehe die Öffentlichkeit nichts an, wenn jemand einen Schwulen-Club besucht. Fotos von einem Aufenthalt in einem WC des Clubs seien schon gar nicht zu veröffentlichen. Sollte der Entertainer tatsächlich Kokain konsumieren, so gehe das die Polizei etwas an, nicht aber die Leser der Zeitung. Die Rechtsabteilung der Zeitung teilt mit, die Veröffentlichung des fraglichen Fotos sei mit Einverständnis des Managements des Unterhaltungskünstlers erfolgt. Auf Anfrage der Redaktion habe dieses gesagt: „Könnt ihr drucken“. Das Foto sei vorher bereits in einer Jugendzeitschrift veröffentlicht worden. Der Sänger nehme für viele junge Leute eine Vorbild- und Orientierungsfunktion ein, weil er durch seinen Werdegang gezeigt habe, auf welche Weise ein unverhoffter Einstieg ins Musikgeschäft möglich sei. Auf eine Rückfrage des Presserats antwortet das Management mündlich und schriftlich, es habe von seiner Seite kein Einverständnis für den Abdruck des Fotos vorgelegen. Später kommt diese Version als Quintessenz des Gesprächs zwischen Redaktion und Management: „Das könnt ihr zwar drucken, aber wir werden definitiv alles abstreiten oder gar einen Kommentar abgeben“. (2007)
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„Pferdemädchen Rabea (15) klagt an – Richterin ließ den Mann laufen, der mich missbrauchte“ titelt eine Boulevard-Zeitung. In dem Bericht geht es um Missbrauchsfälle in einem Reitstall. Ein Reitlehrer soll mehrere Kinder missbraucht haben, so die Vorwürfe. Eine 15-jährige Schülerin berichtet über die Tat. Beschuldigt wird ein 75-jähriger Mann, der bereits wegen sexuellen Missbrauchs und anderer Delikte verurteilt worden war. Im Fokus des Artikels steht die Kritik am Vorgehen der Justiz. Ein Haftbefehl gegen den Tatverdächtigen sei nicht erlassen worden, heißt es in dem Beitrag. Zu diesem gehören drei Fotos. Auf einem ist die 15-jährige Schülerin – nicht identifizierbar – zu sehen. Ein weiteres zeigt den Beschuldigten ohne Balken oder Pixelung; seinen Namen kürzt die Redaktion ab. Das dritte Foto zeigt die Eltern des Mädchens. Eine Leserin sieht einen Verstoß gegen die Ziffern 5 (Berufsgeheimnis) und 8 (Persönlichkeitsrechte). Der Beschuldigte sei „in voller Größe und Klarheit“ zu erkennen. Dies verletze seine Intimsphäre. Die Presse sei außerdem verpflichtet, gewisse Dokumente vertraulich zu behandeln. Die Rechtsabteilung der Zeitung teilt mit, die Familie des Missbrauchsopfers habe sich an die Redaktion gewandt, weil der Prozess gegen den mutmaßlichen Täter nicht habe stattfinden können und weil sich der Mann in seine Heimat abgesetzt habe. Für seine Taten habe er nicht zur Rechenschaft gezogen werden können. Der Missbrauch an der 15-jährigen Schülerin sei unstreitig. Bei dieser Sachlage sei es – so die Rechtsvertretung weiter – zulässig, über den Mann in Wort und Bild zu berichten. Der Täter sei vorbestraft und flüchtig. Sein Name sei abgekürzt worden. Es bestehe daher ein berechtigtes Interesse der Öffentlichkeit, das Erscheinungsbild des Mannes zu erfahren. Für den Fall, dass er wieder nach Deutschland einreisen werde, bestehe ein Aufklärungsinteresse der Öffentlichkeit. Nach Auskunft des zuständigen Oberlandesgerichts wurde das Verfahren gegen den mutmaßlichen Täter gemäß Paragraf 205 der Strafprozessordnung eingestellt. Der Mann befinde sich in Rumänien und halte sich dort in einer psychiatrischen Klinik auf. Er sei in Deutschland zur Fahndung ausgeschrieben. (2007)
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„Kleiner Steven! An Luftballon erstickt“ schreibt eine Boulevardzeitung über einen Bericht, dem zwei Fotos des Jungen beigestellt sind. Großformatig ist der lachende Junge zu sehen. Daneben ein Bild von dem Kind im offenen Sarg. Es ist untertitelt mit den Worten: „Ein trauriges Bild aus der Friedhofskapelle. Verwandte und Freunde verabschieden sich von Steven“. Es wird berichtet, dass der Junge während des Konfirmationsunterrichts gestorben sei, da er ein Stück eines Luftballons verschluckt habe. Die Zeitung stellt den weiteren Sachverhalt so dar: Der Junge reibt mit einem Stück Ballongummi an seinen Zähnen und stört mit den dabei erzeugten Geräuschen. Ein Mitkonfirmand macht einen Witz, beide lachen, der Junge verschluckt sich an dem Gummi. Die Pastorin bemüht sich verzweifelt um das Kind, das bewusstlos wird. Sie ruft den Notarzt. Im Todeskampf beißt sich der Junge die Zunge ab. Er wird mit einem Hubschrauber ins Krankenhaus gebracht, wo er zwei Tage später stirbt. Ein Leser der Zeitung sieht gerade im Hinblick auf die seelische Stabilisierung der am Unfall beteiligten Jugendlichen den Abdruck des im Sarg liegenden Jungen als grotesk und behindernd an. Die Rechtsabteilung der Zeitung stellt fest, dass zu dieser Zeit das Luftballon-Spiel gerade in Mode war. Mit den Geräuschen, die das Gummi beim Reiben an den Zähnen erzeugt, könne man provozieren. Mit ihrem Bericht habe die Zeitung vor den Gefahren dieses Spiels warnen wollen. Die Redaktion habe mit dem Stiefvater des toten Jungen gesprochen. Auch die Mutter sei mit der Berichterstattung in Wort und Bild einverstanden gewesen. (2007)
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Eine Zeitschrift für junge Leute veröffentlicht eine Seite unter der Überschrift „Darüber lachen Jungs!“ Sie gibt Witze zum Besten und fordert ihre jungen Leser auf, ihrerseits Stoff zum Lachen an die Redaktion zu schicken. Zwei Kostproben: „Sagt ein Mann zu seinem Freund: ´Ich hab´ meiner Frau eine Gasmaske zum Geburtstag geschenkt`. Freund: ´Eine Gasmaske?´ - `Ja, erstens sieht sie damit besser aus und wenn ich den Stöpsel zuhalte, dann zappelt sie so schön beim Sex´.“ Noch ein Beispiel: „Die Prinzessin geht zum Teich und sagt zum Frosch: ´Muss ich dich jetzt küssen, damit du ein Prinz wirst?´ Der Frosch: ´Nein, das ist mein Bruder. Mir musst du einen blasen…´“ Frauen- und Gleichstellungsbeauftragte, Parteipolitikerinnen und ein Landessozialministerium kritisieren den Zeitschriftenbeitrag und die veröffentlichten Einsendungen als gewaltverherrlichend, sexistisch, frauenfeindlich, diskriminierend, zum Teil auch rassistisch. Die Beschwerdeführerinnen hätten es nicht für möglich gehalten, in einer Zeitschrift, die erst vor kurzem eine Aktion „Respect the girl“ gestartet habe, derart beschämende „Witze“ zu finden. Aus den Beiträgen spreche einzig und allein Menschenverachtung. Der Verlag hält den Vorwurf der Verletzung der Menschenwürde, des Jugendschutzes, des sittlichen Empfindens, der unzulässigen sensationellen Darstellung und der Diskriminierung für nicht begründet. Zusammenfassend sei man der Überzeugung, dass aufgrund des besonderen Charakters der beanstandeten Rubrik kein Verstoß gegen die Regeln des Pressekodex vorliege, weil die Berufsethik wegen des fehlenden Tatsachengehalts von Witzen überhaupt nicht berührt sei. (2007)
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