Wie hat der Presserat entschieden?
Rüge, Missbilligung oder Hinweis, wie hat der Presserat entschieden? Hier können Sie online in der Spruchpraxis des Presserats eine Auswahl an Beschwerdefällen von 1985 bis heute recherchieren.
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7053 Entscheidungen
Unter der Überschrift „Frau Richterin warum schützen Sie diesen Verbrecher?“ berichtet ein Boulevardblatt über den Prozess gegen einen 19-jährigen Angeklagten, der an einer Schießerei mit mehreren Personen beteiligt war, die einem Menschen das Leben kostete. In dem Bericht wird behauptet, der Angeklagte habe auf offener Straße mit einem Revolver wahllos auf unbeteiligte Menschen geschossen und diese verletzt. Zu Beginn des Verfahrens habe die Richterin die Öffentlichkeit zum Schutz des noch heranwachsenden Täters ausgeschlossen. Der Anwalt des Angeklagten prangert einen Verstoß gegen Ziffer 13, Richtlinie 13.2, des Pressekodex an. In diesem Teil des Pressekodex ist das Gebot enthalten, bei Ermittlungs- und Strafverfahren gegen Jugendliche besondere Zurückhaltung zu üben. Er wendet sich an den Deutschen Presserat. Sein nicht vorbestrafter Mandant sei von der Zeitung als Verbrecher bezeichnet worden, obwohl es in dem Verfahren kein Urteil gebe. Die Öffentlichkeit sei in dem Verfahren ausgeschlossen worden, um den Heranwachsenden zu schützen. Darauf sei auch in der Berichterstattung Rücksicht zu nehmen. Die Rechtsabteilung der Zeitung verweist darauf, dass sich der 19-jährige Täter auf der Schwelle zum Erwachsenenstrafrecht befinde. Die Richtlinie 13.2 gelte daher nur eingeschränkt. Eine identifizierende Berichterstattung sei danach nicht ausgeschlossen. Auch sei der mutmaßliche Täter weitgehend geständig. Die Anklage gehe zudem davon aus, dass der 19-jährige tödliche Verletzungen der im Zielbereich seiner Waffe stehenden Personen billigend in Kauf genommen habe. Die vom Angeklagten zugegebene Tat sei in ihrer Art und Ausführung so erschreckend, dass darüber habe berichtet werden dürfen. Letztlich richte sich die Überschrift in erster Linie gegen die Entscheidung des Gerichts, die Öffentlichkeit auszuschließen. Diesen Ausschluss könne die Presse nicht akzeptieren, weil es um die gerichtliche Aufarbeitung eines Verbrechens gehe. (2006)
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Unter der Überschrift „Verärgert über Ferndiagnose“ berichtet eine Regionalzeitung über das mutmaßliche Fehlverhalten eines namentlich genannten Arztes. Dieser, so das Blatt, habe während seines Wochenenddienstes einen Notruf nicht ernst genug genommen. Anstatt die Patientin wegen ihrer telefonisch geschilderten Kopfschmerzen ins Krankenhaus zu schicken, habe er die Einnahme eines Schmerzmittels empfohlen. Die Patientin sei später mit Gehirnblutungen auf die neurologische Intensivstation eines Krankenhauses gebracht worden. Der Anwalt des Arztes hält die Namensnennung für unverhältnismäßig. Sein Mandant sei damit der Gefahr ausgesetzt, in der öffentlichen Meinung herabgesetzt zu werden. Er bezeichnet die Berichterstattung als einseitig. Der Redakteur habe nicht alle zur Verfügung stehenden Informationsquellen ausgeschöpft. Er habe mit der Behauptung, die Patientin habe es einer besorgten Nachbarin zu verdanken, dass sie überhaupt noch lebe, gegen die Wahrheitspflicht verstoßen. Der Anwalt wendet sich an den Deutschen Presserat. Die Redaktion weist ausdrücklich darauf hin, dass der Arzt gegenüber der Zeitung Versäumnisse eingeräumt habe. Die Namensnennung sei journalistisch motiviert gewesen, da die örtliche Ärzteschaft einen öffentlichen, dem Gemeinwohl dienenden Auftrag wahrnehme, nämlich die ärztliche Versorgung der Bevölkerung zu sichern. Notrufregelung und Hausärztemangel seien in der Stadt ein heikles Thema. Der konkrete Fall sei dargestellt worden, um zu zeigen, was passieren könne, wenn die Notrufzentrale einen Anrufer an einen Arzt verweise, der – ohne den Patienten zu sehen oder zu kennen – eine unzutreffende Ferndiagnose stelle. Das öffentliche Interesse an dem Fall überwiege die privaten Interessen des Beschwerdeführers. Der sei im Übrigen am Tag nach dem Erscheinen des beanstandeten Artikels umfassend zu Wort gekommen. Der Artikel – so die Redaktion weiter – sei sorgfältig recherchiert gewesen. Der Redakteur habe mit den Angehörigen, mehrfach mit dem Arzt und auch mit einem Vertreter der Kassenärztlichen Vereinigung gesprochen. Der Arzt habe offen zugegeben, dass er „den Fall vielleicht zu wenig hinterfragt“ habe. Für ihn habe kein Notfall vorgelegen. Die Passage, wonach für die Patientin Lebensgefahr bestanden habe, sei durch die recherchierten Fakten gedeckt. (2006)
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„31 … unter Kinderporno-Verdacht“ titelt eine überregionale Zeitung über eine Razzia in einer Großstadt. Die Verdächtigen sollen Kinderpornos besessen und verbreitet haben. Der Vorwurf richte sich gegen Männer, unter denen sich ein Zeuge Jehovas, ein ehrenamtlicher Jugendbetreuer und ein Ex-Soldat befänden. Die Frau des Beschuldigten, der den Zeugen Jehovas angehört, habe - so die Zeitung – fassungslos reagiert. Ein Angehöriger dieser Glaubensrichtung beanstandet, dass die Zeitung die Religionszugehörigkeit eines der Verdächtigen genannt habe. Dies sei bei keinem anderen der Verdächtigen geschehen. Eine neutral formulierte Berichterstattung wäre angemessen gewesen. Vorurteile und Intoleranz in der Bevölkerung würden so gefestigt und Angehörige der Religionsgemeinschaft am Arbeitsplatz und in der Schule diskriminiert und ausgegrenzt. Er wendet sich an den Deutschen Presserat. Die Redaktion vertritt die Auffassung, dass die Namensnennung publizistisch veranlasst war, weil die Zeugen Jehovas von ihren Mitgliedern die Einhaltung sittlicher Werte einfordere, denen sie nicht immer gerecht würden. Der Chefredakteur gibt zu bedenken, dass nur Angehörige sozialer Gruppen angeführt worden seien, die aufgrund ihrer Stellung, ihrer Tätigkeit oder ihrer ethnischen und moralischen Vorstellungen ein hohes Ansehen und großes Vertrauen in der Bevölkerung genießen. Dadurch werde deutlich, dass das Phänomen Kinderpornografie alle gesellschaftlichen Gruppen erfasse, auch solche, die aufgrund ihrer Bildung und ihrer moralischen Werte besonders vertrauenswürdig erschienen. Die Zeitung nimmt ein öffentliches Interesse an der Berichterstattung über sexuelle Übergriffe auf Kinder für sich in Anspruch. Die Öffentlichkeit sei bei diesem Thema in hohem Maße sensibilisiert. (2006)
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Eine Lokalzeitung berichtet unter dem Titel “Betrug im ….-Werk: Italiener ergaunert 54.000 Euro am Getränke-Automaten!” über die Verurteilung eines 38-Jährigen wegen Manipulation von Guthabenkarten für Automaten. In dem Beitrag wird siebenmal erwähnt, dass es sich bei dem Angeklagten um einen Italiener handelt. Ein Leser der Zeitung kritisiert die häufige Nennung der Staatsangehörigkeit. Ein Bezug zwischen Nationalität und Straftat sei nicht zu erkennen. Er wendet sich an den Deutschen Presserat. Die Zeitung entgegnet, die Bezeichnung “Italiener” sei in der Stadt eher positiv als negativ besetzt. Seit Jahrzehnten lebten hier viele Italiener. Italien sei hier allgegenwärtig, vom Straßennamen bis zum Ortsbürgermeister, vor allem jedoch im Werk. Der in der Beschwerde auftauchende Begriff einer ethnischen Minderheit sei vor diesem Hintergrund nicht stichhaltig. Nichts in dem Artikel deute auf eine Absicht hin, eine Einzelperson oder eine Gruppe zu diskriminieren. Die Zeitung weist darauf hin, dass außer dem Beschwerdeführer niemand an dem Artikel Anstoß genommen habe, offenbar nicht einmal der Täter selbst. Kein italienischer Politiker, kein Gewerkschafter, kein Geschäftsmann und kein Leser hätte negativ reagiert. (2006)
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Unter der Überschrift „Schlag gegen Kinderpornografie“ berichtet eine überregionale Zeitung über eine Großrazzia gegen 31 Personen, die unter dem Verdacht stehen, Kinderpornos angefertigt und verbreitet zu haben. Der Vorwurf richtet sich gegen Männer, unter denen sich ein Zeuge Jehovas, ein ehrenamtlicher Jugendbetreuer und ein Ex-Soldat befinden. Der Beschwerdeführer, ein Zeuge Jehovas, der den Deutschen Presserat anruft, kritisiert die Erwähnung der Religionszugehörigkeit im Fall eines Verdächtigen. Dies sei bei keinem der übrigen dreißig Männer geschehen. Er mahnt eine neutral formulierte Berichterstattung an. Die Zeitung hätte Vorurteile und Intoleranz in der Bevölkerung gefestigt und Angehörige der Religionsgemeinschaft am Arbeitsplatz und in der Schule diskriminiert und ausgegrenzt. Die Rechtsabteilung der Zeitung erklärt, es sei nicht ihre Absicht gewesen, die Religionsgemeinschaft in Misskredit zu bringen. Dies sei erkennbar nicht der Fall, weil in zwei anderen Fällen die Berufe der Verdächtigen angegeben worden seien. Die Angaben sollten verdeutlichen, dass zum Kreis der Verdächtigen Personen aus allen Gesellschaftsschichten gehören. Gerade diese Männer bewegten sich in Kreisen, in denen ein besonders integres Verhalten vorausgesetzt werde. Die Berichterstattung habe sich nicht auf die Zeugen Jehovas, sondern auf den unter Verdacht stehenden Mann bezogen. (2006)
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„Vater und Jugendbetreuer horteten Kinderpornos“ überschreibt eine Großstadt-Zeitung ihren Bericht über eine Razzia gegen 31 Personen, die unter dem Verdacht stehen, Kinderpornos besessen zu haben. Der Vorwurf richtet sich unter anderem gegen einen Zeugen Jehovas und den Leiter einer Pfadfindergruppe. Der Beschwerdeführer beanstandet die Nennung der Religionszugehörigkeit bei einem der Verdächtigen. Bei keinem anderen werde dieser Umstand erwähnt. Er sieht eine Diskriminierung mit Folgen am Arbeitsplatz und in der Schule und wendet sich an den Deutschen Presserat. Der Chefredakteur argumentiert, die Redaktion habe den Lesern vor Augen führen wollen, aus welchem Umfeld dieser Verdächtige stamme, weil es sehr ungewöhnlich sei, dass Angehörige dieser Religionsgemeinschaft mit Straftaten wie im vorliegenden Fall in Verbindung gebracht würden. Man habe bei einem anderen Verdächtigen die Tätigkeit als Pfadfinderleiter genannt, da man bei Personen mit derartigen Aufgaben ebenfalls keine solche Tat vermuten würde. Der Chefredakteur entschuldigt sich ausdrücklich bei der Religionsgemeinschaft der Zeugen Jehovas, soweit der Eindruck entstanden sei, dass sie durch die beanstandete Meldung diskriminiert worden sei. (2006)
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Eine Zeitschrift befasst sich unter der Überschrift “Das Biomärchen” kritisch mit biologischen Lebensmitteln und deren Produktion. Zwei Passagen aus dem Artikel: “Anders als Rinderkot taugt Hühnermist nicht als Dung” und “Bei einem Totalwechsel auf Öko bräuchte die deutsche Landwirtschaft ein Drittel mehr Fläche, also müssen Wälder abgeholzt und Naturschutzgebiete aufgelöst werden”. Eine Leserin sieht darin eine einseitige Darstellung zu Ungunsten von Bioprodukten und kritisiert falsche Aussagen. So sei es laut EU-Ökoverordnung falsch, dass Hühnermist nicht als Dung tauge. Die Aussage zu der Abholzung von Wäldern und der Auflösung von Naturschutzgebieten sei reine Spekulation und werde nicht mit Fakten belegt. Die Tatsache, dass auf der Welt insgesamt so viele Lebensmittel produziert werden, dass man damit 12 Milliarden Menschen ernähren könnte, werde nicht erwähnt. Darüber hinaus kritisiert die Beschwerdeführerin weitere unkorrekte Darstellungen sowie eine insgesamt unausgeglichene Berichterstattung. Sie wendet sich an den Deutschen Presserat. Die Rechtsabteilung der Zeitschrift spricht von einer Meinungsäußerung des Autors. Die Meinungsäußerungsfreiheit sei als Bestandteil der grundgesetzlich geschützten Pressefreiheit auch im Pressekodex verankert. In der Sache wird mitgeteilt, dass die Einschätzungen in dem Beitrag aus Gesprächen stammten, die der Autor mit mehreren Ernährungswissenschaftlern geführt habe. (2006)
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„Kinderpornografie: Polizei durchsucht 31 Wohnungen“ – unter dieser Überschrift berichtet eine Großstadtzeitung über eine Razzia. 31 Personen werden verdächtigt, Kinderpornos besessen und verbreitet zu haben. Der Vorwurf richtet sich gegen Männer aus allen Gesellschaftskreisen, darunter einen Jugendbetreuer, einen ehemaligen Bundeswehrsoldaten und einen Anhänger der Zeugen Jehovas. Ein Mitglied dieser Religionsgemeinschaft beanstandet, dass die Zeitung die Religionsangehörigkeit eines der Verdächtigen erwähnt, auf diese Angabe jedoch in allen anderen Fällen verzichtet. Er sieht darin eine Förderung von Vorurteilen und Intoleranz in der Bevölkerung und befürchtet eine Ausgrenzung und Diskriminierung von Zeugen Jehovas am Arbeitsplatz und in der Schule. Nach Angaben der Zeitung habe sie nicht die Absicht gehabt, die Religionsgemeinschaft in Misskredit zu bringen. Dies sei erkennbar nicht der Fall, da in zwei anderen Fällen die Berufe der Verdächtigen angegeben worden seien. Mit der Erwähnung habe man die Absicht verbunden, auf die Vielschichtigkeit der Gesellschaftskreise hinzuweisen, denen die Verdächtigen zuzurechnen seien. Gerade diese Männer bewegten sich in Kreisen, in denen ein besonders integres Verhalten vorausgesetzt werden könne. Die Redaktion habe nicht die Organisation der Zeugen Jehovas angegriffen, sondern den Blick der Leser auf den unter Verdacht stehenden Mann fokussiert. Die Rechtsvertretung der Zeitung hält die Religionsangabe für das Verständnis des berichteten Vorgangs für erforderlich. Man habe die Angabe aus dem Polizeibericht, unter den 31 Verdächtigen seien Männer aus allen Gesellschaftskreisen, konkretisieren wollen. (2006)
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In einer Regionalzeitung wird über ein Gerichtsurteil gegen den Beschwerdeführer berichtet, dem vorgeworfen wurde, auf seiner Website ein Buch zum Thema Kindersex angepriesen zu haben, das von der Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien indiziert worden war. Der Mann wendet sich an den Deutschen Presserat. In dem Beitrag heißt es unter anderem, der Beschwerdeführer preise das Buch im Internet an. Er wird als “klein und mit ergrautem Hitlerbärtchen” beschrieben. Der Betroffene hält den Bericht für falsch. Er habe lediglich den Klappentext des Buches “Loving Boys” auf seine Website gestellt. Dies ist nach seiner Ansicht – entgegen der des Gerichts – keine Anpreisung oder Werbung. Er betont, dass er das Buch nicht zum Kauf anbiete. Die entsprechende Aussage in dem Artikel sei falsch. Zu der Beschreibung, er trage “ein ergrautes Hitlerbärtchen”, teilt er mit, dass seine politischen Ansichten im krassen Gegensatz zu neonazistischen Gesinnungen eines radikalen Faschismus stünden. Er bezeichnet den Hitler-Vergleich als schwere Verleumdung und Beleidigung sowie als Rufmord. Der Chefredakteur der Zeitung teilt mit, alle Angaben in dem Artikel entsprächen der Wahrheit und könnten belegt werden. Der Beschwerdeführer sei Chef einer Pädophilenvereinigung. Für die Inhalte auf der Website sei er als Chefredakteur verantwortlich. (2006)
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