Entscheidungen finden

Wie hat der Presserat entschieden?

Rüge, Missbilligung oder Hinweis, wie hat der Presserat entschieden? Hier können Sie online in der Spruchpraxis des Presserats eine Auswahl an Beschwerdefällen von 1985 bis heute recherchieren.

Bitte beachten: Im Volltext abrufbar sind nur Entscheidungen mit den Aktenzeichen ab 2024, z.B. 0123/24/3-BA!
Sie müssen dazu immer das volle Aktenzeichen eingeben, also 0123/24/3-BA.

Nach detaillierten Richtlinien (z.B. 8.1) können Sie erst ab den Fällen aus 2024 recherchieren. Ältere Fälle werden nur unter der entsprechenden Ziffer (z.B. 8) angezeigt.

Sie haben Fragen zu unseren Sanktionen? Hier finden Sie Erläuterungen.

 

Entscheidungsjahr
6869 Entscheidungen

Bürger von Durchreisenden bedroht

“3000 Euro für Schleifarbeiten” – unter dieser Überschrift berichtet eine Regionalzeitung über Beschwerden von Bürgern, die von Durchreisenden aufgesucht und bedroht worden seien. Von der Polizei hätten sie keine Hilfe erhalten. In dem Artikel werden die Durchreisenden durchweg als “Roma” bezeichnet. Der Zentralrat Deutscher Sinti und Roma sieht in dem Artikel einen Verstoß gegen Ziffer 12 des Pressekodex sowie Richtlinie 12.1. Die Minderheiten-Kennzeichnung sei für das Verständnis des berichteten Tathergangs nicht erforderlich und schüre Vorurteile. Der Zentralrat wendet sich an den Deutschen Presserat. Die Chefredaktion hält die Beschwerde für unbegründet. Eine diskriminierende Darstellung einer ethnischen oder nationalen Gruppe im Sinne von Ziffer 12 des Pressekodex sei nicht erkennbar. Der begründbare Sachbezug für die Erwähnung der Bezeichnung “französische Roma” habe darin bestanden, dass die Polizei eine Ermittlung der mutmaßlichen Straftäter für aussichtslos gehalten habe, da die Gruppe mit unbekanntem Ziel weiter gezogen sei. Zentraler Anknüpfungspunkt der Berichterstattung seien somit nicht die Straftaten gewesen, sondern vielmehr die Tatsache, dass die mutmaßlichen Täter nicht mehr erreichbar waren. Deshalb sei die Nennung der ethnischen Herkunft in diesem Fall sogar zwingend erforderlich gewesen. (2005)

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“In den Fesseln der Familientradition”

“Gefangen in den Fesseln der Tradition” – so überschreibt eine Regionalzeitung einen Prozessbericht. Dabei geht es um einen 25-jährigen, der wegen Raubes und Körperverletzung angeklagt ist. Der in dem Bericht als “Roma” bezeichnete Angeklagte wurde auf Geheiß seiner Familie zwangsverheiratet, womit er – so sein Strafverteidiger – nie fertig geworden ist. Der Zentralrat Deutscher Sinti und Roma sieht in dem Artikel einen Verstoß gegen Ziffer 12 des Pressekodex sowie Richtlinie 12.1. Die Minderheiten-Kennzeichnung sei für das Verständnis des Tathergangs nicht erforderlich und schüre Vorurteile. Auch sei die Kennzeichnung des angeklagten jungen Mannes als “Roma” nicht mit den angeblichen “Fesseln der Tradition” seiner Familie zu rechtfertigen. Eine Einflussnahme von Eltern auf die Partnerwahl ihrer Kinder gebe es auch in anderen Teilen der europäischen Bevölkerung in unterschiedlicher Form. Der Zentralrat wendet sich an den Deutschen Presserat. Die Chefredaktion der Zeitung steht auf dem Standpunkt, dass sie in vollkommener Übereinstimmung mit den publizistischen Grundsätzen des Presserats berichtet habe. Die Berichterstattung basiere auf den Ausführungen des Strafverteidigers. Der familiäre Hintergrund des Angeklagten sei von seinem Anwalt in den Mittelpunkt des Verfahrens gestellt worden. Das konnte in dem Bericht nicht unerwähnt bleiben. Im Übrigen seien die Persönlichkeitsrechte des Angeklagten beachtet worden. Dies sei daran zu erkennen gewesen, dass über den Angeklagten nicht identifizierend berichtet worden sei. (2005)

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Täter als “Zigeuner” bezeichnet

Unter der Überschrift “Raubüberfall mit Macheten” berichtet eine überregionale Zeitung über einen Überfall auf ein Schmuckgeschäft bei Barcelona, bei dem der Eigentümer, seine Frau und ihr 24 Jahre alter Sohn ermordet wurden. In dem Artikel heißt es: “Die Täter, zwei angeblich vorbestrafte spanische Zigeuner, wurden noch im Besitz von Macheten und einer Schusswaffenattrappe von der Polizei festgenommen.” Der Zentralrat Deutscher Sinti und Roma sieht in dem Artikel einen Verstoß gegen Ziffer 12 des Pressekodex sowie Richtlinie 12.1. Die Minderheiten-Kennzeichnung sei für das Verständnis des berichteten Tathergangs nicht erforderlich und schüre Vorurteile. Er wendet sich an den Deutschen Presserat. Der Beauftragte der Zeitung weist zunächst auf grundsätzliche Bedenken gegen Ziffer 12 des Pressekodex und die Richtlinie 12.1 hin. In der Sache hält er die Beschwerde für unbegründet. Für die Erwähnung der Zugehörigkeit der beiden Roma zu einer ethnischen Minderheit habe ein “für das Verständnis des berichteten Vorgangs begründbarer Sachbezug” bestanden. Zum Zeitpunkt des Macheten-Überfalls habe es in der Region Barcelona häufig Zwischenfälle gegeben, in die nach Lage der Dinge vorwiegend “Zigeuner” verwickelt gewesen seien. Daher seien diese auch genannt worden. Habe die Herkunft der Täter einen besonderen regionalen oder anderswie relevanten Bezug, dann sei ein entsprechender Hinweis Teil einer kompletten Information des Lesers. In einem solchen Fall würde die Herkunft krimineller Banden aus anderen Bevölkerungsgruppen auch genannt. Eine Diskriminierung sei in derartigen Formulierungen nicht zu sehen. (2005)

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“Eine grausame Jugend will ich”

Eine Regionalzeitung beschäftigt sich unter der Überschrift “Kaderschmieden der Nazis” mit nationalsozialistischen Erziehungsanstalten. In einem beigestellten Kasten “Wörtlich” wird ein Hitler-Zitat aus “Mein Kampf” wiedergegeben: “In meinen Ordensburgen wird eine Jugend heranwachsen, vor der sich die Welt erschrecken wird. Eine gewalttätige, herrische, unerschrockene, grausame Jugend will ich.” Ein Leser ist der Auffassung, dass es dieses Zitat in “Mein Kampf” nicht gibt. Das habe er der Redaktion in zwei Briefen mitgeteilt, jedoch keine Antwort erhalten. Er wendet sich an den Deutschen Presserat. Die Chefredaktion der Zeitung teilt mit, dass sich der Autor des Artikels auf eine “Mein Kampf”-Ausgabe aus den vierziger Jahren bezogen habe. Es könne allerdings sein, dass das Zitat in einer früheren Ausgabe noch nicht enthalten gewesen sei. So heiße es in der Online-Enzyklopädie Wikipedia beispielsweise: “Der Originaltext (…) von 1925 bis 1945 zahlreiche Änderungen und Erweiterungen.” In den “Materialien für den Unterricht” zu dem Film “Napola. Elite für den Führer” werde das fragliche Zitat an zwei Stellen gebracht. Auf Seite 39 des Materials werde das Zitat eindeutig Hitlers “Mein Kampf” zugeschrieben und auf die Veröffentlichung von H. Rauschning “Gespräche mit Hitler. Bilder und Dokumente der Zeitgeschichte 1933-1945” (München 1961, S. 100 ff.) verwiesen. Auch der Schweizer Tages-Anzeiger habe 1998 innerhalb der Besprechung des Buches “Wir waren Hitlers Eliteschüler” das Zitat in einer eindeutigen Zuordnung zu “Mein Kampf” gebracht. (2005)

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“Da braucht keiner mehr gucken”

“Arzt: ´Sie sind gesund´ - Frau starb” titelt eine Boulevardzeitung über den Tod einer 49-jährigen Frau und zwei Gutachten einer Mitarbeiterin des Medizinischen Dienstes, die eine Einstufung der Frau in die Pflegestufe 2 ablehnte. In dem Artikel heißt es, dass die Gutachterin dokumentiert habe, dass nach der Frau “keiner mehr gucken braucht”. Weiterhin wird aus einem Gutachten zitiert: “…bei Rumpfbeugen kann sie die Fersen erreichen, ist freihändig stehfähig.” In dem Beitrag kommt auch der Sprecher einer Krankenkasse zu Wort, wonach es bei Pflegefall-Entscheidungen schon häufiger Probleme mit den Gutachtern gegeben habe. Der Geschäftsführer des Medizinischen Dienstes beanstandet die Berichterstattung und ruft den Deutschen Presserat an. Die genannten Formulierungen seien in dem Gutachten nicht enthalten und auch sinngemäß nicht zu rechtfertigen. Im Gegenteil sei im Zweitgutachten beschrieben worden, dass die Frau nach wie vor einer Hilfe in der Grundpflege bedürfe. Weder im Erst- noch im Zweitgutachten sei das Zitat von den Rumpfbeugen enthalten. Schließlich sei dem Medizinischen Dienst bzw. der Gutachterin von der Zeitung keine Möglichkeit zu einer Stellungnahme eingeräumt worden. Der Geschäftsführer erklärt abschließend, die Behauptung der Redaktion, die Ablehnung der Pflegestufe 2 sei Ursache für den Tod der Frau, sei völlig aus der Luft gegriffen. Die Rechtsabteilung der Zeitung vermisst in der Beschwerde des Medizinischen Dienstes eine avisierte Erklärung der Gutachterin, dass sie die ihr zugeschriebenen Äußerungen so nicht gemacht habe. Die Angehörigen der begutachteten Frau blieben hingegen bei den Darstellungen, die gegenüber der Autorin des Beitrags gemacht worden seien. Die Autorin sei sich nach wie vor sicher, dass sie die Informationen ihrer Informanten, so auch des Pressesprechers der Krankenkasse, korrekt wiedergegeben habe. (2005)

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Kurdenappell prominenter Europäer

Die türkische Zeitung “Hürriyet” (“Freiheit”) setzt sich in sieben Artikeln mit dem Appell von 140 prominenten Europäern auseinander, in dem die Unterzeichner des Aufrufs die türkische Regierung zu einer politischen Lösung der Kurdenfrage auffordern. In einem der Beiträge heißt es unter dem (deutschen) Titel “Das nennen sie Dialog…”, dass das eigentliche Ziel des Appells die “Legalisierung des Terrors” sei. Tags darauf stellt die Zeitung unter der Überschrift “Schock – Namen des angeblichen Dialogs” fest, dass die Mehrheit der Unterzeichner Priester seien. In mehreren Artikeln wird zudem behauptet, dass die niedersächsische Landtagsabgeordnete Filiz Polat den Appell zunächst unterschrieben, ihre Unterschrift jedoch später zurückgezogen hätte. Ein türkischer Leser der Zeitung ist der Ansicht, dass es sich bei der Berichterstattung um eine Diffamierungskampagne gegen die Unterzeichner des Appells handle. Ihnen werde “Legalisierung des Terrors” vorgeworfen. Die in dem Blatt aufgestellte Behauptung, bei der Mehrheit der Unterzeichner handle es sich um Priester, sei falsch. Auch sei es nicht korrekt, dass die Landtagsabgeordnete ihre Unterschrift mittlerweile zurückgezogen habe. Der Leser wendet sich an den Deutschen Presserat. Der Chefredakteur von “Hürriyjet” teilt mit, dass die Beschwerde zwar von dem Leser unterschrieben, aber teilweise wortgleich sei mit den Vorwürfen, die der Koordinator des Dialogkreises im Internet verbreite. Die Beschwerde sei damit offensichtlich ein Teil der Kampagne des Dialogkreises, die dieser gegen die Zeitung führe. Die Behauptung, die Zeitung habe berichtet, die Hälfte der Appell-Unterzeichner seien Priester, sei völlig absurd. Im Originaltext heiße es, “eine Vielzahl von Priestern” habe unterschrieben. Es sei abwegig, so der Chefredakteur, dass “Hürriyet” mit dieser Aussage suggerieren wolle, bei dem Appell handle es sich um einen Angriff des christlichen Abendlandes gegen die Türkei. Korrekt sei, dass die Landtagsabgeordnete Polat den Appell nicht mehr mit ihrer Unterschrift unterstützen wolle. (2005)

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Auf Agenturmeldungen verlassen

Eine Regionalzeitung berichtet über die Verleihung eines Preises für Zivilcourage durch den Landesinnenminister. Unter anderem heißt es, eine 45-jährige Frau habe den Preis dafür erhalten, dass sie eine Vergewaltigung verhindert habe. Die Anwältin des der Tat Verdächtigten hält diese Darstellung für falsch. Von einem Vergewaltigungsversuch gehe nicht einmal die Staatsanwaltschaft aus. Es gehe ausschließlich um den Tatbestand der sexuellen Nötigung. Die Behauptung der Zeitung sei daher falsch. Überdies habe die Redaktion ihren Mandanten identifizierbar dargestellt. Das Innenministerium habe, so die Anwältin, in einer Pressemitteilung erklärt, dass das Tatopfer von schlimmeren Misshandlungen verschont worden sei. Von einer Vergewaltigung sei dort nicht die Rede. Die Anwältin schaltete den Deutschen Presserat ein. Der Chef vom Dienst der Zeitung teilt mit, dass die fehlerhafte Formulierung – Vergewaltigung statt Misshandlung – von einer Nachrichtenagentur stamme, auf deren Meldung die Berichterstattung aufgebaut worden sei. Bei hunderten bis tausenden Agenturmeldungen täglich müsse sich eine Redaktion auf eine etablierte Nachrichtenagentur verlassen können. Eine Überprüfung einzelner Aussagen in den Agenturtexten sei nicht möglich, vor allem dann nicht, wenn – wie im konkreten Fall – kein begründeter Zweifel an der Richtigkeit der Darstellung bestehe. (2005)

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Anzeigenhinweis wurde vergessen

Eine Programmzeitschrift veröffentlicht einen Beitrag unter der Überschrift “Vital-Kur für die Gefäße”. Sie beschäftigt sich darin mit einem Buch, in dem ein Heilpraktiker eine “besonders wirksame Vitalkur für die Gefäße” vorstellt. Die Kur – so die Zeitschrift – sei “geradezu lebensrettend” für Menschen mit ernsten Durchblutungsstörungen. Ein Leser sieht in der Veröffentlichung einen bezahlten Beitrag, der nicht als Anzeige gekennzeichnet sei. Weiterhin kritisiert er die positive Darstellung des Buches und der darin dargestellten Kur ohne Angaben dazu, wodurch der gesundheitliche Effekt der Gefäßentkalkung erzielt werde. Er ruft den Deutschen Presserat an. Der Chefredakteur teilt mit, bei dem kritisierten Beitrag handle es sich tatsächlich um eine Anzeige. Leider sei die klare Kennzeichnung unterblieben. Dies sei eine Panne bei der Herstellung gewesen. Dafür habe er sich bei dem Beschwerdeführer ausdrücklich entschuldigt. Die Redaktion sei darauf hingewiesen worden, Anzeigen auch künftig stets als solche zu kennzeichnen. (2005)

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Parteimitglieder als “Irre” bezeichnet

“Zehn Prozent Irre” überschreibt ein Nachrichtenmagazin einen Bericht über den Zusammenschluss von PDS und WASG. Im Text ist die folgende Passage enthalten: “Viele in der Parteispitze erinnern sich angesichts der Chaosbilder an Gysis Hinweis, dass jede Partei fünf bis zehn Prozent Irre habe. Sie dürfen, lautete seine Mahnung, nur nicht das Sagen bekommen”. Ein Leser des Magazins ist der Meinung, dass durch die Überschrift Menschen mit psychischen Krankheiten diskriminiert würden. Selbst wenn es ein korrektes Zitat von Gregor Gysi sei, das im Text wiedergegeben wurde, hätte es nicht als Überschrift benutzt werden dürfen. Es sei nicht ersichtlich, was der Inhalt des Artikels mit Menschen zu tun habe, die von einer psychischen Erkrankung betroffen seien. Der Mann wendet sich an den Deutschen Presserat. (2005)

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Kontakt zu einer Rauschgift-Köchin

Unter der Überschrift “Anruf bei ´Dr. med. A. Mphetamin´” berichtet eine Regionalzeitung über den illegalen Drogenschmuggel , insbesondere den Handel mit der Partydroge “Crystal” über das Erzgebirge. Robert M. wird bei einer Razzia geschnappt. In dem Artikel heißt es: “Auch Robert M. hat nach Erkenntnissen der Zollfahnder Crystal bei Stefan C. geholt. Der Mann aus Karlsbad gehört zu den Sinti und Roma und hatte nach Informationen der Fahnder Kontakt zu einer so genannten Crystal-Köchin. Im Milieu dieser Volksgruppe wird das Gift gemischt.” Der Zentralrat Deutscher Sinti und Roma sieht in dem Artikel einen Verstoß gegen Ziffer 12 des Pressekodex sowie Richtlinie 21.1. Die Minderheiten-Kennzeichnung sei für das Verständnis des berichteten Tathergangs nicht erforderlich und schüre Vorurteile. Er wendet sich an den Deutschen Presserat. Die Chefredaktion der Zeitung rechtfertigt die Nennung der ethnischen Herkunft mit den besonderen Umständen des Falles. Die Partydroge “Crystal” sei in Sachsen zu einem besonderen Problem geworden, so dass ein großes öffentliches Interesse daran bestanden habe zu erfahren, wie und wo die Droge hergestellt wird. Ein Großteil der gefundenen Drogenküchen sei von Sinti und Roma betrieben worden, so dass man nicht von einem Einzelfall sprechen könne. Bei einem Verzicht auf die Nennung wäre die Recherche unvollständig gewesen. (2005)

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