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Wie hat der Presserat entschieden?

Rüge, Missbilligung oder Hinweis, wie hat der Presserat entschieden? Hier können Sie online in der Spruchpraxis des Presserats eine Auswahl an Beschwerdefällen von 1985 bis heute recherchieren.

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Entscheidungsjahr
6869 Entscheidungen

Namensnennung bei Zeugenzitat

Weil er bei Sanierungsarbeiten in einem alten Festungsgebäude seine Schüler veranlasst habe, mit einem Muldenkipper Material zu transportieren und dabei den Schlaf von mehr als 1.500 Fledermäusen zu stören, wurde ein Berufsschullehrer wegen eines Verstoßes gegen das Naturschutzgesetz zu einer Geldbuße verurteilt. Eine Boulevardzeitung berichtet in zwei Beiträgen über den Verlauf der Gerichtsverhandlung. In dem einen Beitrag wird die Höhe der Geldbuße mit 100 Euro, in dem zweiten Beitrag mit 200 Euro angegeben. In einem der Beiträge wird ein namentlich genannter Mitarbeiter des städtischen Gartenbauamtes mit den Sätzen zitiert: „Als wir vor Ort erschienen, ratterte der Muldenkipper hin und her. Was für ein Krach!“ Der Betroffene beschwert sich beim Deutschen Presserat. Als Mitarbeiter des Gartenbauamtes sei er Zeuge in einem gerichtlichen Verfahren gewesen. Ein öffentliches Interesse an der Nennung seines vollen Namens vermöge er nicht zu erblicken. Der Regionalleiter der Zeitung erklärt, das Gerichtsverfahren habe insofern die Öffentlichkeit interessiert, weil es als absurd erschienen sei. Der Beschwerdeführer sei in einem öffentlichen Amt tätig und habe in Wahrnehmung seines Amtes vor Gericht ausgesagt. Die Nennung seines Namens habe also ausschließlich seine berufliche Sphäre und damit den Randbereich seines Persönlichkeitsrechts berührt. Er werde darüber hinaus lediglich mit zwei kurzen Sätzen zitiert, die völlig wertneutral und in keiner Weise herabsetzend oder abträglich seien. (2003)

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Identifizierbarkeit eines Angeklagten

Unter der Überschrift „Jura-Student entblößte sich: Karnevals-Verbot“ schildert eine Boulevardzeitung das Gerichtsverfahren gegen einen 25-jährigen Karnevalisten, der sich als Betreuer der Funkenmariechen vor einer der jungen Damen entblößt haben soll. Dabei erwähnt sie, dass es ähnliche Fälle Jahre zuvor mit einer Kusine gegeben haben soll. Der Ex-Prinz wird zu zehn Monaten Jugendhaft auf Bewährung, zu einer Geldbuße von 720 Euro und zu einem dreijährigen Karnevalsverbot bei seinem Heimatverein verurteilt. Das in erster Instanz verhängte „Heimatverbot“ – er dürfe sich in seiner Heimatgemeinde nicht mehr sehen lassen – hob das Landgericht wieder auf. Nun könne er zumindest seinem Amt als Kirchenvorstand wieder nachgehen, schlussfolgert das Blatt. Die Zeitung nennt den Vornamen des Betroffenen und den Anfangsbuchstaben seines Nachnamens. Dem Beitrag beigestellt ist ein Foto, das den Studenten als Karnevalsprinz seines Heimatvereins der Session 1999/2000 zeigt. Der Anwalt des jungen Mannes moniert in seiner Beschwerde beim Deutschen Presserat, dass Name und Foto seines Mandanten veröffentlicht worden seien. Außerdem werde die Zeitung auch dem besonderen Schutz gegenüber Jugendlichen nicht gerecht. Mit Rücksicht auf die Zukunft von Jugendlichen sei eine Namensnennung und identifizierende Bildberichterstattung zu unterlassen, sofern es sich nicht um schwere Verbrechen handele. Dass hier kein schweres Verbrechen begangen worden sei, müsse auch der Redaktion klar gewesen sein. Die Abwägung zwischen dem Persönlichkeitsrecht des Betroffenen und dem Informationsinteresse der Öffentlichkeit sei hier in unangemessener Form vorgenommen worden. Durch die Veröffentlichung des Fotos sei der Resozialisierungszweck des vernünftigen und maßvollen Urteils komplett konterkariert worden. Die Zeitung habe das „Heimatverbot“, welches vom Gericht ausdrücklich aufgehoben worden sei, weil es dafür weder eine Rechtsgrundlage noch einen Grund gegeben habe, durch diese Veröffentlichung wieder durchgesetzt. Sein Mandant könne sich in seinem Heimatort nicht mehr blicken lassen. Die Rechtsabteilung des Verlages sieht dagegen Richtlinie 8.1 des Pressekodex nicht verletzt. Die Anklage habe auf sexuellen Missbrauch eines Kindes und damit auf einen Vorwurf gelautet, der die Öffentlichkeit besonders berühre. Auf Grund seiner langjährigen Aktivitäten im Karneval, insbesondere als Karnevalsprinz, komme dem Studenten eine gewisse Bekanntheit zu. Zumindest ein Delikt habe auch in unmittelbarem Zusammenhang mit seiner Tätigkeit im Karneval gestanden. Hinzu komme, dass das im Rahmen des Artikels veröffentlichte Foto öffentlich zugänglich sei und heute noch in einer Gaststätte aushänge. Der Beschwerdegegner kann auch keinen Verstoß gegen den Gedanken der Resozialisierung erkennen, da die Veröffentlichung in unmittelbarem zeitlichem Zusammenhang mit der Verurteilung des Beschwerdeführers erfolgt sei. Es werde daher nicht ein bereits länger zurückliegender Fall in das Gedächtnis der Öffentlichkeit zurückgerufen und dem Täter dadurch die Möglichkeit genommen, die Erinnerung an seine Tat verblassen zu lassen. Auch der besondere Schutz gegenüber Jugendlichen sei auf den vorliegenden Fall nicht anwendbar. Zum Zeitpunkt der Hauptverhandlung sei der Beschwerdeführer bereits erwachsen gewesen. Das Schutzbedürfnis, das darin bestehe, einem Jugendlichen die Chance zu geben, sich zu einer gereiften und gefestigten Persönlichkeit zu entwickeln, habe daher nicht mehr bestanden. (2004)

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Identifizierbarkeit eines Angeklagten

Weil er einen polnischen Staatsangehörigen als Fahrer beschäftigt hatte, der weder eine Aufenthaltsgenehmigung noch eine Fahrerlaubnis für einen Laster plus Anhänger vorweisen konnte, wird der Geschäftsführer eines Entsorgungsfachbetriebs wegen Beihilfe zum illegalen Aufenthalt und des Zulassens von Fahren ohne Fahrerlaubnis zu einer Geldstrafe von 600 Euro verurteilt. Eine Zeitung der Region berichtet über die Gerichtsverhandlung und gibt dabei den Sitz der Firma des Angeklagten an. Außerdem erwähnt sie, dass in der Verhandlung ein Auszug aus der „Verkehrssünderkartei“ verlesen worden sei. Der Angeklagte habe es darin auf stattliche 16 Punkte gebracht und eine Zeit lang auch auf seinen Führerschein verzichten müssen. Auch ein Verfahren wegen Steuerhinterziehung und wegen des Besitzes einer durchgebohrten Gaspistole sei im Bundeszentralregister vermerkt. Der Anwalt des Betroffenen beklagt beim Deutschen Presserat die identifizierende Art und Weise der Berichterstattung. Es gebe in dem erwähnten Ort nur eine Entsorgungsfirma. Darüber hinaus rechtfertigten das relativ unbedeutende Vergehen und die entsprechend geringe Geldstrafe nicht die ausführliche und letztlich unangemessen sensationelle Darstellung sowie die ausführliche Schilderung der Vorstrafen, die nichts mit der dem Betroffenen zur Last gelegten Tat zu tun hätten. Auch seien die genauen Angaben zu seinem Punktestand im Verkehrszentralregister in Flensburg und dem Entzug des Führerscheins unangebracht. Sein Mandant sehe sich durch die unverhältnismäßige und identifizierende Berichterstattung erheblich in seinem Persönlichkeitsrecht verletzt. Er und seine Familie würden seit dieser Veröffentlichung von zahlreichen Mitbürgern als Verbrecher abqualifiziert. Die Redaktion der Zeitung stellt fest, die Darstellung des Sachverhalts sowie die Beschreibung des Angeklagten seien nach bestem Wissen und Gewissen gefertigt worden. Es seien in dem Artikel keine Namen genannt und keine Fotos veröffentlicht worden. Die Redaktion sei daher überzeugt, dass sie die Anonymität des Geschäftsführers gewahrt habe. Sie bedauere, dass er durch die Berichterstattung erhebliche Unannehmlichkeiten in Kauf nehmen müsse. Ursächlich dafür sei aber nicht die Zeitung, sondern sein eigenes Verhalten. Die Zeitung habe im Rahmen ihrer Informationspflicht über das daraus resultierende Verfahren berichtet. (2004)

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Identifizierbarkeit eines Angeklagten

Weil er einen polnischen Staatsangehörigen als Fahrer beschäftigt hatte, der weder eine Aufenthaltsgenehmigung noch eine Fahrerlaubnis für einen Laster plus Anhänger vorweisen konnte, wird der Geschäftsführer eines Entsorgungsfachbetriebs wegen Beihilfe zum illegalen Aufenthalt und des Zulassens von Fahren ohne Fahrerlaubnis zu einer Geldstrafe von 600 Euro verurteilt. Eine Zeitung der Region berichtet über die Gerichtsverhandlung und gibt dabei den Sitz der Firma des Angeklagten an. Außerdem erwähnt sie, dass in der Verhandlung ein Auszug aus der “Verkehrssünderkartei” verlesen worden sei. Der Angeklagte habe es darin auf stattliche 16 Punkte gebracht und eine Zeit lang auch auf seinen Führerschein verzichten müssen. Auch ein Verfahren wegen Steuerhinterziehung und wegen des Besitzes einer durchgebohrten Gaspistole sei im Bundeszentralregister vermerkt. Der Anwalt des Betroffenen beklagt beim Deutschen Presserat die identifizierende Art und Weise der Berichterstattung. Es gebe in dem erwähnten Ort nur eine Entsorgungsfirma. Darüber hinaus rechtfertigten das relativ unbedeutende Vergehen und die entsprechend geringe Geldstrafe nicht die ausführliche und letztlich unangemessen sensationelle Darstellung sowie die ausführliche Schilderung der Vorstrafen, die nichts mit der dem Betroffenen zur Last gelegten Tat zu tun hätten. Auch seien die genauen Angaben zu seinem Punktestand im Verkehrszentralregister in Flensburg und dem Entzug des Führerscheins unangebracht. Sein Mandant sehe sich durch die unverhältnismäßige und identifizierende Berichterstattung erheblich in seinem Persönlichkeitsrecht verletzt. Er und seine Familie würden seit dieser Veröffentlichung von zahlreichen Mitbürgern als Verbrecher abqualifiziert. Die Chefredaktion der Zeitung betont in ihrer Stellungnahme, sie habe sich an den Pressekodex gehalten und den Namen des Angeklagten nicht genannt. Die Marktgemeinde, in welcher der Beschwerdeführer wohne und in der er arbeite, umfasse ein Areal von 68 Quadratkilometern und habe 22 Gemeindeteile. Im Verlauf des Prozesses habe es die Staatsanwältin als signifikant und prozessentscheidend angesehen, welche unterschiedlichen Delikte dem Angeklagten zuvor schon zur Last gelegt worden seien. Die Aufzählung dieses Vorstrafenregisters sei ihr deshalb wichtig erschienen, um die vermeintlich geringfügige Verfehlung des Mannes einordnen zu können. Zudem sei der Angeklagte absolut uneinsichtig gewesen. Er habe eine andere Rechtsauffassung als die Justiz an den Tag gelegt und sich als zu Unrecht angeklagt gesehen. (2004)

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Vorverurteilung

Eine Boulevardzeitung berichtet unter der Überschrift “Sex neben einem gefesselten Kind” über das Strafverfahren gegen eine Ärztin, die ihre eigene 13-jährige Tochter vier Tage lang mit Eisenringen an ein Bett gefesselt und einem grauenhaften Martyrium ausgesetzt haben soll. Die Anklage laute auf Freiheitsberaubung und Kindesmissbrauch. Vorname, Anfangsbuchstabe des Nachnamens, Alter und Beruf der Angeklagten werden genannt. Auf einem Foto wird die Frau im Profil gezeigt. Ihre Augenpartie ist abgedeckt. Die Betroffene legt durch ihren Anwalt Beschwerde beim Deutschen Presserat ein. Sie ist der Ansicht, dass sie auf dem Gerichtsflur unzulässigerweise verdeckt und nach Paparazzi-Art fotografiert worden sei. Das Foto sei entgegen ihrer ausdrücklichen Erklärung veröffentlicht worden. Die Beschwerdeführerin hält zudem die Nennung ihres Namens für unzulässig, da es sich bei ihr nicht um eine relative Person der Zeitgeschichte handele. Darüber hinaus sei der Artikel auch vorverurteilend, da sowohl die Überschrift als auch der Text des Artikels dem unkundigen Leser eine bislang nicht gerichtlich festgestellte Täterschaft der Beschwerdeführerin suggerierten. In krasser Missachtung der Unschuldsvermutung werde sie eindeutig identifizierbar an den öffentlichen Pranger gestellt. Die Rechtsabteilung des Verlages bittet, die Beschwerde als unbegründet zurückzuweisen. Das Fotografieren im Gerichtsflur sei gestattet gewesen, so dass eine unlautere Beschaffung des veröffentlichten Bildmaterials nicht gegeben sei. An der Berichterstattung über den Fall habe ein öffentliches Interesse bestanden, da die der Beschwerdeführerin vorgeworfene Straftat weit über das Maß alltäglicher Kriminalität hinausgehe. Die Berichterstattung gebe den Verfahrensstand und den Inhalt der mündlichen Verhandlung zutreffend wieder, so dass auch eine Vorverurteilung nicht gegeben sei. Auf dem Foto sei die Betroffene ausreichend unkenntlich gemacht. Auch sonst ließen sich dem Text keine Informationen entnehmen, die auf die Identität der Beschwerdeführerin schließen ließen. (2003)

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Ermittlungen gegen einen Polizisten

Unter der Überschrift „Vorwürfe gegen höchsten Polizisten“ berichtet eine Regionalzeitung, dass die Staatsanwaltschaft ein Ermittlungsverfahren gegen einen leitenden Polizeidirektor eingestellt habe. Zwei Zeugen, die für den Polizeibeamten in dessen Mietshäusern Reinigungs- und Reparaturarbeiten vorgenommen hatten, hätten dem Polizeibeamten vorgeworfen, nach dem Tod einer Mieterin in deren Wohnung eingebrochen zu sein und daraus Inventar mitgenommen zu haben. Außerdem solle der Polizeidirektor durch den Einblick in speziell geschützte Kriminalakten fremde Personen ausspioniert haben. Die Inhaberin der Reinigungsfirma behaupte, der Hauseigentümer schulde ihr noch knapp 10.000 Euro für Arbeiten in vier seiner Mietshäuser. Sie und ihr Lebensgefährte seien von dem Polizeibeamten beauftragt worden, neue Mieter für freie Wohnungen zu suchen. Wenn sich ein Interessent gefunden habe, sei er von dem Polizeidirektor durch Einsicht in die Polizeiakten überprüft worden. Die Zeitung äußert angesichts der Schwere der Vorwürfe und der dezidierten Beschreibung der Straftat in der Strafanzeige ihre Verwunderung über die Einstellung der Ermittlungen. Dem Beitrag ist ein Zweispalter angefügt, in dem der Betroffene seine Sicht der Dinge darstellt. Er sei sich keiner Schuld bewusst, heißt es da. Er habe unter einer „Rechtslücke“ gelitten, weil er nach dem Tod einer Mieterin nicht in deren Wohnung hineingekommen sei, um sie wieder zur Vermietung herzurichten. Um sich seine Rechte zu sichern, sei er zwei Monate nach dem Tod der Frau durch ein auf Kipp stehendes Fenster in die Wohnung eingestiegen. Er habe einen Kollegen vom Erkennungsdienst um einen Freundschaftsdienst gebeten, damit dieser ihm die Wohnung öffne. Schließlich habe er vom Nachlasspfleger die Genehmigung erhalten, die Wohnung zu betreten. Die Wohnung sei völlig verwahrlost gewesen. Er habe keine Sachen gestohlen, sondern mit einem der beiden Zeugen nur einen Fernseher und eine Waschmaschine in einer Garage gelagert. Der Zeuge habe beide Geräte ohne sein Wissen verkauft. Zu der Frage, ob er sich in den Kriminalakten über seine potenziellen Mieter erkundigt habe, wird er mit den Sätzen zitiert: “Ja, das gebe ich zu. Dazu bin ich auch berechtigt. In ganz wenigen Einzelfällen habe ich dies getan, um so Prostitution oder Drogen in den Wohnungen zu verhindern.“ Das sei keine private Nutzung gewesen, denn er sehe alles mit dienstlichen Augen. In seiner Beschwerde beim Deutschen Presserat wendet sich der Polizeidirektor dagegen, dass der Autor des Beitrages über die Einstellung des Ermittlungsverfahrens berichtet habe, obwohl vereinbart gewesen sei, dass nur dann berichtet werden solle, wenn Anklage erhoben werde. In dem Artikel seien die gegen ihn gerichteten falschen Anschuldigungen als wahr und strafbar dargestellt worden. Der Beschwerdeführer sieht die Persönlichkeitsrechte seiner eigenen Person und die seiner Familie verletzt. Drei Tage nach der Veröffentlichung habe er der Zeitung in einer Gegendarstellung seine Sicht der Abläufe geschildert. Der Chef vom Dienst der Zeitung erklärt in einer Stellungnahme, dass seine Redaktion den Abdruck der Gegendarstellung bislang abgelehnt habe. Dabei gehe es nicht um die angeblichen Schulden des Betroffenen gegenüber der Reinigungsfirma. Dieser Komplex sei in der Berichterstattung stets als strittig dargestellt worden. Vielmehr gehe es um die Frage, ob der Beschwerdeführer seine Stellung als Leitender Polizeidirektor dazu benutzt habe, sich über polizeiliche Quellen Auskunft über Mieter und Dienstleister zu beschaffen. Ferner müsse geklärt werden, ob die Tatsache, dass der Polizeibeamte privaten Umgang mit einem Staatsanwalt pflege, dazu geführt habe, dass ein Ermittlungsverfahren gegen ihn durch eben diesen Staatsanwalt eingestellt worden sei. (2004)

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Terror in Europa

Unter der Überschrift „190 Tote – Es war El Kaida“ veröffentlicht ein Boulevardblatt ein Farbfoto, das die Rettungsmaßnahmen nach dem Bombenanschlag auf vier Pendlerzüge am 11. März 2004 in Madrid zeigt. In der Mitte des Fotos ist das Gesicht einer toten jungen Frau zu sehen. Ein Leser nimmt die Veröffentlichung zum Anlass einer Beschwerde beim Deutschen Presserat. Mit dem Abdruck eines derart grausamen Fotos werde keine Rücksicht auf die Würde und die Persönlichkeitsrechte der Getöteten genommen und die fortschreitende Verrohung der Berichterstattung bewiesen. Eine solche Veröffentlichung könne den Terror in die Köpfe von Kindern und sensiblen Menschen tragen und zu schweren Traumata führen. Bombenterror könne auch in weniger expliziter Weise dargestellt werden. Der Chefredakteur der Zeitung ist anderer Ansicht. Das abgebildete Opfer sei nicht identifizierbar. Mit der Veröffentlichung werde der wahrhaftigen Unterrichtung der Öffentlichkeit Genüge getan. Dem Leser werde vor Augen geführt, welches Ausmaß an Schrecklichkeit und Grausamkeit dieser Terroranschlag gehabt habe. (2004)

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Terror in Europa

Unter der Überschrift “So feige! So sinnlos! Ihr Mörder!” zeigt eine Boulevardzeitung ein großes Farbfoto, auf dem mehrere Opfer der Bombenanschläge auf vier Pendlerzüge am 11. März 2004 in Madrid zu sehen sind. Ein Fotograf fühlt sich durch die Grausamkeit des Fotos persönlich angegriffen und beschwert sich beim Deutschen Presserat. Man habe keine Möglichkeit, sich diesem Bild zu entziehen, da die Zeitung publikumswirksam direkt an der Kasse ausgelegt worden sei. Der Beschwerdeführer spricht sich dafür aus, auf solche Fotos künftig zu verzichten, da sie für Kinder und weniger nervenstarke Betrachter schlimme Folgen haben könnten. Der Informationspflicht der Presse könne auch mit weniger drastischen Bildern Genüge getan werden. Die abgebildeten Opfer und deren Angehörige hätten leider keine Chance, sich gegen Veröffentlichungen dieser Art zu wehren. Der Chefredakteur der Zeitung weist die Beschwerde zurück. Das Foto zeige blutende und geschockte Personen, jedoch nicht einmal besonders schwerwiegende Verletzungen. Zudem dokumentiere das Foto die Folgen des ersten Anschlags der islamischen Terrororganisation Al-Quaida in einem Land Westeuropas und somit ein Ereignis von überragender zeitgeschichtlicher Bedeutung. Nach dem Anschlag von Madrid sei jedem klar, dass der islamische Terror auch in Europa jeden in Mitleidenschaft ziehen könne. Alle Medien hätten das so gesehen und alle Zeitungen, die auf der Titelseite mit Fotos arbeiten, hätten das selbe oder ein ähnliches Foto als Aufmacher gebracht. Dass das beanstandete Foto für Kinder “schlimme Folgen” habe, wie der Beschwerdeführer meine, scheine angesichts dessen, was im Fernsehen auch schon am Nachmittag zu sehen sei, mehr als fraglich. Doch seien Zeitungen auch keine Unterhaltungslektüre für Kinder und Jugendliche, sondern Informationsträger, welche auch über die dunklen Seiten dieser Welt berichten müssten. Dass einige daran zuweilen Anstoß nähmen, lasse sich nicht vermeiden. Ein “vom Elend der Welt unbeschwertes Gemüt des Bürgers” sei jedoch, so das Bundesverfassungsgericht im Benetton-Urteil, kein Belang, zu dessen Schutz das Grundrecht der freien Meinungsäußerung eingeschränkt werden dürfe. (2004)

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Ratsherr beklagt Datenmissbrauch

Eine Regionalzeitung glossiert einen Vorgang, der in der Stadtverwaltung zu Heiterkeitsausbrüchen geführt hat. Unter der Überschrift “Park-Cent” berichtet der Autor, dass ein Ratsmitglied in der Tiefgarage des Rathauses geparkt habe, ohne die erforderliche Parkscheibe im Auto sichtbar anzubringen. Daraufhin habe der Mann ein “Knöllchen” über fünf Euro bekommen. In einem Brief an den Stadtdirektor habe sich der Ratsherr schuldig bekannt. Seine Meinung über den Vorgang habe er durch die Zahlungsmodalität zum Ausdruck gebracht: Er habe die Verwarnungsgebühren bar in Ein-Cent-Münzen gezahlt. Es seien aber drei Cent zu viel gewesen. Jetzt warte das Ratsmitglied, wie die Stadtverwaltung mit der Überzahlung umgehe. Der Glossenschreiber mutmaßt, dass der Stadtdirektor die praktische und kostengünstige Lösung vorziehen und dem Ratsherrn die drei Cent bei der am Montag stattfindenden Ratssitzung persönlich überreichen werde. Der Glosse ist ein Foto des Ratsmitgliedes beigestellt. Außerdem wird im Text sein Name genannt. Der Betroffene mahnt beim Deutschen Presserat einen Verstoß gegen Ziffer 4 des Pressekodex an, da bei der Beschaffung der personenbezogenen Daten unlautere Methoden angewendet worden sein müssten. Der Inhalt seines Briefes sei in unzulässiger Weise von der Stadtverwaltung der Zeitung mitgeteilt worden. Da er als Mitglied des Rates der Stadt erhebliche politische Auseinandersetzungen mit dem Stadtdirektor habe, liege es nahe, dass dieser die Gelegenheit genutzt habe, seine personenbezogenen Daten weiterzureichen. Außerdem habe er nicht drei, sondern vier Cent überbezahlt. Der Redaktionsleiter der Zeitung, zugleich der Autor der Glosse, erklärt in seiner Stellungnahme, der Beschwerdeführer sei eine stadtbekannte Persönlichkeit. Und der Zeitung sei sein Dauerstreit mit dem Stadtdirektor bekannt. Die Zahlung einer Verwarnungsgebühr in Ein-Cent-Stücken habe in der Stadtverwaltung zu erheblichen Heiterkeitsausbrüchen geführt. Schon kurze Zeit nach der Zahlung der Gebühr sei er über den Vorgang unterrichtet worden. Er wisse heute nicht mehr, ob es ein Besucher des Rathauses gewesen sei oder ein Kollege, der sich gleichzeitig dort, wenn auch nicht im selben Raum aufgehalten habe. Er habe sich dann vom Stadtdirektor bestätigen lassen, dass ein entsprechender Brief des Ratsherrn eingegangen sei. Der Vorgang sei nur deshalb für seine Wochenendglosse interessant gewesen, weil es sich um ein Mitglied des Stadtrates gehandelt habe, das monatelang in öffentlichen Ratssitzungen die Stadtverwaltung und die Presse mit Anfragen und Hinweisen zur Geschäftsordnung beschäftigt habe. Die Mehrheit der Ratsmitglieder und der Besucher habe darauf mit Unverständnis reagiert. (2003)

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Identifizierbarkeit bei Telefonaktion

Eine Lokalzeitung schildert unter der Überschrift “Anstatt Big Mac und Burger lieber mal selbst kochen” den Verlauf einer Telefonaktion zum Thema “Übergewicht bei Kindern”. Einleitend wird der Inhalt des Telefonanrufes eines Vaters wiedergeben. Vorname, Alter, Größe und Gewicht seiner Tochter und der Wohnort der Familie werden genannt. Es wird festgestellt, dass ein Gewicht von 31 Kilogramm viel zu viel sei. Seit einem guten halben Jahr nehme das Mädchen zu, wird der besorgte Vater zitiert. Vor einem Dreivierteljahr sei Hannas Großvater gestorben, lässt der Mann wissen. Der Kinderarzt in der Redaktion hält es laut Zeitung für möglich, dass da ein Zusammenhang bestehe. Ein für Kinder nicht selten traumatisches Erlebnis könne durchaus eine solche Reaktion hervorrufen, meine er. Er habe zu mehr Bewegung und einer optimierten Mischkost geraten. Der Vater beschwert sich nach Erscheinen des Artikels beim Deutschen Presserat. Er ist der Ansicht, dass durch den Beitrag die Würde und die Rechte seiner Tochter verletzt würden. Der Arzt habe ihn telefonisch nach dem Alter und dem Gewicht der Tochter, nach dem Wohnort, den Essensgewohnheiten und möglichen traumatischen Situationen für seine Tochter befragt. Zwei Tage später habe er den scheinbar vertraulich behandelten Informationsaustausch zwischen ihm und dem Kinderarzt in einem Aufmacher der Zeitung über die Telefonaktion gelesen. Die personenbezogenen Daten seien preisgegeben worden, ohne dass er gefragt worden sei. Im Verlaufe eines darauf folgenden Gesprächs mit der Autorin des Artikels sei ihm klar geworden, dass während der Telefonaktion Lautsprecher eingeschaltet gewesen seien und die Autorin des Artikels den Gesprächsinhalt habe mitschreiben können. Der Chefredakteur der Zeitung erklärt, Telefonaktionen mit Experten in Zusammenarbeit mit Kooperationspartnern seien für die Zeitung ebenso gängige Praxis wie die anschließende Berichterstattung darüber. Absicht sei es, für Themen, die einzelne Leser berührten, im Sinne von praktischer Lebenshilfe für die Allgemeinheit Öffentlichkeit herzustellen. Dabei sei es immer das Bestreben, Fragen und Antworten so authentisch wie möglich zu publizieren. Im Gegensatz zu früheren Aktionen sei es diesmal um ein Thema mit ausgeprägt persönlicher Komponente gegangen. Ohne die Nennung von persönlichen Daten wie Alter, Gewicht und Körpergröße sowie des sozialen Umfelds hätte die Darstellung des Problems und die von den Experten angesprochenen Handlungsoptionen wenig Sinn gemacht. Dass die Nennung des Vornamens und des Wohnorts der Betroffenen in einer Kleinstadt Eingeweihten die Entschlüsselung der Person ermöglicht habe, sei selbstverständlich nicht beabsichtigt gewesen und werde bedauert. Eine entsprechende Entschuldigung des Chefredakteurs sei vom Beschwerdeführer akzeptiert worden. Eine Verletzung von Persönlichkeitsrechten habe der Redaktion fern gelegen. Der Beschwerdeführer teilt dem Presserat mit, dass er die Entschuldigung des Chefredakteurs zwar akzeptiere, seine Beschwerde aber dennoch aufrechterhalte, zumal die Zeitung erst auf ein Schreiben des Presserats hin reagiert habe. (2004)

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