Entscheidungen finden

Wie hat der Presserat entschieden?

Rüge, Missbilligung oder Hinweis, wie hat der Presserat entschieden? Hier können Sie online in der Spruchpraxis des Presserats eine Auswahl an Beschwerdefällen von 1985 bis heute recherchieren.

Bitte beachten: Im Volltext abrufbar sind nur Entscheidungen mit den Aktenzeichen ab 2024, z.B. 0123/24/3-BA!
Sie müssen dazu immer das volle Aktenzeichen eingeben, also 0123/24/3-BA.

Nach detaillierten Richtlinien (z.B. 8.1) können Sie erst ab den Fällen aus 2024 recherchieren. Ältere Fälle werden nur unter der entsprechenden Ziffer (z.B. 8) angezeigt.

Sie haben Fragen zu unseren Sanktionen? Hier finden Sie Erläuterungen.

 

Entscheidungsjahr
7055 Entscheidungen

Vorwürfe unter Namensnennung

Ein Anzeigenblatt berichtet auf seinen Seiten 1 und 3 über angebliche Tätlichkeiten eines Lehrers während einer Klassenfahrt seiner Hauptschule nach Borkum. Am Abend vor der Heimreise hätten drei 15-jährige Jungen eine Art Mutprobe ausgeheckt, schreibt das Wochenblatt. Einer von ihnen habe den Lehrer, der mit Vornamen Rudolf heiße, laut “Rudi” genannt. Daraufhin solle der Klassenleiter ins Zimmer gestürmt sein, dem Übeltäter eine Ohrfeige verpasst und ihn als “Saukrüppel” beschimpft haben. Anschließend solle der wütende Pädagoge den Jungen sogar noch aus dem Bett gezerrt und mehrere Male getreten haben. Das mutmaßliche Opfer wird zusammen mit einem der beteiligten Klassenkameraden zweimal im Foto gezeigt. Beide werden wie ihr Lehrer mit vollem Namen genannt. Ausführlich schildert das Blatt die Auswirkungen des Vorfalls. Mütter von Schülern werden zitiert, die Rektorin der Schule wird erwähnt. Der Pressesprecher der zuständigen Bezirksregierung habe mitgeteilt, dass Vorermittlungen angeordnet seien. Der Sprecher der zuständigen Kriminalpolizei habe bestätigt, dass gegen den Lehrer drei Anzeigen laufen, eine wegen Beleidigung und zwei wegen Körperverletzung. Inzwischen hätten auch andere Eltern Anzeige erstattet, meldet das Blatt. Einmal wegen andauernder Beschimpfung einer Schülerin, zum anderen wegen eines weiteren tätlichen Angriffs gegen einen Siebtklässler vor drei Jahren. Die Eltern wollten, dass der Mann suspendiert werde. Der Beschuldigte habe es auf Anraten seines Anwalts abgelehnt, im Wochenblatt zu den Vorwürfen Stellung zu nehmen: “Es ist ein laufendes Ermittlungsverfahren. Anklage ist bis dato nicht erhoben. Deshalb werde ich dazu nichts sagen.” Der dbb beamtenbund und tarifunion beantragt in Wahrnehmung der Interessen des Hauptschullehrers beim Deutschen Presserat, dem Anzeigenblatt eine Rüge zu erteilen. Der Betroffene werde vorverurteilt, und zwar zu einem Zeitpunkt des Verfahrens, zu dem die Verteidigung noch nicht einmal Einsicht in die Ermittlungsakte habe nehmen können. Durch die Nennung des vollen Namens werde der Lehrer in seinem Privatleben und in der Ausübung seines Berufs beeinträchtigt. Allein die Art und Weise der Aufmachung des Presseartikels unter Abbildung der vermeintlichen Opfer dürften im Ergebnis als sensationelle Darstellung bezeichnet werden. Der Redaktionsleiter des Anzeigenblatts räumt ein, einen schwerwiegenden Fehler gemacht zu haben. Die zuständige Redakteurin habe ihn am Tag nach dem Druck der Ausgabe angerufen und gesagt, sie wisse selbst nicht, wie ihr das habe passieren können. Die Redaktion habe den Lehrer unmittelbar nach dem Vertrieb der Ausgabe ein Entschuldigungsschreiben geschickt. Er, der Redaktionsleiter, habe mit ihm selbst telefoniert und ihm größtmögliches Entgegenkommen zugesichert. Außerdem habe das Anzeigenblatt in den folgenden Ausgaben ausführlich über Schüler berichtet, die sich hinter den Betroffenen stellen. Auch habe es zahlreiche gegen die Berichterstattung gerichtete Leserbriefe abgedruckt. In der Sache selbst habe man mit dem betroffenen Lehrer vereinbart, nicht mehr weiter zu berichten. (2005)

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Private Insolvenz

Eine Lokalzeitung berichtet, dass das private Insolvenzverfahren gegen den ehemaligen Besitzer mehrerer Kaufhäuser in der Region vor dem Abschluss stehe. Sie teilt ihren Leserinnen und Lesern mit, das zuständige Amtsgericht habe mangels Privateigentums die Schlussverteilung der pfändbaren Barschaft beschlossen. Der Kaufmann sei nach Einschätzung des Insolvenzgerichts pleite. Ein neues Gewerbegebiet habe ihn in eine wirtschaftliche Schieflage gebracht und Millionen-Umsätze gekostet. Im Detail wird darüber informiert, dass der Geschäftsmann als persönlich haftender Gesellschafter nach der Insolvenz der Kaufhäuser auch privat Insolvenz habe anmelden müssen. Er verfüge jetzt lediglich noch über 2.700 Euro, von denen auch die Kosten des Insolvenzverfahrens zu begleichen seien. Die Insolvenzforderungen der Gläubiger in Höhe von 2,922 Millionen Euro könnten damit nicht befriedigt werden. In den nächsten sechs Jahren müsse der ehemalige Manager nur die Summe auf ein Treuhandkonto überweisen, die über der Pfändungsgrenze liege. Danach werde die Restschuld erlassen. Der betroffene Geschäftsmann trägt dem Deutschen Presserat vor, dass er durch die Veröffentlichung sein Persönlichkeitsrecht und insbesondere sein Recht auf Datenschutz verletzt sieht. Durch die Darstellung seiner privaten finanziellen Situation und die Wiedergabe der Verhaltensmaßregeln für die nächsten sechs Jahre würden sein Privatleben und seine Intimsphäre missachtet. Die immensen Auswirkungen auf Familie und Beruf blieben unreflektiert, seine derzeitige, ohnehin fast unerträgliche Situation bleibe unberücksichtigt. Der Artikel sei Rufmord. Die Veröffentlichung sei unzulässig, da nicht über die Geschäftsinsolvenz, sondern über seine private Insolvenz berichtet werde. Daran bestehe aber kein öffentliches Interesse. Der stellvertretende Chefredakteur der Zeitung erklärt in seiner Stellungnahme, der Beschwerdeführer sei eine lokale Person der Zeitgeschichte, über die in den letzten Jahren immer wieder ausführlich berichtet worden sei. So habe sich der Betroffene in der von der Stadt initiierten Arbeitsgruppe “Stadtmarketing” als einer der Sprecher engagiert. Unzweifelhaft sei die Berichterstattung über mehrere Geschäftsinsolvenzen von öffentlichem Interesse, da diese insbesondere Auswirkungen auf die Belegschaft, deren Familien und die Gläubiger hätten. Die Redaktion halte nach der erforderlichen Interessenabwägung zwischen Pressefreiheit und Persönlichkeitsrecht des Betroffenen die Berichterstattung über die Privatinsolvenz des Beschwerdeführers für zulässig. Der Beschwerdeführer hafte auf Grund entsprechender Vereinbarungen mit den Banken als Geschäftsführer auch mit seinem Privatvermögen für die Verbindlichkeiten seiner Kaufhäuser. Aus diesem Grund stehe sein persönliches Insolvenzverfahren in direktem Zusammenhang mit den Insolvenzen seiner Kaufhäuser. Die Öffentlichkeit sei davon insofern betroffen, als die örtliche Sparkasse neben anderen Gläubigern einen nicht unerheblichen Forderungsverlust erleide. Insoweit handele es sich nach Auffassung der Redaktion um eine zulässige Darstellung des Falles, die weder reißerisch noch in tendenziöser Form aufgemacht sei. Der verantwortliche Redakteur habe die Informationen einer allgemein zugänglichen Quelle entnommen. Es handele sich um die offizielle Website des Justizministeriums des Landes, auf der über eine Suchfunktion sämtliche Insolvenzgerichte – soweit sie dort eingestellt seien – abgefragt werden könnten. (2004)

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Privater Wohnsitz

Eine Lokalzeitung veröffentlicht in ihrer Immobilienbeilage den Artikel “Bloß kein Weiß – Ein Architekt zeigt, dass Räume auch kräftige Farben vertragen”. In dem Beitrag wird ausführlich der Um- und Innenausbau sowie die farbliche Gestaltung eines privaten Wohnhauses beschrieben. Auf einem dreispaltigen Bild ist die geöffnete Fenstertür zum Garten zu sehen, die von der Straßenfront nicht fotografiert werden kann. Im Text ist die vollständige Adresse angegeben. In einem Ausschnitt aus dem Stadtplan zeigt ein Pfeil auf den Standort des Hauses. Die beiden Eigentümer des Hauses beschweren sich beim Deutschen Presserat darüber, dass der Artikel weder mit ihrem Wissen, ihrer Mithilfe noch mit ihrem Einverständnis verfasst und veröffentlicht worden sei. Das Gebäude sei ein schlichtes 30er-Jahre-Einfamilienhaus, wie es in der Stadt Tausende gebe. Es sei weder von historischem noch von bedeutendem künstlerischen Wert. Das Haus stehe, wie es das Erscheinen in der Immobilienbeilage der Zeitung suggerieren könnte, auch nicht zum Verkauf. Ein öffentliches Interesse existiere nicht. Die Beschwerdeführer weisen zudem auf ihr Interesse an dem Schutz der Privatsphäre ihrer Wohnbedingungen hin und halten die Veröffentlichung für ein nicht zu kalkulierendes Sicherheitsrisiko. Die Rechtsabteilung des Verlages erklärt in ihrer Stellungnahme, dass der Artikel im Rahmen einer Serie über interessante Immobilien in der Stadt veröffentlicht worden sei. Die Eigentümer der Häuser sowie deren private Lebenssituation seien in diesem Zusammenhang von keinerlei Interesse und daher im vorliegenden Artikel überhaupt nicht erwähnt worden. Der Autor des Beitrages sei durch ein Fachblatt für Maler und Lackierer auf das Haus aufmerksam geworden. Er habe sich darauf mit dem Architekten in Verbindung gesetzt. Dieser habe ihm bereitwillig Auskünfte über die Gestaltung des Hauses erteilt und dabei auch keinen Zweifel daran gelassen, dass er mit den Hauseigentümern in regem Kontakt stehe. Fotos des Hauses befänden sich zudem auch auf der Internetseite des Architekten, der dem Redakteur erlaubt habe, das veröffentliche Foto zu verwenden. Der Mitarbeiter der Zeitung habe daher keinerlei Anhaltspunkte dafür gehabt, dass die Eigentümer mit der Veröffentlichung nicht einverstanden sein könnten. Erst am Tag vor der Veröffentlichung des Artikels, einem Freitagnachmittag, habe die Zeitung durch den Anruf eines der Beschwerdeführer erfahren, dass diese mit dem Abdruck des Fotos und des Artikels nicht einverstanden seien. Zu diesem Zeitpunkt sei aber die komplette Immobilienbeilage für die Samstagsausgabe bereits gedruckt gewesen. Die Zeitung habe sich selbstverständlich für die Verfahrensweise in aller Form entschuldigt. Ein besonders großes Interesse an der Geheimhaltung, wie es die Beschwerdeführer auf Grund ihrer “exponierten Berufe” für sich beanspruchten, könne im Hinblick auf die Veröffentlichung nicht unbedingt anerkannt werden. Auch sei es höchst unwahrscheinlich, dass ein Zeitungsartikel zu einem Einbruchsdiebstahl animiere. Weder im Foto noch im Artikel seien Informationen über vorhandene oder nicht vorhandene Sicherheiten enthalten. Schließlich werde durch den Artikel auch nicht suggeriert, dass das Haus der Beschwerdeführer zum Verkauf stehe. (2005)

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Vorwürfe unter Namensnennung

Ein Anzeigenblatt berichtet auf seinen Seiten 1 und 3 über angebliche Tätlichkeiten eines Lehrers während einer Klassenfahrt seiner Hauptschule nach Borkum. Am Abend vor der Heimreise hätten drei 15-jährige Jungen eine Art Mutprobe ausgeheckt, schreibt das Wochenblatt. Einer von ihnen habe den Lehrer, der mit Vornamen Rudolf heiße, laut “Rudi” genannt. Daraufhin solle der Klassenleiter ins Zimmer gestürmt sein, dem Übeltäter eine Ohrfeige verpasst und ihn als “Saukrüppel” beschimpft haben. Anschließend solle der wütende Pädagoge den Jungen sogar noch aus dem Bett gezerrt und mehrere Male getreten haben. Das mutmaßliche Opfer wird zusammen mit einem der beteiligten Klassenkameraden zweimal im Foto gezeigt. Beide werden wie ihr Lehrer mit vollem Namen genannt. Ausführlich schildert das Blatt die Auswirkungen des Vorfalls. Mütter von Schülern werden zitiert, die Rektorin der Schule wird erwähnt. Der Pressesprecher der zuständigen Bezirksregierung habe mitgeteilt, dass Vorermittlungen angeordnet seien. Der Sprecher der zuständigen Kriminalpolizei habe bestätigt, dass gegen den Lehrer drei Anzeigen laufen, eine wegen Beleidigung und zwei wegen Körperverletzung. Inzwischen hätten auch andere Eltern Anzeige erstattet, meldet das Blatt. Einmal wegen andauernder Beschimpfung einer Schülerin, zum anderen wegen eines weiteren tätlichen Angriffs gegen einen Siebtklässler vor drei Jahren. Die Eltern wollten, dass der Mann suspendiert werde. Der Beschuldigte habe es auf Anraten seines Anwalts abgelehnt, im Wochenblatt zu den Vorwürfen Stellung zu nehmen: “Es ist ein laufendes Ermittlungsverfahren. Anklage ist bis dato nicht erhoben. Deshalb werde ich dazu nichts sagen.”

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Auf Anonymität zum Teil verzichtet

Unter der Überschrift „Polizei entspannt die Lage“ berichtet eine Zeitschrift über die Aktion einer Arbeitslosenhilfe vor der örtlichen Agentur für Arbeit. Der Artikel ist illustriert mit einem Foto, das neben Mitgliedern der Arbeitslosenhilfe den Beschwerdeführer sowie einen Polizisten von hinten zeigt. Auf dem Bild sitzt der Beschwerdeführer an einem Beratungsstand mit einem grell geschminkten Mitarbeiter der Arbeitslosenhilfe zusammen, möglicherweise in einem Beratungsgespräch. Die Zeitschrift berichtet, die Agentur für Arbeit habe die Polizei zu Hilfe gerufen, damit diese einen Beratungsstand der Arbeitslosenhilfe aus dem Innern des Gebäudes beseitige. Im gegenseitigen Einvernehmen habe das Problem schließlich durch die Verlegung des Standes vor das Gebäude geregelt werden können. Nach Auffassung des Beschwerdeführers wurde er als neutraler Beratungskunde der Arbeitslosenhilfe durch das Foto unzulässig mit der Demonstration in Verbindung gebracht. Die Berichterstattung suggeriere, er habe eine Situation herbeigeführt, die von der Polizei habe entspannt werden müssen. Er habe nicht bemerkt, dass man ihn fotografiert habe. Auch habe er keinen entsprechenden Hinweis bekommen. Sein abgedrucktes Foto in Verbindung mit dem geschilderten Vorgang empfinde er als Verletzung seiner Persönlichkeitsrechte. Die anwaltlich vertretene Zeitschrift hält sich für den falschen Adressaten der Beschwerde, die im Übrigen unbegründet sei. Der Beschwerdeführer mache geltend, er sei durch das Beratungsangebot der Arbeitslosenhilfe zu Demonstrationszwecken missbraucht worden. Diese Situation könne aber nicht die Zeitschrift, sondern nur die Arbeitslosenhilfe selbst aufklären. Die Veröffentlichung des Fotos des Beschwerdeführers sei zudem zulässig. Bei dem öffentlichen Beratungsgespräch der Arbeitslosenhilfe handele es sich rechtlich gesehen um eine Versammlung. In einem solchen Fall gebe es eine Ausnahme vom allgemeinen Persönlichkeitsrecht. Wer an Versammlungen auf öffentlichem Grund teilnehme, müsse damit rechnen, dass er zusammen mit anderen Teilnehmern abgebildet werde. Im vorliegenden Fall sei durch das Foto ein repräsentativer Eindruck des Geschehens mitgeteilt worden, wobei das Foto auch ohne Zustimmung der Abgebildeten zulässig gewesen sei. Das Foto vermittle nicht den Eindruck, der Beschwerdeführer habe durch sein Verhalten den Anlass für das Einschreiten der Polizei gegeben. (2005)

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Kindermörder als “Bestie” bezeichnet

Eine Boulevardzeitung titelt “Es war dieser verurteilte Kindermörder”. In dem Artikel wird der Beschuldigte als “Killer” bezeichnet. Weiter heißt es, der Mann habe gestanden, einen neunjährigen Jungen vergewaltigt und dann ermordet zu haben. Die Zeitung berichtet weiter, der Beschuldigte habe elf Jahre zuvor einen Elfjährigen missbraucht und mit 70 Messerstichen ermordet. Er sei damals zu einer Freiheitsstrafe von neuneinhalb Jahren verurteilt worden. Ein Leser beanstandet, dass ein Tatverdächtiger als Täter dargestellt werde. Laut Richtlinie 13.1 sei auch im Fall eines Geständnisses bis zu einer rechtskräftigen Verurteilung die Unschuldsvermutung zu beachten. Im Text heiße es vorverurteilend: “Und wieder war der Täter wegen eines Sexmordes vorbestraft.” Der Verdächtige werde im Text überdies als “Bestie” bezeichnet, nach Auffassung des Beschwerdeführers ein weiterer Verstoß gegen Ziffer 13. Er ruft den Deutschen Presserat an. Die Rechtsabteilung der Zeitung hält die Beschwerde für unbegründet. Der Mordfall sei von der Polizei in einem Pressebericht öffentlich gemacht worden. Auf diesen werde verwiesen. Der Täter sei voll geständig. Im Polizeibericht sei auch der Jahre zurückliegende Fall erwähnt worden, wonach der Tatverdächtige ein “verurteilter Kindermörder” sei. Unter diesem Gesichtspunkt sei die Berichterstattung nicht zu beanstanden. Die besonderen Umstände dieses Falles machten es schließlich nachvollziehbar, den Beschuldigten als “Bestie” zu bezeichnen. In dieser Formulierung liege der Schwerpunkt auf der verhaltensbezogenen Wertung, wie der Text selbst anschaulich mache (“Wieder so ein bestialischer Kindermord”). (2005)

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Auch in der Rezension müssen Fakten stimmen

In einer Zeitung erscheint eine Buchrezension. Darin wird dem Autor vorgeworfen, er arbeite mit verfälschten, irreführenden und erfundenen Zitaten. Er zitiere beispielsweise einen Bürgermeister mit einem Ausspruch, der eine “Erfindung des Autors” sei. Die in diesem Artikel geäußerte Kritik wurde auch von anderen Zeitungen übernommen, teilweise in identischer, teilweise in gekürzter Form. Der Autor sieht seine Berufsehre beschädigt. Soweit sich die Kritik gegen die Zitierung richte, sei sie unzutreffend, da er besagten Bürgermeister überhaupt nicht zitiert habe und dem zufolge das Zitat auch nicht habe erfinden können. Er wendet sich an den Deutschen Presserat. Der Verlagsdirektor der Zeitung erklärt, dem Vorgang liege eine Summe tiefer Verletzungen auf beiden Seiten zugrunde, die weit in die DDR-Geschichte zurückgriffen. Die Vorgeschichte sei so verworren, dass sie kaum aufklärbar erscheine. Soweit der Autor der Zeitung vorwerfe, sie habe ihm die Möglichkeit verwehrt, die unrichtigen Behauptungen in einem Leserbrief zu korrigieren, sei dies falsch. Er habe auf einer Gegendarstellung bestanden, die die Zeitung nicht habe abdrucken müssen. Die Chefredaktion biete dem Autor jedoch an, einen Leserbrief zu bringen, wenn dieser weder beleidigend noch strafrechtlich zu beanstanden sei. (2005)

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Geständnis vor der Veröffentlichung

Eine Boulevardzeitung und ihre Online-Ausgabe berichten über mehrere Wochen hinweg über einen mutmaßlichen Kindermörder. Die insgesamt acht Artikel enthalten Formulierungen wie ”Levkes Mörder”, “der Killer”, “dem Mann, der das achtjährige Mädchen aus Cuxhaven im vergangenen Sommer ermordet hatte”, “Doppelmörder”, “Mädchenmörder Marc H.”, “Kindermörder”, “Sex-Monster”, “zweifacher Kindermörder” sowie “sein letztes Opfer wurde Levke”. Ein Leser der Zeitung ist der Ansicht, dass die Person, über die berichtet wurde, vor ihrer rechtskräftigen Verurteilung als schuldig bezeichnet wurde. Dies sei eine Vorverurteilung. Der Leser wendet sich an den Deutschen Presserat. Der Chefredakteur der Zeitung ist der Ansicht, dass seine Zeitung über die spektakulären Mordfälle wahrheitsgemäß und korrekt berichtet hat. Es habe ein außerordentliches öffentliches Interesse an der Berichterstattung über die Morde vorgelegen. Der Begriff “Mörder” sei nicht im rechtstechnischen Sinn benutzt worden, sondern sei allein umgangssprachlich in dem Sinn zu verstehen, dass es hier um den überführten Täter grausamer Fälle von Kindstötung gehe. Der Chefredakteur weist abschließend darauf hin, dass sämtliche deutsche Medien offensichtlich von der gleichen Sichtweise wie seine Redaktion ausgingen. (2005)

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Überholverbot überall gleich geregelt

Ein urlaubender Autofahrer überholt trotz Verbots in einem Baustellenbereich und kassiert dafür einen Bußgeldbescheid. Er fühlt sich abgezockt, weil die Beschilderung unklar gewesen sei und bittet die örtliche Zeitung, sich des Falles anzunehmen. Das Blatt hat eine Rubrik “Im Leserauftrag”, unter der die Sache geschildert wird. Der Name des Verkehrssünders wird genannt und auch sein Beruf. Er ist Polizist. Der Bericht endet mit dem Satz: “Hätte sich …(Name)…an das Überholverbot gehalten, wäre es nicht zu der Situation gekommen, denn auch in …(Ort)..gilt dasselbe Überholverbotsschild”. Der Beschwerdeführer kritisiert inhaltliche Unrichtigkeiten, da der Redakteur wesentliche Aussagen in seinem Artikel nicht verwendet habe. Der Artikel sei zudem oberflächlich recherchiert und nicht nach Rücksprache mit ihm abgedruckt worden. Insbesondere sei er nicht mit der Angabe seines Berufes einverstanden gewesen. Auf die Veröffentlichung folgt ein streitiger Schriftverkehr zwischen den Beteiligten, durch den die Angelegenheit nicht ausgeräumt werden kann. So landet der Vorfall beim Deutschen Presserat. Der bearbeitende Redakteur teilt mit, der Artikel sei auf Initiative des Polizisten erschienen. Er habe also die Öffentlichkeit gesucht. In der Rubrik “Im Leserauftrag” sei es üblich, den Vor- und Zunamen des Lesers zu nennen. Darüber hinaus könne er keine unrichtige Darstellung erkennen. Die Chefredaktion vertritt gegenüber dem Presserat die Auffassung, dass sich der Redakteur journalistisch einwandfrei verhalten habe. Der Beschwerdeführer habe sich an die Zeitung gewandt, unter der Rubrik “Im Leserauftrag” sei die Namensnennung üblich und der Beruf des Mannes sei genannt worden, um dem Anliegen des Beschwerdeführers mehr Nachdruck zu verleihen. Eine vorherige Autorisierung durch den Beschwerdeführer widerspreche der gebotenen journalistischen Unabhängigkeit. (2005)

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Ein Preis wurde nicht vergeben

Ein auf Versicherungsfragen spezialisiertes Verbrauchermagazin schreibt einen Wettbewerb für Berater aus. Der Beschwerdeführer beteiligt sich daran und erfährt schriftlich und telefonisch von einem Jurymitglied, dass er zu den besten drei Teilnehmern gehöre. Monate später teilt die Redaktion ihren Lesern mit, dass sie keinen “besten Berater” habe küren können, da keiner der Teilnehmer umfassend beraten habe und somit niemand den Titel verdiene. Der Beschwerdeführer sieht einen schlechten Stil in der Vorgehensweise der Zeitschrift. Von dem ihm mitgeteilten guten Eindruck, den seine Teilnahme hinterlassen habe, sei nun keine Rede mehr. Verfahren und Vorgang seien dubios. Sein Berufsstand werde durch die Entscheidung der Jury verunglimpft. Er wendet sich an den Deutschen Presserat. Die Rechtsvertretung der Zeitschrift steht auf dem Standpunkt, weder die Kontakte des Jurymitglieds zu dem Versicherungsberater noch die Berichterstattung über den Wettbewerb beträfen oder verletzten presseethische Grundsätze. Die Kontakte des Jurymitglieds könnten nicht der Zeitschrift angelastet werden. Keiner der Teilnehmer habe einen Rechtsanspruch auf den Sieg bzw. auf den Preis gehabt. Die gestellte Aufgabe sei durch keine der eingereichten Leistungen ausreichend erfüllt worden. (2005)

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