Wie hat der Presserat entschieden?
Rüge, Missbilligung oder Hinweis, wie hat der Presserat entschieden? Hier können Sie online in der Spruchpraxis des Presserats eine Auswahl an Beschwerdefällen von 1985 bis heute recherchieren.
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7053 Entscheidungen
Eine Regionalzeitung berichtet über die Verleihung eines Preises für Zivilcourage durch den Landesinnenminister. Unter anderem heißt es, eine 45-jährige Frau habe den Preis dafür erhalten, dass sie eine Vergewaltigung verhindert habe. Die Anwältin des der Tat Verdächtigten hält diese Darstellung für falsch. Von einem Vergewaltigungsversuch gehe nicht einmal die Staatsanwaltschaft aus. Es gehe ausschließlich um den Tatbestand der sexuellen Nötigung. Die Behauptung der Zeitung sei daher falsch. Überdies habe die Redaktion ihren Mandanten identifizierbar dargestellt. Das Innenministerium habe, so die Anwältin, in einer Pressemitteilung erklärt, dass das Tatopfer von schlimmeren Misshandlungen verschont worden sei. Von einer Vergewaltigung sei dort nicht die Rede. Die Anwältin schaltete den Deutschen Presserat ein. Der Chef vom Dienst der Zeitung teilt mit, dass die fehlerhafte Formulierung – Vergewaltigung statt Misshandlung – von einer Nachrichtenagentur stamme, auf deren Meldung die Berichterstattung aufgebaut worden sei. Bei hunderten bis tausenden Agenturmeldungen täglich müsse sich eine Redaktion auf eine etablierte Nachrichtenagentur verlassen können. Eine Überprüfung einzelner Aussagen in den Agenturtexten sei nicht möglich, vor allem dann nicht, wenn – wie im konkreten Fall – kein begründeter Zweifel an der Richtigkeit der Darstellung bestehe. (2005)
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Eine Programmzeitschrift veröffentlicht einen Beitrag unter der Überschrift “Vital-Kur für die Gefäße”. Sie beschäftigt sich darin mit einem Buch, in dem ein Heilpraktiker eine “besonders wirksame Vitalkur für die Gefäße” vorstellt. Die Kur – so die Zeitschrift – sei “geradezu lebensrettend” für Menschen mit ernsten Durchblutungsstörungen. Ein Leser sieht in der Veröffentlichung einen bezahlten Beitrag, der nicht als Anzeige gekennzeichnet sei. Weiterhin kritisiert er die positive Darstellung des Buches und der darin dargestellten Kur ohne Angaben dazu, wodurch der gesundheitliche Effekt der Gefäßentkalkung erzielt werde. Er ruft den Deutschen Presserat an. Der Chefredakteur teilt mit, bei dem kritisierten Beitrag handle es sich tatsächlich um eine Anzeige. Leider sei die klare Kennzeichnung unterblieben. Dies sei eine Panne bei der Herstellung gewesen. Dafür habe er sich bei dem Beschwerdeführer ausdrücklich entschuldigt. Die Redaktion sei darauf hingewiesen worden, Anzeigen auch künftig stets als solche zu kennzeichnen. (2005)
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“Zehn Prozent Irre” überschreibt ein Nachrichtenmagazin einen Bericht über den Zusammenschluss von PDS und WASG. Im Text ist die folgende Passage enthalten: “Viele in der Parteispitze erinnern sich angesichts der Chaosbilder an Gysis Hinweis, dass jede Partei fünf bis zehn Prozent Irre habe. Sie dürfen, lautete seine Mahnung, nur nicht das Sagen bekommen”. Ein Leser des Magazins ist der Meinung, dass durch die Überschrift Menschen mit psychischen Krankheiten diskriminiert würden. Selbst wenn es ein korrektes Zitat von Gregor Gysi sei, das im Text wiedergegeben wurde, hätte es nicht als Überschrift benutzt werden dürfen. Es sei nicht ersichtlich, was der Inhalt des Artikels mit Menschen zu tun habe, die von einer psychischen Erkrankung betroffen seien. Der Mann wendet sich an den Deutschen Presserat. (2005)
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Unter der Überschrift “Anruf bei ´Dr. med. A. Mphetamin´” berichtet eine Regionalzeitung über den illegalen Drogenschmuggel , insbesondere den Handel mit der Partydroge “Crystal” über das Erzgebirge. Robert M. wird bei einer Razzia geschnappt. In dem Artikel heißt es: “Auch Robert M. hat nach Erkenntnissen der Zollfahnder Crystal bei Stefan C. geholt. Der Mann aus Karlsbad gehört zu den Sinti und Roma und hatte nach Informationen der Fahnder Kontakt zu einer so genannten Crystal-Köchin. Im Milieu dieser Volksgruppe wird das Gift gemischt.” Der Zentralrat Deutscher Sinti und Roma sieht in dem Artikel einen Verstoß gegen Ziffer 12 des Pressekodex sowie Richtlinie 21.1. Die Minderheiten-Kennzeichnung sei für das Verständnis des berichteten Tathergangs nicht erforderlich und schüre Vorurteile. Er wendet sich an den Deutschen Presserat. Die Chefredaktion der Zeitung rechtfertigt die Nennung der ethnischen Herkunft mit den besonderen Umständen des Falles. Die Partydroge “Crystal” sei in Sachsen zu einem besonderen Problem geworden, so dass ein großes öffentliches Interesse daran bestanden habe zu erfahren, wie und wo die Droge hergestellt wird. Ein Großteil der gefundenen Drogenküchen sei von Sinti und Roma betrieben worden, so dass man nicht von einem Einzelfall sprechen könne. Bei einem Verzicht auf die Nennung wäre die Recherche unvollständig gewesen. (2005)
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Die Beilage einer überregionalen Zeitung veröffentlicht ein Gedicht mit der Berufsbeschreibung des Zahnarztes. Darin wird ausgesagt, der Zahnarzt sei nicht arm, sondern ein “reicher Räuber”, er wähle gern CDU, ähnle der Hyäne, tue mit Freuden Kindern weh und ziehe gesunde Zähne. Am Ende heißt es: “Der Zahnarzt ist ein Tunichtgut mit viel zu viel Moneten”. Die Kassenzahnärztliche Vereinigung des betreffenden Bundeslandes beschwert sich über diesen Beitrag und sieht darin einen Verstoß gegen die Ziffern 9, 10 und 12 des Pressekodex, da Zahnärzte in dem Beitrag mit Räubern und Hyänen gleichgestellt würden. Zudem werde den Zahnärzten pauschal vorsätzliche Körperverletzung vorgeworfen, da sie gesunde Zähne zögen und Kindern wehtäten. Diese Aussagen seien grob ehrverletzender Natur und verletzten zudem das sittliche Empfinden der Zahnärzteschaft wie auch der Bevölkerung. Der Vergleich von Zahnärzten mit Räubern, Hyänen und Personen, die vorsätzliche Körperverletzung begingen, diskriminiere die Zahnärzte nachhaltig. Dies stelle einen Verstoß gegen Ziffer 12 des Pressekodex dar. Eine derartige Entgleisung sei weder durch die Pressefreiheit noch das Recht auf freie Meinungsäußerung zu rechtfertigen. Der Beschwerdeführer wendet sich an den Deutschen Presserat. (2005)
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“Abzocke im Freien – Bizets Carmen auf dem … -Platz” titelt eine Großstadt-Zeitung. Die Autorin äußert sich kritisch über die Aufführung und schreibt unter anderem: “Das, was der in Afrika, Asien und Europa aufgewachsene Produzent …, der die Klassikaufführungen auch selbst inszeniert, den … auf einem ihrer schönsten Plätze zumutete, war wirklich eine Unverschämtheit.” Sie wirft dem Produzenten “Abzocke im Freien” vor und hält die Aufführung insgesamt für unter dem Niveau der Stadt. In dem Artikel werden nach Auffassung des Beschwerdeführers “bessere” deutsche Künstler gegen italienische Darsteller und ein in “Afrika, Europa und Asien aufgewachsener Produzent” gegen einen einheimischen, potentiellen Produzenten gestellt. Er stellt die Frage, seit wann Herkunft und Nationalität Kriterien einer Kunstkritik seien. Bei den Äußerungen der Zeitung handle es sich um ausländerfeindliche Ausführungen. Er wendet sich an den Deutschen Presserat. Die Chefredaktion der Zeitung äußert sich mit den Worten: “Wer sich mit künstlerischen oder so genannten künstlerischen Produktionen an die Öffentlichkeit begibt und sich damit einer öffentlichen Beurteilung stellt, muss auch die negativste Kritik aushalten.” (2005)
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Unter der Überschrift “Geisel vor laufender Kamera erschossen” berichtet eine Boulevardzeitung im Zusammenhang mit der Freilassung von Susanne Osthoff über das tragische Ende eines US-Bürgers im Irak. Die beigefügte Fotostrecke umfasst vier Bilder, die die Phasen der Ermordung zeigen. Die Zeitung veröffentlicht ein Foto ohne Augenbalken, das zu Lebzeiten des Opfers gemacht wurde, und seinen vollständigen Namen. Eine Leserin ist der Auffassung, der Abdruck der Bilder sei nicht gerechtfertigt und unangemessen. Die Berichterstattung sei nicht sachlich. Die Abwägung zwischen dem Informationsinteresse der Öffentlichkeit und dem Persönlichkeitsrecht des Opfers sei zulasten des letzteren Rechtsgutes ausgegangen. Die Darstellung sei überdies unangemessen sensationell. Die Beschwerdeführerin wendet sich an den Deutschen Presserat. Die Rechtsabteilung des Verlags weist darauf hin, dass die Veröffentlichung im Zusammenhang mit der Freilassung von Susanne Osthoff gestanden habe. Die Ereignisse um sie hätten das Augenmerk der Öffentlichkeit sehr eindrücklich auf die Gefahr gelenkt, in der Ausländer schwebten, die sich im Irak oder anderen Krisengebieten aufhielten. Sowohl die Freilassung von Frau Osthoff, als auch die bildliche Dokumentation der Ermordung des Amerikaners seien Ausdruck der Realität im Nachkriegs- und Krisengebiet Irak. Dies sollte dem Leser eindringlich vor Augen geführt werden. Die Fotos seien unscharf und verzerrt. Das Opfer sei nicht identifizierbar, so dass seine Würde nicht verletzt worden sei. Selbst der eigentliche Vorgang sei weniger zu sehen als zu erahnen und damit nur im Zusammenhang mit dem Text verständlich. Der ausführlichen Berichterstattung sei es zu verdanken, dass wesentlich weniger Menschen in Krisengebiete führen. (2005)
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Eine Boulevardzeitung berichtet unter der Überschrift “Deutsche Geisel: Sie will nicht nach Hause” über die Rückkehr der deutschen Geisel Susanne Osthoff und in dem selben Artikel unter dem Titel “Amerikanische Geisel: Er musste sterben” über die Ermordung eines US-Bürgers im Irak. Beigefügt ist ein schwer erkennbares Porträt der Geisel, sowie das Foto einer Person, der die Augen verbunden sind und die kniend und von hinten fotografiert wurde. Im Innern des Blattes werden neben einem Artikel mit der Überschrift “Neuer Schock. US-Bürger hingerichtet” zwei Bilder von der Erschießung abgedruckt. Eine Leserin der Zeitung hält es für unnötig und unangemessen, im Rahmen einer Fotostrecke zu zeigen, wie der Amerikaner erschossen wurde. Sie prangert die Namensnennung des Opfers an und wendet sich an den Deutschen Presserat. Die Chefredaktion der Zeitung hält die Veröffentlichung für zulässig. Das Foto von der Erschießung sei zwar schockierend, unterstreiche jedoch den Inhalt des dazugehörenden Artikels und führe dem Leser nachdrücklich vor Augen, wie grausam Terroristen im Irak mit ihren Geiseln umgehen. Damit werde die Grenze der unangemessen sensationellen Darstellung nicht überschritten. Durch die Veröffentlichung des Fotos werde dem in Ziffer 1 des Pressekodex enthaltenen Gebots der wahrhaftigen Unterrichtung der Öffentlichkeit Genüge getan. Das Informationsinteresse der Öffentlichkeit überwiege in diesem Fall das sittliche Empfinden einzelner. (2005)
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Eine Boulevardzeitung titelt “Mosis Mörder – Die Geliebte spricht über die Tatnacht”. Die Zeitung berichtet über den Auftritt der Frau vor Gericht und schreibt: “Gestern sagte im Mosi-Prozess die Freundin Maria G. des Mörders Herisch A. aus”. Der Beschwerdeführer – ein Leser der Zeitung – moniert eine Verletzung der Ziffer 13 des Pressekodex. Auch wenn der Angeklagte ein Geständnis abgelegt habe, bestehe noch keine rechtskräftige Verurteilung. Somit liege eine Vorverurteilung vor. Er schaltet den Deutschen Presserat ein. Die Zeitung hat zu dieser Beschwerde keine Stellungnahme abgeben. (2005)
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Unter dem Titel „Wand aus Wasser“ beschreibt ein Nachrichtenmagazin die Jahrhundertkatastrophe rund um den Indischen Ozean. Der Beitrag ist mit verschiedenen Fotos aus dem Katastrophengebiet illustriert. Ein Foto zeigt 17 aufgedunsene, teilweise nackte Leichen am Strand von Khao Lak. Persönliche Merkmale sind nicht zu erkennen. Die Unterzeile lautet: „Szenen aus der biblischen Endzeit“. Auf einem anderen Bild sind Thailänder mit Mundschutz zu sehen, die in Takua Pa bei der Identifizierung von Angehörigen durch ein Labyrinth von Särgen gehen. Die Leichen sind allesamt nicht erkennbar. Es sind lediglich herausragende Extremitäten zu erkennen. Das Bild trägt den Vermerk „Tote und Tote, überall Tote“. Eine Leserin des Magazins wendet sich an den Deutschen Presserat. Mit der Wiedergabe der Bilder werde eindeutig gegen die Würde des Menschen verstoßen. In Gesprächen mit zahlreichen Personen habe sie erfahren, dass ihre Empörung über die unangemessene sensationelle Darstellung der Opfer von vielen Menschen geteilt werde. Dass es angemessenere Möglichkeiten gäbe, das unermessliche Leid der Opfer der Flutkatastrophe deutlich zu machen, ohne die Würde der Getöteten zu verletzen, beweise die Zeitschrift in der selben Ausgabe mit dem Foto einer Inderin, die mit ausgestreckten Händen im Sand des Strandes kauert. Neben der Trauernden ragt der Arm eines Toten ins Bild. (Diese Foto wurde inzwischen als „Welt-Presse-Foto“ des Jahres 2004 ausgezeichnet.) Das Justitiariat des Magazins rechtfertigt in seiner Stellungnahme die Veröffentlichung der Fotos mit einem außergewöhnlichen Interesse der Öffentlichkeit an Informationen über ein Jahrhundertereignis. Das Phänomen des Tsunami sei bis dahin außer in Fachkreisen weitestgehend unbekannt gewesen, sodass jeder entsprechenden Bildberichterstattung eine überragende nachrichtliche, informative und dokumentarische Bedeutung zukomme. Das Foto von Khao Lak zeige eindringlich die bisher nicht gekannte, unvorstellbare Kraft einer Flutwelle, die alles zu Spülmaterial gemacht habe, was sie erfasst habe. Das Bild erlaube weder eine Identifizierung noch sei es sensationslüsternd oder herabwürdigend. Das Foto aus Takua Pa habe vorwiegend nachrichtlichen Charakter. Es zeige die verzweifelte Aufgabe der Überlebenden, ihre toten Verwandten zu finden und zu identifizieren. Der direkte Blick aus der Nähe auf die Opfer in den Särgen sei vom Fotografen vermieden worden. Solche Bilder führten dem Betrachter eindringlich vor Augen, dass bei der Suche und Bergung von Opfern keiner der bisher normalen Maßstäbe galt. Dem Verständnis von Traumatisierungen und schweren psychischen Schäden von Heimgekehrten seien entsprechende Bilder sicher förderlich. Insgesamt, so das Justitiariat, hätten solche Bilder auch zu einer bislang einzigartigen Welle der Solidarität und Spendenbereitschaft geführt. (2005)
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