Entscheidungen finden

Wie hat der Presserat entschieden?

Rüge, Missbilligung oder Hinweis, wie hat der Presserat entschieden? Hier können Sie online in der Spruchpraxis des Presserats eine Auswahl an Beschwerdefällen von 1985 bis heute recherchieren.

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Entscheidungsjahr
7055 Entscheidungen

Foto einer verurteilten Sexualstraftäterin

Eine Boulevardzeitung berichtet über das Strafverfahren gegen eine Ärztin, die im Banne eines 45-jährigen Sex-Sadisten zu allem bereit gewesen sei. Die Medizinerin habe sich nach Ansicht des Gerichts auch selbst als brutale Sadistin betätigt und ein 13-jähriges Mädchen tagelang ans Bett gefesselt, damit ihr Liebhaber anstellen konnte, was er wollte. Die Folter-Ärztin sei jetzt zu zwei Jahren und drei Monaten Haft verurteilt worden. Die Zeitung nennt den Vornamen, den Anfangsbuchstaben des Familiennamens und das Alter der beiden Betroffenen. Nur der Vorname des Opfers wurde geändert. Dem Artikel beigestellt sind klar erkennbare Bilder des Paares. Der Anwalt der Ärztin wendet sich in einer Beschwerde beim Deutschen Presserat gegen die Veröffentlichung des Fotos. Der Autor des Beitrages sei ausdrücklich darauf hingewiesen worden, dass ein Einverständnis mit einer Bildberichterstattung nicht bestehe. Die Abbildung der Beschwerdeführerin habe zwischenzeitlich zu einer fristlosen Kündigung ihrer Arbeitsstelle geführt. Zudem sei durch den Bericht die Unschuldsvermutung, die bis zur Rechtskraft einer Verurteilung wirke, missachtet worden. Die Chefredaktion der Zeitung betont, während des laufenden Prozesses sei sorgfältigst darauf geachtet worden, dass die Angeklagte nur unkenntlich in der Zeitung abgebildet wird. Nach ihrer Verurteilung habe man diese Rücksichtnahme als nicht mehr notwendig erachtet, da es sich bei der Tat nicht um ein Kavaliersdelikt, sondern um einen äußerst brutalen Kindesmissbrauch gehandelt habe. Auch wenn das Urteil noch nicht rechtskräftig sei, halte die Redaktion es wegen der erdrückenden Beweislage für unanfechtbar. Zudem sei der Berichterstatter vom Anwalt der Beschwerdeführerin lediglich gebeten worden, am Tag der Urteilsverkündung keine Bilder zu machen. Daran habe er sich gehalten. (2004)

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Vorwürfe von dritter Seite

Eine Lokalzeitung stellt fest, das Sommerfest, das unter dem Motto „Illuminöhr“ als Stadtzeichen-Projekt veranstaltet worden ist, sei in die Kritik geraten. Manchen Besuchern sei die Illumination zu dürftig gewesen. Und die Mitglieder einer Band sollen sich als Satanisten geoutet haben. Eine Redakteurin des Blattes interviewt den Stadtbaumeister als einen der Organisatoren. Sie fragt, ob es zutreffe, dass eine der Bands satanische Musik gespielt und Kinder im Publikum sogar aufgefordert habe, das Satanszeichen mitzumachen. Der Gesprächspartner räumt ein, dass er entsprechende Hinweise erhalten habe und diese sehr ernst nehme, da solche Musikbeiträge nicht im Sinne der Veranstalter seien. Man werde die Hinweise überprüfen. In der Annahme, dass diese stimmen, bedauere man den Auftritt der Band außerordentlich. Ein nochmaliger Auftritt der Musiker komme natürlich nicht in Frage. Auf die zusätzliche Frage, wie es geschehen konnte, dass eine solche Band verpflichtet wurde, und wie ähnliches künftig verhindert werden könne, erklärt der Interviewte, die Band sei bei einem Casting entdeckt worden, den Veranstaltern aber persönlich leider nicht bekannt gewesen. In Zukunft werde man nur persönlich bekannten Bands oder Bands mit positiven Referenzen Auftritte ermöglichen. Ein Leser des Blattes, der die betroffene Musikgruppe kennt, wendet sich an den Deutschen Presserat und wirft der Zeitung mangelnde Recherche vor. Die Sängerin der Band habe die Besucher zum Abrocken durch Zeigen des Rockergrußes (Faust geballt, Zeigefinger und kleiner Finger nach vorne ausgestreckt) animiert. Eine Besucherin habe sie mit dem Satansgruß (Faust geballt, kleiner Finger und Daumen gestreckt) verwechselt und in einem Leserbrief an die Zeitung der Band Satanismus vorgeworfen. Der Beschwerdeführer kritisiert, dass die Autorin es versäumt hat, die Band um eine Stellungnahme zu den Vorwürfen zu bitten. Obwohl auch der interviewte Stadtbaumeister die Vorwürfe des Satansgrußes nicht eindeutig bestätige, fahre die Redakteurin fort, in der nächsten Frage der Band Satanismus zu unterstellen. Damit habe sie die journalistische Sorgfaltspflicht verletzt. Zudem sei die Unterstellung des Satanismus eine Beleidigung im Sinne der Ziffer 9 des Pressekodex. Der Redaktionsleiter der Zeitung betont in seiner Stellungnahme, in der redaktionellen Berichterstattung sei nie behauptet worden, die genannte Band habe satanische Zeichen verwandt. Erst als ein Leserbrief mit unterschiedlichen Interpretationen des Auftritts eingegangen sei, habe man es als eine journalistische Pflicht angesehen, die Meinung des Veranstalters einzuholen. Die sei in Form des veröffentlichten Interviews geschehen. Dabei habe man Behauptungen nicht als Tatsachen dargestellt. Im Nachgang zu dem Interview habe man auch alle diejenigen Leserbriefe unverändert abgedruckt, in denen die Band gegen den Vorwurf satanischer Zeichen in Schutz genommen worden sei. Auch ein Leserbrief, in dem sich eine Leserin für ihren Vorwurf entschuldigt habe, sei veröffentlicht worden. (2004)

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Werbung für Küchenprodukte

Auf ihrer Seite “Wohnen & Design” berichtet eine Tageszeitung unter der Überschrift “Wenn die Küche schwebt” über die neue Funktionswand eines Küchenherstellers, welche die Möbel von den Füßen befreie und sehr leicht daher komme. Unter der Überschrift “Viele Geräte ergeben einen Herd” werden die vielfältigen Kombinationsmöglichkeiten einer neuen Kochfeldserie einer anderen Firma aufgezeigt. Und unter der Überschrift “Nie mehr abwaschen” wird die 75jährige Geschichte eines elektrischen Geschirrspülers geschildert und die neue Gerätegeneration beschrieben, die demnächst auf den Markt kommt. Unter den Anzeigen, die auf der Seite veröffentlicht sind, befindet sich auch eine Werbung des im Text erwähnten Küchenherstellers. Ein Leser des Blattes kritisiert in einer Beschwerde beim Deutschen Presserat den werbenden Charakter der drei redaktionellen Artikel. Sie handelten ausschließlich von jeweils einer namentlich genannten Produktserie der drei Hersteller. Die werbliche Funktion zeige sich darin, dass die einzelnen Produkte unkritisch beschrieben und die Texte mit bis zu vierspaltigen Werbefotos verknüpft seien. Der Beitrag über die neue Küchenserie enthalte zudem einen Hinweis auf die Internetseite des Herstellers. Neben dem Text sei sogar eine Anzeige der Firma platziert, was den Verdacht entstehen lasse, dass hier ein Kopplungsgeschäft vorliege. Der Redaktionsdirektor der Zeitung räumt ein, dass die kritisierte Seite nicht den in seinem Hause geltenden Grundsätzen entspreche. Auf der Seite “Wohnen & Design” würden regelmäßig neue Produkte in anspruchsvollem Design vorgestellt. Dabei sei es auch unerlässlich, den Hersteller des jeweiligen Produkts exakt zu benennen. Auch Fotos von Produkten seien – soweit sie für die Leserinformation wichtig seien – im Rahmen dieser Berichterstattung zulässig. Dies gelte auch für das Titelfoto der genannten Küche, allerdings schon nicht mehr für die beiden Detailfotos. Auch der Hinweis auf die Internetseite des Herstellers sei überflüssig. Ebenfalls in dieser Form nicht korrekt seien die Texte über Geschirrspüler und Herd. In beiden Fällen hätten sich, wenn überhaupt, auch die Nennung anderer Hersteller angeboten. Einen Zusammenhang zwischen der Anzeige und dem Text über die Kücheneinrichtung gebe es nicht. Der Vertreter des Küchenherstellers, bei dem der Autor des Artikels recherchiert habe, habe diesem explizit mitgeteilt, dass er nicht vorhabe zu inserieren. Der Redakteur habe sich daher in der Themenwahl frei gefühlt. Erst beim Umbruch der Seite sei die Redaktion mit der Anzeige konfrontiert worden. Der Händler habe hier in einer zweifellos geschickten Art und Weise seinen Wissensvorsprung genutzt. Es sei in der Tat nicht zu bestreiten, dass solche unfreiwilligen Kombinationen sehr unschön seien. Die Chefredaktion stimme dem Vorwurf des Beschwerdeführers, hier liege ein Kopplungsgeschäft vor, nicht zu, teile aber den Eindruck, dass im vorliegenden Fall die Trennung von Text- und Anzeigenteil insgesamt verwischt worden sei. Dies bedauere man. (2004)

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Foto in unzulässigem Kontext

Die Polizei hat in der Stadt Präsenzgruppen eingerichtet, die an sieben Tagen der Woche von 16 Uhr bis mindestens zwei Uhr nachts auf Streife gehen, um verstärkt polizeiliche Präsenz zu zeigen und das Sicherheitsgefühl der 120 000 Einwohner zu stärken. Eine Mitarbeiterin der Zeitung vor Ort war eine Nacht mit den Beamten unterwegs und beschreibt in einer Reportage unter der Überschrift „Tätern mit quietschenden Reifen auf der Spur" ihre Eindrücke. Dem Artikel sind drei Fotos beigestellt. Eines davon zeigt zwei Beamte bei der Überprüfung der Personalien von drei Jugendlichen. Im Text wird erwähnt, dass einige der überprüften Jugendlichen – viele seien in Russland geboren – bereits registriert seien. Delikte wie Raub und Körperverletzung seien keine Seltenheit. Ein Anwalt, der die Eltern von zwei der drei Jugendlichen vertritt, legt Beschwerde beim Deutschen Presserat ein. Die jungen Leute seien auf dem Foto klar erkennbar. Foto und Hinweise im Text vermittelten den Eindruck, als handele es sich bei den Abgebildeten um Kriminelle. Einer von ihnen sei auf Grund der Berichterstattung bereits mehrfach auf seine angebliche kriminelle Karriere angesprochen worden. Die Zeitung, so der Beschwerdeführer, habe das Recht am eigenen Bild der abgebildeten Minderjährigen verletzt. Sie seien zu keinem Zeitpunkt über den Zweck der Aufnahmen aufgeklärt worden. Der Fotograf habe sich nicht als Journalist zu erkennen gegeben und auch nicht um Erlaubnis zum Abdruck der Bilder nachgefragt. Eine Stellungnahme der Zeitung zu dem Vorgang liegt dem Presserat nicht vor. (2004)

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Masken statt Augenbalken

„Soziale Brennpunkte“ sind das Thema einer zehnteiligen Serie in einer Großstadtzeitung. Der Autor schildert Begegnungen und Gespräche mit Jugendlichen in einem Stadtviertel, in dem jeder dritte Einwohner von Sozialhilfe lebt. Die Beiträge sind mit jeweils einem Foto der Gesprächspartner illustriert. Weil die jungen Leute nicht erkannt werden wollen, tragen sie auf dem Foto Masken. Einer hat sich als Motiv das Gesicht des Terroristenführers Osama Bin Laden gewählt, ein anderer trägt auf dem Bild eine Maske mit dem Gesicht des Saddam Hussein, ein dritter verbirgt sich hinter dem amerikanischen Cartoon- und Filmhelden „Spiderman“. In den Unterzeilen wird erklärt, dass zwischen diesen Figuren und dem Textinhalt dieser Serie kein Zusammenhang besteht. Ein Rechtsanwalt bittet den Deutschen Presserat um eine Prüfung der Serie, die er für erforderlich hält, um für die Zukunft klare Regeln für die Behandlung solcher Problemfälle zu haben. Eine Berichterstattung über soziale Brennpunkte hält er für angebracht und wahrscheinlich auch nötig. Er hat allerdings Zweifel, dass sich die konkrete Form, in der das hier geschehen ist, mit den Publizistischen Grundsätzen des Presserats vereinbaren lässt. Die Beiträge seien ersichtlich nicht aus der Opferperspektive formuliert. Das besage etwa der Satz: „Levent schlägt so heftig zu, dass er zu schwitzen beginnt“. Weiter gehe es in fast voyeuristischer Weise: „Vor ihm, auf dem Boden des Kellers in einem Hochhaus, liegt Benjamin auf dem Bauch. Levent hat dem Jungen befohlen, sich die Hose bis zu den Fußknöcheln herunterzuziehen“. Der Autor und damit die Zeitung geht nach Ansicht des Beschwerdeführers zu nah und zu distanzlos auf den Täter zu. Diese Vorstellung grenze an eine Heroisierung der gewaltbereiten Jugendlichen. Der Anwalt beanstandet ferner in den Beiträgen den Hinweis, dass die Jugendlichen ihre Masken jeweils „gewählt“ hätten. Das deute darauf hin, dass der Verlag sie alsdann gekauft und den Jugendlichen zur Verfügung gestellt habe. Diese Art von Kumpanei lasse sich nicht mit dem Auftrag der Presse vereinbaren. Die Rechtsabteilung des Verlages hält die Beschwerde für unbegründet. Es sei schon lange ein Anliegen der Redaktion gewesen, eine Langzeitbeobachtung eines Stadtteils aus der Sicht einer „Jugendgang“ durchzuführen. Ziel der Reportage sei es, ein realistisches – und damit notwendigerweise schonungsloses – Bild von dem Leben der Jugendlichen zu zeigen. Den Lesern solle vermittelt werden, wie die Jugendlichen ihr Leben sehen und gestalten. Die von den Jugendlichen geschilderten Begebenheiten seien nicht unkritisch übernommen worden. Man habe sie u. a. mit den vor Ort tätigen Sozialarbeitern und Polizeibeamten besprochen und entsprechend gegenrecherchiert. Der Veröffentlichung sei eine dreimonatige Recherche vorausgegangen. Eine unangemessen sensationelle Darstellung sei in der Serie nicht enthalten. Dies sei auch daran erkennbar, dass sich kein einziges „Opfer“ der jugendlichen Täter oder Eltern von Opfern beschwert hätten. Vielmehr habe die Redaktion verschiedene positive Reaktionen erfahren, darunter einen nicht öffentlichen Brief eines Sozialarbeiters, der am Einsatzort beschäftigt sei und alle erwähnten Jugendlichen persönlich kenne. Auch wenn „schonungslose Offenheit“ ein Prinzip der Serie gewesen sei, habe die Redaktion gleichwohl die Menschenwürde der Opfer und die Grenzen einer vertretbaren Darstellung der gewaltsamen Realität gewahrt. Die Idee, statt der üblichen Blende im konkreten Fall Masken zu verwenden, sei deshalb positiv aufgenommen worden, weil mit der Frage nach dem jeweiligen „Idol“ der Jugendlichen eine zusätzliche Information über die Kinder und Jugendlichen zu erhalten gewesen sei. Die Masken und der Umstand, welche Masken jeweils gewählt wurden, rundeten das dokumentierte Bild von der Persönlichkeit der Jugendlichen ab. Die Rechtsabteilung zitiert aus dem Brief des erwähnten Sozialarbeiters: „Da die Kinder und Jugendlichen diese Masken sich laut ihrer eigenen Aussage selbst ausgesucht haben, spiegeln sie lediglich einen Teil ihres inneren Seelenlebens wider, das uns eigentlich besonders interessieren sollte, da es in erster Linie als Wechselwirkung die Erwachsenen betrifft“. Abschließend erwähnt die Verlagsvertretung, dass eine Podiumsdiskussion zur Serie bevorstehe und Schulen darum gebeten hätten, dass ihnen die Serie als Unterrichtsmaterial zur Verfügung gestellt werde. (2004)

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Berichterstattung korrekt

Unter der Überschrift „Millionenklage wegen Beteiligung“ berichtet ein Nachrichtenmagazin, Eigentümer der insolventen WCM-Tochter Sirius wollten die WCM-Beteiligungs- und AG Grundbesitz auf Zahlung von knapp 80 Millionen Euro verklagen. Sie machten der WCM den Vorwurf, die Insolvenz von Sirius verursacht zu haben. Sirius habe 49,9 Prozent an Europas größtem Immobilienkonzern, der IVG Holding, gehalten. Als WCM ins Schlingern geraten sei, hätten die Banken deren IVG-Anteil übernommen. Sirius habe daraufhin Insolvenz anmelden müssen. Die Sirius-Aktionäre fühlten sich jetzt von WCM hintergangen. WCM hätte sich nur mit ihrer Zustimmung von den IVG-Papieren trennen dürfen. Der Geschäftsführer einer Firma, die Kleinaktionärin der WCM ist, wirft dem Magazin eine Verletzung der journalistischen Sorgfaltspflicht vor und beschwert sich beim Deutschen Presserat. Die Chronologie der Vorgänge sei falsch dargestellt. Es sei schon im November 2003 zur Insolvenz der Sirius-Beteiligungsgesellschaft und erst im Februar 2004 zu der Übernahme eines Aktienpaketes der IVG durch die Banken gekommen. Auch sei die Sirius Beteiligungsgesellschaft eine GmbH, so dass es gar keine Sirius-Aktionäre gebe. Der Beschwerdeführer zweifelt zudem die Aussage an, dass es sich bei der IVG um Europas größten Immobilienkonzern handele. Abschließend kritisiert er die Form der Veröffentlichung, in der eine Klage zumindest in der Überschrift quasi als Tatsache dargestellt werde. Sieben Wochen nach Erscheinen des Artikels sei der WCM noch keine Klage zugestellt worden. Der Geschäftsführer äußert den Verdacht, dass hier der Versuch unternommen werde, das Marktgeschehen zum Nachteil der WCM zu beeinflussen. Das Nachrichtenmagazin teilt in seiner Stellungnahme mit, dass man nicht das erste Medium gewesen sei, das über die Millionenforderung gegen die WCM berichtet habe. Was die als falsch kritisierte Chronologie betreffe, stelle man fest, dass sich aus der entsprechenden Passage des Artikels nicht entnehmen lasse, dass hier die Geschehnisse strikt in zeitlicher Reihenfolge dargestellt werden sollten. Die Banken könnten die IVG-Anteile zwar erst nach der Sirius-Insolvenz erworben haben, verpfändet worden seien sie aber schon vorher. Dies rechtfertige die Wortwahl „übernommen“. Zutreffend sei, dass die Sirius GmbH im technischen Sinne keine Aktionäre habe. Die Verwendung dieses Begriffs sei jedoch kein Verstoß gegen die Sorgfaltspflicht, sondern es handele sich um einen juristischen Formulierungsfehler, wie er sich trotz aller Bemühungen nie ausschließen lasse. Die Aussage, die IVG sei Europas größter Immobilienkonzern, sei ein Rechercheergebnis der Autorin. IVG zähle zu den größten börsennotierten Immobilienunternehmen Europas. In Deutschland sei sie das größte Unternehmen dieser Art. Selbst wenn also die genaue Einstufung unzutreffend sein sollte, so werde hierdurch der Aussagegehalt des Artikels nicht verfälscht. In sprachlich sauberer Weise werde zum Ausdruck gebracht, dass die fragliche Klage bei Erscheinen des Beitrags zwar noch nicht eingereicht sei, aber unmittelbar bevorstehe. Es sei auch nicht zu beanstanden, dass an einer Stelle von den „klagenden Sirius-Gesellschaftern“ gesprochen werde. Die Gefahr von Mißverständnissen bestehe auf Grund des eindeutigen Einstiegssatzes nicht. Alle anderen Formulierungen wie beispielsweise „klagen wollende Sirius-Gesellschafter“ seien sprachlich unschön. Den Vorwurf einer möglichen Marktbeeinflussung weist die Zeitschrift entschieden zurück. Weder die beteiligten Mitarbeiter noch der Verlag hätten Interesse am Verlauf des WCM-Kurses. (2004)

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Spekulation über eine Sachbeschädigung

In mehreren Artikeln beschäftigt sich eine Lokalzeitung mit einem „heimischen Oberanarchisten“, der die Kandidatin der Grünen für das Amt des Oberbürgermeisters an deren Wahlkampfstand verbal beleidigt und mit einer Gießkanne zu bewässern versucht habe. Die Wahlkämpferin habe mit einer schallenden Ohrfeige reagiert. Erst als der Geohrfeigte so lange darüber lamentierte, dass die Polizei nicht mehr habe weghören können, sei er für einige Stunden aus dem Verkehr gezogen worden. Seit der Freilassung gebe er nun den Märtyrer – und zufällig habe die Zahl der Verunstaltungen von Wahlplakaten der Grünen in dieser Woche deutlich zugenommen. In einem anderen Artikel wird mitgeteilt, dass sich der Mann vor Gericht verantworten musste, weil er einem Polizeibeamten ins Gesicht getreten habe. Dafür habe der Richter im Amtsgericht eine Einsatzstrafe von sechs Monaten verhängt. In einer Beschwerde beim Deutschen Presserat weist der Betroffene den Vorwurf der Sachbeschädigung zurück. Dafür gebe es keine Belege. Es handele sich um eine reine Spekulation. Die Behauptung in dem zweiten Artikel, er sei zu einer Einsatzstrafe von sechs Monaten verurteilt worden, sei falsch. Das Urteil sei zum Zeitpunkt der Berichterstattung nicht rechtskräftig gewesen, da er Berufung eingelegt habe. Die Chefredaktion der Zeitung erklärt in ihrer Stellungnahme, der Beschwerdeführer tanze nach allgemeiner Einschätzung dem Rechtsstaat auf der Nase und lege sich mit nahezu allen gesellschaftlichen Gruppen an. In ihrem Artikel deute die Zeitung vage einen Zusammenhang zwischen der Freilassung des Beschwerdeführers und der Verunstaltung von Wahlplakaten an. Auch die konkreten Umstände – der Zorn des Mannes über die etablierten Grünen, die Parteinahme der Polizei für die beleidigte OB-Kandidatin und der zeitliche Zusammenhang mit dem Vorfall in der Fußgängerzone – würden für die Vermutung sprechen, dass der Beschwerdeführer bzw. Aktivisten aus seinem Umfeld für die Beschädigung der Plakate verantwortlich sind. Die gewählte Form der Andeutung ohne direkte Beschuldigung hält man für zulässig. Die Passage in dem zweiten Beitrag, der Betroffene habe sich u.a. verantworten müssen, weil er einem Beamten ins Gesicht getreten habe, stehe nicht für sich allein, sondern im Zusammenhang mit dem direkt folgenden Satz „Dafür verhängte der Richter im Amtsgericht eine Einsatzstrafe von sechs Monaten“. Die Passage sei zwar in der Tat nicht geschickt formuliert, aber ein Rückblick auf das erstinstanzliche Urteil, das mit dem aktuellen Berufungsverfahren angefochten wurde. Es sei gängige Praxis, das nach einem Urteil das Delikt dem Täter nicht mehr im Konjunktiv zugeordnet werden müsse. Die Frage, ob das Urteil gleich rechtskräftig oder später angefochten werde, sei dabei nicht relevant. Von einer Vorverurteilung könne somit nicht die Rede sein. (2004)

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Menschenwürde einer Schauspielerin

In mehreren Beiträgen beschäftigt sich eine Boulevardzeitung mit den Hauptdarstellern eines Films, der anlässlich der Berlinale 2004 mit einem “Goldenen Bären” ausgezeichnet worden ist. Unter der Überschrift “Deutsche Film-Diva in Wahrheit Porno-Star” wird über die Vergangenheit der bejubelten Schauspielerin berichtet und mitgeteilt, sie habe ihr Filmhandwerk in Hardcore-Pornos gelernt. Die Zeitung wartet mit Details auf, zeigt entsprechende Szenen im Bild. In einem weiteren Beitrag unter der Schlagzeile “Eltern verstoßen sündige Film-Diva” wird gemeldet, dass die Eltern der Schauspielerin entsetzt seien und sich von ihrer Tochter abwenden. Unter der Überschrift “Nach Porno-Skandal neuer Berlinale-Schock: Zärtlicher Film-Held im wahren Leben vorbestraft” enthüllt die Zeitung schließlich, dass auch der männliche Hauptdarsteller in dem preisgekrönten Film eine zwielichtige Vergangenheit habe. Die deutsche Staatsanwaltschaft habe gegen den Schauspieler zahlreiche Ermittlungsverfahren eingeleitet. Der Schauspieler sei schon mehrmals verurteilt worden. Eine Medienwissenschaftlerin führt Beschwerde beim Deutschen Presserat. Sie belegt ihren Vorwurf einer diskriminierenden Berichterstattung mit einer umfänglichen wissenschaftlichen Analyse. Regisseur, Schauspieler und Schauspielerin würden in erheblicher Weise in ihren Persönlichkeitsrechten und in ihrer Menschenwürde verletzt sowie in rassistischer und sexistischer Weise diskriminiert. Die Rechtsabteilung der Zeitung weist den Vorwurf einer sexistischen und rassistischen Berichterstattung zurück. Er erscheine angesichts der näheren Umstände geradezu aberwitzig. Die Schauspielerin habe zwölf Pornofilme gedreht. Ferner gebe es mindestens zwei Bildbände sowie Kalender mit Aktaufnahmen von ihr. Es sei also keineswegs so, dass irgendjemand die Intim- oder Persönlichkeitssphäre der Betroffenen verletzt hätte. Vielmehr habe die Schauspielerin ihre Haut selbst auf den Markt getragen. Wer Pornos drehe, die am Markt frei erworben werden können, wolle keine Intimsphäre, sondern das Gegenteil. Als der nun ausgezeichnete Film in Berlin aufgeführt worden sei, habe der Regisseur seine Hauptdarstellerin als eine “Neuentdeckung” vorgestellt, die noch nie vor einer Kamera gestanden habe und per Zufall beim Einkaufen entdeckt worden sei. All dies habe sich als eine PR-Lüge erwiesen. Erst die Boulevardzeitung habe die zahlreichen Unwahrheiten aufgedeckt. Die Überprüfung und Korrektur unwahrer Behauptungen gehöre zu den zentralen Aufgaben der Medien. Eine ordnungsgemäße Recherche habe auch im Falle des männlichen Hauptdarstellers stattgefunden. Zusammenfassend lasse sich feststellen, dass die Redaktion ein Thema von großem öffentlichen Interesse sauber recherchiert und weder bewusst falsch noch diskriminierend berichtet habe. (2004)

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Vorstrafen eines Pädophilen

Eine Tageszeitung schildert in zwei Beiträgen die Ängste besorgter Eltern, die erfahren hätten, dass in ihrer Nachbarschaft ein Mann lebe, der öffentlich fordere, Sex mit Kindern zu legalisieren. Das Blatt berichtet, der mehrfach vorbestrafte Mann habe in zwei Städten versucht, seine Pädosexuellen-Vereinigung als Verein anzumelden. In beiden Städten sei der Antrag abgelehnt worden. Nach einer Erklärung der Richter verharmlose der Internet-Auftritt der Vereinigung Straftatbestände. Was zunächst schlicht als Verharmlosung gehandelt worden sei, habe für den Pädosexuellen mehrmals im Knast geendet. In Luxemburg habe er gesessen, weil er Kinderpornos vertrieben habe. Ob er sie selbst hergestellt habe, habe man ihm damals nicht nachweisen können. Im vergangenen Jahr sei er für ein Jahr hinter Gitter gewandert. Diesmal wegen der Verbreitung kinderpornografischer Schriften. Nun versuche er offenbar, sein Netzwerk im Ruhrgebiet aufzuziehen. Rechtlich sei der Mann derzeit nicht zu belangen. Vor wenigen Monaten habe die Staatsanwaltschaft ein Verfahren gegen ihn wegen mangelnden Tatverdachts eingestellt. In einer westdeutschen Großstadt laufe noch ein Verfahren gegen ihn. Ausführlich berichtet die Zeitung über eine Demonstration von Eltern, Nachbarn sowie Vertretern von Kinderschutzbund, Politik und Kirche gegen den Mann, dem inzwischen von seinem Vermieter gekündigt worden sei. Der Betroffene, Chefredakteur einer Online-Redaktion und nach eigenen Angaben bekennender Pädophiler, weist den Deutschen Presserat auf falsche Tatsachenbehauptungen in den Artikeln hin. Er habe nur eine Vorstrafe wegen Verbreitung pornografischer Schriften. Diese liege schon zehn Jahre zurück. Ein weiteres Verfahren sei noch nicht abgeschlossen. Urteile eines Amts- und eines Landgerichts seien durch ein Oberlandesgericht aufgehoben worden. In einer westdeutschen Großstadt laufe kein Verfahren gegen ihn. Er habe weder einen Antrag auf Aufnahme ins Vereinsregister gestellt, noch sei er jemals verhaftet worden oder habe er im Gefängnis gesessen. Er ziehe zur Zeit auch kein Netzwerk auf, sondern lebe in seiner Wohnung ausschließlich als Privatperson. Die Chefredakteurin der Zeitung betont, dass ihre Zeitung die Persönlichkeitsrechte des Beschwerdeführers nicht verletzt habe. Der Mann werde in der Berichterstattung nicht erkennbar. Seinen Familiennamen habe man abgekürzt. Der Beschwerdeführer lebe in seinem jetzigen Wohnort nicht als Privatperson. Seine Privatwohnung diene offenbar als Zweigstelle seiner Internetredaktion, die einschlägige Internetforen für Pädosexuelle bediene. Die Behauptung, dass der Mann mehrfach vorbestraft sei, beruhe auf zahlreichen Meldungen etablierter Nachrichtenagenturen. Die Chefredakteurin nennt schließlich seriöse Quellen, die das Bestehen eines Vereins und den Versuch einer Anmeldung desselben belegen. (2004)

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Identifizierbarkeit eines Pädophilen

Eine Tageszeitung berichtet in mehreren Beiträgen über einen bekennenden Pädophilen, der jetzt im Verbreitungsgebiet wohnhaft sei, mit einem Verein für Sex mit Kindern werbe und das auch für sein gutes Recht halte. „Alles, was unter dem Begriff Kinder-Pornografie läuft“, zitiert ihn das Blatt, „wurde in der Regel freiwillig und mit Spaß bei der Sache hergestellt.“ Der ehemalige Bundesgrenzschutz-Beamte sei noch vor Tagen im ZDF mit dem Bekenntnis „Wir Pädophilen lieben die Kinder“ zitiert worden. In dem Beitrag wird auf die bewegte Vergangenheit des Mannes verwiesen. So sei er 1996 zu 18 Monaten Haft verurteilt worden, weil er einen Versandhandel für Kinderpornos betrieben habe. In einem der Artikel gibt die Zeitung ein Gespräch mit dem Betroffenen wieder. Zärtlichkeiten mit Kindern müssten erlaubt sein, zitiert sie seine Einstellung. Wenn dabei mal einer durchknalle und sich das mit Gewalt nehme, liege das am Druck der Gesellschaft. In diesem Zusammenhang gibt die Zeitung eine Feststellung des Sprechers der Polizei wieder: So lange werde die Polizei warten müssen, denn ihr seien die Hände gebunden. Dem Artikel ist ein Foto des Hauses beigestellt, in dem der Pädophile wohnt. In einem weiteren Artikel, in dem über Unruhe und Ängste in dem Wohnviertel berichtet wird, findet sich ein Porträtfoto des Mannes. Seine Augenpartie ist geschwärzt. In einem anderen Artikel wird mitgeteilt, der Ex-Grenzschützer und Jugendamt-Mitarbeiter sei schon mehrfach in den Fokus der Ermittlungsbehörden geraten. Der Betroffene, der sich als Chefredakteur einer Online-Redaktion ausweist, beklagt beim Deutschen Presserat falsche Tatsachenbehauptungen. Er habe nie gesagt, dass alles, was unter dem Begriff Kinderpornografie laufe, in der Regel freiwillig und mit Spaß an der Sache hergestellt worden sei. Er sei auch nicht im ZDF zitiert worden. 1996 sei er nicht zu 18 Monaten, sondern lediglich zu einem Jahr Haft verurteilt worden. Ferner kritisiert er, dass die Zeitung ein Foto des Hauses, in dem er wohnt, veröffentlicht hat. Dadurch werde seine Wohnung erkennbar. Die Behauptung, die Polizei werde warten müssen, schüre Ängste und Hysterie. Es werde suggeriert, dass er eine konkrete Gefahr darstelle und es zu Gewalttaten kommen könne. Schließlich verletze die Veröffentlichung seines Porträtfotos sein Persönlichkeitsrecht. Und es sei falsch, dass er einmal Mitarbeiter eines Jugendamtes gewesen sei. Das Justitiariat der Zeitung erklärt, dass die Berichterstattung auf den eigenen Aussagen des Beschwerdeführers und auf sorgfältigen Recherchen des Autors beruhe. In keinem der Artikel werde der Betroffene namentlich genannt. Immer sei sein Nachname abgekürzt. Die Recherche des Autors habe ergeben, dass sich der ehemalige Pädophilenverein unter der Wohnadresse des Beschwerdeführers befinde. Bei einem Telefonanruf habe sich der Beschwerdeführer entsprechend gemeldet. Die Verwendung des Porträtfotos sei der Redaktion nicht untersagt worden. Der Betroffene habe im Gegenteil sogar verlangt, das Foto ohne Balken abzudrucken. Um ihn zu schützen, habe die Redaktion dieses Ansinnen abgelehnt. Die Aussage, dass der Verein für Sex mit Kindern werbe, werde durch einen entsprechenden Bericht in einer Sonntagszeitung bestätigt. Dieser Bericht sei im Rahmen eines Internetauftritts vom Beschwerdeführer ausdrücklich als korrekt bezeichnet und positiv bewertet worden. Der Vorwurf, die Zeitung schüre Ängste und Hysterie, entbehre jeglicher Grundlage. Der Autor zitiere lediglich den Sprecher der örtlichen Polizei. (2004)

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