Wie hat der Presserat entschieden?
Rüge, Missbilligung oder Hinweis, wie hat der Presserat entschieden? Hier können Sie online in der Spruchpraxis des Presserats eine Auswahl an Beschwerdefällen von 1985 bis heute recherchieren.
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6869 Entscheidungen
Eine Regionalzeitung veröffentlicht eine Agenturmeldung unter der Überschrift „Roma-Hochzeit endet mit neun Verletzten“. Darin geht es um eine Familienfeier in Bulgarien, die mit einer „Schlacht“ zwischen verfeindeten Familien und mit hundert Beteiligten endete. Der Landesverband Deutscher Sinti und Roma, in dessen Bereich die Zeitung erscheint, sieht in dieser Meldung einer Diskriminierung der Sinti und Roma. Er schaltet den Deutschen Presserat ein. Die Chefredaktion der Zeitung teilt mit, die fragliche Meldung sei von einer Agentur übernommen worden. Der bearbeitende Redakteur sei der (falschen) Ansicht gewesen, auf die Nennung der ethnischen Zughörigkeit der Beteiligten nicht verzichten zu können, um deutlich zu machen, dass es sich nicht um bulgarische Staatsangehörige gehandelt habe. Die Redaktion sei noch einmal auf die Beachtung des Pressekodex hingewiesen worden. Die Chefredaktion bedauert entstandene Missverständnisse und Probleme. (2002)
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Auf der Titelseite einer Boulevardzeitung wird über den Mord an einem kleinen Mädchen berichtet. Dieses und der mutmaßliche Mörder werden im Bild gezeigt. Der Mann ist von Narben entstellt. Die Überschrift lautet „Jetzt muss er büßen“. Ein Leser moniert das Foto des mutmaßlichen Täters als auffallend groß und abstoßend. Sein Gesicht sei durch Verbrennungen entstellt. Er sei mit seinen beiden Kindern in einem Zeitschriftenladen gewesen, die auf das Bild sehr verstört reagiert hätten. Vor allem habe der achtjährige Sohn abends entsetzliche Angst gehabt und habe lange Zeit nicht einschlafen können. Der Beschwerdeführer ist der Auffassung, derartig schockierende Fotos gehörten nicht auf die Titelseite einer Zeitung. Er schaltet den Deutschen Presserat ein. Die Rechtsabteilung der Zeitung hält die Beschwerde für unbegründet. Die Abbildung des mutmaßlichen Mörders sei keineswegs so abstoßend, dass die Kenntnisnahme so Angst einflößend sei und zu Schlaflosigkeit führe, wie es der Vater darstelle. Zudem gebe der Beschwerdeführer zu, sein Sohn habe eine lebhafte Fantasie. Diese könne jedoch nicht zum Bewertungsmaßstab einer Zeitungsberichterstattung herangezogen werden. Es komme, so die Zeitung, nicht darauf an, ob eine abgebildete Person den ästhetischen Ansprüchen eines Menschen genüge, sondern darauf, dass die Abbildung zulässig sei und den tatsächlichen Gegebenheiten entspreche. Es habe in diesem Fall weder rechtliche noch moralische Gründe gegeben, auf die Abbildung des Täters wie in diesem Fall zu verzichten oder das Bild in den Innenteil der Zeitung zu verlegen. Die Rechtsabteilung bezeichnet die Beschwerde als „absurd“. (2002)
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Weil er bei der Sprengung einer leer stehenden Villa, deren Eigentümer die Versicherungssumme hatte kassieren wollen, Schmiere gestanden hatte, wird ein 35-jähriger Mann zu zweieinhalb Jahren Haft verurteilt. Eine Regionalzeitung schildert den Ablauf des Verfahrens und erwähnt zum Schluss, dass der Angeklagte nach der Tat - durch Splitter erheblich verletzt - bei einer Sinti- und Roma-Sippe in Nordrhein-Westfalen untergetaucht war, bevor er gefasst werden konnte. Der Verband Deutscher Sinti und Roma führt Beschwerde beim Deutschen Presserat und beklagt eine Diskriminierung. Der Hinweis auf die Sinti- und Roma-Sippe sei für das Verständnis des Sachverhalts nicht notwendig. Unterschwellig werde dadurch eine Mitwisserschaft der Familie, die den Flüchtigen aufgenommen habe, suggeriert. In dem Beitrag werde latenter Antiziganismus in perfider Weise betrieben. Die Chefredaktion der Zeitung berichtet in ihrer Stellungnahme, der Prozess habe unter besonderen Sicherheitsvorkehrungen stattgefunden, weil es unter Sinti- und Roma-Familien Drohungen gegeben habe. Im Prozess selbst habe sich der Angeklagte mehrfach als „Zigeuner“ bezeichnet. Er habe erklärt, er wolle auch so genannt werden. Obwohl damit die Frage der ethnischen Zugehörigkeit vor Gericht behandelt worden sei, habe die Zeitung diesen Tatzusammenhang nicht für bedeutsam gehalten und auch nicht erwähnt. Eine andere Frage aber habe geboten, verständnisbegründet einen Sachbezug zu einer Sinti- und Roma-Sippe herzustellen: Wo kann ein bei einer Straftat erheblich Verletzter einfach untertauchen, um sich über einen längeren Zeitraum seiner Festnahme zu entziehen ? Der sehr allgemein und anonym gehaltene Hinweis auf eine Sinti- und Roma-Sippe in Nordrhein-Westfalen sei weder aus rechtlicher noch aus berufsethischer Sicht als diskriminierend zu bewerten. Es sei nicht erkennbar, wie dieser richtige Hinweis im Sachzusammenhang eine Schlechterstellung, Herabsetzung oder Herabwürdigung bewirken könne. (2002)
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Eine Zeitschrift berichtet unter der Überschrift „Spitzenklasse aus der Kälte“ über das Thema „Kochen und Kühlen“. Sie geht ausführlich auf das Angebot einer Firma ein. Am Ende des Beitrags steht eine Anzeige ebendieser Firma. In der gleichen Ausgabe wird unter der Überschrift „Die zeit verschobene Produktion“ ebenfalls noch im Rahmen des Titelthemas berichtet. Am Ende dieses Beitrages wird die Kontaktadresse des Autors genannt, kombiniert mit einer Anzeige der beschriebenen Firma. Im Rahmen des Beitrags „Einwandfrei und sicher lagern“ wird über Logistikeinrichtungen von Großküchen berichtet. Die Adressen von fünf Firmen, die in dem Artikel erwähnt sind, werden gebracht. Bei zahlreichen erwähnten weiteren Firmen werden die Kontaktadressen genannt. Der Beschwerdeführer – er kommt aus der gleichen Branche – bemängelt, dass in den genannten Beiträgen bestimmten Firmen Vorteile verschafft würden. Er ist der Ansicht, dass es sich bei allen Beiträgen bzw. Adressennennungen um gezielte Veröffentlichungen zu werblichen Zwecken handle. Von einem Gleichbehandlungsprinzip könne überhaupt keine Rede sein. Er schaltet den Deutschen Presserat ein. Der Beschwerdegegner verweist auf branchenübliche Usancen. Im Übrigen werde unter der Rubrik „Produkte“ immer eine Kontaktadresse angegeben. In einem vom Beschwerdeführer erwähnten Fall sei dies schlicht und einfach vergessen worden. (2002)
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Eine Zeitschrift berichtet unter der Überschrift „Neu – die süße Hauptmahlzeit über eine Firma. Die Titelseite enthält ein Produktlogo des Unternehmens. In einem weiteren Beitrag unter der Überschrift „Hygiene am kritischen Kontrollpunkt“ wird über eine weitere Firma berichtet. Dieser Beitrag enthält ein Motiv, das einer Anzeige entnommen ist. Zudem werden ausführliche Adressangaben veröffentlicht. Der Beschwerdeführer – er kommt aus der gleichen Branche – bemängelt, dass der Käufer der Titelseite in der Titelstory allein genannt werde. Er ruft den Deutschen Presserat an. Nach seiner Meinung sei es nicht gerechtfertigt, in dem redaktionellen Beitrag das Anzeigenmotiv aufzugreifen. Dieses Motiv sei Bestandteil einer Anzeige und somit werblich. Ebenso sei fraglich, ob die Veröffentlichung der Adressangaben einen Service darstelle. Die Rechtsvertretung der Zeitschrift teilt mit, dass die Verbindung von Titelseite und Titelstory branchenüblich sei. Auch in der Zeitschrift des Beschwerdeführers sei die werbliche Titelseite mit einer redaktionellen Titelstory verbunden. Aufgabe der Zeitschrift sei es, dass Fachpublikum über Produkte und Produktneuheiten zu informieren. Es sei nicht zu kritisieren, dass in dem Beitrag „Hygiene am kritischen Kontrollpunkt“ Hersteller-Etiketten, die auch in einer Anzeige enthalten seien, übernommen worden seien. Die Veröffentlichung detaillierter Kontaktadressen sei ebenfalls nicht zu beanstanden, da es sich bei den Lesern um ein Fachpublikum handle, für das diese Angaben von besonderem Interesse seien. (2002)
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Drei junge Männer aus Ghana, Mali und Kamerun haben in einem Asylbewerberheim eine 19 Jahre alte Frau misshandelt. Der Staatsanwalt spricht von einer „regelrechten Serienvergewaltigung“. Die örtliche Zeitung schreibt über den Vorfall, bezeichnet die drei Männer als „Schwarzafrikaner“ und nennt dann auch die Herkunftsländer. Ein Leser legt Beschwerde beim Deutschen Presserat ein. Für ihn ist der Begriff „Schwarzafrikaner“ in diesem Kontext eine Diskriminierung, da der willkürliche, nicht notwendige Hinweis auf die Hautfarbe der Tatverdächtigen dieses rassische Merkmal in den Vordergrund der Berichterstattung rücke. Der Chefredakteur entgegnet, der Begriff „Schwarzafrikaner“ gehöre zweifellos zum unverfänglichen allgemeinen Sprachgebrauch. Dafür gebe es in der Literatur als auch in der Presseberichterstattung ungezählte Beispiele. Dennoch konstruiere der Beschwerdeführer Unterstellungen und Verdächtigungen, die jeder Grundlage entbehrten. Den Teil der Beschwerde, der sich gegen den Begriff „Asylanten“ wende, obwohl es sich wohl um Asylbewerber handle, weist die Redaktion ebenfalls zurück. Sie verweist auf die gängige Medienberichterstattung, in der üblicherweise sowohl von Asylbewerberunterkünften als auch von Asylantenunterkünften gesprochen werde. (2002)
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Eine Lokalzeitung würdigt das zehnjährige Bestehen des Kleist-Archivs im Ort. Als Beleg für die Schlagzeile „Die Blütezeit ist längst wieder vorbei“ zitiert sie einen international renommierten Kleist-Forscher, der den jetzigen Leiter des Archivs für nicht konsensfähig halte. Der Wissenschaftler sehe darin auch den Grund, dass es keinerlei Zusammenarbeit zwischen der Kleist-Gesellschaft, dem Kleist-Museum und dem Kleist-Archiv gebe. In einem Buch über die Erotik und Sexualität im Werk Heinrich von Kleists firmiere der Archivleiter als Herausgeber, obwohl sein Vorgänger im Amt diese Publikation zum größten Teil redaktionell betreut habe. Er werde den Verdacht nicht los, so der Germanistikprofessor, dass sich hier jemand mit fremden Federn schmücke. Der betroffene Archivleiter schaltet den Deutschen Presserat ein. Nach seiner Ansicht wurden die Aussagen des Kleist-Forschers von der Redaktion ungeprüft übernommen. Der Wissenschaftler unterstelle ihm u.a. geistigen Diebstahl und behaupte in wahrheitswidriger Weise, auf Grund seiner angeblichen Konsensunfähigkeit gebe es keine Zusammenarbeit mit anderen Kleist-Institutionen. Die Zeitung habe eine sehr einseitige Recherche betrieben und nur eine einzige Person befragt, die zudem in Fachkreisen sehr umstritten sei. Eine im Rahmen eines Unterlassungsbegehrens abgegebene Erklärung des Kleist-Forschers, in der dieser seine Aussagen relativiert, habe die Zeitung trotz Zusendung und Bitte um Veröffentlichung bis heute nicht publiziert. (2002)
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Eine überregionale Zeitung berichtet, in einer Kleinstadt habe ein bekannter Kommunalpolitiker vor Jahren ein Verhältnis mit einer damals Vierzehnjährigen gehabt. Drei Tage später befasst sich auch die örtliche Zeitung mit der vermeintlichen Affäre. Die beiden Beteiligten stehen der Redaktion Rede und Antwort. Der darauf folgende Bericht steht nach Auffassung eines Lesers dem Artikel der überregionalen Zeitung deutlich entgegen. Er sieht in dem Beitrag eine einseitige Parteinahme und wendet sich an den Deutschen Presserat. Der Verleger der Lokalzeitung kann nicht erkennen, worauf der Beschwerdeführer überhaupt hinaus will. Er stellt fest, dass die Staatsanwaltschaft keinen zur Anklage ausreichenden strafrechtlich relevanten Tatbestand gesehen und von einer Anklage abgesehen habe. Das komme einem kleinen Freispruch gleich. (2002)
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Anfang März 2002 starben bei Manövern in der Ostsee zwei Soldaten. Ein Nachrichtenmagazin berichtet über diesen Fall in einer umfänglichen Geschichte, in der mehrere Vorkommnisse geschildert werden. Es spricht von einer Pannenserie mit Todesfolge, Ermittlungen der Staatsanwaltschaft und gibt den Verdacht der Staatsanwälte wieder, Leichtsinn und Disziplinlosigkeit hätten bei der Bundeswehr zwölf Menschenleben gekostet. Ein Leser des Magazins wendet sich an den Deutschen Presserat. In dem Artikel sei versucht worden, eine Mitschuld der beiden Soldaten an ihrem Tod zu suggerieren. Außerdem sei die Rede von vollautomatischen Rettungswesten gewesen, was schlichtweg falsch sei. Die Westen, mit der die Bundeswehr ausgestattet sei, müssten durch Drehen an der Gaspatrone aktiviert werden. Sie seien halbautomatisch. Mit journalistischer Sorgfalt und entsprechender Recherche hätte dieser Fehler vermieden werden können. Die Rechtsabteilung des Magazins ist der Auffassung, der Artikel suggeriere keineswegs eine Mitschuld der Soldaten an ihrem Tod, sondern beschreibe lediglich den Ermittlungsauftrag der Staatsanwaltschaft. Die Beschreibung der verwendeten Westen stütze sich auf eine offizielle Auskunft des Bundesverteidigungsministeriums. (2002)
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Ein Fachverlag bietet interessierten Unternehmen gegen Entgelt die Veröffentlichung von redaktionellen Beiträgen im Messe-Sonderheft einer Fachzeitschrift zum Thema Automatisierung an. Die Artikel werden unter Hinweis auf den Autor und das von ihm vertretene Unternehmen veröffentlicht. Im Angebot heißt es: „Ihr eingereichter Fachbeitrag wird nach denselben Redaktionsregeln bearbeitet, die für die Fachzeitschriften des Verlages gelten. Sie brauchen der Redaktion lediglich die dafür notwendigen Informationen zugänglich machen. Komplette Recherchen – auch vor Ort – und die Übersetzung Ihres Beitrags werden von der Redaktion ebenfalls erbracht, sind jedoch im Leistungsumfang nicht enthalten.“ Die Preise variieren je nach Seitenzahl zwischen 2.500 und 8.000 Euro. Im Preis ist die Lieferung von jeweils 150 bis 700 Heften der Sonderpublikation enthalten. Ein anderes Verlagsunternehmen schaltet den Deutschen Presserat ein. Aus dem Angebot gehe hervor, dass Redaktion käuflich sei. Dies verstoße gegen den in Ziffer 7 des Pressekodex definierten Trennungsgrundsatz. Die Rechtsvertretung des Fachverlages weist darauf hin, dass das Unternehmen redaktionelle Beiträge für seine Zeitschrift von Dritten erstellen lasse und dann redaktionell überarbeite. Die Gegenleistung dafür, dass Dritte Beiträge zur Verfügung stellen, bestehe darin, dass der Dritte Exemplare der Ausgabe, in welcher der Beitrag veröffentlicht werde, zu einem geringeren als dem normalen Preis beziehen könne. Der bloße Umstand, dass ein redaktioneller Beitrag von einem Produkthersteller stamme, sei nicht zu beanstanden. Dies gelte selbst dann, wenn in dem Beitrag ein Produkt des Herstellers positiv erwähnt werde. Die Rechtsvertretung zitiert aus Urteilen des BGH und der Oberlandesgerichte Saarbrücken, Düsseldorf und Hamburg. Zusammenfassend ist darin die Aussage enthalten, dass eine Berichterstattung wie die vorliegende unbedenklich ist, solange die sachliche Information des Lesers im Vordergrund stehe. (2002)
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