Entscheidungen finden

Wie hat der Presserat entschieden?

Rüge, Missbilligung oder Hinweis, wie hat der Presserat entschieden? Hier können Sie online in der Spruchpraxis des Presserats eine Auswahl an Beschwerdefällen von 1985 bis heute recherchieren.

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Entscheidungsjahr
7055 Entscheidungen

Kampagne gegen Zooleiter

Eine Regionalzeitung berichtet über einen kleinen Zoo und seinen früheren Leiter. Die Zustände dort – es geht um einen „Dreckstall“, wie Kritiker behaupten – sind Gegenstand der Berichterstattung über die deutschen Grenzen hinaus. Thema sind auch die Folgen der Berichterstattung einer Boulevardzeitung über das gleiche Thema. Deren Berichte hat der Presserat schon früher gerügt. Der einstige Zoo-Chef sieht in der Berichterstattung eine Kampagne gegen sich. Er wendet sich an den Deutschen Presserat. Die Rechtsvertretung der Regionalzeitung äußert die Ansicht, der frühere Zoo-Chef sei auch in seiner Eigenschaft als Ratsmitglied eine relative Person der Zeitgeschichte. In diesem Kontext habe die Öffentlichkeit ein hohes Interesse an den Zuständen im Zoo gezeigt. In den vom Beschwerdeführer kritisierten Beiträgen werde nichts anderes getan, als – in ausdrücklicher Distanzierung – über die gegen den Beschwerdeführer erhobenen Vorwürfe zu berichten. Namensnennung und Bildveröffentlichung seien wegen des Bekanntheitsgrades des Mannes in der Öffentlichkeit gerechtfertigt gewesen. Selbst eine Anonymisierung hätte nicht dazu geführt, dass er nicht erkannt worden wäre. Inhaltlich seien die fraglichen Beiträge in keinem Fall zu beanstanden. (2003)

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Medikamentenwerbung

Eine TV-Zeitschrift veröffentlicht unter der Überschrift „Die Turbo-Diät“ einen Beitrag, der sich mit dem Thema Gewichtsabnahme beschäftigt. In dem Artikel wird mehrmals auf ein bestimmtes Medikament hingewiesen. Über dem Artikel steht der Kolumnentitel „Lebensart“. Auf der gleichen Seite stellt die Redaktion mehrere andere, namentlich genannte Medikamente vor. Die Leiterin eines journalistischen Text-Services hält die Veröffentlichung für Werbung und schaltet den Deutschen Presserat ein. Die Chefredaktion der Zeitschrift teilt in ihrer Erwiderung mit, sie sei der Auffassung gewesen, dass die kritisierte Seite als Werbung erkennbar gewesen sei. Allerdings sei im Produktionsprozess ein gestalterischer Fehler passiert. Statt die Seite als Anzeige zu kennzeichnen, sei beim Layout der Kolumnentitel „Lebensart“ verwendet worden. In Zukunft werde man darauf achten, dass sich ähnliches nicht wiederholen wird. (2003)

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Identifizierbarkeit eines Straftäters

Eine Lokalzeitung teilt ihren Lesern mit, die Stadtverkehrsgesellschaft habe sich von ihrem Geschäftsführer getrennt, nachdem dieser wegen sexuellen Missbrauchs von Kindern zu 18 Monaten Gefängnis auf Bewährung verurteilt worden sei. In dem Artikel wird erwähnt, dass der Betroffene 41 Jahre alt und Vater von vier Kindern ist. Ein Leser der Zeitung wendet sich an den Deutschen Presserat. Er kritisiert eine Verletzung des Persönlichkeitsrechts der Kinder und der Ehefrau des Mannes. Als Nachbar der Familie und Vater zweier Töchter, die mit zweien der Kinder des Betroffenen Kontakt hätten, habe er das nach der Zeitungsmeldung eingetretene Stigmatisierungs- und Vernichtungsgefühl der Kinder und der Mutter unmittelbar erfahren. Am selben Tag habe eine Konkurrenzzeitung über den Fall berichtet. Dies sei in knapper, sachlicher Weise ohne ein Outing von Kindern und Ehefrau geschehen. Die Rechtsabteilung des Verlages weist den Vorwurf zurück, die Veröffentlichung habe die Persönlichkeitsrechte der Familienangehörigen verletzt. Es seien weder der Name des verurteilten Geschäftsführers noch Namen seiner Opfer bzw. der Angehörigen veröffentlicht worden. Der Betroffene sei auch auf Grund der Berichterstattung nicht ohne weiteres zu identifizieren, da keinerlei Angaben zu seinem Wohnort gemacht und auch keine Fotos veröffentlicht worden seien. Eine zweifelsfreie Identifizierung des Mannes auf Grund des Hinweises, dass der ehemalige Geschäftsführer der Stadtverkehrsgesellschaft 41 Jahre alt sei und vier Kinder habe, sei für den durchschnittlichen Leser der Zeitung nicht möglich. Auch eine Identifizierung durch die Nachbarn sei nur dann denkbar, wenn diese per se über die näheren Lebensumstände des Betroffenen informiert seien. In diesem Fall sei es aber mehr als wahrscheinlich und entspreche der Lebenserfahrung, dass sich die Situation des Mannes auch ohne eine entsprechende Berichterstattung herumgesprochen hätte. Ein Verstoß gegen das Anonymisierungsgebot liege aus diesen Gründen nicht vor. (2003)

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Vorverurteilung

Dreizehn Tage lang berichtet ein Boulevardblatt über die Vorwürfe gegen einen Box-Trainer wegen möglichen sexuellen Missbrauchs von jugendlichen Boxschülern. Der Name des Betroffenen wird genannt, ein Foto von ihm veröffentlicht. In den einzelnen Beiträgen finden sich Formulierungen wie: “... hat vergewaltigt”, “Das Box-Ekel von...”, “Die schrecklichen Details über den Kinderschänder...” und “Die Übergriffe des Box-Ekels nach dem täglichen Training bis hin zur brutalen Vergewaltigung – sind diese Schicksale, wie viele vermuten, tatsächlich die Spitze des Eisberges ?” Der Anwalt des Boxlehrers sieht in der Berichterstattung eine Vorverurteilung seines Mandanten und legt Beschwerde beim Deutschen Presserat ein. Zudem kritisiert er einen Verstoß gegen das Persönlichkeitsrecht des Betroffenen, da er ganzseitig als Schuldiger ohne Gesichtsbalken dargestellt werde. Die Chefredaktion der Zeitung erklärt, die Öffentlichkeit habe ein großes Informationsinteresse an der Berichterstattung in dieser Form. Der mutmaßliche Täter sei eine Person der Zeitgeschichte. Er sei Mitglied einer berühmt-berüchtigten Bande gewesen und in diesem Zusammenhang zu einer langjährigen Haftstrafe verurteilt worden. Danach sei er resozialisiert worden, sei deutscher Boxmeister geworden und habe fortan ein bekanntes Boxstudio betrieben. Insofern hätte sein Klarname genannt werden können. Die Verdachtsberichterstattung beruhe auf Recherchen der Redaktion, sei bestätigt durch detaillierte, glaubhafte eidesstattliche Versicherungen mehrerer Betroffener. Eine Vorverurteilung könne den Artikeln nicht entnommen werden. Abschließend teilt die Chefredaktion mit, dass entgegen der Behauptung des Beschwerdeführers die Ermittlungsverfahren gegen ihn noch nicht eingestellt seien. Dies habe die zuständige Staatsanwältin bestätigt.(2003)

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Interview eines Mörders

Unter der Überschrift „Der Hass ist massiv geschürt worden“ veröffentlicht eine Tageszeitung ein schriftliches Interview mit einem 28jährigen Mann, der wegen der Entführung und Ermordung eines Kindes zu lebenslanger Haft verurteilt worden ist. Wegen der Grausamkeit des Verbrechens hatte das Verfahren gegen den Täter bundesweit Aufsehen erregt. In seinen Antworten auf die ihm schriftlich vorgelegten Fragen schildert der Verurteilte seine Gefühle nach der Tat, kritisiert die Haftbedingungen und spricht von einem Justizskandal, weil nicht hartnäckig genug gegen den Polizeipräsidenten ermittelt werde, der ihm angeblich Folter angedroht haben soll. Einleitend stellt die Zeitung fest, dass die Antworten des Betroffenen zum Widerspruch herausfordern. Bei der Schriftform seien aber spontane Einwände oder Korrekturen an den Aussagen nicht möglich. Auch da nicht, wo der Befragte in Larmoyanz und Selbstmitleid ausweiche. Eine Leserin der Zeitung beschwert sich beim Deutschen Presserat. Sie ist der Ansicht, dass dem Verurteilten durch das Interview die Gelegenheit gegeben wird, seine Straftat nachträglich zu rechtfertigen und sich selbst als Opfer darzustellen. Dadurch würden die Angehörigen des Opfers in ungehöriger Weise belastet. Fragen wie „Sind Sie froh, dass der Mordprozess zu Ende ist?“ oder „Fühlen Sie sich in der Haft durch andere Gefangene noch bedroht?“ seien geradezu eine Einladung an den Befragten, Mitleid erregende Äußerungen zu machen. Auch die Anmerkung des Interviewers „Das öffentliche Bild reduziert Sie auf einen geldgierigen jungen Mann...“ vermittele den Eindruck, als sei die Berichterstattung über den Fall und den Prozess dem Täter nicht gerecht geworden. Die Zeitung habe ihre Fragen dem Täter schriftlich übermittelt, so dass der Journalist keine Möglichkeit gehabt habe, nach einer Antwort nachzuhaken oder auf Antworten zu reagieren. Damit sei er bewusst das Risiko eingegangen, dass der Täter eine Plattform erhalte, um seine Tat zu relativieren. Während des Prozesses habe der Täter ausreichend Gelegenheit gehabt, sich selbst zur Tat zu äußern und seine Sicht des Falles darzustellen. An diesen Ort gehörten solche Aussagen auch hin. Alle Medien hätten die Möglichkeit gehabt, die Aussagen im Prozess wiederzugeben. Die Zeitung habe mit diesem Interview eine Grenze überschritten und ein Beispiel gegeben, das nicht Schule machen dürfe. Die Chefredaktion der Zeitung erklärt, die Auffassung der Beschwerdeführerin, man sei bewusst das Risiko eingegangen, dem Täter eine Plattform zu geben, sei falsch. Man könne auch nicht die Ansicht nachvollziehen, dass man einen Täter nach der Verurteilung nicht mehr zur Tat befragen dürfe, weil er während des Prozesses genügend Gelegenheit gehabt habe, sich dazu zu äußern. Es vergehe keine Woche, ohne dass in den Medien verurteilte Kapitalverbrecher zu Wort kommen. Dennoch habe man sich die Auseinandersetzung mit dem Thema nicht leicht gemacht. Eine Woche nach Erscheinen des Interviews habe die Zeitung ihr eigenes Verhalten auf einer Meinungsseite hinterfragt. Zudem habe man mehrere kritische Leserbriefe dazu abgedruckt. (2003)

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Werbung statt Titelseite

Eine Lokalzeitung veröffentlicht auf ihrer Titelseite eine großformatige Anzeige eines Kaufhauses. Auf Seite 3 der selben Ausgabe erscheint die „richtige“ Titelseite. Ein Deutschlehrer, der regelmäßig an dem von Tageszeitungen initiierten Projekt Zeitung in der Schule teilnimmt, sieht im vorliegenden Fall die geforderte klare Trennung zwischen redaktionellem Text und Veröffentlichungen zu werblichen Zwecken aufgehoben und wendet sich an den Deutschen Presserat. In seiner Beschwerde kritisiert er, dass sich die Ausgabe als „Sonderwerbeblatt“ darstelle bzw. kaum noch von einem solchen zu unterscheiden sei. Vor einigen Wochen habe die Zeitung in ähnlicher Form die Nachrichten über den Irakkonflikt mit der Werbetitelseite eines anderen Unternehmens übertüncht, was besonders makaber gewirkt habe. Die verantwortliche Redakteurin habe seine Kritik u.a. mit der Bemerkung zurückgewiesen, es sei ja auch in den öffentlich-rechtlichen Medien üblich, dass Nachrichtensendungen von Firmen präsentiert würden. Seine Bitte, das Schlechtere nicht mit einem Verweis auf das Schlechte rechtfertigen zu wollen, sei unbeachtet geblieben, bekundet der Beschwerdeführer. Er werde sehr kritisch die Reaktion des Presserats auf diese Entwicklung beobachten, versichert er, und das Ergebnis in der nächsten Unterrichtsreihe thematisieren. Der Verleger der Zeitung teilt dem Presserat mit, dass das erste Buch der Ausgabe in eine vierseitige Anzeigenstrecke eingepackt worden sei. „Ad-Cover“ sei eine neue Form der Anzeigenstrecke, bei der die beiden ersten Anzeigenseiten vor der Titelseite der Zeitungsausgabe platziert seien. Mit dem redaktionellen Inhalt der Zeitung hätten diese Anzeigenstrecken nicht das Geringste zu tun. Weil es eine auffällige neue Werbeform sei, habe man die Leser an prominenter Stelle des Blattes darüber informiert, das die Titelseite wie von Christo mit Werbung eingepackt worden sei. Durch die abgedeckte Titelseite falle natürlich nichts weg. Der redaktionelle Inhalt bleibe komplett erhalten wie die publizistische Unabhängigkeit der Zeitung. Klarer als im vorliegenden Fall könne man Werbung von Text gar nicht unterscheidbar machen. Die komplette Kaufhaus-Anzeige auf der ersten Seite sei deutlich erkennbar auf den Pseudo-Titel gesetzt. Dabei seien bewusst Zeilen in der Mitte und der Länge nach abgeschnitten worden. Die eigentliche redaktionelle Titelseite der Ausgabe sei von der großen Kaufhaus-Werbung überhaupt nicht betroffen. Im Sinne des Pressekodex sei rechtlich und ethisch nichts relevant. Im Grunde äußere der Beschwerdeführer bloße Geschmacksempfindungen zur neuen Werbeform Ad-Cover. Abschließend betont der Verleger, dass sein Verlag höchsten Wert auf Unabhängigkeit und redaktionelle Glaubwürdigkeit lege. Eine Säule publizistischer Unabhängigkeit sei aber auch wirtschaftliche Stärke. Vor diesem Hintergrund müssten neue Werbeformen erlaubt sein. Dies sei im Zeitschriften-, Funk- und Fernsehbereich bereits gang und gäbe. (2003)

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Spekulationen um Autounfall

„Mit Tempo 125 gegen einen Baum gerast“ titelt eine Boulevardzeitung, die über einen Autounfall berichtet. In dem Artikel wird über die Unfallursache spekuliert. Als Möglichkeiten werden dabei ein Hitzschlag und ein Selbstmord in den Raum gestellt. Es wird auch berichtet, dass die Tachonadel bei Tempo 125 stehen geblieben ist. Der Bruder des Verunglückten kritisiert, dass die Angaben zu Unfallort, Alter und Name sowie die Geschwindigkeit nicht den Tatsachen entsprächen. Zum Zeitpunkt der Berichterstattung habe kein Beweis für diese Aussagen vorgelegen. Es handle sich um reine Spekulationen. Er wendet sich an den Deutschen Presserat. Die Rechtsabteilung der Zeitung teilt mit, die Angaben zum Stand der Tachonadel und der möglichen Todesursache seien sorgfältig recherchiert und auf ihren Wahrheitsgehalt hin überprüft worden. Aus dem Bericht gehe eindeutig hervor, dass es sich um erste Spekulationen der zuständigen Ermittler am Unfallort gehandelt habe. Im Übrigen habe der Verunglückte in der Vergangenheit bereits mehrfach Selbstmordversuche unternommen. (2003)

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Vorverurteilung eines Supermarktkunden

Eine Boulevardzeitung berichtet über einen 64jährigen Rentner, der in einem Supermarkt eine Schlagersängerin verprügelt haben soll. Es sei ein Kampf um den besten Platz an der Kasse gewesen. Die Zeitung lässt beide Kontrahenten zu Wort kommen. Die Sängerin behaupte, der Mann leide unter Realitätsverlust. Er habe ihr den Einkaufswagen mehrfach in den Unterleib gerammt. Auch der Rentner fühle sich als Opfer. Als eine zweite Kasse eröffnet worden sei, habe er dort einen Platz für seine Frau freigehalten. Die Sängerin habe ihm daraufhin gegen das Schienbein getreten. Die Zeitung veröffentlicht zwei Fotos des Schlagerstars, bringt auch ein Foto des Rentners, jedoch mit Augenbalken. Sie nennt seinen Vornamen, den Anfangsbuchstaben seines Familiennamens und sein Alter. In den Überschriften stellt sie fest: „Supermarkt-Prügler verhöhnt sie“ und „Jetzt prügelt der Supermarkt-Rowdy mit Worten weiter“. Ein Leser beschwert sich beim Deutschen Presserat. Die Überschriften machen seiner Meinung nach den Rentner bereits zum Täter, ohne dass eine Entscheidung ergangen sei. Die Rechtsabteilung des Verlages weist den Vorwurf der Vorverurteilung zurück. Die Redaktion habe eine wertende Überschrift benutzt. Sie habe den Rentner als „Supermarkt-Rowdy“ bezeichnet. „Rowdy“ sei ein Synonym für Rabauke, Flegel, Halbstarker, aber auch Schläger, Schlagetot und Raufbold. Mit Worten weiterprügeln bedeute, dass der Rentner die Frau, wie sich dann aus der folgenden Berichterstattung ergebe, mit Verbalinjurien belegt habe. So habe er sie als „Furie“ und „völlig hysterisch“ bezeichnet. Wenn man die Überschrift interpretiere als „der Flegel beschimpft Frau ... weiter“, dann könne hierin keine Vorverurteilung gesehen werden. Sollte der Presserat die Zeilen anders interpretieren, so verweise man auf die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts in Sachen „Soldaten sind Mörder“, in der es um die Auslegung von Meinungsäußerungen gehe. Das Bundesverfassungsgericht habe dabei festgestellt, dass einer Äußerung keine Bedeutung beigelegt werden dürfe, die sie objektiv nicht habe. Sei eine Äußerung mehrdeutig, so dürfe von einer (gewollten und/oder präferierten) Interpretation in Wirklichkeit nur dann ausgegangen werden, wenn andere Auslegungen mit tragfähigen Gründen ausgeschlossen seien (2003)

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Aussage gegen Aussage

Eine Regionalzeitung berichtet über die geplante Umwidmung eines Friedhofes, auf dem sich auch Kriegsverbrechergräber befinden. In dem Bericht wird der Vorsitzende einer Bürgervereinigung mit den Worten zitiert: „Diesen Friedhof bringe ich noch weg“. Der teilt mit, dass er sich in dieser Weise weder gegenüber dem Autor noch gegenüber der Zeitung geäußert habe. Er wendet sich an den Deutschen Presserat. Die Chefredaktion der Zeitung teilt mit, dass das Zitat so gefallen sei. Dass der Beschwerdeführer, wie er selbst behaupte, seit Jahren keinen Kontakt mehr zur Zeitung gehabt habe, sei falsch. Das Gespräch zwischen dem Beschwerdeführer und dem Autor hätte kurz vor der Veröffentlichung des Berichts stattgefunden. (2002)

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Namensnennung bei Nachbarschaftsstreit

Ein Rentner lebt in einem Dorf und widmet sich mit Leidenschaft der Hühnerhaltung. Er füttert sein Federvieh im Freien. Das hat sich bei den Spatzen im Umkreis herumgesprochen, die eine wahre Invasion starten, um an dem Futter teilzuhaben. Bis zu 75 sitzen oft auf dem Dach der Nachbarn, denen das Vogeltreiben ein Dorn im Auge ist. Es kommt zu einem handfesten Streit der Nachbarn, der bald schon in zahlreichen Medien seinen Widerhall findet. Eine Regionalzeitung berichtet unter der Überschrift „Gericht entscheidet: Hühner bleiben leben“ und nennt die klagenden Nachbarn des Rentners – ein Ehepaar – mit vollem Namen. Darin sehen sie eine Verletzung ihres Persönlichkeitsrechts. Weiterhin sei die Überschrift „…Hühner bleiben leben“ falsch. Sie insinuiere, dass sie verlangt hätten, die Hühner zu töten. Tatsächlich sei es aber so, dass die Gegenseite in erster und zweiter Instanz dazu verurteilt worden sei, die offene Hühnerhaltung zu beseitigen bzw. zu unterlassen. So beschäftigt der dörfliche Hühner- und Spatzenstreit nicht nur Medien und Gerichte, sondern auch den Deutschen Presserat. Der Anwalt der Zeitung teilt mit, der Name der klagenden Eheleute sei schon Monate vor Erscheinen des fraglichen Artikels durch Berichte in zahlreichen Medien bekannt gewesen. Die Zeitung habe über einen langen Zeitraum hinweg berichtet, ohne die Namen der Beteiligten zu nennen. Der Name sei erst später und dann nur einmal genannt worden, als er – unter anderem in einem Aushang im Gemeinde-Informationskasten – längst bekannt gewesen sei. Ergänzend teilt die Rechtsvertretung der Zeitung mit, dass sie sich nicht mehr mit den Argumenten der Eheleute befassen werde, da sich diese als Querulanten disqualifiziert hätten. Auch als die Redaktion bei den Klägern wegen eines Prozessergebnisses angerufen habe, sei keine Rede davon gewesen, dass die Namensnennung unerwünscht sei. (2003)

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