Wie hat der Presserat entschieden?
Rüge, Missbilligung oder Hinweis, wie hat der Presserat entschieden? Hier können Sie online in der Spruchpraxis des Presserats eine Auswahl an Beschwerdefällen von 1985 bis heute recherchieren.
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6869 Entscheidungen
Auf ihrer Humorseite veröffentlicht eine Regionalzeitung einen Beitrag, der nach Ansicht der Mitarbeiterinnen einer Werbeagentur schweinisch, primitiv und frauenfeindlich ist: Ein Gast erklärt einer Kellnerin, dass sein Hund sogar eine Frau glücklich machen könne. Doch Bello rührt sich nicht von der Stelle, selbst als die Bedienung sich im Nebenzimmer entkleidet. Schließlich entledigt sich auch Herrchen seiner Kleider und erklärt dem Hund, er werde es ihm jetzt zum allerletzten Male zeigen. Wenn er es dann immer noch nicht kapiert habe, gebe es zwei Tage kein Fressen. Die Leserinnen des Blattes schreiben dem Presserat, dieser „Witz“ suggeriere, dass eine Kellnerin für Männer frei verfügbar sei, ohne weiteres in ein Nebenzimmer gehe, sich dort entkleide und darauf warte, von einem Hund „besprungen“ zu werden. Diese Veröffentlichung sei ein Affront gegen zehntausende Frauen, die als Serviererinnen arbeiten und ihre Tätigkeit als einen ganz normalen Beruf begreifen, der nicht so in den Dreck gezogen werden dürfe. Ein solcher „Witz“ habe auf der Humorseite einer deutschen Tageszeitung nichts zu suchen, zumal diese auch von vielen Kindern gelesen werde. Auch die Chefredaktion des Blattes hält den Beitrag für nicht akzeptabel und bedauert die Veröffentlichung. Die Humorseite werde von einer Agentur produziert, die man jetzt abgemahnt habe, dass derartige Texte künftig nicht mehr hingenommen würden. Die von der Agentur zugelieferte Seite sei direkt in das elektronische System der Zeitung gelangt und der beanstandete Text dabei übersehen worden. (2002)
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Unter der Überschrift „Missbrauch beim Apotheker“ berichtet eine Regionalzeitung über Ermittlungen der Staatsanwaltschaft gegen einen Apotheker, den sie des sexuellen Missbrauchs von acht minderjährigen Kindern in insgesamt 532 Fällen verdächtige. Der angesehene Bürger der Stadt räume einen Teil der ihm zur Last gelegten Handlungen ein. Er beteuere aber, sich ausschließlich „pflegerisch-medizinisch“ um die Kinder gekümmert zu haben. Er habe keine sexuelle Lust an den Kindern gesucht. Vielmehr habe er sich jahrelang um mehrere ausländische Familien gekümmert. Da deren Kinder wegen mangelnder Hygiene an Infektionen im Intimbereich gelitten hätten, habe er helfend eingegriffen und die Kinder mit Cremes und Heilsalben behandelt. Ein Leser der Zeitung legt den Bericht dem Presserat vor. Er sieht in der Überschrift des Beitrages eine Vorverurteilung. Die Chefredaktion der Zeitung spricht in ihrer Stellungnahme von einer zulässigen Verdachtsberichterstattung. Der Fall stoße auf ein erhebliches öffentliches Interesse und für den geäußerten Verdacht gebe es hinreichende Anhaltspunkte. Auf Grund guter Kontakte habe die Zeitung eine umfassende Kenntnis von den Ergebnissen der Ermittlungen erhalten. Aus der Zusammenschau von Überschrift, Unterzeile und Vorspann ergebe sich aber eindeutig, dass hier über ein schwebendes Verfahren berichtet werde. Im Übrigen werde der Betroffene nicht mit Namen genannt, sei also nicht identifizierbar. (2002)
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„Der göttliche Gassenhauer“ steht über einem Beitrag in einem Nachrichtenmagazin, in dem sich der Autor mit der 9. Sinfonie von Ludwig van Beethoven beschäftigt. Er zitiert zahlreiche Musikkenner, die nicht mit kritischen Anmerkungen sparen. „Der klassische Knaller“, „Scheußlicher Salat“, „Das Singstück“, „Der Neunte-Koller“, „Die Mega-Nummer“, „Der zwittrige Hit“, „Ein Unding“, „Titanisch-totalitäre Staatsmusik“, „Klingende Gesangsdemo“, „Anrüchiges Stück“ und die „Freuden-Nummer“ – ein Leser nimmt diese Zitate und den ganzen Beitrag zum Anlass, wegen „Beschimpfung des Werkes Beethovens“ den Deutschen Presserat anzurufen. Die Rechtsabteilung des Nachrichtenmagazins sieht für eine Beschwerde keinerlei Anlass. (2002)
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Eine Tageszeitung nimmt eine Agenturmeldung über einen geplanten Fernsehsender der Kirche zum Anlass einer satirischen Betrachtung. Unter der Überschrift „Glotzen bis zum Halleluja“ berichtet sie, dass die Propagandaoffensive der Kirche über einen himmlischen Astra-Satelliten abgestrahlt und über einen Decoder zu empfangen sein wird. Zitiert wird der frühere Fernsehdirektor beim Geriatrie-Sender MDR und jetzige Geschäftsführer von „Bibel-TV“: „Gott musste sich erst an die Technik gewöhnen.“ Gesendet würden „Petrus-Wetterdienst“, die Nachrichtensendung „Abend(mahl)schau“, der „heiße Beichtstuhl“, Dokumentationen über Darmspiegelungen des Papstes, ein „Wer wird Gottogott?“-Quiz, die Konflikt-Show „Beicht um Drei“ und biblische Erotik-Streifen wie „Marias magische Muschi“ oder „Gottes devote Ministrantenknäbchen“. Ein Theologe ruft den Presserat an. Er ist der Meinung, dass der Beitrag das religiöse Empfinden von Christen verletze. Zudem sieht er in der Veröffentlichung eine Verletzung der Menschenwürde und ehrverletzende Behauptungen. Da die Zeitung eine Agenturmeldung entstellt und verfälscht habe, sei auch ein Verstoß gegen die Sorgfaltspflicht gegeben. Die Chefredaktion der Zeitung erklärt, die beanstandete Glosse übe mittels Ironie und Satire Kritik an einem realen Vorgang und sei auf der Seite „Die Wahrheit“ erschienen. Diese Seite sei weit über die eigentliche Leserschaft des Blattes hinaus als Forum für Satire, Ironie und Sarkasmus bekannt und geschätzt. Allein aus dem Zusammenhang mit den anderen Artikels hätte der Beschwerdeführer selbst unschwer den satirischen Charakter des Textes erkennen können. Mit der Veröffentlichung wolle das Blatt einerseits den überkritischen Umgang der Kirche mit dem Fernsehen, andererseits aber auch deren Bereitschaft karikieren, dieses Medium zur Selbstdarstellung zu nutzen. Die Glosse sei gedeckt vom Recht auf freie Meinungsäußerung. (2002)
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Fünfzehn mal schickt ein Leser innerhalb eines halben Jahres Briefe an die Redaktion einer überregionalen Zeitung, stets mit dem Wunsch nach Veröffentlichung. Dieser Aufforderung kommt die Zeitung nicht nach. Der Leser schaltet den Deutschen Presserat ein, weil er glaubt, dass die Zeitung sein Recht auf Teilnahme an der öffentlichen Meinungsbildung beschränkt. Die Zeitung reagiert mit dem Hinweis auf ihre Leserbriefstatistik, der zufolge nur einer von zehn eingesandten Briefen veröffentlicht wird. Dass der Beschwerdeführer sich immer zum gleichen Thema äußert, habe die Chancen auf Veröffentlichung möglicherweise nicht erhöht. Der Leser meint, es könne nicht sein, dass auf dem hier strittigen Feld der Auswahl von Leserbriefen die Redaktionsfreiheit grenzenlos sei. Nach seiner Auffassung beinhaltet diese Auswahl ein weidlich genutztes Manipulationspotential. Die Geschäftsführung der Zeitung hält die Beschwerde für unbegründet und bezieht sich dabei auf die Richtlinie 2.6, Abs. 3, des Pressekodex, in der es heißt, der Verfasser eines Leserbriefes habe keinen Rechtsanspruch auf Veröffentlichung seiner Zuschrift. Im Übrigen entspreche es der gängigen Praxis in allen deutschen Verlagshäusern, dass angesichts der Vielzahl der täglich eingehenden Leserbriefe eine Auswahl stets nach eigenen journalistischen Kriterien erfolgt. Auch die Ansicht des Beschwerdeführers, er habe als langjähriger Leser des Blattes einen gewissen Anspruch auf Publikation seiner Briefe, gehe fehl. Es läge auf der Hand, dass mit diesem Argument das traditionell allein bei der Redaktion liegende Entscheidungsmonopol vollständig ausgehöhlt werden könnte.(2002)
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Über den Vorsitzenden eines Partei-Stadtverbands berichtet die örtliche Zeitung in mehreren Beiträgen. Ihm wird der Vorwurf gemacht, er habe einem Parteikollegen einen Job verschafft und dafür zwei bis drei Bruttogehälter verlangt. Neun Parteimitglieder hören auf der Seite des Jobsuchenden ein Gespräch zwischen den beiden mit. Ein Protokoll wird angefertigt und von den Zeugen unterschrieben. Der Zeitung liegt eine Kopie des Protokolls – allerdings ohne Unterschriften – als Grundlage der Berichterstattung vor. Der Parteivorsitzende bestreitet die Vorwürfe. Die Veröffentlichungen basierten nach seiner Kenntnis auf einem anonym versandten Papier, dem eine Telefonfalle, vorbereitet und durchgeführt von Parteimitgliedern, zu Grunde liege. Trotz ausreichender Zeit und einer höchst dubiosen Quellenlage sei die Veröffentlichung erfolgt, ohne dass die Redaktion auch nur den Versuch unternommen habe, seine Stellungnahme einzuholen. Die Autorin weist den Vorwurf zurück, sie habe ausschließlich auf Grund eines anonymen Papiers berichtet. Sie habe etliche Gespräche geführt und gründlich recherchiert. Die Quellenlage sei also nicht dubios. Sie habe den Beschwerdeführer bewusst nicht angerufen, da sie erwartet habe, dass er die Vorwürfe bestreitet. Die Journalistin räumt ein, dass ihr ein nicht unterschriebenes Protokoll des strittigen Telefongesprächs vorliege. Das ändere jedoch nichts an der Tatsache, dass sie sauber recherchiert habe. Sie zitiert einen Rechtsanwalt, der bereit sei zu bestätigen, dass es ein unterzeichnetes Protokoll gebe. (2002)
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Ein Schauspieler und Autor liest in einem Stahl- und Walzwerk aus einem seiner Bücher. Er wählt Passagen aus, in denen er über sexuelle Erlebnisse in seiner Jugendzeit berichtet. Eine Boulevardzeitung schreibt über die Lesung und zitiert einige besonders deftige Stellen. Für einen Leser des Blattes gehen diese Auszüge „unter die Gürtellinie“, weshalb er den Deutschen Presserat anruft. Er ist der Meinung, dass derartige sexuelle Eskapaden in der Öffentlichkeit nichts zu suchen hätten. Er spricht von der Verherrlichung eines niedrigen Instinkts. Sexuelle Auswüchse in der Art von Pornografie sollten vermieden werden, um das Anstandsgefühl der Bürger nicht zu verletzen. Die Rechtsabteilung der Zeitung bezeichnet die Darlegungen in der Beschwerde als absurd. (2002)
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„Bis zu 20 % der Arztrechnungen falsch“ – unter dieser Überschrift berichtet eine Regionalzeitung über Abrechnungsbetrug und Mauscheleien im Gesundheitswesen. Die in dem Beitrag genannten Zahlen gehen auf die Arbeitsgruppe Abrechnungsmanipulation der Spitzenverbände der Krankenkassen zurück. Der Beschwerdeführer – ein Arzt – bezeichnet die Überschrift als falsch. Gemeint sei, dass die Ärzte gegenüber der Kassenärztlichen Vereinigung nicht korrekt abrechneten und diese den Krankenkassen zu hohe Kosten in Rechnung stelle. Er schaltet den Deutschen Presserat ein. Wenn man die Überschrift lese, so der Beschwerdeführer weiter, könne man meinen, dass 20 Prozent der Ärzte auch gegenüber den Privatpatienten falsch abrechneten. Dies werde in der Original-Agenturmeldung aber nicht gesagt. Auch der erste Satz des Beitrags sei falsch. „Abrechnungsbetrug und Mauscheleien verursachen im Gesundheitswesen nach Schätzung der Krankenkassen jedes Jahr einen Schaden von mindestens 1 Milliarde Euro“ heiße es da. Leidtragende von falschen Abrechnungen seien weder die Kassen noch die Patienten, sondern die anderen niedergelassenen Ärzte. Rechne ein Arzt bewusst oder wider besseres Wissen falsch ab, erhöhe sich dadurch weder das Budget, das die Krankenkassen an die Kassenärztliche Vereinigung zahlten, noch der Beitrag der Versicherten. Lediglich das Honorar, das der gesamten Ärzteschaft zustehe, verringere sich. Der Beschwerdeführer kritisiert außerdem die Unterstellung, dass Ärzte bewusst falsch abrechneten. Jedem Fehler, so werde impliziert, liege eine betrügerische Absicht zugrunde. Nicht einverstanden ist er auch mit der Aussage des Vertreters der Spitzenverbände, die bekannt gewordenen Betrugsfälle seien nur die Spitze eines Eisberges. Die Chefredaktion der Zeitung räumt ein, dass die Zuspitzung in der Überschrift nicht korrekt gewesen sei. Die ansonsten kritisierten Textstellen hätten allerdings eindeutige Bezüge auf die Aussagen des Vertreters der Spitzenverbände der Krankenkassen. Die Kassenärztliche Vereinigung sei zu den Vorwürfen gehört worden. Insofern sei die Redaktion der Sorgfaltspflicht nachgekommen. (2002)
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„Marx ist für uns kein toter Hund“ überschreibt eine Zeitschrift ihren Bericht über eine Veranstaltung der „Initiative 8. Mai“ zum Thema „55 Jahre Befreiung vom Faschismus und Krieg“. Das Blatt erwähnt einen Aufruf zu dieser Veranstaltung, in dem es heißt, die Bundesrepublik sei ein stark von „Nazi-Kadern“ durchsetztes Staatsgebilde, das sich einer Erinnerung an die Gewalttaten der NS-Zeit weitgehend verweigere und durch das Gedenken an „Stauffenberg und Konsorten“ eine unzulässige „Trennung zwischen guten und schlechten Nazis“ vollziehe. Ziel dieser angeblich mangelhaften Vergangenheitsbewältigung sei die Entsorgung einer effizienten gesellschaftlichen „Entnazifizierungspolitik“ und die Vorbereitung auf eine neue stärkere weltpolitische Rolle der Bundesrepublik. Der Aufruf endet mit den Worten „Auch für den 8. Mai 2000 sollte darum gelten: Kein Frieden mit Deutschland!“ Die Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes beschwert sich beim Deutschen Presserat. In dem Bündnis „8. Mai“ habe sie mit vielen antifaschistischen Initiativen zusammengearbeitet. Dabei sei man nicht in allen Punkten einer Meinung gewesen, aber in keiner der teilnehmenden Gruppen sei auch nur annähernd eine Sprache, wie in dem Artikel dargestellt, üblich. Durch das Setzen von Anführungszeichen und Klammern werde aber der Eindruck erweckt, dass hier Originalzitate wiedergegeben würden. Die Chefredaktion der Zeitschrift legt den strittigen Aufruf, herausgegeben vom AstA der Uni Bochum, vor. Dieser sei ein Mitinitiator der „Initiative 8 Mai“. Dem Aufruf seien die Zitate entnommen worden. (2002)
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