Entscheidungen finden

Wie hat der Presserat entschieden?

Rüge, Missbilligung oder Hinweis, wie hat der Presserat entschieden? Hier können Sie online in der Spruchpraxis des Presserats eine Auswahl an Beschwerdefällen von 1985 bis heute recherchieren.

Bitte beachten: Im Volltext abrufbar sind nur Entscheidungen mit den Aktenzeichen ab 2024, z.B. 0123/24/3-BA!
Sie müssen dazu immer das volle Aktenzeichen eingeben, also 0123/24/3-BA.

Nach detaillierten Richtlinien (z.B. 8.1) können Sie erst ab den Fällen aus 2024 recherchieren. Ältere Fälle werden nur unter der entsprechenden Ziffer (z.B. 8) angezeigt.

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Entscheidungsjahr
7055 Entscheidungen

Unbewiesene Behauptung

Recherche mit Sorgfalt

Zeitung in der Schule

Eine Tageszeitung veröffentlicht in verschiedenen Ausgaben Sonderseiten zum Thema „Zeitung in der Schule“, die von Schülern gestaltet wurden. Die Beiträge beschäftigen sich u.a. mit einer Fast-Food-Kette sowie einem Buchhandelsfilialisten und dessen Online-Buchhandlung Die Veröffentlichungen lösen zwei Beschwerden beim Deutschen Presserat aus. Ein Leser weist darauf hin, dass die genannte Online-Buchhandlung Sponsor des Projekts „Zeitung in der Schule“ sei und dass mit den Texten der Schüler Schleichwerbung betrieben werde. Die Sonderseite müsse seiner Ansicht nach ehrlicherweise mit dem Vermerk „Anzeige“ versehen werden. Ein zweiter Leser meint, dass die Texte genauso gut unbearbeitete Bestandteile von Werbebroschüren und Pressemitteilungen der genannten Unternehmen sein könnten. Von der zuständigen Redaktion müsse verlangt werden, dass sie zwischen Werbung und Berichterstattung eindeutig unterscheide, entsprechend redigiere oder in Gesprächen Änderungen fordere. Der Beschwerdeführer sieht die Gefahr, dass die Schüler als begeisterte und innovationsfreudige, aber abhängige und journalistische Laien für eine Werbestrategie missbraucht werden. Die Chefredaktion der Zeitung teilt in ihrer Stellungnahme mit, dass die pädagogische Betreuung des Objekts dem Institut zur Objektivierung von Lern- und Prüfverfahren (IZOP) obliege. Redaktionell werde das Projekt von der Zeitung und seinem Jugendmagazin begleitet. Finanziert werde es vom Verlag und Wirtschaftspartnern, die jeweils zu Beginn eines Projekts Themenschwerpunkte vorschlagen. Die Wirtschaftspartner seien auf den Sonderseiten jeweils als Sponsoren ausgewiesen. Auf Festlegung und Auswahl der Themenschwerpunkte nehme die Redaktion keinerlei Einfluss. Dies sei Sache des Instituts und der beteiligten Lehrkräfte. Durch die Art der Präsentation sei eine Verwechslung mit Anzeigen ausgeschlossen. Es bestehe auch keinerlei Zusage oder Verpflichtung seitens der Zeitung, nur Texte zu veröffentlichen, in denen die Wirtschaftspartner in einem für sie günstigen Licht dargestellt werden. Dies erkläre, dass es in den zurückliegenden acht Projekt-Jahren auch immer wieder zu Verstimmungen auf Seiten der Wirtschaftspartner gekommen sei, weil sie sich in Schülerbeiträgen in ungünstigem Licht dargestellt fühlten. Andererseits hätten sich die Lehrkräfte immer wieder zufrieden darüber geäußert, dass die Schüler im Rahmen des Projekts beispielhaft einen ersten Einblick in größere Wirtschaftsunternehmen gewinnen könnten. (2001)

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Vorwurf der Kungelei

Eine Schwimmbadsanierung ist Thema mehrerer Veröffentlichungen in einer Regionalzeitung. Einem Kommunalpolitiker und der CDU-Fraktion wird Kungelei vorgeworfen. In einem Artikel heißt es, der Beschwerdeführer sei bereits zweimal rechtskräftig verurteilt worden. Er klage jetzt gegen seine eigene Stadt und verlange 156000 Mark für zukünftige Leistungen seines Ingenieurbüros. Der Kommunalpolitiker beschwert sich beim Deutschen Presserat über die nach seiner Meinung falschen Behauptungen. Nicht er, sondern seine Firma sei verurteilt worden. Er weise jeden Vorwurf der Kungelei von sich. Gleichzeitig teilt er mit, dass die Behauptung, er klage gegen die Stadt, falsch sei und er keine 156000 Mark fordere. Schließlich sei er auch nicht strafrechtlich verurteilt worden. Die Redaktionsleitung beruft sich bei dem Vorwurf zur 156000-Mark-Forderung auf einen ihr vorliegenden Vertrag. Im Hinblick auf die Behauptung, es sei „geklungelt“ worden, verweist die Redaktion auf den örtlichen Brauch, wonach Stadtratsbeschlüsse in gemeinsamen Sitzungen der Mehrheitsparteien beraten würden. Sie weist schließlich darauf hin, dass der Beschwerdeführer alleiniger Gesellschafter der verurteilten Firma sei. Es bestehe also eine Identität zwischen Firma und Beschwerdeführer. (2001)

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Falschdarstellung zurückgewiesen

Eine Auftragsvergabe ist Gegenstand mehrerer Beiträge in einer Regionalzeitung. Die Hauptrolle spielt dabei ein CDU-Stadtrat und Chef eines Ingenieursbüros, der der Zeitung falsche Darstellungen vorwirft und den Deutschen Presserat einschaltet. Er habe weder im Stadtrat eine Vorlage zu diversen Vorplanungsleistungen für das örtliche Klärwerk eingebracht, noch klage er gegen die Stadt. Weiterhin sei er auch nicht rechtskräftig verurteilt, wie die Zeitung behaupte, sondern seine Firma. Dabei handle es sich auch nicht um eine strafrechtliche Verurteilung. Er betont, dass auch die Behauptung, ihm sei ein Planungsauftrag zugeschanzt worden, falsch sei. Bei der Vergabe sei die Kommunalordnung des betreffenden Bundeslandes beachtet worden. Die Chefredaktion der Zeitung äußert sich zu den Vorwürfen. Der Kommunalpolitiker habe die Vorlage zu Vorplanungsleistungen eingebracht. Einen Auszug aus dem Protokoll der Sitzung könne man nicht beifügen, da der Bürgermeister eine Kopie verweigert habe. Die Protokollführerin könne den Vorgang jedoch bestätigen. Die Zeitung bleibt bei ihrer Behauptung, der Beschwerdeführer und seine Frau klagten seit Jahren gegen die Stadt. Zu der Feststellung, der Kommunalpolitiker sei zweimal verurteilt worden, erklärt die Redaktion, zwar sei die Firma von den Urteilen betroffen, doch werde diese allein von dem Beschwerdeführer vertreten. Was den Begriff „zugeschanzt“ betreffe, so sei dies eine saloppe Formulierung, die sich daraus erklären lasse, dass der Ingenieur als Parteiloser der CDU-Fraktion des Stadtrats angehöre, mit deren Stimmen die Vergabe erfolgte, und er zugleich auch Vorsitzender des Finanzausschusses sei. (2001)

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Recherche ohne Sorgfalt

Die Zwangsräumung eines Reiterhofs ist das Thema eines Lokalberichts. In dem Beitrag wird erwähnt, der Vater der Pächterin habe sich aus der Stadt abgemeldet, um polizeilichen und gerichtlichen Unannehmlichkeiten aus dem Wege zu gehen. Der Eigentümer des Grundstückes vermute, der Mann sei jetzt in Südafrika gemeldet. Der Betroffene schaltet den Deutschen Presserat ein, weil er sein Persönlichkeitsrecht sowie die Bestimmungen des Datenschutzes verletzt sieht. Er habe nie in der genannten Stadt gewohnt, habe weder mit dem Mietverhältnis seiner Tochter noch mit den daraus resultierenden gerichtlichen Auseinandersetzungen etwas zu tun. Er habe dies der Zeitung mitgeteilt. Diese habe sich daraufhin bei ihm entschuldigt. Für ihn sei die Angelegenheit jedoch nicht erledigt. Solche Veröffentlichungen könnten schließlich existenzvernichtend sein. Die Chefredaktion der Zeitung gesteht ein, dass der Beschwerdeführer Recht hat. Der Autor des Beitrages sei der Lüge eines Informanten aufgesessen. Die Chefredaktion habe sich bei dem Betroffenen in aller Form entschuldigt. (2001)

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Relative Person der Zeitgeschichte

Unter der Überschrift „Studentin flieht vor Neonazis“ berichtet eine Regionalzeitung über eine Studentin, die sich als Vorsitzende eines Aktionsbündnisses gegen rechte Gewalt engagiert und jetzt von einem anonymen Briefschreiber bedroht wird. Der Justizminister des Landes habe der Betroffenen inzwischen zu einem Studienaufenthalt in Großbritannien verholfen. Das sei sicherer, als ein Risiko einzugehen. In dem Artikel werden der volle Name der Studentin genannt sowie ein Foto veröffentlicht. Eine Leserin der Zeitung beschwert sich beim Deutschen Presserat. Sie ist der Ansicht, dass die betroffene Studentin durch Namensnennung und Fotoveröffentlichung klar identifizierbar wird und die Schutzinteressen unterlaufen werden. Nach ihrer Aussage hatte die Betroffene in der Angelegenheit um Anonymität gebeten. Die Chefredaktion der Zeitung erklärt in ihrer Stellungnahme, in der Region hätten alle an neonazistischen Umtrieben interessierten Leser ohnehin gewusst, um wen es sich bei der Betroffenen handele. Die Redaktion habe nach reiflicher Überlegung bewusst den Namen genannt, da dies im Interesse der Glaubwürdigkeit und Wahrhaftigkeit der Geschichte notwendig gewesen sei. Die junge Frau sei zum Zeitpunkt der Veröffentlichung eine Person der Zeitgeschichte gewesen. Dies auch deshalb, da sie mehrfach öffentlich aufgetreten sei und sich auch auf Veranstaltungen gemeinsam mit dem Ministerpräsidenten habe fotografieren lassen. Zwar sei ihre Angst nach dem Erhalt des Drohbriefes nachvollziehbar, sie gewinne aber nichts, wenn sie „sich“ verheimliche. Ihr werde nicht geholfen, wenn man ihren Namen verschweige. Im Gegenteil steigere die Anonymisierung noch die Genugtuung in der Neonazi-Szene. (2001)

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Zutritt zum Krankenzimmer

Ein Bus fährt führerlos durch die Stadt. Der Fahrer hat einen Schlaganfall erlitten und sitzt zusammengesunken hinter dem Steuer. Eine Frau, die den Vorfall beobachtet hat, setzt sich mit ihrem Auto vor den tonnenschweren Doppeldecker, bremst und stoppt ihn nach 400 Metern. Eine Boulevardzeitung lobt die Heldin des Tages in großer Aufmachung, zeigt die mutige Frau und den Busfahrer im Bild. Die Verkehrsbetriebe, bei denen der Busfahrer angestellt ist, kritisieren in einer Beschwerde beim Deutschen Presserat, dass die Mitarbeiter der Redaktion den noch nicht ansprechbaren Kollegen in der Intensivstation des Krankenhauses fotografiert haben. Dieser habe später erklärt, dass er niemals dem Foto und seiner Veröffentlichung zugestimmt hätte. Auf Grund seines Zustandes sei er gar nicht in der Lage gewesen wahrzunehmen, was um ihn herum geschehen sei. Des weiteren habe der Autor des Beitrages die Wohnung des Mannes aufgesucht und den dort anwesenden 14-jährigen Sohn befragt. Dieser habe nicht gewusst, wie er die Situation bewältigen sollte. Schließlich sei die Frau des Busfahrers hinzugekommen und habe dem Reporter erklärt, dass er die Familie in Ruhe lassen solle. Die Redaktionsleitung des Blattes stellt den Sachverhalt anders dar. Der Fotoreporter habe sich ordnungsgemäß im Krankenhaus bei der Stationsschwester gemeldet und angefragt, ob er den Busfahrer besuchen dürfe. Diesem habe er sich dann als Journalist vorgestellt und ihn um ein kurzes Gespräch und ein Foto gebeten. Der Mann habe ihm gesagt, dass es sich an den Vorfall leider nicht erinnern könne, aber gegen ein Foto nichts einzuwenden habe. Daraufhin sei dann das Bild gemacht worden. Es sei zwar richtig, dass der Reporter die Wohnung des Busfahrers aufgesucht und dort zunächst nur den Sohn angetroffen habe. Diesen habe er jedoch nicht ausgefragt. Die darauf erschienene Mutter sei zu einem längeren Gespräch bereit gewesen. Sie habe offen von der Leidenschaft ihres Mannes für Marathonlauf und Motorräder gesprochen und ihre Dankbarkeit gegenüber der Retterin geäußert. Insgesamt hätten sich weder der betroffene Busfahrer noch seine Frau dahingehend geäußert, dass sie sich durch den Fotoreporter belästigt fühlten. (2001)

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Umgangssprache

Unter der Überschrift „Nötigung, Beleidigung und ungebührliches Verhalten“ berichtet eine Lokalzeitung, dass die Mitgliederversammlung des örtlichen Reit- und Fahrvereins einen Schlussstrich unter die Querelen mit einem Mitglied gezogen und einstimmig beschlossen habe, den Mann aus dem Verein auszuschließen. Die Zeitung nennt den vollen Namen des Betroffenen und zählt die Gründe auf, die zu dem Ausschlussverfahren geführt haben: Ausstehende Zahlungen für die Benutzung des Reitgeländes, ungebührliches und vereinsschädigendes Verhalten sowie Nötigung. Schon vor zwei Jahren sei der Vorstand von mehreren Mitgliedern gebeten worden, den Vereinskameraden dahingehend abzumahnen, weiterhin persönliche Beleidigungen gegen Vereinsmitglieder auszusprechen Da der Betroffene sich jedoch nicht davon abhalten ließ, habe man ein Ausschlussverfahren angekündigt und dem Mann nahe gelegt, aus dem Verein zu treten. Der Anwalt des Betroffenen ruft den Deutschen Presserat an. Er kritisiert vor allem die Nennung des Namens seines Mandanten. Schon die Überschrift suggeriere, dass dieser den Straftatbestand der Nötigung und Beleidigung erfüllt habe. Es werde jedoch weder gegen ihn ermittelt, noch liege eine irgendwie geartete Verurteilung vor. Die Chefredaktion der Zeitung äußert die Ansicht, dass die Namensnennung gerechtfertigt war. Seit Jahren gebe es in dem Verein Querelen, an denen der Beschwerdeführer maßgeblich beteiligt sei. Die Auseinandersetzungen seien von öffentlichem Interesse und im Mittelpunkt stehe immer der Beschwerdeführer, der in der Zeitung nicht zum ersten Mal mit vollem Namen genannt werde. Sein Name sei eng verbunden nicht nur mit dem des Reit- und Fahrvereins, sondern auch mit einem zweiten Reitverein, mit dem er eine Landesmeisterschaft ausgerichtet habe und dessen Vorsitzender er heute noch sei. Die Überschrift des kritisierten Beitrags lege nicht nahe, dass er den Tatbestand der Nötigung oder Beleidigung erfüllt habe. Im Denken von Juristen möge sich nur ein Straftatbestand anbieten, wenn von Beleidigung oder Nötigung die Rede sei. Wenn sich aber ein einfaches Vereinsmitglied beleidigt oder genötigt fühle, so habe dies umgangssprachlich eine Bedeutung, die längst nicht justitiabel sei. Dem Zweifler hieran erschließe sich der wirkliche Tatbestand unzweifelhaft, wenn er den Text des Beitrages lese. Die Chefredaktion teilt abschließend mit, dass sie 14 Tage später eine Gegendarstellung des Betroffenen und nach weiteren vierzehn Tagen einen zusammenfassenden Bericht veröffentlicht hat. (2001)

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Zulässige Meinungsäußerung 1

„Sie hassen uns so abgrundtief, wie nur ein besetztes Volk den Okkupanten hasst“, „Jedenfalls formiert sich schon seit Jahren ein ostdeutscher Widerstand gegen alles, was aus dem Westen kommt und nicht für Geld zu haben ist, eine wütende , guerillahafte Résistance,…“ und „Es ist praktische dasselbe, wie wenn man Bomben vor Tel Aviver Clubs zündet oder katholische Schulkinder in Belfast mit Brandsätzen bewirft“. Diese Sätze sind in einem Essay enthalten, der in einer Zeitschrift veröffentlicht wurde und den eine Leserin zum Anlass nimmt, den Deutschen Presserat einzuschalten. Sie ist der Ansicht, dass mit diesem Beitrag gegen die journalistische Sorgfaltspflicht verstoßen worden sei. Er enthalte ehrverletzende Aussagen. Die Rechtsabteilung der Zeitschrift bemerkt dazu, es handle sich bei dem Artikel um eine generalisierende, kritische Beschäftigung mit einer gesellschaftlichen Gruppe. Der Essay nehme sich einer vordringlichen gesellschaftspolitischen Frage in Deutschland an und komme zu Schlussfolgerungen, die man teilen könne oder auch nicht. Er sei vom Grundrecht auf freie Meinungsäußerung gedeckt. Dies gelte umso mehr, als der Beitrag als Essay gekennzeichnet worden sei. Es sei zu akzeptieren, dass nicht allein wohl abgewogene und vornehme, sondern auch überzogene, polemische, aufreizende und abstoßende Äußerungen vom Schutz des Grundrechts auf freie Meinungsäußerung umfasst würden. (2001)

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