Wie hat der Presserat entschieden?
Rüge, Missbilligung oder Hinweis, wie hat der Presserat entschieden? Hier können Sie online in der Spruchpraxis des Presserats eine Auswahl an Beschwerdefällen von 1985 bis heute recherchieren.
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7055 Entscheidungen
Eine in Deutschland erscheinende türkische Zeitung berichtet über eine Demonstration von Kurden in einer deutschen Großstadt. Der zweite Bürgermeister der Stadt, der die Demonstration beantragt hatte, wird in der Überschrift als “Mittelsmann/Strohmann der PKK in der Stadtverwaltung” bezeichnet. Eine Leserin des Blattes kritisiert in einer Beschwerde beim Deutschen Presserat diese Bezeichnung als falsch und verleumderisch. Der Bürgermeister habe die Veranstaltung erst nach längeren Verhandlungen mit der Polizei und der Verwaltung einerseits und dem Kurdistan-Zentrum andererseits angemeldet. Die Demonstration selbst sei ausgesprochen friedlich verlaufen und habe so zur Entspannung der Situation in der Stadt beigetragen. Die Rechtsvertretung der Zeitung verweist darauf, dass die türkische Übersetzung von “Handlanger” in der Überschrift in Anführungszeichen gesetzt sei: “PKK masasi”. Die Formulierung sei damit deutlich als Meinungsäußerung gekennzeichnet. Eine ehrverletzende Beschuldigung liege somit nicht vor. (1999)
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Eine lokale Programmzeitschrift kritisiert eine Premiere in einem Theater der Stadt. Der Autor nimmt kein Blatt vor den Mund: “Was das Theater da seinem Publikum zumutet, befindet sich in einem Maße im unterirdischen Bereich, dass selbst hartgesottene Kumpels solche Stollen meiden sollten.” Das Gefühl “Viel Lärm um Nichts” beschleiche den Besucher, wenn er auch noch in den zweifelhaften Genuss der Lektüre eines Flyers komme, der den Intendanten als zweiten Gründgens auslobe und dazu einlade, sich mit 120 Mark jährlich dem Freundeskreis des Theaters anzuschließen. Der Beitrag schließt mit der Feststellung, einzig hervorzuheben im Minusbereich der Besetzung wäre unangenehmerweise der Protagonist der Veranstaltung, der mit stetem Glupschen ins Auditorium auf einem Ton seine Texte blöke wie ein penetrierendes, steirisches Kalb mit Sehnenscheidenentzündung. Der Chefdramaturg des Theaters reicht die Veröffentlichung beim Deutschen Presserat ein. Bei dem Autor handele es sich um einen Kollegen, der an einem anderen Theater Regie führe und dessen Bewerbung um den Posten des Chefdramaturgen in dem von ihm jetzt kritisierten Haus abgelehnt worden sei. Nach Ansicht des Beschwerdeführers gibt die Zeitschrift dem Theatermann die Möglichkeit, seine Konkurrenz “wegzuschreiben”. Es gebe keine einzige Publikation seines Theaters, die den Intendanten als zweiten Gründgens auslobe. Die “Schlussmetapher” verletze die Ehre des betroffenen Ensemblemitglieds. Die Chefredaktion der Zeitschrift erklärt, Kritiken seien nun einmal nicht immer schmeichelhaft. Sie gäben die subjektive Meinung des Autors wieder. Dies sei auch in anderen Publikationen üblich. Der Hinweis auf angeblich persönliche Motive des Verfassers als ehemaligem Dramaturgen und jetzigem Theaterschaffenden sei irrelevant und pure Unterstellung. (1999)
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Unter der Überschrift “Für Frieden – in serbischer Uniform” berichtet eine Regionalzeitung über eine Demonstration für den Frieden im Kosovo. “Darunter muss man sich vorstellen”, so die Autorin, “dass dem Hirn durch das Brüllen polemischer Parolen wie ‚Die NATO geht über Leichen‘ solange Sauerstoff entzogen wird, bis die Teilnehmer glauben:
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Unter der Überschrift “40.000 Flüchtlinge von Serben eingekesselt” berichtet eine Boulevardzeitung über die Situation der Menschen im Kosovo. Im Text wird ein UN-Sprecher mit der Mitteilung zitiert, in der Region Vitina seien 40.000 Kosovaren von serbischen Truppen eingekesselt. Sie würden an der Flucht gehindert. Eine Leserin kritisiert in einer Beschwerde beim Deutschen Presserat, die Aussage des UN-Sprechers werde in der Überschrift des Artikels als nachrecherchierte und bewiesene Tatsache dargestellt. Die Chefredaktion der Zeitung erklärt dazu, in ihrem Artikel werde nicht im Konjunktiv berichtet, sondern es würden Zeugenaussagen in der indirekten Rede wiedergegeben. Es möge sein, dass die Überschrift eine Tatsachenaussage suggeriere, nur hätte man dann in der gesamten Kosovo-Berichterstattung praktisch über jeden Agenturbericht von Kriegsgräueln “Zeugen berichten von...” schreiben müssen. Die Zeitung habe in Kommentaren und Berichten die Leser immer wieder in Kenntnis darüber gesetzt, dass sie keine authentischen Informationen habe, sondern auf das angewiesen sei, was von den kriegführenden Seiten zur Verfügung gestellt wird. (1999)
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Eine Regionalzeitung veröffentlicht den Korrespondentenbericht einer Nachrichtenagentur über die Vorbereitungen der PDS auf die Wahlen zum Europaparlament. In dem Artikel der Agenturjournalistin findet sich folgende Passage: “Für die PDS ist allein die NATO der Aggressor, nicht der jugoslawische Präsident Slobodan Milosevic, und sie leugnet oder ignoriert die Vertreibung und Ermordung der Kosovaren.” Der heimische Kreisverband der PDS beschwert sich beim Deutschen Presserat. Die Aussage, dass die PDS Vertreibung und Ermordung der Kosovaren leugne, sei falsch. Dies gehe z.B. aus einem Brief von Gregor Gysi an Milosevic und aus einem Artikel in der “Anti-Kriegs-Zeitung” der PDS hervor. Die Chefredaktion der Zeitung verweist auf einen inzwischen veröffentlichten Leserbrief, in dem die Partei ihre Position darlegen konnte. Ferner habe man sich bei der PDS-Führung in Berlin für die Fehlleistung entschuldigt. Die Chefredaktion der Nachrichtenagentur teilt mit, dass die strittige Passage nicht von ihr stammt. Auch die Verfasserin selbst bekunde eindeutig, dass sie den beanstandeten Satz nicht geschrieben hat. (1999)
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Ein Journalist, Dozent von Kursen für angehende Fachjournalisten, legt dem Deutschen Presserat mehrere Ausgaben des Magazins und der Jugendbeilage einer Tageszeitung vor und kritisiert, dass in einer Vielzahl von Beiträgen auf Unternehmen und deren Produkte hingewiesen wird. So werde in einer Titelgeschichte unter der Überschrift “Ein Sommer im Paradies” unverblümte Werbung für diverse Bikinihersteller betrieben. Eine andere Titelgeschichte werbe mit vier ganzseitigen und zwölf viertelseitigen Farbfotos für Schlipse. Unter dem fadenscheinigen Vorwand, die Leser/innen bräuchten endlich dämmerungstaugliche Textilien, biete die Zeitschrift einer stattlichen Reihe von Firmen ohne jegliches journalistisches Alibi eine vierfarbige Werbestrecke. Der Beschwerdeführer wartet mit einer Vielzahl weiterer Beispiele auf, darunter Texte bzw. Fotos über Essstäbchen für Kinder, Mini-Badetücher, Kosmetika, Tiertransporte auf Urlaubsreisen u.a. Was das Magazin betreibe, erscheine vielen seiner Schüler bereits als völlig normal: “Bei einer Prüfungsfrage, die auf die Einmischung von Anzeigenleitern in Redaktionen abziele, schreiben erschreckend viele Probanden, sie würden sich im Endeffekt den Wünschen des Anzeigenleiters beugen.” Wenn diese Einstellung weiter um sich greife, brauchten wir bald keinen Presserat mehr. Die Chefredaktion des Magazins lässt den Presserat wissen, dass sie seit drei Jahren die Kompetenz des Magazins im Bereich Mode und Life-Style sukzessive ausbaue. Damit verbunden sei eine Zusammenarbeit mit den bedeutendsten Fotografen und Stylisten der Welt. Besonders die Specials zu den Themen Mode, Design etc. hätten nicht nur bei den Lesern, sondern auch bei den entsprechenden Anzeigenkunden deshalb so großen Anklang gefunden, weil man “unorthodox” mit Konsumgegenständen verfahre. Ein besonders gutes Beispiel dafür sei die Krawattengeschichte, die der Beschwerdeführer in seinem Schreiben anspreche. Die Geschichte sei aus einer kleinen Meldung, die im Wissenschaftsteil gedruckt wurde, entstanden. Dass man den Lesern dabei nicht verschweigen sollte, von welcher Firma die abgebildeten Krawatten seien, entspreche dem Verständnis von Service. Seit Anfang des Jahrhunderts würden die Trennungslinien zwischen Kultur- und Konsumgütern immer verschwommener. In den letzten zehn Jahren fänden immer häufiger Mode- und Modefotografieausstellungen in großen Museen statt. Diese Art von intellektueller Durchdringung kennzeichne auch die Auseinandersetzung des Magazins mit dem Thema und versuche damit grundsätzlich andere Wege zu gehen als Teile der Life-Style-Presse, die mitunter einfach sogenannte “Waschzettel” der PR-Abteilungen abzuschreiben pflege. Dass es dabei für Außenstehende zu Gratwanderungen kommen könne, sei nachzuvollziehen, doch das gesamte Streben richte sich danach, einen mündigen Konsumenten mit den Informationen zu erreichen, so wie man bei politischen Themen einen mündigen Bürger voraussetze. Die Chefredaktion der Tageszeitung ergänzt die Stellungnahme der Kollegen mit der Feststellung, die Jugendbeilage des Blattes wolle ihre Leser mit allen möglichen jugendrelevanten Themen überraschen. Man könne nicht erkennen, dass man in der Berichterstattung über solche Themen andere journalistische Kriterien anlegen würde, als bei den vermeintlich “ernsteren”. So würden bei Büchern, die in dem Magazin rezensiert würden, auch Autor, Verlag und Preis genannt, ebenso verhalte es sich in der Berichterstattung über Mode und Musik. Die Angabe von Preisen und Bezugsquellen der Kleidung, die in den Magazingeschichten vorgestellt würden, entsprächen nach Auffassung der Redaktion dem Informationsinteresse des Lesepublikums. Die kritisierten Titelgeschichten ließen sich nicht als Reklametexte lesen, sondern verfolgten stets eine journalistische Idee. So greife die Geschichte “Mode für den Sonnenaufgang” fotografisch und mit dem Text das Lebensgefühl auf, das Jugendliche nach einer langen Nacht am frühen Morgen hätten. Der Beitrag ergebe ein Bild, das nichts mit Werbung zu tun habe, sondern mit jugendlicher Stimmung. Noch deutlicher werde das in der Titelgeschichte “Frühlingsmode”, in der auf die Abbildung der Mode ganz verzichtet werde, da der Kontext, in dem Mode üblicherweise gezeigt werde, viel interessanter erscheine als die betreffenden Produkte selbst. (1999)
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