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Wie hat der Presserat entschieden?

Rüge, Missbilligung oder Hinweis, wie hat der Presserat entschieden? Hier können Sie online in der Spruchpraxis des Presserats eine Auswahl an Beschwerdefällen von 1985 bis heute recherchieren.

Bitte beachten: Im Volltext abrufbar sind nur Entscheidungen mit den Aktenzeichen ab 2024, z.B. 0123/24/3-BA!
Sie müssen dazu immer das volle Aktenzeichen eingeben, also 0123/24/3-BA.

Nach detaillierten Richtlinien (z.B. 8.1) können Sie erst ab den Fällen aus 2024 recherchieren. Ältere Fälle werden nur unter der entsprechenden Ziffer (z.B. 8) angezeigt.

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Entscheidungsjahr
7055 Entscheidungen

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Ahnenkult

Eine Zeitschrift berichtet, dass ein deutscher Bundesminister gerngesehener Grabredner auf einer Nazi-Kultstätte sei. Braune Umtriebe störten den Hobbyprediger nicht. Dabei sei die Ahnenstätte nach Erkenntnissen des Verfassungsschutzes seit Jahrzehnten ein Wallfahrtsziel für Altnazis. Schon die Nationalsozialisten hätten den idyllischen Waldfriedhof als germanische Kultstätte genutzt und ihre Sonnenwendfeiern dort begangen. Rechtsextreme Rassenfanatiker des Bundes für Gotterkenntnis Ludendorff hätten die braune Tradition fortgesetzt und 1958 die Ahnenstätte gegründet. Der Vorsitzende des Vereins, so die Zeitschrift, sei Mitbegründer der NPD. Dem Artikel beigestellt ist das Foto eines sogen. Ludendorff-Findlings, das mit einem Vereinsstempel des Ahnenvereins versehen ist. Dessen Vorsitzender beschwert sich beim Deutschen Presserat. Der Beitrag enthalte diverse falsche Tatsachenbehauptungen. So sei entgegen den Aussagen des Artikels die Ahnenstätte keineswegs nach Erkenntnissen des Verfassungsschutzes seit Jahrzehnten ein Wallfahrtsort für Altnazis. Zudem sei der Leiter der Ahnenstätte weder Gründungsmitglied noch einfaches Mitglied der NPD. Des weiteren sei die Ahnenstätte nicht vom Bund für Gotterkenntnis Ludendorff gegründet worden, sondern von Menschen unterschiedlichster Glaubensauffassungen, die keiner Organisation verpflichtet seien. Ferner werden der Begriff “Nazikultstätte” kritisiert sowie die Abbildung des Ludendorff-Gedenksteins, den es auf der Ahnenstätte gar nicht gebe und der in den Bericht hineingefälscht worden sei. Die Rechtsvertretung der Zeitschrift teilt mit, der Vorwurf der Bildfälschung sei unbegründet. Richtig sei allerdings, dass der Ludendorff-Findling nicht auf dem Gelände des Ahnenstättenvereins stehe. Dies habe die Redaktion allerdings auch nicht behauptet. Man räumt jedoch ein, dass aufgrund des Stempels, der auf den Verein Bezug nimmt, unter Umständen der Eindruck entstehen könnte, dass der Stein sich auf dem Gelände der Ahnenstätte befinde. Die Veröffentlichung von Foto und Stempel sei auf ein redaktionelles Versehen zurückzuführen. Es sei bis kurz vor Drucklegung nicht klar gewesen, ob auf der ersten Seite des Beitrags der Ludendorff-Findling oder der Grabstein der Ex-BDM-Führerin Gertrud Herr abgebildet werden sollte. Als die Entscheidung für den Findling fiel, sei versäumt worden, den Stempel, der mit dem Herr-Grabstein veröffentlicht werden sollte, zu entfernen. Die Aussage, dass die Ahnenstätte seit Jahrzehnten ein Wallfahrtsziel für Altnazis sei, habe der Sprecher des zuständigen Landesamtes für Verfassungsschutz in einem Telefonat ausdrücklich bestätigt. Die Rechtsabteilung des Verlages nennt zwei langjährige Mitglieder im Bund für Gotterkenntnis Ludendorff, die 1958 zu den Gründern der Ahnenstätte zählten. Die angegriffene Textpassage sei demnach zutreffend. Dass der Vorsitzende des Vereins 1964 zu den Mitbegründern der NPD zählte, ergebe sich aus dem Handbuch Deutscher Rechtsextremismus. Darin sei auch vermerkt, dass der Betroffene bei der Bundestagswahl 1972 als Parteiloser auf Platz 4 einer NPD-Landesliste kandidiert habe. (1999)

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Satire

Eine Tageszeitung berichtet, dass die Staatsanwaltschaft das Ansinnen des Staatsschutzes, gegen bestimmte Personen der linken Szene ein Ermittlungsverfahren einzuleiten, abgelehnt habe. Der Staatsschutz hatte vier Wohnungen durchsuchen lassen wollen, nachdem auf der Titelseite eines linken Szeneblattes das Plakat einer Spaßguerilla erschienen war, das den früheren Innensenator der Stadt beim Geschlechtsverkehr mit einem Schaf zeigt. Dem Artikel ist eine Reproduktion des Titelblattes mit der entsprechenden Fotomontage beigestellt. Der jetzige Innensenator sieht in der Veröffentlichung eine Beleidigung seines Amtsvorgängers und schaltet den Deutschen Presserat ein. Die Tageszeitung habe das Titelbild ohne Veränderung übernommen und sich nicht davon distanziert. Die Chefredaktion der Zeitung räumt ein, dass die Fotomontage dem Pressekodex zuwider läuft, und teilt mit, dass sie sich bei dem Betroffenen entschuldigt habe. (1999)

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Vorsatz zu früh veröffentlicht

Am 19. Januar berichtet eine Lokalzeitung über die Beratung des Nachtragshaushalts in der “gestrigen” Sitzung der Stadtverordneten. Die Sprecherin von Bündnis 90/Die Grünen am Ort nimmt Anstoß an der Veröffentlichung und ruft den Deutschen Presserat an. Die Sitzung der Stadtverordneten fand nämlich erst am 19. Januar statt, als der Bericht über die Sitzung bereits gedruckt war. Die Beschwerdeführerin kritisiert die Veröffentlichung als eine Irreführung der Leser und einen Verstoß gegen die wahrhaftige Unterrichtung der Öffentlichkeit. Die Chefredaktion des Blattes bedauert den Fehler. Eine Irreführung der Leser sei nicht beabsichtigt gewesen. Als amtliches Bekanntmachungsblatt habe man die Sitzung mit der gesamten Tagesordnung angekündigt, so dass jeder Leser über den Termin völlig im Bilde gewesen sei. Das Zahlenwerk zum Nachtragshaushalt und seine Bewertung durch den Stadtkämmerer sei der Presse bereits am Vortag bekannt gegeben worden. Da zu diesem Thema in der Stadtverordnetenversammlung nie Debatten stattfänden, und wenn, erst in der folgenden Sitzung, und weil die Haushaltszahlen fixe Größen seien, habe man den Artikel bedenkenlos als Vorsatz für die erste, der Sitzung folgende Zeitungsausgabe vorbereiten können. Dieser Artikel sei dann aus dem Vorsatz in die aktuelle Ausgabe geraten. Ein Missgeschick, über das man sich selbst sehr geärgert habe. (1999)

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Bauangelegenheiten

Gerichtsberichterstattung

Eine Lokalzeitung beschäftigt sich mit dem Vorleben eines Mannes, der 1970 in der ehemaligen DDR wegen zahlreicher Vergewaltigungen zu zehn Jahren Haft verurteilt worden ist, zuletzt 1985 wegen Vergewaltigung wiederum vor Gericht stand, schließlich ohne Prozess in die psychiatrische Abteilung eines Klinikums eingewiesen wurde und sich jetzt erneut wegen eines Sexualdelikts verantworten muss. Unter der Überschrift “Für die Justiz galt der Vergewaltiger als unbescholtener Bürger” berichtet das Blatt, dass der Mann offenbar 14 Jahre lang straffrei gelebt hat. Da die ihn betreffenden Eintragungen im DDR-Strafregister gelöscht worden sind, konnten die Ermittler nicht darauf kommen, den Betroffenen als vorbestraften Sexualtäter ins Visier zu nehmen, nachdem in der Nähe seiner früheren Tatorte erneut eine Frau verschwunden war. Im Vorspann seines Artikels spricht der Autor von einem vorbestraften Sexualmörder. Die Rechtsvertretung des Betroffenen weist in ihrer Beschwerde beim Deutschen Presserat darauf hin, dass diese Bezeichnung falsch sei. Ihr Mandant sei bislang nicht im Sinne des Strafgesetzbuches als Mörder verurteilt worden. Die Redaktionsdirektion der Zeitung räumt in ihrer Stellungnahme ein, dass ihre Behauptung, der Mann sei ein Sexualmörder, in der Tat falsch sei. Der Sachverhalt sei noch nicht korrigiert worden, da der Redaktion erst durch das Schreiben des Rechtsanwalts sechs Wochen nach der Veröffentlichung der Fehler aufgefallen sei. Man habe allerdings sofort eine entsprechende Unterlassungsverpflichtung unterzeichnet. Die Zeitung sei auch heute noch bereit, eine Richtigstellung vorzunehmen. Man bezweifele aber, dass dem Betroffenen – angesichts der Schwere der gegen ihn erhobenen Vorwürfe – daran gelegen sein könne. (1999)

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Satire

Eine Tageszeitung kritisiert die Art und Weise, wie eine Zeitschrift über den Tod zweier Mitarbeiter im Kosovo berichtet. Der Chefredakteur, heißt es, könne schlecht zugeben, dass die beiden Toten ihrem Blatt kaum besser hätten dienen können als mit ihrem Tod. Also lege der Chefredakteur Trauerflor an, schwärze sich die Zunge und schreibe auf Halbmast. “Wie hoch kann der Preis sein für einen Journalismus, der sich nicht mit der Ungerechtigkeit, mit dem Leid der Welt abfindet?”, frage er seine Leser, anstatt sich beim Anzeigenleiter zu erkundigen. Schließlich gesteht der Autor, dass man den toten Fotografen in Schutz nehmen möchte gegen den Kitsch, der ihm hinterhergeschrieben werde. Eine Kollegin der Zeitschriftenredaktion findet den Text widerlich und geschmacklos. Sie legt ihn dem Deutschen Presserat zur Prüfung vor. Die Chefredaktion der Zeitung erklärt in ihrer Stellungnahme, dass der Beitrag auf einer Satireseite erschienen sei, auf der das Alltagsgeschehen in Frage gestellt werde, in diesem Fall durch eine rigoros moralische Auseinandersetzung mit den Funktionsweisen der journalistischen Branche. Gleichzeitig verweist sie auf einen Kommentar unter der Überschrift “Geschmacklos”, der verdeutliche, wie die Zeitung über die Ermordung der Kollegen im Nachrichtenteil und auf ihrer Seite 1 berichtet habe, bevor die Titelgeschichte der Zeitschrift erschienen sei. Die Chefredaktion äußert schließlich die Befürchtung, dass in einer Zeit, in der alles verkauft werden müsse, auch der Tod von Journalisten zum Produkt werden könnte. In diesem Sinne habe der kritisierte Beitrag sogar Anteilnahme für und Respekt vor den toten Kollegen eingeklagt. (1999)

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Werbung für Herrenkleidung

Eine Regionalzeitung veröffentlicht am Fuß einer ihrer Lokalseiten die Anzeige eines Fachgeschäfts für Herrenkleidung. In der siebten Spalte darüber befindet sich ein einspaltiger – auf den ersten Blick – redaktioneller Beitrag über den Umbau des selben Unternehmens mit einem Hinweis auf die Hochwertigkeit des Angebots. Der Text schließt mit der Feststellung, dass sich ein Besuch jetzt ganz besonders lohne. Anzeige und Text sind durch einen Pfeil miteinander verbunden. Ein Leser des Blattes reicht beim Deutschen Presserat Beschwerde ein. Er sieht durch diese Werbeform den Trennungsgrundsatz verletzt. Auch die Chefredaktion der Zeitung ist der Ansicht, dass hier redaktioneller und werblicher Inhalt miteinander vermischt sind. Der Anzeigentext hätte mit dem Wort “Anzeige” gekennzeichnet werden müssen. Man werde sich deshalb mit dem Leser direkt in Verbindung setzen, um sich für diese Fehlleistung zu entschuldigen. (1999)

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Ethnische Gruppen

Eine Regionalzeitung berichtet, dass eine Taxifahrerin überfallen und vergewaltigt worden ist. Der Mann soll ca. 30 Jahre alt und 1,80 m groß sein. Es handele sich nach der Zeugenbeschreibung, so die Zeitungsmeldung, vermutlich um einen Perser mit einem sehr gepflegten Erscheinungsbild. Eine Woche später schreibt die Zeitung, dass die Polizei den Taxi-Täter ergriffen habe. Bei dem Tatverdächtigen handele es sich um einen 23jährigen Jurastudenten aramäischer Herkunft und mit deutscher Staatsangehörigkeit. Ein Leser sieht in dem Hinweis auf die aramäische Herkunft des Mannes eine Diskriminierung des Betroffenen und wendet sich an den Deutschen Presserat. Die Chefredaktion der Zeitung erklärt, man habe sich bei der Veröffentlichung auf die Angaben der Polizei verlassen, die offensichtlich aus guten Gründen die Herkunft des Tatverdächtigen gemeldet habe. In der ersten Information sei von einem Perser die Rede gewesen, in der zweiten von einem Deutschen aramäischer Herkunft. Damit habe die Polizei die ethnische Zuordnung in der ersten Suchaussage offenbar richtig stellen wollen. (1999)

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