Entscheidungen finden

Wie hat der Presserat entschieden?

Rüge, Missbilligung oder Hinweis, wie hat der Presserat entschieden? Hier können Sie online in der Spruchpraxis des Presserats eine Auswahl an Beschwerdefällen von 1985 bis heute recherchieren.

Bitte beachten: Im Volltext abrufbar sind nur Entscheidungen mit den Aktenzeichen ab 2024, z.B. 0123/24/3-BA!
Sie müssen dazu immer das volle Aktenzeichen eingeben, also 0123/24/3-BA.

Nach detaillierten Richtlinien (z.B. 8.1) können Sie erst ab den Fällen aus 2024 recherchieren. Ältere Fälle werden nur unter der entsprechenden Ziffer (z.B. 8) angezeigt.

Sie haben Fragen zu unseren Sanktionen? Hier finden Sie Erläuterungen.

 

Entscheidungsjahr
6869 Entscheidungen

Namensnennung

Unter der Überschrift “Streit um 20 Mark endete tödlich” berichtet die Stadtausgabe einer Regionalzeitung über das Ermittlungsverfahren gegen einen 15jährigen Jungen, der einen 18jährigen erstochen haben soll. Der Junge wird mit Vornamen und Anfangsbuchstaben des Nachnamens genannt. In dem Beitrag wird erwähnt, dass er bereits drei Monate zuvor vom Jugendgericht eine zweijährige Bewährungsstrafe erhalten hat. Die Mutter des Verdächtigten moniert in ihrer Beschwerde beim Deutschen Presserat die Namensnennung. Der Vorname ihres Jungen sei selten. Dadurch sei er leicht identifizierbar. In der Erwähnung der Vorstrafe sieht sie zudem eine Vorverurteilung. Die Zeitung gibt keine Stellungnahme ab. (1996)

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Selbsttötung

Ein 21 jähriger Mann erhängt sich. Ein Boulevardblatt berichtet anderntags darüber. Es verkündet in der Schlagzeile das “Ende einer unglücklichen Liebe” und zeigt in einem großflächigen Foto den Toten, an einem Strick hängend. In dem Text ist zu lesen, dass Anlass für die Selbsttötung ein Brief der Freundin war, der nur aus einem Wort bestand: “tschüs”. Der Vater des Mädchens schaltet den Deutschen Presserat ein. Das Foto sei eine unerhörte Geschmacklosigkeit und verletze das Persönlichkeitsrecht des Toten. Dessen Vater habe Mitarbeitern der Zeitung am Tatort die Veröffentlichung des Fotos verboten. Bis auf den 21. Geburtstag und den Ort der Tat seien alle in dem Artikel enthaltenen Aussagen frei erfunden. Als Beispiel führt er an, dass seine Tochter nie einen Abschiedsbrief mit “tschüs” geschrieben habe. Die Chefredaktion der Zeitung gesteht ein, dass das Foto auch aus ihrer Sicht nie hätte veröffentlicht werden dürfen. Sie bringt ausdrücklich ihr Bedauern über die Veröffentlichung zum Ausdruck. (1996)

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Wahlforum einer Zeitung

Eine Regionalzeitung richtet in ihrem Blatt ein Wahlforum ein, in dessen Rahmen sie – zur Vorbereitung auf die Kommunalwahl – Repräsentanten der Parteien GRÜNE, CDU, Freie Bürger, SPD und FDP zu Wort kommen lässt. Der Kreisverband der Republikaner und ein Leser beschweren sich daraufhin beim Deutschen Presserat. Sie beanstanden, dass willkürlich Politiker dieser fünf Parteien bzw. Wählergruppen gefragt werden, nicht aber Vertreter der ebenfalls zur Wahl des Kreistages kandidierenden Parteien Christliche Mitte, PDS und Republikaner. Eine faire und objektive Berichterstattung dürfe auch diese Gruppierungen nicht ausschließen. Eine ausgewogene Berichterstattung finde hier nicht statt. Die Zeitung nehme vielmehr durch ihre einseitige und parteiische Berichterstattung auf die Wahl des Kreistages unzulässig Einfluss. Die angegriffene Zeitung stellt richtig, dass sie ein Wahlforum zum Thema „Müllverbrennung“ nicht veranstaltet hat, äußert sich aber nicht zur Sache selbst. (1997)

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Gerichtsberichterstattung

Ein wegen Rauschgiftschmuggels in Haft befindlicher Mann soll versucht haben, einen Mithäftling zum Mord an einem angeblichen Komplizen anzustiften. So berichtet es ein Boulevardblatt. Die Zeitung erwähnt auch, dass der Mann dem Mithäftling gesagt habe, er wolle alles versuchen, den Richter zu eliminieren, der in seinem Prozess den Vorsitz gehabt habe. Zum Schluss wird mitgeteilt, dass die Polizei die Aussage des Zeugen für glaubhaft hält und Schutzmaßnahmen für den Richter getroffen hat. Der betroffene ehemalige Häftling beschwert sich beim Deutschen Presserat. Er sieht in den Behauptungen eine Ehrverletzung seiner Person. Alle Beschuldigungen seien erlogen. Ein Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft gegen ihn in dieser Angelegenheit sei bereits fünf Wochen vor Erscheinen des Artikels eingestellt worden. Die Redaktionsleitung der Zeitung hält die Bedrohung eines Richters im Zusammenhang mit einer Verurteilung zu einer erheblichen Freiheitsstrafe für ein so herausragendes Ereignis, dass darüber auch noch nachträglich, wenn die Angelegenheit bekannt werde, berichtet werden dürfe. Zudem sei das Verfahren nicht eingestellt worden, weil sich die Unschuld des Beschwerdeführers herausgestellt habe, sondern weil noch im Anfangsstadium die Bedrohung bekannt geworden sei und rechtzeitig entsprechende Gegenmaßnahmen getroffen werden konnten. In einer Mitteilung der zuständigen Staatsanwaltschaft an die Rechtsabteilung des Verlags heißt es, dass das Verfahren gegen den Beschwerdeführer eingestellt worden sei, weil dessen Verhalten noch keinen Straftatbestand erfüllt habe. (1996)

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Fahndungshilfe

In drei Artikeln berichtet eine Regionalzeitung über die Flucht eines mutmaßlichen Sexualstraftäters aus der psychiatrischen Abteilung des Bezirksklinikums. In allen drei Beiträgen wird der volle Name des Mannes genannt. Zwei der Veröffentlichungen enthalten sein Foto. Die Überschriften lauten “Polizei sucht .... Sextäter”, “Flucht aus Psychiatrie” und “´Brutaler Sextäter flieht aus Psychiatrie”. Der Anwalt des Betroffenen sieht in den Bezeichnungen “Sextäter” und “brutaler Sextäter” eine Vorverurteilung, da das Urteil noch nicht rechtskräftig ist. Namensnennung und die Veröffentlichung der Fotos seien Verstöße gegen das Persönlichkeitsrecht seines Mandanten. Insbesondere deshalb, weil der Betroffene möglicherweise schuldunfähig sei. Der Anwalt legt Beschwerde beim Deutschen Presserat ein. Grund für die Berichterstattung sei der Wunsch der Polizei um Mithilfe gewesen, betont die Chefredaktion des Blattes. Der Tatsache, dass zum Zeitpunkt der Veröffentlichung keine rechtskräftige Verurteilung vorlag, habe man durch den Hinweis im Text Rechnung getragen, dass es sich um einen “mutmaßlichen” Sextäter handele . Bei den Überschriften sei es aber hauptsächlich um die Warnung der Öffentlichkeit gegangen. Die Chefredaktion legt frühere Berichte über den Betroffenen bei, aus denen nach ihrer Ansicht hervorgeht, dass der Beschwerdeführer selbst zumindest in einem Fall den Tatbestand des sexuellen Missbrauchs gestanden habe. Insofern sei nach dem deutschen Strafrecht der objektive Tatbestand der Täterschaft erfüllt. Die Frage der subjektiven Schuldfähigkeit und der Rechtskraft des Urteils musste nach Auffassung der Chefredaktion im vorliegenden Fall eindeutig hinter den Schutz der Öffentlichkeit zurücktreten. Name und Foto des Betroffenen seien auf Bitten der Polizei veröffentlicht worden. Dabei habe nicht die Frage der Schuldfähigkeit, sondern die offensichtlich mögliche Gefährdung Unbeteiligter im Vordergrund gestanden. (1997)

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Abtreibung

Unter der Überschrift “Frau wegen geplanter Abtreibung umgebracht?” berichtet eine Tageszeitung über den Mord an einer 23jährigen Frau, die schwanger war und das Kind abtreiben lassen wollte. Nach Erkenntnissen der Polizei kommt als Täter der Freund der Toten in Betracht. In dem Beitrag wird zweimal darauf hingewiesen, dass der Verdächtigte türkischer Staatsbürger ist. Ein Leser sieht in der Erwähnung der Nationalität des Verdächtigten eine Diskriminierung ausländischer Mitbürger und trägt seine Bedenken dem Deutschen Presserat vor. Die Erwähnung der Nationalität des mutmaßlichen Täters sei sachbezogen, erklärt die Zeitung. Zwar sei in der Türkei eine Abtreibung unter gewissen Kriterien rechtlich zulässig, jedoch stoße ein Schwangerschaftsabbruch häufig auf Unverständnis, da er dem moralischen Empfinden der sehr traditionsbewussten Türken widerspreche. Dies gelte insbesondere für die Väter, die mit der Abtreibung ihres Kindes nicht einverstanden seien. Aus dem Polizeibericht ergebe sich, dass im vorliegenden Fall der werdende Vater mit der geplanten Abtreibung nicht einverstanden gewesen sein soll. Möglicherweise habe er seine Freundin aus diesem Grund getötet. Angesichts dieser möglichen Sachlage sei die Nennung der Staatsangehörigkeit des Betroffenen notwendig gewesen. Sie trage wesentlich zum Verständnis der ungewöhnlichen Reaktion bei. (1997)

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Anonymisierung

Beurteilung

Unter der Überschrift “Der Überflieger” veröffentlicht eine Wochenzeitung das Porträt eines bekannten Managers. Im Rahmen des Artikels werden in einem umrandeten Einschub auch Freunde und Gegner des Vorstandsvorsitzenden aufgelistet. Unter den Gegnern findet sich auch der Manager einer Konkurrenzfirma, dem der Porträtierte bescheinigt, inkompetent und jähzornig zu sein. Der so Charakterisierte beschwert sich beim Deutschen Presserat. Er hält die Berichterstattung nachweislich für unrichtig. Der zitierte Kollege habe ihm in einem Schreiben versichert, dass er “mit dem betreuenden Redakteur nicht über unsere Beziehungen gesprochen habe.” Es entspreche nicht seinem Stil, den Dialog mit Wettbewerbern unter einem vorgegebenen redaktionellen Schema “Freunde – Gegner” zu führen. Der Beschwerdeführer sieht durch die in der Berichterstattung dem Managerkollegen zugeschriebene Beurteilung sein Ansehen beeinträchtigt. So stelle die bislang unterbliebene Richtigstellung einen Verstoß nach Ziffer 3 des Pressekodex dar. Die Chefredaktion der Zeitung bestätigt, dass die Behauptung, der eine halte den anderen für inkompetent und jähzornig, nicht auf einem Zitat des Porträtierten beruht, sondern auf einer Einschätzung des Konkurrenz-Verhältnisses der beiden Manager, wie es sich auch während und nach einer Auseinandersetzung zwischen beiden in der Talkrunde eines privaten Fernsehsenders der Öffentlichkeit und Mitarbeiten dargeboten habe. Bei dieser Diskussionsrunde sei es zu einer für Führungskräfte der Wirtschaft ungewöhnlich heftigen Auseinandersetzung zwischen den beiden Managern gekommen. Da es sich aber nicht um ein wörtliches Zitat handele, sieht die Zeitung keine Veranlassung zu einer Richtigstellung. (1996)

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Religiöses Empfinden

Eine PR-Zeitschrift kündigt auf ihrer Titelseite einen Artikel zum Thema Bierwerbung an. Der Slogan “Ein Bier für alle Fälle” ist illustriert mit dem Foto eines Gemäldes, das Jesus und seine Jünger beim Abendmahl zeigt. Das Bild wurde dahingehend verändert, dass sowohl vor Jesus als auch vor seinen Jüngern jeweils ein Glas Bier auf dem Tisch steht. Ein Leser der Zeitschrift hält die Darstellung für blasphemisch und geschmacklos. Er legt sie dem Deutschen Presserat vor. Die Chefredaktion des Magazins erklärt, es sei ihr unmöglich, zu der Beschwerde Stellung zu nehmen oder gar den Sachverhalt zu kommentieren. Das würde die Angelegenheit ins Lächerliche ziehen und das läge ihr fern. (1997)

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Gerüchte

Eine Boulevardzeitung verkündet ein “Selbstmord-Drama in einem Kinderheim”. Danach soll ein 8jähriges Mädchen auf das Gerücht hin, die Mutter wolle es umbringen, ohne Zustimmung der Mutter in das Kinderheim eingewiesen worden sein. Dort, so die Zeitung, sei es wegen der Trennung von seiner Mutter aus dem ersten Stockwerk gesprungen und dabei lebensgefährlich verletzt worden. Die verzweifelte Mutter wird zitiert. Das Gerücht sei eine Lüge. Sie könne ihr Kind nicht besuchen, wisse noch nicht einmal, in welchem Krankenhaus es liege. Jetzt müsse sie ihr Recht einklagen. Der Autor des Beitrags erwähnt abschließend, dass Jugendamt, Heim und Vormundschaftsgericht zu dem Fall schweigen. Illustriert ist der Bericht mit einem Foto der Eltern, des Kinderheims und des angeblich eingesperrten Mädchens. Letzterem sind die Augen abgedeckt. Ein Verein als Träger des Kinderheims beschwert sich beim Deutschen Presserat. In dem Kinderheim habe kein Selbstmordversuch stattgefunden. Auch die Behauptung, die Mutter habe ihr Kind nicht besuchen dürfen, entspreche nicht den Tatsachen. Die Angaben beruhten auch nicht auf einer möglicherweise falschen Aussage der Mutter. Diese habe in einem Fernsehinterview ausgesagt, dass sie dem Autor des Artikels zu keinem Zeitpunkt ein Interview gegeben habe und dass alle Angaben in dem Zeitungsartikel jedenfalls nicht von ihr stammten. Die Bemühungen des Journalisten hätten sich auf einen einzigen Telefonanruf beim Kinderheim beschränkt. Das Foto vom angeblichen Kinderheim zeige vielmehr das in der Nachbarschaft gelegene Gebäude des Städtischen Gymnasiums. In einer Stellungnahme des zuständigen Jugendamtes zu der Veröffentlichung heißt es, die Mutter sei über den jeweiligen Aufenthaltsort ihrer Tochter informiert gewesen, habe aber zu keiner Zeit mit dem Kind Kontakt aufgenommen. Der Wahrheitsgehalt des Beitrags beschränke sich darauf, dass das Mädchen von einer Sozialarbeiterin des Jugendamtes wegen einer akuten Gefährdung seines Wohls in der Schule abgeholt und in dem Heim untergebracht worden sei, dass es jetzt stationär behandelt werden müsse. Der Verein hatte bislang ergebnislos versucht, einen Gegendarstellungsanspruch gerichtlich durchzusetzen. Die Rechtsabteilung der Zeitung erklärt, die Eltern des Mädchens hätten die Redaktion um Hilfe gebeten und darauf hingewiesen, dass sich das Mädchen umbringen wolle. Der Autor des Beitrags habe daraufhin das Jugendamt, das Vormundschaftsgericht, die Kinderklinik und das Kinderheim um Informationen gebeten, von keiner Stelle aber Auskünfte erhalten. Da der von der Zeitung vorgetragene Sachverhalt von den zuständigen Stellen nicht dementiert worden sei und die Zeitung keinen Grund gehabt habe, den Eltern zu misstrauen oder an ihren Behauptungen zu zweifeln, sei der Bericht veröffentlicht worden. Der Redaktion sei unerklärlich, warum die Eltern nunmehr behaupten, sie hätten nie mit einem Mitglied der Redaktion gesprochen. Die Veröffentlichung des angeblich falschen Fotos sei ein Irrtum. (1996)

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