Wie hat der Presserat entschieden?
Rüge, Missbilligung oder Hinweis, wie hat der Presserat entschieden? Hier können Sie online in der Spruchpraxis des Presserats eine Auswahl an Beschwerdefällen von 1985 bis heute recherchieren.
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Sie müssen dazu immer das volle Aktenzeichen eingeben, also 0123/24/3-BA.
Nach detaillierten Richtlinien (z.B. 8.1) können Sie erst ab den Fällen aus 2024 recherchieren. Ältere Fälle werden nur unter der entsprechenden Ziffer (z.B. 8) angezeigt.
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7055 Entscheidungen
In vier Artikeln berichtet eine Regionalzeitung über einen Immobilienhändler, der mehrere hundert Anleger um rund 4,5 Millionen Mark betrogen haben soll. Die Ermittlungen in diesem Fall laufen bereits seit drei Jahren. In drei der vier Artikel wird der volle Name des Mannes genannt. Die Ehefrau des Verdächtigten beschwert sich beim Deutschen Presserat. Sie ist der Ansicht, dass durch die Namensnennung ihre Intimsphäre sowie die ihrer Kinder verletzt wird. Die Chefredaktion der Zeitung weist darauf hin, dass der Fall mit voller Namensnennung erstmals von einem privaten Fernsehsender aufgegriffen worden sei. Die Zeitung habe sich verpflichtet gefühlt, ausnahmsweise gleichfalls mit Namensnennung zu berichten, weil es sich bei der Firma des Verdächtigten um ein in der Region bekanntes Unternehmen handele. Die Namensnennung habe dem vorsorglichen Schutz von Anlegern und Kommunen dienen sollen, die von den Ermittlungen bis dahin nichts gewusst haben. Nach der Veröffentlichung im Fernsehen seien bei der zuständigen Staatsanwaltschaft tatsächlich täglich neue Anzeigen eingegangen. Dies habe die Auffassung der Zeitung, dass im vorliegenden Fall eine Namensnennung gerechtfertigt sei, bestätigt. Abschließend teilt die Chefredaktion mit, dass der Betroffene mittlerweile wegen Anlagebetrugs verurteilt worden sei und daher vorerst kein Anlass bestehe, über den Fall erneut mit Namensnennung zu berichten. (1996/97)
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Eine Regionalzeitung veröffentlicht unter der Überschrift “Scientology: USA stärken Position Bonns” eine Agenturmeldung. Darin wird berichtet, der Sprecher des US-Außenministeriums, Nicholas Burns, habe Deutschland in der Diskussion um die Scientology-Organisation den Rücken gestärkt. Der Vergleich Deutschlands mit dem Nazi-Regime wegen der angeblichen Verfolgung von Scientology sei “völlig unangemessen” und “unangebracht”. Nach Ansicht eines Lesers wird die Presseerklärung von Burns verzerrt und einseitig wiedergegeben. Seine Beschwerde beim Deutschen Presserat richtet sich sowohl gegen die Agentur als auch die Zeitung. Als Beleg für seinen Vorwurf legt er ein Wortlautprotokoll aus dem US-Außenministerium vor, das er sich bei der US-Botschaft in Bonn besorgt hat. Die Chefredaktion der Zeitung trägt vor, aus diesem Protokoll gehe eindeutig hervor, dass die von ihr veröffentlichte Agenturmeldung den tatsächlichen Äußerungen des Pressesprechers entspreche. Der Beschwerdeführer “bombardiere” die Redaktion schon seit Jahren mit “Traktaten der Scientology-Bewegung”. Die Nachrichtenagentur äußert sich nicht zu dem Fall. (1997)
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Eine Mädchenzeitschrift berichtet unter der Überschrift “Die Qual der Kälber” über die Kälbermast. Der Text ist illustriert mit einer Vielzahl von Fotos, die das Leiden der Tiere dokumentieren sollen. Drei der Fotos sind offenbar auf dem Wege zum Schlachthof bzw. im Schlachthof aufgenommen worden. Die Mutter einer 12jährigen Tochter ist entsetzt. In ihrer Beschwerde beim Deutschen Presserat äußert sie die Befürchtung, dass solche Fotos die Verrohung und Abstumpfung von Kindern fördern. Die Chefredaktion der Zeitschrift erklärt, sie habe mit dieser Reportage ihre Leser aufrütteln und dazu animieren wollen, Missstände zu erkennen und aktiv dagegen vorzugehen. Der Beitrag solle daher nicht die Sensationslust der Leser befriedigen, sondern sie vielmehr zu einer Protestaktion gegen die brutalen Mastmethoden anregen. Mit dieser Intention seien in einer anderen Jugendzeitschrift des Verlags mehrere Reportagen veröffentlicht worden mit dem Ergebnis, dass eine Protestaktion zustande gekommen und eine Tierfabrik im ukrainischen Kiew geschlossen worden sei. Bei der Vorprüfung der Beschwerde stellt der Presserat fest, dass drei der Fotos sich nicht auf das Thema Kälbermast beziehen und damit der Zusammenhang mit dem Inhalt des Beitrags fehlt. (1996)
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Eine Boulevardzeitung berichtet in ihrem Sportteil in großer Aufmachung über ein Reitturnier, das von einer Bierbrauerei gesponsert wird. In dem Beitrag wird achtmal der Name der Brauerei genannt. Auf der selben Seite befindet sich unten links eine große Anzeige der Brauerei. Ein Zeitungsverlag legt Beschwerde beim Deutschen Presserat ein. Er sieht in der mehrmaligen Nennung des Firmennamens Schleichwerbung. Der Druck aus Inserentenkreisen werde nicht auszuhalten sein, wenn das, was hier praktiziert werde, weiter Schule mache. Die Chefredaktion der kritisierten Zeitung weist darauf hin, der in dem Hallenturnier ausgetragene Cup sei nach der Brauerei benannt. Insofern sei der Hinweis auf die Firma allein schon redaktionell bedingt gewesen. Von einer Schleichwerbung könne demzufolge nicht gesprochen werden. Würde man auf die Nennung des Sponsors verzichten, würde das dazu führen, dass über ein namenloses Turnier berichtet werden müsse. Dies wäre eine unvollständige und unzutreffende Berichterstattung. Der Cup sei immerhin mit 66.000 D-Mark dotiert und dies könne man nicht mitteilen, ohne den Sponsor zu nennen. Die Veröffentlichung der Anzeige der Brauerei auf derselben Seite stellt nach Ansicht der Chefredaktion keine Verquickung redaktionellen Textes mit einer Werbung dar. Schließlich werde über ein aktuelles Ereignis berichtet und dies könne wiederum nicht bedeuten, dass für den Zeitpunkt der Berichterstattung über das Turnier Anzeigen der Brauerei nicht veröffentlicht werden dürfen. Zudem werde in dem redaktionellen Beitrag das Bier der Brauerei nicht lobend hervorgehoben. (1997)
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Zwei Zeitungen berichten über ein Steuerermittlungsverfahren gegen den Berater eines Tennisstars, dessen Wohnung gleichfalls durchsucht worden sei. Dabei wird der Eindruck erweckt, dass das Verfahren gegen den Rechtsanwalt neu eingeleitet wurde und im Zusammenhang mit den Ermittlungen gegen den Tennisstar steht. Als der Betroffene bei der Zeitung am Ort seiner Tätigkeit interveniert, schwächt diese in ihrer nächsten Ausgabe diesen Eindruck ab. War in der ersten Schlagzeile noch davon die Rede, dass die Steuerfahnder jetzt auch bei dem Manager sind, kündigte die zweite nur noch Ermittlungen des Staatsanwalts an. Der Anwalt reicht Beschwerden beim Deutschen Presserat ein. Er sieht die Sachlage falsch dargestellt. In Wirklichkeit laufe bereits seit Ende 1995 ein Steuerermittlungsverfahren gegen ihn, über das die Zeitung zum damaligen Zeitpunkt schon berichtet habe. Es stehe in keinem Zusammenhang mit den Ermittlungen gegen den Tennissportler. Die zweite Zeitung erwecke den falschen Eindruck, er habe die Steuererklärung des Tennisstars erstellt und dessen Wohnung sei nur wegen der Ermittlungen gegen ihn durchsucht worden. Die Chefredaktion der ersten Zeitung räumt ein, dass sie schon einmal über diesen Steuerfall geschrieben habe. Zum damaligen Zeitpunkt habe es sich aber nur um ein Gerücht gehandelt. Jetzt habe man erneut darüber berichtet, da die Staatsanwaltschaft das Ermittlungsverfahren offiziell bestätigt habe. Nach der Beschwerde des Betroffenen habe man klargestellt, dass kein neues Verfahren vorliege, aber eine erstmalige Bestätigung der Ermittlungen. Die Chefredaktion der zweiten Zeitung teilt mit, dass der Beschwerdeführer einen Unterlassungstitel erwirkt habe, durch den der Zeitung untersagt wurde, den Eindruck zu erwecken, gegen den Anwalt werde im Zusammenhang mit einem Verfahren gegen den Tennisspieler ermittelt. Diese einstweilige Verfügung habe die Zeitung unmittelbar anerkannt und sich gegenüber dem Betroffenen bereit erklärt, eine klarstellende Mitteilung zu veröffentlichen. Die sei geschehen. In diesem Zusammenhang habe man dem Beschwerdeführer angeboten, im Rahmen eines Interviews seine Sicht der Dinge darzulegen. Daran habe er jedoch kein Interesse gehabt und sich mit der von der Redaktion entworfenen Darstellung zufrieden gegeben. (1997)
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Unter der Überschrift “Streit um 20 Mark endete tödlich” berichtet die Stadtausgabe einer Regionalzeitung über das Ermittlungsverfahren gegen einen 15jährigen Jungen, der einen 18jährigen erstochen haben soll. Der Junge wird mit Vornamen und Anfangsbuchstaben des Nachnamens genannt. In dem Beitrag wird erwähnt, dass er bereits drei Monate zuvor vom Jugendgericht eine zweijährige Bewährungsstrafe erhalten hat. Die Mutter des Verdächtigten moniert in ihrer Beschwerde beim Deutschen Presserat die Namensnennung. Der Vorname ihres Jungen sei selten. Dadurch sei er leicht identifizierbar. In der Erwähnung der Vorstrafe sieht sie zudem eine Vorverurteilung. Die Zeitung gibt keine Stellungnahme ab. (1996)
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Ein 21 jähriger Mann erhängt sich. Ein Boulevardblatt berichtet anderntags darüber. Es verkündet in der Schlagzeile das “Ende einer unglücklichen Liebe” und zeigt in einem großflächigen Foto den Toten, an einem Strick hängend. In dem Text ist zu lesen, dass Anlass für die Selbsttötung ein Brief der Freundin war, der nur aus einem Wort bestand: “tschüs”. Der Vater des Mädchens schaltet den Deutschen Presserat ein. Das Foto sei eine unerhörte Geschmacklosigkeit und verletze das Persönlichkeitsrecht des Toten. Dessen Vater habe Mitarbeitern der Zeitung am Tatort die Veröffentlichung des Fotos verboten. Bis auf den 21. Geburtstag und den Ort der Tat seien alle in dem Artikel enthaltenen Aussagen frei erfunden. Als Beispiel führt er an, dass seine Tochter nie einen Abschiedsbrief mit “tschüs” geschrieben habe. Die Chefredaktion der Zeitung gesteht ein, dass das Foto auch aus ihrer Sicht nie hätte veröffentlicht werden dürfen. Sie bringt ausdrücklich ihr Bedauern über die Veröffentlichung zum Ausdruck. (1996)
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Eine Regionalzeitung richtet in ihrem Blatt ein Wahlforum ein, in dessen Rahmen sie – zur Vorbereitung auf die Kommunalwahl – Repräsentanten der Parteien GRÜNE, CDU, Freie Bürger, SPD und FDP zu Wort kommen lässt. Der Kreisverband der Republikaner und ein Leser beschweren sich daraufhin beim Deutschen Presserat. Sie beanstanden, dass willkürlich Politiker dieser fünf Parteien bzw. Wählergruppen gefragt werden, nicht aber Vertreter der ebenfalls zur Wahl des Kreistages kandidierenden Parteien Christliche Mitte, PDS und Republikaner. Eine faire und objektive Berichterstattung dürfe auch diese Gruppierungen nicht ausschließen. Eine ausgewogene Berichterstattung finde hier nicht statt. Die Zeitung nehme vielmehr durch ihre einseitige und parteiische Berichterstattung auf die Wahl des Kreistages unzulässig Einfluss. Die angegriffene Zeitung stellt richtig, dass sie ein Wahlforum zum Thema „Müllverbrennung“ nicht veranstaltet hat, äußert sich aber nicht zur Sache selbst. (1997)
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Ein wegen Rauschgiftschmuggels in Haft befindlicher Mann soll versucht haben, einen Mithäftling zum Mord an einem angeblichen Komplizen anzustiften. So berichtet es ein Boulevardblatt. Die Zeitung erwähnt auch, dass der Mann dem Mithäftling gesagt habe, er wolle alles versuchen, den Richter zu eliminieren, der in seinem Prozess den Vorsitz gehabt habe. Zum Schluss wird mitgeteilt, dass die Polizei die Aussage des Zeugen für glaubhaft hält und Schutzmaßnahmen für den Richter getroffen hat. Der betroffene ehemalige Häftling beschwert sich beim Deutschen Presserat. Er sieht in den Behauptungen eine Ehrverletzung seiner Person. Alle Beschuldigungen seien erlogen. Ein Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft gegen ihn in dieser Angelegenheit sei bereits fünf Wochen vor Erscheinen des Artikels eingestellt worden. Die Redaktionsleitung der Zeitung hält die Bedrohung eines Richters im Zusammenhang mit einer Verurteilung zu einer erheblichen Freiheitsstrafe für ein so herausragendes Ereignis, dass darüber auch noch nachträglich, wenn die Angelegenheit bekannt werde, berichtet werden dürfe. Zudem sei das Verfahren nicht eingestellt worden, weil sich die Unschuld des Beschwerdeführers herausgestellt habe, sondern weil noch im Anfangsstadium die Bedrohung bekannt geworden sei und rechtzeitig entsprechende Gegenmaßnahmen getroffen werden konnten. In einer Mitteilung der zuständigen Staatsanwaltschaft an die Rechtsabteilung des Verlags heißt es, dass das Verfahren gegen den Beschwerdeführer eingestellt worden sei, weil dessen Verhalten noch keinen Straftatbestand erfüllt habe. (1996)
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