Wie hat der Presserat entschieden?
Rüge, Missbilligung oder Hinweis, wie hat der Presserat entschieden? Hier können Sie online in der Spruchpraxis des Presserats eine Auswahl an Beschwerdefällen von 1985 bis heute recherchieren.
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7055 Entscheidungen
ine Lokalzeitung berichtet in fünf Beiträgen über Auseinandersetzungen zwischen dem Stadtkämmerer der Gemeinde und deren Bürgermeister. Im Verlauf dieses “Rathausstreits” war der Kämmerer umgesetzt und später vom Dienst suspendiert worden. Er ist freier Mitarbeiter der Zeitung. Zwei der fünf Artikel über die Kontroverse sind mit wörtlichen Zitaten des Kämmerers überschrieben. Diese lauten “Umsetzung ist Willkür” und “Es geht grad’ weiter wie vorher”. Über einen Anwalt legt die Gemeinde Beschwerde beim Deutschen Presserat ein. Die Berichterstattung der Zeitung über die Kontroverse im Rathaus sei einseitig und von privaten Interessen beeinflusst. Die Gemeinde führt das darauf zurück, dass der Kämmerer seit etwa zwei Jahrzehnten als freier Mitarbeiter für die Zeitung tätig sei. Die der Redaktion vorliegenden Informationen stammten fast ausschließlich von dem Kämmerer. Es handele sich hier offensichtlich um eine Berichterstattung aus Gefälligkeit. Die Vorwürfe des Betroffenen, der Bürgermeister übe Schikane und Willkür aus, seien ehrverletzende Behauptungen ohne Substanz. Die Leitung des Verlags bestätigt, dass der Kämmerer regelmäßiger Mitarbeiter der Redaktion sei. Er habe schon “unter der Regie” des vorherigen Bürgermeisters “und in dessen Auftrag” über viele Jahre hinweg die lokale Berichterstattung in der Gemeinde übernommen, auch über die Sitzungen des Gemeinderats. Der Verlag steht auf dem Standpunkt, dass dies nichts ungewöhnliches in deutschen Landen, zumal der Kämmerer auch für zwei andere in der Gemeinde operierende auflagenstärkere Tageszeitungen gearbeitet habe. Dem Mann sei es wegen seiner engen Kontakte zu den Redaktionen wohl auch gelungen, seine Situation “etwas deutlicher rüberzubringen” als der neue Bürgermeister. Es sei aber mit der gebotenen Sorgfalt und Ausgewogenheit über den Streit im Rathaus berichtet worden. Es sei niemals berichtet worden, ohne dass man auch den Kommentar des Bürgermeisters eingeholt habe. (1997)
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Unter der Überschrift “Einem Serienkiller geht es immer um zweierlei: Sex und Macht” veröffentlicht das Magazin einer Tageszeitung ein Interview mit dem renommierten US-amerikanischen Kriminalisten Robert K. Ressler. Der Beitrag enthält Fotos von Serienkillern und deren Opfern. Eines der Fotos zeigt eine nackte Leiche, die an den Füßen aufgehängt ist. Ein Leser des Magazins legt die Seite dem Deutschen Presserat vor. Die Darstellung schade dem Ansehen des Journalismus. Sie sei unangemessen und jugendgefährdend. Mit dem Interview habe man eine rationale Erklärung der Taten und Motive versuchen wollen, die für so viele Menschen einfach nur unbegreiflich seien, so die Chefredaktion. Gleichzeitig sollten die vorangestellten, bis an die Schmerzgrenze authentischen Aufnahmen von Opfern und Tätern einen Blick auf die Ungeheuerlichkeiten dieser Taten in einer Art und Weise ermöglichen, die so noch nicht zu sehen war: So auch das entsetzliche Ausgeliefertsein eines Opfers, das wie Schlachtvieh aufgehängt wurde. Nach einer langen und sehr leidenschaftlichen Diskussion innerhalb der Redaktion habe man sich entschlossen, diese Fotos zu zeigen, weil sie die Abstraktion ( und damit die Mystifikation) der Vorgänge und Taten, wie sie in den Nachrichten zu sehen waren, ebenso unterliefen wie die Darstellung von Gewalt und Mord in Filmen und Romanen, die den Serienmörder (wie in “Das Schweigen der Lämmer”) heroisieren. (1997)
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Eine Lokalzeitung veröffentlicht eine Anzeige einer Schülerhilfe, die in der Aufmachung stark einem redaktionellen Beitrag ähnelt. Zwei Tage später erscheint im Blatt unter der Überschrift „Information aus dem Geschäftsleben“ ein mit einem Kürzel gekennzeichneter redaktioneller Beitrag, der sich mit der Arbeit der Schülerhilfe und mit dem neuen Leiter der örtlichen Niederlassung beschäftigt. Ein Leser der Zeitung vermisst in der ersten Veröffentlichung den Hinweis „Anzeige“ und sieht in dem zweiten Beitrag eine unerlaubte Schleichwerbung. Die Redaktion habe eine Pressemitteilung unredigiert übernommen, vermutet er in einer Beschwerde beim Deutschen Presserat. Die Anzeigenleitung der Zeitung gesteht ein, dass im ersten Falle der Hinweis „Anzeige“ angebracht gewesen wäre. In Zukunft werde sie ihre Anzeigen in diesem Punkt unmissverständlicher gestalten. Zum zweiten Teil der Beschwerde teilt die Geschäftsleitung des Blattes mit, in einer Redaktionskonferenz sei die Veröffentlichung ausführlich diskutiert worden. Dabei seien die Mitarbeiter der Redaktion ausdrücklich auf die allgemeingültigen Regeln der redaktionellen Arbeit hingewiesen worden, so dass man hoffe, der Wechsel eines Leiters der Schülerhilfe werde künftig nicht mehr Anlass für ein Foto mit Bildunterschrift sein. (1997)
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Der Verleger und Chefredakteur einer Regionalzeitung kommentiert den Widerstand von Stadtrat und Elterninitiativen gegen den beabsichtigten Neubau eines Ablegers einer psychiatrischen Klinik in einer Stadt seines Verbreitungsgebiets. Unter der Überschrift „Nicht härtere Strafen – bessere Gesetze!“ befasst er sich u.a. mit dem Strafmaß für Sexualstraftaten und schreibt dazu: „Messerstecher, Vergewaltiger, Kinderschänder und Mörder gab es damals noch nicht im Umfang wie heute, diese Delikte werden also der Höhe nach an andere Strafen herangeführt. Hier tritt eine Folge der Überschwemmung unseres Landes mit Ausländern zutage.“ Ein Journalist in der Region sieht in dem Beitrag eine offene Hetze gegen Ausländer und wendet sich mit einem Beschwerde darüber an den Deutschen Presserat. Der Autor des Kommentars nimmt zu der Beschwerde nicht Stellung. (1997)
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Eine Boulevardzeitung veröffentlicht eine Fotosequenz, die einem Videoband entnommen ist und angeblich Lady Diana, die Prinzessin von Wales, mit ihrem Geliebten beim Liebesspiel zeigt. Die Schlagzeile lautet: „Di – Bei Sex-Spiel gefilmt!“. Und in der Dachzeile dazu heißt es: „England fragt: Machte der Geheimdienst dieses Video?“. Ein Leser sieht in dieser Titelstory eine bewusste Irreführung und schaltet den Deutschen Presserat ein. Andere seriösere Blätter hätten den Vorgang von Anfang an, also auch schon vor dem Andruck, als Ente erkannt und entsprechend eingestuft. Obwohl also längst bekannt gewesen sei, dass das Videoband gefälscht war, habe die Zeitung die Fotos dennoch veröffentlicht. Die Chefredaktion der Zeitung erklärt, sie sei beim Andruck davon ausgegangen, es handele sich bei der gefilmten Person tatsächlich um Lady Di. Kurz nach Beginn des Andrucks hätte sich jedoch herausgestellt, dass die Fotos von einem gefälschten Videoband stammen. Daraufhin sei sofort ein Blitzschub gemacht und über die Fälschung berichtet worden. Die Schlagzeile auf Seite 1 lautete fortan: „Di – Schwindel um Sex-Fotos“. Und die Dachzeile sei wie folgt geändert worden: „Aufregung in England um ein gefälschtes Video“. (1997)
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Unter der Überschrift „Ralf D. (18), keine Zähne mehr, weil der Not-Zahnarzt pfuschte“ berichtet eine Zeitschrift über einen „unglaublichen Ärzte-Skandal“: den Pfusch von Zahnärzten. Der Beitrag enthält Beispiele für Kunstfehler und ist mit entsprechenden Fotos ausgestattet. In dem Artikel wird behauptet, dass am Wochenende zumeist „Stümper“ den zusätzlichen Notdienst machen, die sonst immer leere Wartezimmer hätten. Die Informationsstelle der Deutschen Zahnärzte schaltet den Deutschen Presserat ein, nachdem der Verlag des Blattes eine Stellungnahme zu dem Beitrag verweigert hat. Kassenzahnärztliche Bundesvereinigung und Bundeszahnärztekammer sind der Meinung, dass nahezu der komplette Artikel frei erfunden ist. Er sei ehrverletzend, diskriminierend und wecke bei den Lesern unbegründete Befürchtungen. Eine Stellungnahme der Zeitschrift zu der Beschwerde geht nicht ein.
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„Darf’s ein bisschen mehr sein? Vom Metzger ist man die direkte Frage gewohnt. Versicherungsvertreter haben subtilere Methoden, um Knete zu machen und uns Unterschriften für Policen aus dem Kreuz zu leihern, die wir gar nicht brauchen.“ So lautet der Einstieg in den Beitrag einer Boulevardzeitung über „Die fiesen Tricks der Versicherungs-Heinis“. Die Zeitung listet neun „Maschen“ auf, die es im Umgang mit den „Versicherungs-Heinis“ zu beachten gelte. Masche 4 z.B. behandelt das „Schleimen“. Der Bundesverband Deutscher Versicherungskaufleute sieht den gesamten Berufsstand diffamiert und beschwert sich darüber beim Deutschen Presserat. Die Rechtsabteilung des Verlags ist der Ansicht, es müsse der Presse möglich sein, die Verbraucher auf verkaufspsychologische Strategien von Versicherungsvertretern hinzuweisen. Es stehe ihr frei, die Vorgehensweisen von Vertretern auch kritisch zu bewerten. Der Begriff „Versicherungs-Heini“ habe zweifellos leicht abwertenden Charakter, der aber die Grenze der zulässigen Kritik bzw. der Beleidigung bei weitem nicht überschreite. Schließlich erklärt der Verlag, dass die Berichterstattung keinesfalls suggeriere, dass schlechterdings jeder Versicherungsvermittler sich psychologischer Tricks bediene. Dementsprechend schreibe die Zeitung auch: „Drückerkolonnen m a n c h e r Konzerne werben Personen an ....“. (1997)
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Unter der Überschrift „Der schreckliche Krebs-Arzt – Selbstmord im Feuer“ berichtet eine Boulevardzeitung über einen Arzt, der Selbstmord verübt hat. Dem Artikel beigestellt sind ein Porträt des Mannes sowie ein Foto der verbrannten Leiche. Ein Leser des Blattes sieht die Menschenwürde des Betroffenen durch die Veröffentlichung des Leichenfotos verletzt und wertet die Überschrift als eine Vorverurteilung. Im Text selbst sei nur von einem Verdacht die Rede, dass der Arzt Diagnosen verfälscht habe. Das Foto sei von einer Nachrichtenagentur verbreitet worden, entschuldigt sich die Chefredaktion der Zeitung. Es sei ein bislang anerkannter Grundsatz, dass Redaktionen das von Nachrichtenagenturen verbreitete Material nicht mehr prüfen müssten. Dennoch habe man das Foto „entschärft“. (1997)
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Ein Mann fährt mit dem Rad durch die Stadt, schreibt Falschparker auf und meldet diese der Polizei. Eine Autozeitschrift berichtet über sein Tun, nennt ihn „Petzer“, „Wichtigtuer“, „Schrat“, „Loser“ und „Deutschlands Ober-Autohasser“, der 2.400 Mitbürgern zu Tickets verholfen habe. Der Autor des Artikels äußert schließlich sein „Fast-Verständnis“ für eine Erschießung des Mannes. Ein Leser der Zeitschrift legt die Veröffentlichung dem Deutschen Presserat vor. Nach seiner Ansicht wird der Betroffene herabgewürdigt und es wird gegen ihn gehetzt. Das „Fast-Verständnis“ für seine Erschießung geht ihm entschieden zu weit. Die Chefredaktion der Zeitschrift gesteht ein, dass der Beitrag deftig, angesichts des außergewöhnlichen Verhaltens des Betroffenen jedoch gerechtfertigt sei. Über den Mann sei schon in anderen Blättern berichtet worden und er sei auch schon in einer Fernsehsendung aufgetreten. Er finde sich in seiner Rolle so gut, dass er jede öffentliche Beschreibung und jeden öffentlichen Auftritt suche. Es müsse die Meinung gestattet sein, ihn auf Grund seines Verhaltens Mitmenschen gegenüber auch negativ zu sehen. Insofern beschreibe der Beitrag eine, gelinde gesagt, außergewöhnliche Person, die selbst die Akzente für eine kritische Betrachtung gesetzt habe. (1997)
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