Wie hat der Presserat entschieden?
Rüge, Missbilligung oder Hinweis, wie hat der Presserat entschieden? Hier können Sie online in der Spruchpraxis des Presserats eine Auswahl an Beschwerdefällen von 1985 bis heute recherchieren.
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7055 Entscheidungen
Ein Rollstuhlfahrer beschwert sich beim Deutschen Presserat. Eine Lokalzeitung hat ihn namentlich genannt und erwähnt, dass er durch Vermittlung eines Geistlichen beim Besuch Michael Gorbatschows in der Stadt dessen Autogramm erhalten hat: Der Betroffene wehrt sich gegen die Nennung seines Namens. Er fühlt sich durch den Artikel gedemütigt. Ein entsprechender Leserbrief sei nicht abgedruckt worden. Die Zeitung vertritt die Auffassung, der Behinderte sei im Zusammenhang mit Gorbatschow eine Person der Zeitgeschichte gewesen. Die Veröffentlichung der Leserzuschrift habe man abgelehnt, da diese noch einmal ins Licht der Öffentlichkeit rücke, was der Beschwerdeführer nicht veröffentlicht haben wollte. (1994)
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Zwei Leser stören sich an einer Werbeanzeige der Republikaner in einer Lokalzeitung. Darin ist von Asylantenkriminalität die Rede und es wird die Frage gestellt, wer die Bürger davor schützt. Die Kritiker monieren in ihrer Beschwerde' beim Deutschen Presserat, dass die Veröffentlichung weder als Leserbrief noch als Anzeige gekennzeichnet. ist. Es mache sie betroffen, dass ein Verleger sein unabhängiges Medium für die unverhohlene Propaganda der Republikaner hergebe. Die Zeitung verweist darauf, dass sie in einer folgenden Ausgabe richtiggestellt habe, es handele sich um eine Anzeige. (1994)
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Eine Boulevardzeitung berichtet über ein während der Tat mit den Geiselnehmern von Fulda/Driedorf geführtes Telefoninterview. Der Mitarbeiter der Zeitung befragt die Täter nach ihren Forderungen, wohin sie nach ihrer Flucht wollen, erkundigt sich nach dem Befinden der Geiseln und, in Anspielung auf das Geiseldrama von Gladbeck, ob ein ähnliches Ende wie dort zu erwarten sei. Ein Konkurrenzblatt veröffentlicht Passagen eines Interviews, das ein privater Fernsehsender über Autotelefon mit den flüchtigen Gangstern geführt hatte. Auch in diesem Gespräch werden die Gangster nach ihren Plänen und die Geiseln nach ihrem Befinden gefragt. Außerdem geht es um die im Autobefindliche Handgranate. Konkret heißt es in dem veröffentlichten Interview: »Haben Sie an der Handgranate den Stift schon gezogen?«. Eine Journalistin sieht in beiden Veröffentlichungen Verstöße gegen Ziffer 11 des Pressekodex und Richtlinie 11.5. Danach darf es Interviews mit Tätern während des Tatgeschehens nicht geben: Die Chefredaktion des ersten Boulevardblattes erläutert, dass der Mitarbeiter, der das Telefoninterview geführt hat, nicht gewusst habe, dass die Geisel-Gangster zwischenzeitlich das Fahrzeug eines Kameramannes des TV-Privatsenders gekapert hatten. Es sei nachvollziehbar, dass der Redakteur den Hörer nicht aufgelegt, sondern die in der Zeitung veröffentlichten vier Fragen gestellt habe. Es sei also ein zufälliges Gespräch gewesen, auf das allerdings in dem Moment des Geschehens kein Journalist verzichtet hätte. Die zweite Boulevardzeitung verweist darauf, dass dieser spektakuläre Fall in sämtlichen Medien ausführlich besprochen worden sei. Über eine Nachrichtenagentur sei die Redaktion davon unterrichtet worden, dass der private Fernsehsender einen der Verbrecher über Autotelefon im Fluchtwageninterviewte. Das Interview sei in der Agenturmeldung in Auszügen wiedergegeben worden. Auch die Pressestelle des Senders habe sämtliche Redaktionen unter gleichem Datum über das Interview unterrichtet. Der Sender selbst habe das Interview erstmals in die Öffentlichkeit gebracht. Die Zeitung reklamiert das Recht zum Abdruck dieses Interviews unter Verweis auf die Chronistenpflicht der Presse. Denn nach der öffentlichen Bekanntmachung habe keine Veranlassung mehr bestanden, nicht darüber zu berichten, dass ein solches Gespräch zwischen dem TV-Sender und den Verbrechern stattgefunden habe. Die Zeitung erwähnt schließlich, dass sie das Interview an einigen Stellen bewusst gekürzt habe. Die Kürzung sei erfolgt, um eine Heroisierung der Verbrecher zu vermeiden. (1994)
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»Heute würde Stauffenberg als extremer Nazi gelten. Stauffenberg war nicht nur ein Rechtsradikaler, sondern auch feige«, lautet eine Passage in einem Leserbrief in einer Tageszeitung. Der Autor äußert seine Überraschung darüber, dass Claus Schenk Graf von Stauffenberg als Held dargestellt wird. Er sei nicht Manns genug gewesen, den Führer mit seiner Dienstpistole zu erschießen. Stattdessen habe er eine Bombe unter den Tisch gelegt, an der vier Unschuldige gestorben seien. Stauffenberg habe das Deutsche Reich in den Grenzen von 1937 und Österreich weiter bestehen lassen wollen. Ein Leser des Blattes hält die zitierte Passage für ehrkränkend. In einer Beschwerde beim Deutschen Presserat schreibt er, ihm erscheine unschlüssig, dass jemand als Nazi gekennzeichnet werden dürfe, der erkennbar in konspirativer Weise dieselben bekämpfte. Die Chefredaktion verweist auf ihre außerordentlich umfangreiche Berichterstattung anlässlich des 50. Jahrestages des Attentats auf Adolf Hitler. Diese sei insgesamt nicht als Heldenverehrung gedacht oder als solche miss zu verstehen gewesen, sondern habe sich um eine umfassende sachliche historische Darstellung bemüht. In diesem Kontext sei der Leserbrief zu sehen. Die Redaktion sei sich durchaus im klaren gewesen, dass dieser Leserbrief eine nicht alltägliche und stark vom Allgemeinempfinden abweichende Meinung artikuliere. Insgesamt sei der Brief als ein Beitrag zur Ausgewogenheit zu betrachten, der nach Ansicht der Redaktion nicht die Absicht verfolge, einen Dritten herabzusetzen. Die Chance, in einem Leserbrief eine Gegenposition zu artikulieren, habe der Beschwerdeführer nicht genutzt. (1994)
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Eine Bürgerinitiative beschwert sich beim Deutschen Presserat über drei Beiträge in einer Sonntagszeitung, die darin gezielt Falschmeldungen verbreite. Der erste Artikel berichtet über einen prominenten Kritiker des geplanten Endlagers für Atommüll in Gorleben. Wenige Monate zuvor habe der Grundstückseigentümer dem Bauherrn des Endlagers das Recht auf Nutzung seines Landes gestattet. Nach Unterzeichnung des entsprechenden Vertrages habe er jedoch seine Taktik geändert, indem er Rechtsmittel gegen die Bauerlaubnis einlegte: Die Beschwerdeführer kritisieren an dieser Darstellung, dass sie faktisch falsche Behauptungen erhebe, um den Atomkraftgegner als einen abgefeimten Spekulanten erscheinen zu lassen. Ein zweiter Bericht schildert Demonstrationen aus Anlass des geplanten Transports abgebrannter Brennstäbe nach Gorleben. Auf den Zufahrtswegen zum Zwischenlager hätten Demonstranten schwere Straftaten begangen. Sie seien teilweise vermummt und mit Eisenstangen bewaffnet gewesen. Einige von ihnen hätten Schwellen eines' Bahngleises, von dem aus der Castor-Behälter auf einen Lastwagen umgeladen werden sollte, zersägt. Die Bürgerinitiative bestreitet den Wahrheitsgehalt dieser Darstellung. Weder das zuständige Innenministerium noch die Polizeieinsatzleitung bei der zuständigen Bezirksregierung habe entsprechende Erkenntnisse. In einem dritten Beitrag behauptet die Zeitung, der ehemalige hessische Umweltminister habe gegen die Einlagerung von Atommüll aus dem Kernkraftwerk Biblis in das Zwischenlager Gorleben nichts einzuwenden. Die Zeitung beruft sich auf vertrauliche Briefwechsel zwischen ihm und seiner Kollegin in Niedersachsen. Die Beschwerdeführer reichen dazu einen Bericht in einer anderen Tageszeitung ein, demzufolge das hessische Umweltministerium die Behauptungen als »frei erfunden« bezeichnet hat. Zum Vorwurf, einen Atomkraftgegner als Spekulanten dargestellt zu haben, erklärt die Zeitung, das Verschweigen des Vertrages und das gleichzeitige widersprüchliche Verhalten im Hinblick auf den Vertrag seien zu Recht Grund genug für eine Berichterstattung gewesen. Die Mitteilung von »vermummten und bewaffneten Demonstranten« beruhe auf vertraulichen Informationen aus dem Innenministerium: Die Redaktion habe in ihrem Bericht auf den Widerspruch zwischen der offiziellen Aussage und den tatsächlich bekannten Fakten hingewiesen. Der Briefwechsel zwischen den beiden Umweltministern sei durch einen Leserbrief der Pressesprecherin eines der beiden Ministerien im Kern bestätigt worden. (1994/95)
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Der Vertreter eines Unternehmerverbandes schreibt an die Mitgliederzeitung einer Gewerkschaft einen Leserbrief, in dem er sich ironisch mit einem Kommentar auseinandersetzt. Dessen Autor hatte dem Bundeskanzler vorgeworfen, er werde weiteren Sozialabbau betreiben, was den Leserbriefschreiben zu der Feststellung veranlasst, dass der Kommentator von einer Wiederwahl des Kanzlers ausgeht, da er sonst den vom Verfassen beklagten Sozialabbau ja nicht betreiben könne. Im letzten Absatz seines Briefes fragt der Unternehmensvertreter den Autoren der Gewerkschaftszeitung, wie er sich erkläre, dass die Mehrheit der Arbeitnehmer den Kanzler trotz jener Aufklärung wieder wählen werde. Die Antwort sei einfach: »Sie erkennen Ihren Kommentar als das, was er ist: Üble Polemik«. Die Zeitschrift veröffentlicht den Leserbrief, streicht jedoch den letzten Absatz. Darüber beschwert sich der Einsender beim Deutschen Presserat. Die Redaktion habe durch diese Kürzung den Sinn seines Briefes entstellt. Die Zeitschrift verweist auf ihr Impressum, in dem erklärt wird, dass sich die Redaktion die Kürzung von Leserbriefen vorbehält. Im übrigen liege keine sinnentstellende Kürzung vor. (1994)
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In einer Wochenkolumne kritisiert der Chefredakteur einer Lokalzeitung das »Mörder-Urteil des Bundesverfassungsgerichts. Er schreibt: »Die (gemeint sind die Verfassungsrichter) leiden zunehmend unter stressbedingten Sichtverzerrungen, so dass sie z. B. Soldaten mit Killern, einen bescheuerten Lehrer von 1994 mit Kurt Tucholsky und einen Autoaufkleber mit Literatur verwechseln.« Des weiteren äußert sich der Autor über das Wissen und die Bildung von TV-Machern. »Sie sind Experten in Sachen Gewalt, wie sie alltäglich beweisen.« Ein Leser des Blattes sieht den Lehrer, der das Urteil des Bundesverfassungsgerichts im Fall des Autoaufklebers mit dem Tucholsky-Zitat »Alle Soldaten sind Mörder« ausgelöst hat, durch den Kommentar beleidigt. Beleidigend sei auch die Textstelle über die TV-Macher. Der betroffene Chefredakteur hält seinen Beitrag für eine satirische Kolumne. So werde er auch von seiner Leserschaft verstanden. (1994)
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Unter der Überschrift »Party-Droge Ecstasy« berichtet eine Zeitschrift über sogen. Designer Drogen, In der Titelgeschichte wird er Drogenkonsum innerhalb der Techno-Szene thematisiert: In einem zweiten Beitrag unter der Überschrift »Wunderpille oder Horrortrip?« geht es um mögliche Schäden des Drogenkonsums. Die Zeitschritt nennt den Namen und die Nationalität eines Mannes, der Ecstasy geschluckt und sich nach einem Streit mit seiner Freundin mit Hilfe eines Samurai-Schwertes ums Leben gebracht hat. Sie listet ferner zehn der gebräuchlichsten Pillen und Blättchen in Wort und Bild auf. Eine Journalistin kritisiert in einer Beschwerde beim Deutschen Presserat die Nennung des Namens und der Nationalität des Mannes. Die Zeitschrift begebe sich damit in die Niederung der Ausländerfeindlichkeit. Für fragwürdig hält die Beschwerdeführerin zudem den Informationskasten des Beitrags. Käufer und potentielle Konsumenten seien somit bestens informiert. Die Zeitschrift wertet ihre Beiträge eher als eine Warnung vor der Verharmlosung der Droge. Anlass der Namensnennung sei die außergewöhnliche Folge der Einnahme von Ecstasy, der Selbstmord mit einem Samurai-Schwert gewesen. Die Nationalität des Toten habe der Polizeisprecher der Stadt bekanntgegeben. (1994)
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