Wie hat der Presserat entschieden?
Rüge, Missbilligung oder Hinweis, wie hat der Presserat entschieden? Hier können Sie online in der Spruchpraxis des Presserats eine Auswahl an Beschwerdefällen von 1985 bis heute recherchieren.
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Nach detaillierten Richtlinien (z.B. 8.1) können Sie erst ab den Fällen aus 2024 recherchieren. Ältere Fälle werden nur unter der entsprechenden Ziffer (z.B. 8) angezeigt.
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7055 Entscheidungen
Eine Regionalzeitung kommentiert online den Mord an dem Mädchen Susanna F. und titelt „Wie blauäugig sind die Behörden?“ Zwei Beschwerdeführerinnen kritisieren diesen Satz im Kommentar: „Ein pubertierendes Mädchen treibt sich im Umfeld von Heimen mit Jungs herum – so etwas geht nicht immer gut.“ Es sei „widerlich“, dem Opfer die Schuld zu geben. „Victim Blaming“ (sinngemäß für: Das Opfer hat selbst schuld) hätten sich Frauen nach Vergewaltigungen lange genug gefallen lassen müssen. Außerdem impliziere der Text, dass man sich als Frau nicht in der Nähe von Flüchtlingsheimen aufhalten sollte, wodurch wieder mal Flüchtlingen pauschal eine Vergewaltigungskultur vorgeworfen werde. (Anmerkung der Geschäftsstelle des Presserats: Mittlerweile ist der kritisierte Satz aus dem Text gestrichen worden. Die Redaktion merkt unter dem Text an: „In eigener Sache: In einer früheren Version dieses Kommentars war ein Satz enthalten, der so verstanden werden konnte, als trüge das ermordete Mädchen Susanna durch sein Verhalten möglicherweise eine Mitschuld an der Tat. Für diesen nicht beabsichtigten Eindruck bitten wir um Entschuldigung.“ Nach Darstellung des Chefredakteurs gibt es für ihn keine Veranlassung, sich mit den beiden „Spam-Mails“ zu befassen, die der Presserat Beschwerden nenne. Bei der vom Presserat vorgelegten Meldung handele es sich um eine unredigiert halb-automaisch veröffentlichte Rohfassung, die mehreren Medienunternehmen angeboten worden sei. So sei der Beitrag nach wie vor im Netz zu finden, nicht jedoch bei seiner Zeitung, so der Chefredakteur.
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Eine Regionalzeitung berichtet online über einen Auftritt der Rechtsrock-Band „Frei.Wild“ auf einem Festival-Gelände am Verlagsort. Der Auftritt sei ohne Zwischenfälle über die Bühne gegangen. Ein anonymer Beschwerdeführer beklagt sich darüber, dass die Zeitung geschrieben habe, im Konzert-Umfeld hätten sich keine Anhänger der antifaschistischen Szene gezeigt, die im Internet Demonstrationen gegen den Auftritt der Band angekündigt hätten. Der Beschwerdeführer teilt mit, derartige Aufrufe habe es nicht gegeben. Auf einschlägigen Seiten im Internet habe er entsprechende Aufrufe nicht finden können. Auch sei bei den Meldebehörden keine Versammlung angekündigt worden. Die Zeitung habe jedoch gemahnt, man solle Räume meiden, in denen „Frei.Wild“-Fans auftauchen könnten. Diese falsche Berichterstattung sei dazu geeignet, tatsächliche Zusammenhänge, Wortmeldungen und Stellungnahmen im Rahmen der öffentlichen Debatte entscheidend zu verzerren. Der Chefredakteur der Zeitung meint, der Beschwerdeführer gebe die Antwort auf seine Kritik ein Stück weit selbst. Von Ankündigungen durch die „organisierte“ Szene auf „einschlägigen“ Seiten sei in der Berichterstattung keine Rede gewesen. Womöglich setze der Beschwerdeführer „angekündigt“ und „angemeldet“ gleich und vermisse eine formale Demonstration, einen Umzug oder dergleichen. Eine Demonstration auf der Basis des Versammlungsgesetzes habe es nicht gegeben. Das habe die Redaktion auch nicht geschrieben. Sie habe korrekt über den Vorgang berichtet.
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Die Fahndung nach dem mutmaßlichen Täter im Mordfall Susanna F. sowie die Festnahme, Vernehmung und der Transport des Tatverdächtigen sind mehrmals gedruckt und online Thema in einer Boulevardzeitung. Der Mann wird mit Foto und vollem Namen identifizierbar dargestellt. In einigen der Berichte wird er als „Killer“, „Mörder“ und „Täter“ bezeichnet. Zu diesem Fall wenden sich diverse Beschwerdeführer an den Presserat. Sie kritisieren eine Vorverurteilung des Verdächtigen sowie eine Verletzung seines Persönlichkeitsschutzes. Der Chefredakteur weist den Vorwurf der Vorverurteilung zurück. Die Worte „Killer“ und „Mörder“ seien presseethisch nicht zu kritisieren, da der Beschuldigte ein Geständnis abgelegt habe, was die Staatsanwaltschaft offiziell bestätigt habe. Aus der Berichterstattung gehe zudem klar hervor, dass noch ein gerichtliches Verfahren bevorstehe. Die Veröffentlichung von Foto und Namen des Täters – so der Chefredakteur weiter – sei presseethisch zulässig und aufgrund des besonderen öffentlichen Interesses sogar geboten. Die Identität des Angeklagten sei für die Öffentlichkeit besonders relevant, da der Fall das Funktionieren des deutschen Asyl- und Abschiebeverfahrens infrage stelle. Zudem müsse jemand, der ein minderjähriges Mädchen vergewaltige, erwürge und verscharre, damit rechnen, mit Namen und Bild identifizierbar in den Medien dargestellt zu werden. Das ganze Land sei von der grauenvollen Leidensgeschichte des Mädchens berührt gewesen. Die Öffentlichkeit habe deshalb ein Recht zu erfahren, wie es zu der Tragödie habe kommen können. Der Chefredakteur schließt seine Stellungnahme mit dem Hinweis, dass es sich bei der schlichten Darstellung der Fakten nicht um eine unangemessen sensationelle Darstellung im Sinne der Ziffer 11 des Pressekodex gehandelt habe.
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„Wird das die große Abrechnung mit Merkel?“ – unter dieser Überschrift berichtet eine Boulevardzeitung online über die Generaldebatte im Bundestag. Über die Rede von AfD-Co-Chefin Weidel heißt es, sie sei im Anschluss daran gerügt worden. Grund dafür sei die diskriminierende Formulierung „Messermänner, Kopftuchmädchen und andere alimentierte Taugenichtse“ gewesen. Ein Leser teilt mit, Frau Weidel sei falsch zitiert worden. Sie habe folgendes gesagt: „Burkas, Kopftuchmädchen und alimentierte Messermänner und sonstige Taugenichtse“. Die Zeitung habe den Satz bewusst in irreführender Weise umgestellt. Die Weidel-Formulierung „und sonstige Taugenichtse“ beziehe sich eindeutig auf „alimentierte Messermänner“. Der Vorsitzende der Chefredaktionen der Zeitungsgruppe versteht die Aufregung des Beschwerdeführers nicht. Der sei der Ansicht, dass die Redaktion Formulierungen bewusst in irreführender Weise umgestellt habe. Der Begriff „und sonstige Taugenichtse“ habe sich ganz offensichtlich auf jede der zuvor genannten Personengruppen bezogen und nicht etwa nur auf die „alimentierten Messermänner“. Der Artikel stelle nur dar, was objektiv Fakt sei: Frau Weidel sei wegen Diskriminierung gerügt worden.
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Eine Frau war mit Angehörigen der Bundeswehr zum Klettern unterwegs und stürzte schwer. Eine Regionalzeitung veröffentlicht zu dem Vorfall online einen Artikel unter der Überschrift „Frau geht mit Bundeswehr-Azubis klettern – dann verliert sie ihre Hand“. Darin wird mitgeteilt, dass eine Hand der Frau bei dem Unfall abgetrennt worden sei. Ein Leser der Zeitung berichtet, dass die Hand nicht abgetrennt, sondern schwer verletzt worden sei. Außerdem habe die Bundeswehr keine Azubis. Es seien Soldaten bei einer Übung gewesen. Der Chefredakteur der Zeitung teilt in seiner Stellungnahme zu der Beschwerde mit, dass der beanstandete Artikel auf eine Agentur-Meldung zurückgehe. Weitere Recherchen habe es in diesem Zusammenhang nicht gegeben. Da man die Agentur als privilegierte Quelle betrachte, sei die nochmalige Prüfung der Inhalte nicht die Regel. Die Redaktion werde nun aber mit dem Beschwerdeführer Kontakt aufnehmen. Man werde die Aussagen prüfen und gegebenenfalls den Artikel ergänzen.
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„Prügeleien, Schüsse und viel Alkohol“ – so überschreibt die Online-Ausgabe einer Regionalzeitung ihren Bericht über Polizeieinsätze bei einem „Herrentag“. Die Zeitung berichtet unter anderem, ein 17jähriger pakistanischer Staatsbürger habe versucht, eine Bierflasche auf ein Auto zu werfen. Mit der Aktion habe er eine Schlägerei provoziert. Ein Leser der Zeitung ist der Auffassung, dass die Angabe der Nationalität des jungen Mannes nicht von öffentlichem Interesse sei. Der Chefredakteur der Zeitung bekennt, dass im konkreten Fall offensichtlich eine Polizeimeldung „ziemlich unredigiert“ ins Blatt geraten sei. In der Regel veröffentliche die Redaktion die ausländische Herkunft eines Täters nur, wenn es sich um herkunftsbedingte oder –typische Kriminalität handele. Bei Alltagskriminalität oder unbedeutenden Vorkommnissen wie im vorliegenden Fall nenne man die Herkunft der Beteiligten nicht, es sei denn, sie wäre für das Verständnis des Vorgangs wichtig. Hier sei das nicht der Fall. Er – der Chefredakteur – habe die Meldung daher noch einmal innerhalb der Lokalredaktion zum Thema gemacht.
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Etwa 60 vermummte Personen greifen das Haus eines Polizeibeamten in Hitzacker an. Eine Lokalzeitung berichtet online über den Vorgang und beruft sich auf eine Information durch einen Polizeisprecher. Es heißt, die festgenommenen Personen seien dem linken Spektrum zuzuordnen. Weiterhin berichtet der Autor des Beitrages, dass auf einer linkautonomen Internetseite der Name des beim Staatsschutz arbeitenden Polizeibeamten und seine Adresse veröffentlicht worden seien. Ein Leser der Zeitung teilt mit, es sei falsch, dass die Adresse des Polizisten im Internet veröffentlicht worden sei. Zudem würden die Festgenommenen vorverurteilt. Er wirft der Zeitung vor, nur aus dem Blickwinkel der Polizei zu berichten. Der Autor des Beitrages nimmt Stellung und weist den Vorwurf der Vorverurteilung zurück. In seinem Beitrag werde erkennbar der Pressesprecher der Polizei zitiert. Die Vorwürfe stünden im Konjunktiv und dies bereits im zweiten Satz. Auch den Vorwurf, nicht sorgfältig gearbeitet zu haben, weise er zurück. Er habe für die Berichterstattung alle zur Verfügung stehenden Quellen genutzt und sich bemüht, so viele Informationen wie möglich zusammenzutragen. Die Aktion der Vermummten nach den vorliegenden Informationen als „Angriff“ zu beschreiben, sei nach seiner Auffassung richtig. Ein Angriff müsse nicht physischer Natur sein. Allein schon das Erscheinen Dutzender Vermummter vor einem Wohnhaus und das Skandieren von als bedrohlich einzustufenden Parolen könne als Angriff bezeichnet werden. Den Vorwurf des Beschwerdeführers, dass es nicht korrekt sei, dass auf einer linksautonomen Internetseite Name und Wohnanschrift eines Polizeibeamten veröffentlicht worden seien, weist der Autor ebenfalls zurück. Auf den Eintrag sei er im Rahmen seiner Recherchen gestoßen. Die Namens-. und Adressenangabe sei später aus dem Netz verschwunden. Die Polizei habe aber Kenntnis von dem Eintrag.
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Unter der Überschrift „Armes Deutschland“ veröffentlicht eine Regionalzeitung online einen Beitrag, in dem sie ein Hartz IV-Paar zu Wort kommen lässt. Beispiel: „Warum sollten wir dem Amt dankbar sein?“ Die Zeitung bezeichnet die Bemerkungen des Paares, die aus einer RTL-Serie stammen, als „Schmarotzer-Aussagen“. Ein Leser der Zeitung kritisiert, dass weder die Bezeichnung des Paares als „Schmarotzer“ noch die Bewertung des von ihnen Gesagten als “Schmarotzer-Aussagen“ mit dem Pressekodex vereinbar seien. Der Beschwerdeführer kritisiert auch, das in dem Beitrag nicht mitgeteilt werde, dass es sich bei der Sendung, in der die Aussagen gefallen seien, um eine Serie handele, in der die Texte vorgegeben seien. Die Rechtsvertretung der Zeitung teilt mit, dass die Darsteller der Serie sich aus freien Stücken mit ihrer Geschichte in die Öffentlichkeit begeben und ihre provokanten Statements einem breiten Fernsehpublikum gegenüber mitgeteilt hätten. Daher müssten sie damit rechnen, dass auch andere Medien über ihren Fernsehauftritt berichteten. Bei der vom Beschwerdeführer kritisierten Formulierung „Schmarotzer-Aussagen“ in der Überschrift handele es sich um eine Bewertung, die als freie Meinungsäußerung der Redaktion zulässig sei. Die Überschrift sei im Kontext mit dem Artikel zu werten. Daraus ergebe sich, auf welcher Grundlage die Redaktion zu ihrer Bewertung gekommen sei. Der Beschwerdeführer habe im Übrigen nicht recht mit seiner Annahme, dass es sich bei der Sendung um eine gescriptete Serie handele, die Darsteller also lediglich eine Rolle spielten, die nicht der Realität entspreche. Richtig sei, dass die Beteiligten tatsächliche Gegebenheiten und Ansichten aus ihrem realen Alltag berichteten. Sie gäben persönliche Ansichten mit eigenen Worten wieder. Ein gesonderter Hinweis durch die Redaktion sei also nicht erforderlich gewesen.
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In Brandenburg haben Abiturienten bei der schriftlichen Prüfung in Mathematik die falschen Prüfungsaufgaben erhalten. Darüber berichtet ein Nachrichtenmagazin online. Ein Leser der Zeitschrift teilt mit, dass nicht die Abiturienten, sondern die Fachoberschüler betroffen gewesen seien. Obwohl die Agentur, die die Meldung verbreitet hatte, eine Korrektur herausgegeben hatte, habe es keine Richtigstellung gegeben. Und dies, obwohl er – der Beschwerdeführer – die Redaktion auf ihren Fehler hingewiesen habe. Die Rechtsvertretung des Nachrichtenmagazins teilt mit, dass der Beschwerdeführer Recht habe. Die Korrekturmeldung der Agentur sei der Redaktion leider entgangen. Deshalb sei es zu keiner Richtigstellung gekommen. Hinweise, in denen auf den Fehler hingewiesen worden sei, habe man in der Redaktion nicht nachvollziehen können. Jedenfalls hätten derartige Hinweise das zuständige Ressort leider nicht erreicht. Die Redaktion habe die nunmehr vorliegende Beschwerde zum Anlass genommen, den Artikel zu korrigieren. Die Rede sei jetzt von Prüfungen für die Fachhochschulreife. In einer Anmerkung am Ende dieser Meldung habe die Redaktion auf den Fehler in der vorangegangenen Version hingewiesen.
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Eine Illustrierte zeigt auf dem Titel das Foto der im Raum Wiesbaden ermordeten Susanna F. Die Beschwerdeführerin – eine Politikern der Grünen – sieht darin eine Verletzung des postmortalen Persönlichkeitsrechts des Opfers, eine Verletzung der Richtlinie 8.2 (Opferschutz) sowie des Pressekodex allgemein. Die Rechtsvertretung des Verlags weist die Vorwürfe zurück. Zum einen habe die Mutter des abgebildeten Mädchens dessen Foto selbst veröffentlicht. Zum anderen sei die Veröffentlichung aufgrund der Dimension des Falles durch das öffentliche Interesse gerechtfertigt. Die Mutter des ermordeten Mädchens – so die Rechtsvertretung weiter - habe mit dem Foto ihrer Tochter bewusst die Öffentlichkeit gesucht, um diese aufzurütteln und eine Reaktion der Politik hervorzurufen. Sie habe beispielsweise einen offenen Brief an die Bundeskanzlerin auf Facebook veröffentlicht. Darin habe sie beklagt, sich vom deutschen Staat und der Polizei im Stich gelassen zu fühlen. Auf ihrer Facebook-Seite habe sie für jedermann zugänglich ein unverpixeltes Bild von Susanna gezeigt. Die Rechtsvertretung weist auf die enorme politische Dimension des Mordfalles hin. Er habe zu teilweise erbitterten Debatten über die Flüchtlingspolitik in den zurückliegenden drei Jahren geführt. Der Titel der Illustrierten dokumentiere somit ein zeitgeschichtliches Ereignis und gebe die Stimmung im Land wieder.
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