Entscheidungen finden

Wie hat der Presserat entschieden?

Rüge, Missbilligung oder Hinweis, wie hat der Presserat entschieden? Hier können Sie online in der Spruchpraxis des Presserats eine Auswahl an Beschwerdefällen von 1985 bis heute recherchieren.

Bitte beachten: Im Volltext abrufbar sind nur Entscheidungen mit den Aktenzeichen ab 2024, z.B. 0123/24/3-BA!
Sie müssen dazu immer das volle Aktenzeichen eingeben, also 0123/24/3-BA.

Nach detaillierten Richtlinien (z.B. 8.1) können Sie erst ab den Fällen aus 2024 recherchieren. Ältere Fälle werden nur unter der entsprechenden Ziffer (z.B. 8) angezeigt.

Sie haben Fragen zu unseren Sanktionen? Hier finden Sie Erläuterungen.

 

Entscheidungsjahr
7055 Entscheidungen

Skandal mit Unbeteiligten in Verbindung gebracht

Eine Programm-Zeitschrift veröffentlicht auf ihrer Facebook-Seite ein Quiz unter der Überschrift „Diesen Ex-Kinderstar trifft es jetzt hart – vor GERICHT wegen Ausbeutung von Mitarbeitern“. Die Leser haben die Auswahl zwischen vier Kinderstars und können rätseln, wer von diesen sich wegen Ausbeutung von Mitarbeitern vor Gericht verantworten muss. Ein Leser der Zeitschrift hält es für einen ethischen Verstoß, eine Skandal-Meldung mit vier verschiedenen Menschen in Verbindung zu bringen, und nur einer von ihnen ist tatsächlich derjenige, auf den sich die Nachricht bezieht. In diesem Fall würden drei völlig Unbeteiligte mit einem Skandal in Verbindung gebracht. Diese Art der Darstellung sei bei dieser Zeitschrift gang und gäbe. Gipfel sei ein „Krebsquiz“ gewesen. Dabei sei nach einem Fernsehmoderator gefragt worden, der sich wegen einer Krebserkrankung aus dem Geschäft habe zurückziehen müssen. Der Beschwerdeführer sieht eine Verletzung mehrerer ethischer Grundsätze. Die Rechtsabteilung der Zeitschrift nimmt nur zu der Krebs-Quiz-Problematik Stellung. Die Redaktion habe die entsprechende Quiz-Frage gelöscht und eine Entschuldigung veröffentlicht. Betroffener sei der TV-Moderator und Autor Roger Willemsen gewesen. Dieser habe die Entschuldigung der Redaktion angenommen. Die Rechtsabteilung hält dies für eine ausreichende Wiedergutmachung im Sinne des Paragrafen 6 der Beschwerdeordnung.

Weiterlesen

Den Tod der Ex-Kollegin im Video gezeigt

Die Online-Ausgabe einer Boulevardzeitung berichtet unter der Überschrift „Mord live im TV: Was war das Motiv des Killers?“ über ein Tötungsdelikt im US-Bundesstaat Virginia. Ein ehemaliger Mitarbeiter eines Fernsehsenders hatte eine Reporterin und einen Kameramann während eines Interviews erschossen und die Tat gefilmt. Auf dem zu dem Artikel gestellten Video ist zu sehen, wie der Täter auf seine frühere Kollegin schießt und diese tot zusammenbricht. Ein Leser der Zeitschrift sieht durch die Veröffentlichung presseethische Grundsätze verletzt. In den Artikel sei ein Bilddokument eingebunden, das aus dem Video stamme, das der Täter von seiner Tat angefertigt habe. Der Beschwerdeführer sieht hier vor allem Richtlinie 11.2 verletzt. Danach dürfe sich die Presse nicht zum Werkzeug eines Verbrechers machen, indem sie derartiges Material verbreite. Zudem stelle die Veröffentlichung einen Verstoß gegen Richtlinie 11.1 dar, weil sich die Inhalte auch auf der Startseite finden ließen und das Video in den Artikel eingebunden sei. Dieses enthalte sogar eine Zeitlupensequenz der Tat. Das übersteige das Informationsinteresse der Leser. Es enthalte keine zusätzlichen Informationen, sondern zeige sterbende Personen. Dies sei unangemessen sensationell. Der Redaktionsleiter der Online-Ausgabe beschränkt sich in seiner Stellungnahme auf die Feststellung, dass die Redaktion der Auffassung des Beschwerdeführers nicht folge. Sie betrachte Form und Inhalt der Berichterstattung als angemessen.

Weiterlesen

Bücher-Beilage ist eine Verlagsanzeige

Eine Zeitschrift stellt in einer gesonderten Beilage „32 Sommer-Bücher“ vor. Der Titel der Beilage lautet: „Schon mal im Pool gelesen?“ Beschwerdeführer ist ein Verlag, dessen Geschäftsleitung sich an den Presserat wendet. Nach deren Auffassung erweckt die Beilage durch Editorial und Impressum einen redaktionellen Eindruck. In Wirklichkeit handele es sich jedoch um die Anzeige einer Verlagsgruppe. In der Beilage sei kein einziger Titel zu finden, der nicht aus deren Produktion stamme. Das gelte auch für die besprochenen Bücher und veröffentlichten Anzeigen. Die Beilage baue jedoch eindeutig die Suggestion einer unabhängigen redaktionellen Literaturbeilage auf. Weder Verlag noch Redaktion der Zeitschrift nehmen zu der Beschwerde Stellung.

Weiterlesen

Opfer und mutmaßliche Mörder im Video

Auf einem gefundenen Handy ist ein Video gespeichert. Es zeigt Personen, die offensichtlich im Meer treiben, sich an Wrackteilen festhalten und beschossen werden. Die gezeigten Menschen sind teilweise verpixelt. Außerdem werden vier weitere Personen – angeblich die Mörder – in dem Video gezeigt. Sie posieren vor der Kamera. Über den Vorgang berichtet die Online-Ausgabe einer Boulevardzeitung unter der Überschrift „Handyvideo zeigt Hinrichtung von vier Männern“. Ein Nutzer des Internetportals kritisiert, dass in dem Video mutmaßliche Morde in sensationsbedingter Gier dargestellt würden. Die mutmaßlichen Mörder würden im Video offen dargestellt. Die Medienabteilung der Zeitung wehrt sich gegen den Vorwurf eines kodexwidrigen Verhaltens der Redaktion. Das veröffentlichte Video dokumentiere ein außergewöhnliches Verbrechen, das in seiner Brutalität und Rätselhaftigkeit wohl als beispiellos bezeichnet werden könne. Im Gegensatz zu anderen Medien habe die Redaktion die Opfer unkenntlich gemacht, um deren Persönlichkeit zu schützen. Die Rechtsabteilung beruft sich auf die Grundsätze, die in den Richtlinien 11.1 und 11.2 festgehalten sind. Die Presse müsse bei der Berichterstattung über Gewalttaten „das Informationsinteresse der Öffentlichkeit gegen die Interessen der Opfer und Betroffenen abwägen“. Eine „authentische“ Berichterstattung sei aber ausdrücklich zulässig. Die Hintergründe des vorliegenden Falles, der sich in den Vereinigten Arabischen Emiraten zugetragen habe, seien nach wie vor unklar. Möglicherweise habe es sich um das Ende einer Auseinandersetzung zwischen rivalisierenden Fischern gehandelt. Auch ein Zusammenhang mit Schleusern von Flüchtlingen werde in Erwägung gezogen. Es sei die Aufgabe der Presse, Aufklärung zu betreiben und Missstände zu dokumentieren. Dies gelte umso mehr, je außergewöhnlicher die Tat sei.

Weiterlesen

Hörensagen als Basis für Vorwürfe

Unter der Überschrift „Das Tierheim der Schande“ berichtet eine Großstadt-Zeitung über Missstände. Es seien schwere Vorwürfe von Tierschützern gegen ein Heim für Hunde und Katzen erhoben worden. Verletzte Vierbeiner, völlig verdreckte Käfige und zugemüllte Räume und Außenbereiche – solche Vorwürfe würden auch von ehemaligen Mitarbeitern erhoben. Die Redaktion habe auch bei der Heim-Chefin nachgefragt, die sich heftig gegen die Vorwürfe wehre. Fünf Fotos illustrieren den Beitrag. Motive sind tote und schwerverletzte Tiere. Die Leiterin des Tierheims spricht in ihrer Stellungnahme von einer Diffamierungskampagne, an der sich auch die Zeitung beteiligt habe. Diese habe altes und überholtes Material als aktuell veröffentlicht. Der Autor oder ein Fotograf seien niemals im Tierheim gewesen. Die in der Zeitung aufgestellten Behauptungen seien einfach nur Rufmord. Die Medienabteilung der Zeitung vermisst bei der Beschwerde eine präzise Darstellung der angeblichen Versäumnisse der Redaktion. Dass die Tierheimleiterin nicht erfreut sei über die wahrheitsgemäße Berichterstattung, liege auf der Hand. Dies ändere jedoch nichts an der Tatsache, dass die Veröffentlichung weder presserechtlich noch presseethisch zu beanstanden sei. Es sei die Aufgabe der Presse, aufzuklären und Missstände zu dokumentieren. Eine authentische Berichterstattung sei für die Betroffenen nicht immer schön und angenehm. Zweck der Veröffentlichung sei es auch gewesen, die Zustände im Tierheim zum Besseren zu wenden. Der bearbeitende Redakteur habe alle journalistischen Sorgfaltspflichten eingehalten und unzulässige Darstellungen vermieden. Die gegenteiligen Vorwürfe der Tierheimleiterin entbehrten jeglicher Grundlage. Die Redaktion habe intensive Gespräche mit verschiedenen Informanten, darunter auch einer früheren Mitarbeiterin des örtlichen Tierschutzvereins geführt. Die Beschwerdeführerin spreche pauschal von einer „Diffamierungskampagne“, sage jedoch nichts zu den im Bericht beschriebenen Details. Der Wahrheitsgehalt der Berichterstattung werde von der Tierheimleiterin nicht angesprochen.

Weiterlesen

Artikel entstand „vom Hörensagen“

Eine Boulevardzeitung berichtet über mutmaßliche Missstände in einem Tierheim. Sie schreibt: über das von ihr so genannte „Herzlos-Tierheim“: „Ein dürrer Hund mit kahlen, blutigen Wunden am Rücken. Ein totes Kätzchen, das Fell zerzaust und ungepflegt. In diesem Tierheim finden vernachlässigte Vierbeiner angeblich Hilfe – doch in Wahrheit wird für sie hier offenbar alles noch schlimmer!“ Die Zeitung berichtet von ehemaligen Mitarbeitern, die den Tierschutz eingeschaltet hätten. Sie hätten die „katastrophalen und unerträglichen“ Zustände angeprangert. Fotos seien dem zuständigen Veterinäramt zugegangen. Darauf seien völlig verdreckte Käfige und Müllberge im Garten zu sehen. Die Tierheim-Leiterin behaupte, man kümmere sich sehr liebevoll um alle Tiere und mache Zwinger und Käfige täglich sauber. Fakt sei, wie die Zeitung weiter schreibt, dass das Veterinäramt einen Aufnahmestopp über das Tierheim verhängt habe. Die Begründung: In dem Tierheim „stimmt einiges nicht“. Beigestellt sind dem Artikel mehrere Fotos von verletzten und toten Tieren, sowie von vermüllten Außenanlagen, angefertigt von einer früheren Mitarbeiterin mit versteckter Kamera. Die Leiterin des Tierheims ist in diesem Fall die Beschwerdeführerin. Sie wirft der Zeitung eine Diffamierungskampagne vor. Die Redaktion habe altes Fotomaterial und veraltete Informationen veröffentlicht. Weder der Autor des Beitrages noch ein Fotograf seien jemals in dem Tierheim gewesen. Die von der Zeitung aufgestellten Behauptungen seien Rufmord. Die Rechtsabteilung der Zeitung teilt mit, die Berichterstattung habe den Zweck gehabt, die erschütternden Zustände im Tierheim an die Öffentlichkeit zu bringen. Der berichtende Redakteur habe korrekt gearbeitet. Sein Bericht beruhe auf intensiven Gesprächen mit Informanten, darunter ehemaligen Mitarbeitern des Tierheims. Die Fotos seien aktuell. Die Tierheimleiterin spreche von einer Diffamierungskampagne. In der Sache selbst bringe sie jedoch nichts vor, was die Redaktion belasten könnte.

Weiterlesen

Leserbriefschreiber diskriminiert Homosexuelle

In einer Lokalzeitung erscheint ein Leserbrief unter der Überschrift „Die Bürger sollen entscheiden“. Es geht um die bevorstehende Entscheidung über die Homo-Ehe. Der Autor merkt an, dass Manager hinter Gitter säßen, Prominente sich immer häufiger als schwul outeten, Abgeordnete sich durch Kinderfotos korrumpierten und Millionäre Steuern hinterzögen. Der Leserbriefschreiber stellt die Frage, ob Leute aus diesen Kreisen die Parlamentarier drängten, eine „abartige Lebensform“ per Gesetz aufzuwerten. Er stellt die Behauptung auf, dass Homosexuelle „gewollt nicht zu dieser Gesellschaft“ stünden. Zwei Tage nach Erscheinen des Leserbriefs nimmt die Redaktion Stellung und teilt mit, dass sie die Ansichten des Einsenders nicht teile. Sie bedauere, dass sich viele Menschen durch die Aussagen des Verfassers verletzt fühlten. Allerdings werde die Zeitung künftig auch dann Leserbriefe veröffentlichen, wenn die darin geäußerten Ansichten nicht jedermanns Geschmack seien. Ein Leser der Zeitung sieht in der Veröffentlichung eine Verletzung der Menschenwürde und eine Diskriminierung. Homosexualität sei im Gegensatz zu den indirekt angeführten Delikten keine Straftat. Sie werde von dem Verfasser des Leserbriefs jedoch als moralisch verwerflich dargestellt. Homosexualität als „abartige Lebensform“ darzustellen, sei diskriminierend und ehrverletzend. Letzteres gelte auch für die Unterstellung, dass Homosexuelle nicht zur demokratischen Grundordnung stünden. Der Chefredakteur der Zeitung hält den Leserbrief zwar für polarisierend, aber im Rahmen des Zulässigen. Die Redaktion habe zu der veröffentlichten Einsendung ihren eigenen publizistischen Standpunkt klar definiert. Damit sei für sie der Fall erledigt.

Weiterlesen

Anzeige und Text passen zusammen

„Wie schenke ich meinem Gehirn gesunden Schlaf?“ titelt eine Programmzeitschrift. Im Beitrag geht es um Schlafstörungen. Dagegen werden Mittel mit dem Wirkstoff Doxylamin empfohlen. Der Berichterstattung beigestellt ist eine Anzeige für ein bestimmtes Präparat gegen Schlafstörungen, das den im Text empfohlenen Wirkstoff enthält. Ein Leser sieht in der Veröffentlichung einen Fall von Schleichwerbung nach Ziffer 7 des Pressekodex. Der redaktionelle Beitrag animiere die Leser dazu, das auf der gleichen Seite beworbene Produkt zu kaufen. Artikel und Anzeige seien farblich aufeinander abgestimmt. Beide seien blau gekennzeichnet. Die Rechtsabteilung der Zeitschrift weist darauf hin, dass die Anzeige durch Layout und den Hinweis „Anzeige“ klar als Werbung zu erkennen sei. Den Artikel habe die Redaktion unter Wahrung ihrer Unabhängigkeit geschrieben. Dass im Umfeld eines Artikels zum Thema Schlafen für ein Medikament gegen Schlafstörungen geworben werde, sei nicht zu beanstanden. Es sei anerkannt – so meint die Rechtsabteilung – dass Werbekunden ihre Anzeigen bevorzugt in einem zu ihrem Produkt passenden Redaktionsumfeld schalteten. Layout von Artikel und Anzeige seien nicht identisch. Dass im vorliegenden Fall die Farbe blau verwendet wurde, sei kein Indiz für Schleichwerbung. Entsprechendes gelte für den Mond, der ein klassisches Symbol für Schlafthemen sei. Der redaktionelle Mond entspreche nicht dem Anzeigenmond. Dieser mache den redaktionellen Mond nicht zur Schleichwerbung.

Weiterlesen

„Da war so eine Asylantin da“

Eine Großstadtzeitung veröffentlicht online eine Reportage, in der es um die Begegnung der Einwohner eines kleinen bayerischen Ortes mit Flüchtlingen geht, die in dem Dorf untergebracht sind. Der Autor berichtet über ein gemeinsames Fest, das Dorfbewohner und die Neuankömmlinge gemeinsam feiern. Schicksale werden beschrieben und Akteure beider Seiten kommen zu Wort. Unter anderem seien Bilder von Flüchtlingen ausgehängt worden. Darunter zeigt eines „Savan“, ein 16-jähriges Mädchen aus Somalia, das leicht hinke und bei dem Fest anwesend gewesen sei. Der Autor schreibt von unübersehbaren Brandmalen im Gesicht des Mädchens. In der Reportage heißt es, insgesamt sei die Stimmung gegenüber den Flüchtlingen positiv. Es seien jedoch auch „Ausfälle“ zu verzeichnen. Der Journalist schildert das Schicksal der jungen Somalierin, die in ihrem Land vergewaltigt, mit Benzin übergossen und angezündet worden sei. Unter den Folgen leide sie heute noch. Sie werde von den Schmerzen der Brandwunden geplagt. Sie habe sich in die Obhut eines in der Gegend bekannten, namentlich genannten Arztes begeben. Die Zeitung kritisiert, dass das Mädchen dort nicht mit der gebotenen christlichen Nächstenliebe und ärztlichen Sorgfaltsplicht behandelt worden sei. Auf Nachfrage der Zeitung habe er gesagt: „Ja, da war gestern so eine Asylantin da. (..) Die hat nur eine Sehnenverkürzung im Fuß, so einen kosmetischen und plastischen Eingriff würde man nicht mal bei Einheimischen vornehmen.“ Er habe dem Mädchen gegen die Brandwunden Niveacreme empfohlen. Eine Leserin der Zeitung sieht mehrere presseethische Grundsätze verletzt. An mehreren Punkten sei die Berichterstattung nicht sorgfältig oder ganz falsch. Der Autor des Beitrages beschreibe die junge Somalierin falsch und ohne sie je getroffen zu haben. Weder habe sie Narben im Gesicht, noch hinke sie, wie im Text geschrieben worden sei. Die „Brandwunden“, von denen der Journalist schreibe, seien Narben von längst verheilten Wunden. Hinzukomme, dass die beschriebene junge Frau an dem Fest im Dorf gar nicht teilgenommen haben könne, weil sie zu diesem Zeitpunkt noch auf dem Weg nach Deutschland gewesen sei. Sie habe überdies in die Nennung ihres Namens und die Schilderung ihres Schicksals nicht eingewilligt. Die Beschwerdeführerin kritisiert auch, dass der Arzt aufgrund der Schilderungen im Text identifizierbar sei. Die Berichterstattung sei an dieser Stelle anprangernd, verleumdend und schlecht recherchiert. Der Autor habe die Geschehnisse nur aus zweiter Hand erfahren. Er habe mit keinem der Beteiligten gesprochen. Die Berichterstattung könne zur Folge haben, dass weniger Ärzte aus Angst vor derartigen Vorwürfen Asylbewerber behandelten. Die Chefredaktion der Zeitung hält den beanstandeten Text für korrekt. Die Schilderung der Narben sei nicht zu kritisieren. Ob die junge Somalierin an dem geschilderten Fest teilgenommen hat, sei nicht mehr nachzuvollziehen. Sollte die Beschwerdeführerin in diesem Punkt Recht haben, handele es sich um einen presseethisch nicht zu beanstandenden Fehler. Die Berichterstattung über den behandelnden Arzt als anprangernd und verleumdend zu empfinden, sei eine Frage des persönlichen Standpunkts. Die Beschwerdeführerin empfinde den Arzt als rechtschaffend, passioniert, verantwortungsvoll, ohne Rücksicht auf die eigene Gesundheit stets um das Wohl seiner Patienten besorgt, voller Empathie und Expertise, auf Sonderwünsche Rücksicht nehmend. Hier werde dem Bild des Arztes, wie er im kritisierten Text dargestellt werde, ein idealtypisches Bild entgegengesetzt.

Weiterlesen

Nationalität und Asylbewerberstatus genannt

Eine Regionalzeitung berichtet online über die Absage eines Kinderfestes in einem Supermarkt. Grund der Absage: Ein renitenter Ladendieb. Ein Mann war nach einem missglückten Ladendiebstahl mehrfach zurückgekehrt und hatte das Personal mit einer Machete und Pfefferspray bedroht. Ohne Widerstand habe er den Supermarkt verlassen. Dann jedoch habe er seine Jacke ausgezogen, unter der ein Messer zum Vorschein gekommen sei. Polizisten hätten den Supermarkt gesichert. Die Zeitung schreibt über den Täter: „Es handelt sich um einen Asylbewerber (27) aus Libyen, so die Polizei.“ Ein Leser der Zeitung sieht in der Berichterstattung einen Verstoß gegen die Kodex-Ziffer 12, Richtlinie 12.1. Der Asylbewerberstatus des Täters sowie die Nennung der Nationalität stünden in keinem Bezug zu dem Geschehen im Supermarkt. Beide Details seien von der Zeitung kommentarlos zum Bericht hinzugefügt worden, ohne dass sich der Sachverhalt dadurch besser verstehen ließe. Diese Nennungen seien jedoch geeignet, die Gruppe der geflüchteten Menschen sowie Menschen aus Libyen in ein schlechtes Licht zu rücken. Dem Chefredakteur der Zeitung zufolge hat ein Gespräch mit dem Beschwerdeführer stattgefunden, das im Kern zu mehr gegenseitigem Verständnis, nicht jedoch zu veränderten Positionen geführt habe. Der Chefredakteur hält den Herkunftshinweis nach wie vor für gerechtfertigt. In der kleinen Stadt, in der der Supermarkt angesiedelt ist, habe es in letzter Zeit vermehrt auffällige Straftaten gegeben, die zumeist von Intensivstraftätern aus Asylbewerberheimen begangen worden seien. Das habe die Polizei der Redaktion berichtet. Der Macheten-Mann gehöre aller Wahrscheinlichkeit nach zu diesen Intensivtätern. Auch sei die Art und Weise des Vorgehens so ungewöhnlich, dass jeder Leser sich frage, wer so etwas tue. Ohne die Nennung der Herkunft des Täters wäre die Nachricht unverständlich gewesen. Es sei eine Tatsache, dass sich Menschen aus Krisenregionen, die jahrelang Krieg und Gewalt erlebt hätten, in Konfliktsituationen anders verhielten als Menschen, die nicht einen derartigen Weg hinter sich hätten. Die gesellschaftliche Diskussion - so der Chefredakteur – verlange es, die Tatsachen beim Namen zu nennen.

Weiterlesen