Wie hat der Presserat entschieden?
Rüge, Missbilligung oder Hinweis, wie hat der Presserat entschieden? Hier können Sie online in der Spruchpraxis des Presserats eine Auswahl an Beschwerdefällen von 1985 bis heute recherchieren.
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7053 Entscheidungen
In einem Zivilprozess wehrt sich die Bürgermeisterin einer Stadt gegen den Vorwurf, sie habe ein Verhältnis mit dem Oberbürgermeister. Hinter den Anschuldigungen steht ein Mann, der in der Regionalzeitung mit Vornamen und abgekürztem Nachnamen vorgestellt und als „Gerüchtekoch“ bezeichnet wird. Im Bericht ist davon die Rede, der Beschwerdeführer habe der Bürgermeisterin und dem OB ein Verhältnis „angedichtet“. Der Beschwerdeführer, vertreten durch einen Rechtsanwalt, hält die Berichterstattung für vorverurteilend, da der Prozess zum Zeitpunkt der Berichterstattung noch nicht beendet war. Aus diesem Grund hält er auch die Formulierung, dass der Prozess eigentlich schon zu Ende sei, für falsch. Nach seiner Auffassung ist die Berichterstattung unfair, unausgewogen und nicht objektiv. Der Chefredakteur der Zeitung teilt mit, der Beschwerdeführer sei in der Stadt als Intimfeind des Oberbürgermeisters bekannt. Der Prozess und die Berichterstattung darüber hätten sich während des Wahlkampfes zur bayerischen Kommunalwahl abgespielt. Der Richter habe der Mitarbeiterin der Redaktion gesagt, dass der Wahrheitsbeweis im Prozess nicht erbracht worden sei. Während der Verhandlung habe kein Zeuge die Behauptung des Beschwerdeführers bestätigt. Insofern sei die Bezeichnung „Gerüchtekoch“ nicht falsch. Der Beschwerdeführer sei darüber hinaus in der Berichterstattung geschützt worden, indem man seinen Namen abgekürzt habe. Für die Redaktion seien angesichts der dürftigen Beweislage die Interessen der Bürgermeisterin „hoch schützenswert“ gewesen. Hätte die Zeitung nur über den Vorwurf eines Techtelmechtels berichtet, wäre in der Öffentlichkeit der Eindruck entstanden, dass der Beschwerdeführer Recht habe. Da der Beschwerdeführer den Beweis für seine Angaben schuldig geblieben sei, habe die Zeitung die Aufgabe, den Sachverhalt richtig einzuordnen. Der Mann „hasse“ die CSU-Granden in der Stadt. Dies lasse eher die Vermutung zu, dass es bei seinen Anschuldigungen um plumpe Rache gehe. (2008)
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Eine Regionalzeitung berichtet mit einem Anreißer auf der Titelseite und einem ausführlichen Beitrag im Innenteil des Blattes, dass dem ehemaligen Chef einer Wirtschaftsprüfungsgesellschaft ein Strafverfahren drohe. Die Staatsanwaltschaft werfe ihm 30 Straftaten vor. Einige der Vorwürfe werden detailliert geschildert. Im Text heißt es, das „Treiben“ des Mannes lasse sich nur als „clever und kriminell“ beurteilen. Der Text ist überwiegend im Indikativ formuliert. Der Angegriffene wehrt sich mit Hilfe seines Anwalts. Die Zeitung habe so berichtet, als seien die Vorwürfe gegen ihn bereits erwiesen. Durch die Verwendung des Indikativs werde bei den Lesern der Eindruck erweckt, als habe sich alles zweifelsfrei so ereignet, wie es die Zeitung berichtet. Dabei seien zahlreiche Vorwürfe – der Beschwerdeführer listet sie auf – unzutreffend. Der Beitrag sei insgesamt vorverurteilend und damit rufschädigend und ehrverletzend. Der Chefredakteur der Zeitung räumt ein, dass der Autor des Beitrages den Beschwerdeführer im Text vorverurteilt habe. Andererseits werde schon im Vorspann deutlich, dass die Gerichtsverhandlung noch bevorstehe. Er weist den Vorwurf zurück, der Autor habe als einzige Quelle den Gesellschafter der geschädigten Firma genutzt. In Wahrheit habe sich die Zeitung auf die Anklageschrift der Staatsanwaltschaft gestützt. Diese Quelle sei jedoch absichtlich nicht genannt worden, um den Informanten zusätzlich zu schützen. Statt die Anklageschrift als Quelle zu benennen, habe der Autor die Formulierung „…wirft ihm die Staatsanwaltschaft vor“ benutzt. Als weitere Quelle habe der Eröffnungsbeschluss des Amtsgerichts zur Verfügung gestanden. Insgesamt habe die Redaktion umfangreich genug recherchiert, zumal es in der Vor-Gerichtsberichterstattung nicht üblich sei, mit dem Beschuldigten zu sprechen, da es doch eher um die Opfer als weniger um die (mutmaßlichen) Täter gehen sollte. Der Chefredakteur weist schließlich den Vorwurf der Rufschädigung zurück. Die Anonymität des Beschuldigten bleibe für die breite Öffentlichkeit gewahrt. Weder sein Name noch die Firma seien genannt worden. Damit dürfte es nur wenigen Eingeweihten bekannt sein, um wen es in dem Beitrag gehe. (2008)
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In einer Regionalzeitung erscheint ein Leserbrief mit vollem Namen und kompletter Adresse, obwohl die Einsenderin und Beschwerdeführerin ausdrücklich gebeten hatte, den Brief ohne Adresse zu veröffentlichen. Sie teilt mit, dass die Zeitung sich weigere, eingesandte Briefe ohne Adresse zu veröffentlichen. Ihr sei erklärt worden: Entweder mit voller Adresse oder gar nicht. Sie lege aus persönlichen Gründen jedoch Wert darauf, dass ihre Anschrift nicht veröffentlicht werde. Der Redaktionsleiter teilt mit, dass es in seinem Blatt seit langem üblich sei, Leserbriefe nur mit voller Adresse zu veröffentlichen. Den Lesern solle so die Möglichkeit gegeben werden, die Einsender zu verifizieren. Damit habe man nie Probleme gehabt. Im Gegenteil, die Leser wollten dies in ihrer überwältigenden Mehrheit so. Selbstverständlich werde auf die Veröffentlichung der Adresse dann verzichtet, wenn der Verfasser oder die Verfasserin dadurch Nachteile zu erwarten hätten. Bei der Beschwerdeführerin, die permanent öffentlich auftrete, sei dies jedoch nicht der Fall. Sie müsse bei Veröffentlichung ihrer Adresse wegen ihrer Stellungnahme zu einem harmlosen lokalen Streit um ein Zeltdach weder mit Pressionen noch mit Belästigungen rechnen. (2008)
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In einem lokalen Wochenblatt erscheint ein Beitrag, in dem es um ein Problem des Finanzausschusses der Stadt mit einem so genannten „berufenen Bürger“ geht. Dieser „Berufene“ berate die Stadt in finanziellen Dingen und stecke selbst bis zum Hals in Schulden. Mitglieder des Finanzausschusses werden mit unterschiedlichen Einschätzungen zitiert. Einige halten den Mann für bestens geeignet, den Ausschuss zu beraten. Andere hegen Zweifel, ob jemand, der seine eigenen finanziellen Dinge nicht im Griff habe, die Beraterfunktion ausüben könne. Der Betroffene wird nicht mit Namen genannt, ist aber nach eigenem Bekunden durch die Nennung seiner Fraktion und seines Amtes als „berufener Bürger“ identifizierbar. Er sieht seine Persönlichkeitsrechte verletzt. Die Berichterstattung sei im Übrigen teilweise falsch. So entspreche es nicht den Tatsachen, dass er einen Kredit nicht mehr habe bedienen können. Lediglich eine gescheiterte Anschlussfinanzierung habe zur Zwangsversteigerung seines Wohnhauses geführt. Ausschließlich vorsätzliche Schädigungen durch Dritte hätten ihn jetzt in Zahlungsschwierigkeiten gebracht. Für seine Tätigkeit als „berufener Bürger“ bringe er die erforderliche Sachkenntnis mit. Über seine finanzielle Situation habe er den Vorsitzenden seiner Fraktion bereits vor seiner Ernennung umfassend informiert. Nach Darstellung des Verlages sowie der Autorin des Beitrages sei in der Stadt erhebliche Unruhe entstanden, als bekannt geworden sei, dass der Beschwerdeführer erhebliche Zahlungsrückstände, auch gegenüber der Stadt, habe. Dass sich die Stadt von einem Mann in finanziellen Dingen beraten lasse, der ihr selbst Zahlungen schulde, sei zumindest eine Nachfrage wert und von öffentlichem Interesse. Die Zeitung habe den Namen des Beraters nicht genannt. Er könne nur durch Nachforschungen ermittelt werden. Die Redakteurin ergänzt, dass der Beschwerdeführer zum Teil nicht bereit gewesen sei, ihr seinen Standpunkt zu erläutern. Daher habe sie den Hintergrund der Zwangsversteigerung nicht aus seiner Sicht schildern können. Ihre Informationen habe sie in einem ausführlichen Gespräch mit dem für die Zwangsversteigerung zuständigen Anwalt gewonnen. (2008)
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Ein Anzeigenblatt veröffentlicht regelmäßig eine Rubrik unter dem Titel „Glückskreis“. Dabei wird eine Person auf der Straße nach dem Zufallsprinzip fotografiert und im Blatt vorgestellt. Das Gesicht ist jeweils durch einen gelben Kreis hervorgehoben. Dem oder der Fotografierten wird ein Einkaufsgutschein im Wert von 25 Euro zugesagt, falls er oder sie sich innerhalb von vier Wochen in der Redaktion meldet. Das Anzeigenblatt teilt mit, wo die fotografierte Person aufgenommen wurde. Nach Auffassung eines Lesers verstößt diese Praxis gegen presseethische Grundsätze. Er nennt Persönlichkeitsrechte nach Ziffer 8 und Schutz der Ehre nach Ziffer 9 des Pressekodex. Er wendet sich dagegen, dass Fotos von Personen in rein privater Funktion ohne deren Zustimmung für kommerzielle Zwecke veröffentlicht werden. Er habe sich bei der Redaktion beschwert. Dort sei ihm gesagt worden, die Veröffentlichung der Fotos von privaten Personen sei durchaus erlaubt, wenn mindestens fünf Personen auf dem Foto zu sehen und zu erkennen seien. Wenn er verhindern wolle, sich im Anzeigenblatt wieder zu finden, solle er ein Foto von sich der Redaktion schicken, damit diese wüsste, wen sie nicht aufnehmen dürfe. Das Anzeigenblatt beruft sich – anwaltlich vertreten – auf eine jahrelang geübte Praxis. Die an Harmlosigkeit nicht zu überbietende Aktion zur Förderung der Leser-Blatt-Bindung sei bislang noch nie beanstandet worden. Die kritisierten Beiträge zeigten typische Übersichtsaufnahmen, ohne dabei Personen zu individualisieren. Dafür müssten diese Personen nicht um ihre Einwilligung gefragt werden. Folglich scheide auch ein Verstoß gegen die Ziffern 8 und 9 des Pressekodex aus. Weder werde das Privat- und Intimleben tangiert, noch handele es sich um eine unangemessene Darstellung der abgebildeten Personen. Wer sich wieder erkenne, jedoch den Gutschein nicht haben wolle, bleibe weiterhin anonym, so dass ein Eingriff in Persönlichkeitsrechte nicht vorliege. (2008)
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Die Zwangsversteigerung von Grundstücken des Beschwerdeführers ist Gegenstand der Berichterstattung einer Lokalzeitung. Eine bestimmte Bank habe das Verfahren angestrengt, die sich fünfzehn Jahre zuvor 1,3 Millionen Mark ins Grundbuch habe eintragen lassen. 74.000 Euro vom Land stünden ebenfalls „im Raum“. Auch seien Steuern im Umfang von 10.000 Euro nicht gezahlt worden. Der Verkehrswert aller Grundstücke belaufe sich auf 591.000 Euro. Der Beschwerdeführer wird namentlich genannt. Er sieht in der Veröffentlichung einen Verstoß gegen die Ziffern 1 (Wahrhaftigkeit und Achtung der Menschenwürde) und 8 (Persönlichkeitsrechte). Der Artikel enthalte seinen Namen und seine Anschrift sowie ein nicht konkretisiertes Zahlenwerk. Für den Leser habe es den Anschein, als handele es sich bei den genannten Summen um die Höhe seiner persönlichen Schulden. Nach der Veröffentlichung würden er und seine Familie angefeindet. Der Chefredakteur der Zeitung und der Autor des Artikels halten die Berichterstattung wegen des öffentlichen Interesses für zulässig. Die Firma des Beschwerdeführers sei vor Ort ein wichtiger Arbeitgeber gewesen, dessen Insolvenz zu der Berichterstattung über Themen der lokalen Wirtschaft gehört habe. Vor Ort sei es von größtem Interesse, was mit den fraglichen Grundstücken geschehe und um welche finanziellen Dimensionen es gehe. Auf die Namensnennung zu verzichten sei unmöglich gewesen. Die Zeitung habe den Namen des Beschwerdeführers bei früheren Gelegenheiten unbeanstandet genannt. Im Übrigen sei es sowieso klar, um wen es sich angesichts der Größe der Grundstücke handele. Ein Angebot auf Abdruck einer eigenen Stellungnahme bzw. auf eine gegebenenfalls begründete Richtigstellung habe der Beschwerdeführer abgelehnt. (2008)
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Eine Regionalzeitung berichtet über den Überfall auf eine Tankstelle, die mit Adresse genannt wird. Namentlich genannt wird die Frau, die an jenem Abend Dienst hatte und sich allein im Kassenraum aufgehalten habe. Sie tritt als Beschwerdeführerin auf. Ihr Vater, der Betreiber der Tankstelle, wird mit Angaben zum Tathergang zitiert. Ergänzt wird der Beitrag durch den Aufruf der Kriminalpolizei an eventuelle Zeugen, sich zu melden. Die Überfallene wendet sich dagegen, dass sie als eine von mehreren Angestellten in dem Artikel namentlich genannt worden sei. Damit und durch die Offenlegung der Verwandtschaftsbeziehung zu ihrem Vater fühlt sie sich in ihren Persönlichkeitsrechten verletzt, da sie als Opfer einer Straftat ohne ihre Einwilligung namentlich genannt worden sei. Angebliche Aussagen von ihr seien veröffentlicht worden, ohne dass mit ihr selbst gesprochen worden sei. Die Beschwerdeführerin achtet nach eigenem Bekunden im Internet sehr darauf, was sie zu ihrer Person und wo angebe. Deshalb halte sie es für unglaublich, dass sie als unverschuldet Betroffene ihren Namen in der Zeitung und im Internet lesen müsse. Der Täter wisse nun genau, wer sein Opfer gewesen sei. Er könne sich entsprechende Schritte einfallen lassen. Der Chefredakteur der Zeitung hält die Beschwerde für begründet. Der Name der Beschwerdeführerin hätte nicht genannt werden dürfen. Aus dem Internet sei der Artikel sofort entfernt worden. Eine Wiedergutmachung oder Berichtigung in der Zeitung sei jedoch nicht möglich, ohne den Namen der Betroffenen erneut zu nennen. Sowohl er als auch die Verfasserin des Artikels hätten sich bei dem Überfallopfer entschuldigt. (2008)
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Eine Gewerkschaftszeitschrift veröffentlicht eine zweiseitige Reportage über ein Lebenshilfewerk. Der „Geschäftsführer“ und der Vorsitzende des Betriebsrats kommen zu Wort. Die Redaktion berichtet über die Studie einer Universität mit einem besonders guten Zeugnis für das Werk. Ein Leser des Blattes hält den Beitrag für eine PR-Reportage im Stil einer werblichen Sonderveröffentlichung. Zudem sei journalistisch unsauber gearbeitet worden, da man ausschließlich leitende Mitarbeiter des Lebenshilfewerks habe zu Wort kommen lassen. Die Basis sei ausgeklammert worden. Auch seien falsche Darstellungen enthalten. So bekleide der angebliche Geschäftsführer diese Position nur in Teilbereichen. Die Chefredaktion der Zeitschrift kann in dem Artikel keinen Beschwerdegrund erkennen. Auch aus den beigelegten Unterlagen innerhalb der Beschwerde gehe nichts hervor, was eine Beschwerde begründen könnte. (2008)
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Unter der Schlagzeile „Ich war Geisel im Psycho-Knast“ berichtet eine Boulevardzeitung über die sexuelle Misshandlung einer Gefängnistherapeutin durch einen der von ihr betreuten Inhaftierten. Täter und Opfer werden in Bildern präsentiert. Auf dem Porträtfoto der Frau ist die Augenpartie gepixelt. Im Text werden ihr Vorname, der Anfangsbuchstabe ihres Nachnamens sowie ihr Alter genannt. Die Betroffene beschwert sich beim Deutschen Presserat darüber, dass sie auf dem Foto trotz der Pixelung identifizierbar, dass ihr Vorname vollständig und ihr Nachname abgekürzt veröffentlicht worden sei. Mit dem Reporter der Zeitung sei abgesprochen worden, dass Bilder, die in der Zeitung erscheinen würden, vollständig unkenntlich gemacht werden müssten. Die Chefredaktion des Blattes hält die Beschwerde für unbegründet. Das Foto sei mit dem Einverständnis der Beschwerdeführerin im Gerichtssaal des Landgerichts entstanden. Man habe sich darauf verständigt, dass Fotografien im Gerichtssaal getätigt werden dürften, wenn diese im Rahmen der Publikation unkenntlich gemacht würden. Vereinbarungsgemäß sei daraufhin die Augenpartie der Frau auf dem Foto komplett gepixelt worden. Über die Verfremdung des Namens sei dagegen keine Vereinbarung getroffen worden. Dies sei auch nicht notwendig gewesen, denn die Anwältin der Beschwerdeführerin habe den Mitarbeitern der Redaktion berichtet, dass das komplette Umfeld der Therapeutin um das Tatgeschehen wisse. Die Redaktion habe sich vor diesem Hintergrund entschieden, den Grundsätzen zulässiger Gerichtsberichterstattung entsprechend den Nachnamen der Beschwerdeführerin innerhalb des Artikels abzukürzen. (2004)
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Unter der Überschrift „Verfluchte Holzklotzwerfer“ beschäftigt sich der Autor einer Boulevardzeitung mit dem tödlichen Anschlag auf eine Familie, die an einer Autobahnbrücke von einem Holzklotz getroffen wurde. Der Autor formuliert, wenn die Werfer Jugendliche seien, müsse er sich sehr beherrschen, um sie nicht als „hinterhältige, elendige Feiglinge….windelweich zu prügeln“. Weiter schreibt er, er habe genug „von all den mildernden Umständen“ und wolle Menschen, die so etwas tun, „im Gefängnis sehen“. Wenn die Werfer Erwachsene seien, so der Autor weiter, „dann sind sie Monster. Für Monster haben wir die Psychiatrie. Monster werden an Füßen und Armen festgeschnallt“. Mehrere Beschwerdeführer, darunter der Repräsentant eines Sozialpsychiatrischen Zentrums und der Vertreter der Psychosozialen Hilfsgemeinschaft e.V., melden sich zu Wort. Der eine hält die Aussagen für problematisch. Er fragt, ob sie mit den Grundsätzen des Pressekodex vereinbar seien. Besonders kritisiert er die Bezeichnung psychisch kranker Menschen als „Monster“. Auch der zweite Beschwerdeführer wendet sich entschieden gegen den Vergleich von „Monstern“ und psychisch Kranken. Die von dem Autor verwendete Sprache erinnere sehr an die Nazi-Zeit, zumal schon am Beginn des Beitrages von einer Art Sippenhaft gesprochen werde. Ein weiterer Beschwerdeführer sieht gleich sieben Ziffern des Pressekodex verletzt. Es werde unter anderem gegen die Achtung der Menschenwürde verstoßen. Aus der Sicht eines anderen Lesers diffamiert der Autor in menschenverachtender Weise Personen, die psychisch krank sind und Hilfe in psychiatrischen Einrichtungen suchen. Der Beitrag erwecke Erinnerungen an Zeiten, in denen die Psychiatrie durch die Nazi-Diktatur missbraucht worden sei. In ihrer Antwort auf die vier Beschwerden stellt die Rechtsvertretung der Zeitung fest, der Autor habe psychisch kranke Menschen gerade nicht als „Monster“ bezeichnet. Die Kolumne zeichne sich durch einen gedanklichen „roten Faden“ aus, indem der Autor beklage, dass selbst solche Straftäter, die gröbste Verbrechen begehen, immer irgendwie durch „mildernde Umstände“ exkulpiert würden. Erwachsene Täter, die man aufgrund ihrer Verbrechen nur noch als „Monster“ bezeichnen könne, schicke man nicht ins Gefängnis, sondern zur Behandlung in die Psychiatrie. Fazit des Autors: Verbrechen wie die des „Holzklotzwerfers“ würden nicht wirksam bekämpft. Ein nächster Fall sei zu befürchten. Dass einige der Beschwerdeführer die räumliche Nähe der Begriffe „Monster“ und „Psychiatrie“ in dem Kommentar als Erinnerung an die Nazi-Zeit „hochschraubten“, betrachte man als polemische Übertreibung im Rahmen ihrer politischen Agitation. (2008)
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