Wie hat der Presserat entschieden?
Rüge, Missbilligung oder Hinweis, wie hat der Presserat entschieden? Hier können Sie online in der Spruchpraxis des Presserats eine Auswahl an Beschwerdefällen von 1985 bis heute recherchieren.
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6869 Entscheidungen
“Grüße an den Befruchter” titelt ein Nachrichtenmagazin. Es geht um die Anzeige, die eine betrogene Ehefrau veröffentlichte. Darin gratuliert die “Noch-Ehefrau” ihrem Noch-Ehemann und dessen neuer Lebensgefährtin als dem “erfolgreichen, öffentlichrechtlichen Fortpflanzungs-Duo” zum “außerehelichen Firmen-Unfall” als “Ehefrau des Befruchters” sowie im Namen der ehelichen Söhne. In der Berichterstattung tauchen Formulierungen auf wie “betrogene Ehefrau”, “Seitensprung-Baby” und “Befruchter”. Der Arbeitgeber des Beschwerdeführers - er wendet sich an den Deutschen Presserat – wird genannt. Es ist der NDR. Der Beitrag enthält auch Angaben zu Unterhaltszahlungen des Beschwerdeführers. Die Gesichter auf Fotos, die den Beschwerdeführer und seine Noch-Ehefrau zeigen, sind gepixelt. Dieser hält die im Bericht übernommenen Formulierungen für unzutreffend, da er schon lange von seiner Ehefrau getrennt lebe und es sich daher bei seiner neuen Lebensgefährtin nicht um einen Seitensprung, sondern eine neue und stabile Beziehung handle. Die Bezeichnung “Befruchter” und ähnliche seien ehrverletzend. Die Nennung seines Arbeitsplatzes sei unzulässig. Seine eigenen Persönlichkeitsrechte sowie die seiner neuen Lebensgefährtin und des neuen Babys seien verletzt worden. Er schaltet den Deutschen Presserat ein. Die Chefredaktion des Magazins hält die Beschwerde für unbegründet. Über den Fall sei schon in vielen Medien berichtet worden. In einem Telefonat habe der Beschwerdeführer gesagt, der Beitrag enthalte zwar Fehler, die er aber nicht korrigieren wolle. Er habe dabei auch nicht zum Ausdruck gebracht, eine Berichterstattung generell nicht zu wünschen. Das anwaltliche Schreiben des Beschwerdeführers habe die Redaktion erst erreicht, als das Heft bereits für den Druck abgeschlossen gewesen sei. Andernfalls wäre seine Darstellung in die Berichterstattung eingeflossen. Die verwendeten Begriffe wie “Seitensprung”, “Betrogene” und “Befruchter” seien nicht zu beanstanden. Einmal seien sie durch Tatsachen belegt, zum anderen der Anzeige der Ehefrau entnommen. (2006)
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“Kulturszene: Nach dem Friedensjahr wächst der Unfriede” – unter dieser Überschrift beschäftigt sich eine Regionalzeitung mit der Situation der Kulturpolitik in der Stadt. Aus der “Kulturszene” wird Kritik an der Kulturreferentin geübt. Diverse Aussagen werden zum Teil als Zitate (auch anonym) dargestellt. Die Zeitung nimmt Bewertungen vor. Eine Leserin ist mit der Darstellung nicht einverstanden. Sie wendet sich an den Deutschen Presserat, denn die Berichterstattung sei zum Teil falsch und auch ehrverletzend. So suggeriere die Überschrift eine allgemeine Unzufriedenheit in der Kulturszene der Stadt. Dies treffe aber nur für eine Minderheit zu. Im Hinblick auf einen Fehlbetrag von 70.000 Euro werde nicht gesagt, dass es sich dabei um nicht mehr bewilligte Landes- und EU-Mittel handelt. Ein Festival sei nicht aus finanziellen, sondern aus privaten Gründen gestrichen worden. Die Rechtsabteilung der Zeitung teilt mit, der fragliche Artikel sei im Zuge einer sehr dichten Berichterstattung über das überzogene Budget der städtischen Veranstaltungsreihe im Rahmen des Friedensjahres erschienen. Die Aufregung in der Stadt habe zugenommen, nachdem weitere Budgetüberziehungen bekannt geworden seien. Zu der kritisierten Überschrift meint die Zeitung, es handele sich dabei um eine zulässige Wertung. (2006)
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“So schnell ´spart´ man sich ein nettes Abendessen” titelt eine Regionalzeitung über der Reportage vom Einkaufsbummel einer Familie mit der Rabatt-Karte dieser Zeitung. Das Blatt berichtet, wie die Familie dadurch Geld spart, dass sie die Rabatt-Karte benutzt. Auf einem der vier beigestellten Fotos ist der Inhaber eines Brillengeschäfts mit dem Ladenlogo im Hintergrund zu sehen. Die Rechtsvertretung eines Konkurrenten im Nachbarort, der auch der Rabatt-Karten-Aktion der Zeitung angehört, sieht unzulässige Werbung für den Mitbewerber. Der Eindruck müsse entstehen, nur Geschäfte in der nahe gelegenen Stadt seien an der Aktion beteiligt. Die Rechtsvertretung, die den Deutschen Presserat einschaltet, teilt weiter mit, die “Reportage” sei frei erfunden. Der Einkaufsbummel habe nicht stattgefunden; keine der Waren sei tatsächlich gekauft worden. Die Chefredaktion der Zeitung berichtet, sie habe mehrfach vergeblich versucht, sich mit dem Beschwerdeführer einvernehmlich zu einigen. Die Zeitung habe mit der Reportage versucht, ihre Abonnenten von den Vorteilen des Einkaufs mit der Abo-Card zu überzeugen. Eine solche Vorgehensweise sei in der deutschen Regional- und Heimatzeitungslandschaft durchaus üblich. Allerdings seien bei dem Beitrag tatsächlich zwei Fehler unterlaufen. So sei bei der Produktion der Hinweis “Anzeige” vergessen worden. Außerdem sei auf einem der Fotos das Brillengeschäft zu erkennen gewesen, das mit dem Geschäft im Nachbarort in Konkurrenz stehe. Wegen dieser Fehler habe man sich bei den Geschäftsleuten im Nachbarort und dem Beschwerdeführer selbst entschuldigt. Mehr könne man jetzt nicht mehr tun. (2005)
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In einem Bericht über die Band “Tokio Hotel” beschreibt ein Jugendmagazin Hasstiraden auf den Sänger Bill. Die Zeitschrift druckt dazu einen Text ab, der auf einer Internetseite veröffentlicht worden ist. In dem Text zu einem Lied heißt es unter anderem: “Wir sind Krüppel und schwul, hässlich und fett” und “Wir brauchen Drogen, ganz schön viel, Weed und Hasch und Kokain. Ich muss leider auf den Strich gehen” oder “Ich bin die kleine LSD-Wachtel, adoptiert aus ´ner Schachtel, ich wurd´ früher nur in den Arsch gefickt”. Dabei handelt es sich nicht um den Originaltext des Songs der Band, sondern um einen verunstalteten Text, der nichts mit dem Originaltext zu tun hat. Eine Leserin moniert, dass ihre zehnjährige Tochter in einem Jugendmagazin mit derartigen Texten konfrontiert werde. Nach ihrer Meinung muss dass nicht sein. Die Zeitung habe ihren jungen Lesern gegenüber eine Verantwortung, die mit einem so primitiven Müll nicht zu vereinbaren sei. Sie ruft den Deutschen Presserat an. Die Chefredaktion des Magazins weist ausdrücklich darauf hin, dass der Verlag, der Kinder- und Jugendzeitschriften herausgebe, sich seiner Verantwortung gegenüber dieser Zielgruppe absolut bewusst sei. Mit den monierten Zeilen habe man aufzeigen wollen, dass viele Hasstiraden dieser Art im Internet kursierten. Zudem beziehe die Redaktion in dem Artikel eindeutig Stellung und verurteile diese Beschimpfungen. Zur journalistischen Sorgfaltspflicht gehört es nach Auffassung der Zeitschrift auch, einen Themenkomplex wie “Tokio Hotel” umfassend zu behandeln. Die Chefredaktion versichert, dass sie in Zukunft noch intensiver auf die Wortwahl in Texten achten werde, auch wenn sie nur als Zitat oder Dokumentation verwendet würden. (2006)
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Unter der Überschrift “Presserat rügt BILD” veröffentlicht das Boulevardblatt den folgenden Text: “Wegen der Berichterstattung im Februar 2004 über die Schauspielerin Sibel Kekilli hat der Deutsche Presserat eine Rüge gegen BILD nach Ziffer 1 und 12 des Pressekodex ausgesprochen.” Nach Ansicht eines Lesers informiert die Zeitung ihre Leser nicht darüber, worin der Verstoß bestand und wofür sie gerügt worden sei. Es werde nicht einmal erklärt, wofür die Kodexziffern 1 und 12 stünden. Diese Praxis ist nach Ansicht des Beschwerdeführers weder im Sinne des Presserates noch der Selbstverpflichtung der Verlage. Er wendet sich an den Deutschen Presserat. Der BILD-Chefredakteur hält die Beschwerde für unzulässig und unbegründet. Sie betreffe ein abgeschlossenes Verfahren. Der Verlag habe sich ausschließlich dem Presserat gegenüber zum Rügenabdruck verpflichtet, nicht sonstigen “Bürgern, die sich nachträglich als Trittbrettfahrer an ein bereits erledigtes Verfahren anhängen möchten”. Die vorliegende Beschwerde diene dem einzigen Zweck, Stoff zu liefern, mit dem das inzwischen kommerzielle Internet-Angebot der Beschwerdeführer inhaltlich gefüllt und attraktiv gemacht werden solle. (2006)
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Eine Zeitung bringt auf ihrer Titelseite die Karikatur “Immer locker bleiben”. Das Bild zeigt Jesus am Kreuz - die Beine sportlich in die Waagerechte hochgezogen. Kommentar zur Karikatur: “Im Streit um die Mohammed-Karikaturen stehen die Zeichen auf Entspannung.” Zwei Leser melden sich zu Wort und wenden sich dann auch an den Deutschen Presserat. Der eine sieht durch Karikatur und Überschrift Folter und Todesstrafe bagatellisiert und ins Lächerliche gezogen. Die Veröffentlichung sei dazu geeignet, sich über Folter- und Todesstrafenopfer lustig zu machen. Er bittet um Prüfung im Hinblick auf einen Verstoß gegen Ziffer 1 und sonstige Grundsätze. Nach Ansicht des zweiten Beschwerdeführers verstößt die Veröffentlichung gegen das religiöse Empfinden einer Personengruppe und damit gegen Ziffer 10 des Pressekodex. Die Chefredaktion der Zeitung sieht keinen Verstoß – gegen welche Ziffer auch immer. Die Karikatur habe sich – wie sich aus dem erklärenden Untertext ergebe – als Antwort auf den Streit um die so genannten Mohammed-Karikaturen verstanden. Satire bei religiösen Themen sei immer heikel. Es sei aber weder die Absicht der Zeitung gewesen, den Karikaturenstreit zusätzlich anzuheizen, noch sei es dazu durch die Veröffentlichung gekommen. Bei der Karikatur handle es sich vielmehr nach Ansicht der Zeitung um eine satirische, leicht augenzwinkernde Mahnung an christlich gesinnte Menschen, angesichts solcher Darstellungen das aus Sicht der Zeitung einzig Richtige zu tun: Besonnen zu bleiben und nicht Gleiches mit Gleichem zu vergelten. Im Zusammenhang mit dem Vorwurf eines Verstoßes gegen Ziffer 10 des Pressekodex sei der Zeitpunkt der Veröffentlichung zu berücksichtigen. Damals hab es sich um ein hochpolitisches Thema gehandelt, dem angesichts seines Auslösers und seiner Reichweite mit satirischen Mitteln begegnet werden durfte. Insgesamt könne sich die Veröffentlichung auf die grundgesetzlich garantierte Meinungsäußerungs- und Pressefreiheit berufen. (2006)
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Eine Regionalzeitung berichtet über einen Mann, der als Komparse und Darsteller eines Mörders im Fernsehen aufgetreten ist. Dem Bericht ist ein Foto des Mannes beigefügt; im Text werden der volle Name, das Alter und der Wohnort genannt. Der Redakteur stellt eine Verbindung von “dubiosen Aktionen” des Mannes zu seiner Rolle in der TV-Krimi-Serie her. Er schreibt von einer “Anlehnung an die Wirklichkeit”. Auf Nachfrage der Zeitung teilt der Fernsehsender mit, bei der Verpflichtung von Komparsen lasse man sich “kein polizeiliches Führungszeugnis vorlegen”. Auch diese Passage ist in dem Artikel enthalten. Schließlich ist von Vorstrafen und einer Insolvenz die Rede. Mit alledem ist der Betroffene nicht einverstanden; er wendet sich an den Deutschen Presserat. Er bemängelt, dass in dem Artikel personenbezogene, datenrechtlich geschützte, vertrauliche Informationen enthalten seien. Der Leser erfahre, dass er Hartz-IV-Empfänger sei. Darüber hinaus werde die Summe genannt, die er für seine Mitwirkung in dem TV-Film erhalten habe. Der Chefredakteur der Zeitung verweist auf die “aktive Öffentlichkeitsarbeit” des Beschwerdeführers. Dieser unterhalte mehrere Internet-Seiten, auf denen er seine Aktivitäten und öffentlichen Auftritte darstelle; er versende Pressemitteilungen und suche den Kontakt zu Zeitungs- und Fernsehredaktionen. Erst durch seinen Internetauftritt sei die Redaktion auf die aktuelle Geschichte aufmerksam gemacht worden. (2006)
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Eine Regionalzeitung berichtet, die örtliche Leiterin des Jugend- und Sozialamtes sei betrunken Auto gefahren und habe zwei Verkehrsunfälle verursacht. Sie beruft sich dabei auf eine Polizeiinformation. Der Alkoholtest habe 2,1 Promille ergeben. Der Artikel ist gezeichnet mit den Kürzeln der Zeitung und einer Agentur. Die Zeitung verletzt nach Auffassung eines Lesers die Menschenwürde, da die betroffene Frau bereits jetzt als Schuldige und nicht als Verdächtige hingestellt werde. Er wendet sich an den Deutschen Presserat. Die Chefredaktion der Zeitung hält die Berichterstattung für korrekt. Die Aufnahme von Ermittlungen durch die Staatsanwaltschaft sei ein formaler Akt, dessen Nennung üblich sei. Aus dem Polizeibericht sei hervorgegangen, dass die Frau sofort gefasst und einem Alkoholtest unterzogen worden sei. Dann habe sie sich offenkundig zu den Vorwürfen bekannt. Die Zeitung: “Da gibt es nichts mehr zu ermitteln”. (2006)
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Eine Regionalzeitung berichtet unter der Überschrift “Die Machenschaften des Herrn …” über eine erneute Verurteilung des Beschwerdeführers und seine strafrechtliche Vergangenheit. Der Mann wird namentlich genannt und im Bild dargestellt. In dem Bericht ist von einem psychiatrischen Gutachten die Rede, das dem Mann eine “monströse Querulanz” bescheinigt. Der Wert seiner Häuser und Wohnungen würde auf mehrere Millionen Euro geschätzt. Zeitweise habe er annähernd zweihundert Konten und Depots im In- und Ausland unterhalten. Im Bericht über die erneute Verurteilung des Beschwerdeführers ist davon die Rede, dass Gläubiger, die sich um 2,6 Millionen Euro geprellt sehen, eine Zivilklage planen. Der Beschwerdeführer ist der Auffassung, dass die Nennung seines Namens unzulässig gewesen sei. Auch zum Abdruck des Fotos habe er keine Zustimmung erteilt. Aufgrund der Berichterstattung sei seine Resozialisierung gefährdet. Der Artikel enthalte Verdächtigungen und Anschuldigen. Er wendet sich an den Deutschen Presserat. Die Chefredaktion ist der Meinung, die Berichterstattung bewege sich innerhalb der Grenzen, die der Zeitung durch den Pressekodex gesetzt sind. Der Mann habe immer wieder die Öffentlichkeit gesucht. Auch als Investor sei er öffentlich in Erscheinung getreten. In diesen Zusammenhängen habe sein Name immer wieder in der Zeitung gestanden, ohne dass dies vom Beschwerdeführer beanstandet worden sei. (2006)
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“Ein Leben wie im Groschenroman” titelt eine Regionalzeitung, als sie über die erneute Verurteilung eines Mannes berichtet, der auf eine erhebliche strafrechtliche Vergangenheit zurückblicken kann. Er wird namentlich genannt und im Bild dargestellt. Der Autor zitiert einen Staatsanwalt, der den Beschwerdeführer als einen Hochstapler mit pädophilen Tendenzen bezeichnet habe. Er mutmaßt, der Mann habe sich weiterer Straftaten im sexuellen Bereich schuldig gemacht, doch sei mit einer Anklage kaum zu rechnen, da “die Justiz von dem Mann wohl die Nase voll habe”. Der Beschwerdeführer steht auf dem Standpunkt, dass die Zeitung seinen Namen nicht nennen und sein Bild nicht veröffentlichen durfte. Seine Persönlichkeitsrechte seien verletzt worden, indem man ihn öffentlich verleumdet habe. Aufgrund der Berichterstattung sei seine Resozialisierung gefährdet. Der Chefredakteur der Zeitung hält den Beschwerdeführer für eine relative Person der Zeitgeschichte, weswegen die Zeitung so berichten durfte, wie sie es getan habe. Der Mann habe sich viele Jahre lang in der Öffentlichkeit bewegt und sei später zu einem mehrfach rechtskräftig verurteilten Straftäter geworden. Im elektronischen Archiv befänden sich aus den Jahren 1999 bis 2005 insgesamt 30 Veröffentlichungen, in denen der Beschwerdeführer auch namentlich genannt worden sei.
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