Wie hat der Presserat entschieden?
Rüge, Missbilligung oder Hinweis, wie hat der Presserat entschieden? Hier können Sie online in der Spruchpraxis des Presserats eine Auswahl an Beschwerdefällen von 1985 bis heute recherchieren.
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7055 Entscheidungen
In einer Zeitschrift und einem beiliegenden Sonderheft werden Tipps für Heimwerker veröffentlicht. Dabei werden zahlreiche Produkte genannt und abgebildet. Ein Leser, der den Deutschen Presserat anruft, sieht darin Schleichwerbung. Er spricht von einem Werbeeffekt für die genannten Hersteller. Ein Leserinteresse an der Erkennbarkeit der Produkte bestehe nicht. Sie seien absichtlich in Szene gesetzt worden und dies möglicherweise im Rahmen von Kopplungsgeschäften. Der Chefredakteur der Zeitschrift berichtet, dass die Redaktion Maschinen und Materialien nenne und zeige, die sie in den genannten Arbeitsabläufen selbst verwende. Für den Leser sei damit gewährleistet, dass die beschriebenen Arbeiten mit den gezeigten Produkten erledigt werden könnten. Der Beschwerdeführer irre sich, wenn er glaube, dass jedes beliebige Produkt für bestimmte Arbeiten verwendet werden könne. Der Chefredakteur führt weiter aus, dass Bildperspektive und Anordnung von Maschinen, Materialien und Werkstücken sich danach richteten, wie die Informationen über den jeweiligen Arbeitsschritt am besten zu vermitteln seien. Dies führe in einigen Fällen zwingend zu einer Erkennbarkeit des Produktes, in anderen Fällen schließe es die Erkennbarkeit aus. Überlegungen hinsichtlich der gesamten Ästhetik der Bildfolge führten in der Regel dazu, dass innerhalb einer Reportage Maschinen oder Materialien jeweils nur eines Herstellers verwendet würden. Diese Einheitlichkeit wiederkehrender Elemente diene der Konzentration auf das jeweils Spezifische eines einzelnen Bildes. Die Anonymisierung von Produkten verbiete sich, da sie dem alltäglichen Erleben des Lesers widerspräche. Hier sei ein authentisches Szenario geboten. Um eine Festlegung auf bestimmte Marken zu vermeiden, würden für verschiedene Reportagen Produkte unterschiedlicher Hersteller verwendet. Dabei sei es unerheblich, ob es sich um Anzeigenkunden oder Nicht-Kunden handele. (2007)
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Unter der Überschrift „Lebkuchen auch an Ostern Genuss“ druckt eine Regionalzeitung den Brief eines Lesers ab, den dieser jedoch als Privatbrief an eine Redakteurin verstanden wissen will. Der Grußformel seines Briefes sei eindeutig zu entnehmen gewesen, dass es sich nicht um einen Leserbrief handelte. Der Einsender, der den Deutschen Presserat anruft, kritisiert Kürzungen und Veränderungen seines Briefes, die nicht mit ihm abgestimmt worden seien. Nach Darstellung der Zeitung habe der Brief der üblichen Form eines Leserbriefes entsprochen. Er sei in der Zentrale und vom örtlichen Redaktionsleiter zweifelsfrei als Leserbrief angesehen worden. Da der Beschwerdeführer selbst gesagt habe, dass er auf Nachfrage bereit gewesen wäre, einen für den Druck geeigneten Text zur Verfügung zu stellen, wende er sich offensichtlich in erster Linie gegen die vorgenommenen Kürzungen. Die Redaktion behalte sich jedoch in jedem Fall das Recht auf Kürzungen vor. Sie stellt abschließend fest, dass schon früher Leserbriefe des Beschwerdeführers veröffentlicht worden seien, so dass auch in diesem Fall angenommen werden konnte, dass es sich um einen Leserbrief handelte. (2007)
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Eine Zeitschrift aus dem Themenbereich Hausbau stellt Gebäude vor und bringt eine Reportage mit insgesamt sechs Häuserfotos. Ein Leser hält die Bilder für manipuliert; er wendet sich an den Deutschen Presserat. Die Fotos seien coloriert worden, in mehreren Fälle habe die Redaktion Rasen, Terrasse und ähnliches hinzugefügt. Beim Leser werde jedoch der Eindruck erweckt, die Häuser seien so wie dargestellt. Da dies nicht der Fall ist, hätte die Zeitschrift die Pflicht gehabt, die Leser auf diesen Umstand hinzuweisen. Eklatant sei der Fall eines angeblich in Klagenfurt stehenden Hauses, dessen Foto offensichtlich erheblich manipuliert wurde. Bei einer Fotostrecke vermutet der Leser die Urheberschaft bei einem bestimmten Hersteller. Der Beitrag sei als Reportage gekennzeichnet, wodurch die Leser einen besonders hohen dokumentarischen Wert des Berichteten vermuten müssten. (2007)
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Ein Nachrichtenmagazin veröffentlicht unter der Überschrift „Die Grammatik des Guten“ einen Artikel über die menschliche Moralempfindung. Dem Beitrag ist ein Foto beigestellt, auf dem laut Bildtext zwei „militante Palästinenser“ einen „angeblichen Verräter“ mit Schusswaffen hinrichten. Der Mann ist gefesselt, sein Kopf von einer Kapuze überdeckt. Das Foto zeigt ihn am Boden liegend. Auf Seite 120 des Heftes ist ein Foto des früheren irakischen Diktators Saddam Hussein zu sehen, der mit einem Strick um den Hals kurz vor seiner Hinrichtung steht. Ein Leser beklagt sich über die „Zurschaustellung von äußerster Gewalt“ sowie die Verletzung der Menschenwürde der auf den Fotos dargestellten Personen. Nach seiner Ansicht hätten die Fotos keinerlei Bezug zum Artikel, machten diesen damit auch nicht anschaulicher und ergänzten weiterhin den Sachverhalt nicht. Der Beschwerdeführer wendet sich an den Deutschen Presserat. Nach Auffassung des Justitiariats des Magazins ist die Veröffentlichung des Fotos mit dem toten Palästinenser keine unangemessen sensationelle Darstellung. Der Artikel gehe tiefgreifenden Fragen nach. Auf interdisziplinär wissenschaftlicher Grundlage werde versucht, Antworten zu finden zu grundlegenden Voraussetzungen menschlichen Zusammenlebens. Dieses im Grundsatz philosophische Thema müsse und dürfe gerade im Rahmen einer umfänglichen Titelgeschichte bebildert werden. Es gehe dabei um den biblischen Brudermord. Das kritisierte Foto zeige ein Opfer dieses heutigen Brudermordes. Es sei von der World-Press-Photo-Jury 2007 ausgezeichnet worden. Das Foto Saddam Husseins stütze sich auf den Artikel. Darin gehe es um die gesellschaftliche Funktion von Strafe und ihre Bedeutung für das seelische Gleichgewicht des Opfers. Eine treffendere Symbolisierung als durch dieses Fotos sei kaum denkbar. Der eigentliche Gewaltakt, die Hinrichtung, werde nicht gezeigt. Aus diesem Grund sei die Menschenwürde Saddam Husseins auch nicht verletzt. (2007)
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„Ich bin am Ort das größte Schwein, lass´ mich mit einem Raucher ein“ – das schreibt eine Illustrierte unter eine Karikatur, die einen Mann zeigt, der in gebeugter Haltung über die Straße geht. Passanten werfen ihm verächtliche Blicke zu. Auf einer Litfasssäule ist ein Fahndungsplakat abgebildet, auf dem mehrere Raucher zu sehen sind. Zusätzlicher Text zur Karikatur: „Na endlich! Das Antirauchergesetz wird konsequent durchgesetzt!“ Die Karikatur ist in bräunlichen Tönen gehalten. Die verwendete Schriftart erinnert an die dreißiger Jahre. Ein Leser wendet sich an den Deutschen Presserat, weil er die schutzwürdigen Interessen der Opfer der Nationalsozialistischen Diktatur verletzt sieht. Die Aufschrift des Schildes, das der abgebildete Mann trägt, solle ohne Zweifel an Schilder erinnern, die während der NS-Zeit Menschen um den Hals gehängt wurden und auf denen die Inschrift lautete: „Ich bin am Ort das größte Schwein und lass´ mich nur mit Juden ein“. In der Karikatur, so der Beschwerdeführer, werde im Ergebnis der Rassenwahn nicht nur verharmlost. Der Karikaturist mache sich darüber auch noch lustig, indem er das Rauchen auf eine Stufe stellt mit damaligen Verstößen gegen die Nürnberger Rassegesetze. Die Rechtsabteilung der Illustrierten wehrt sich gegen den Vorwurf der Diskriminierung. Der Beschwerdeführer verkenne, dass es sich um eine Karikatur handele, die bewusst ein Zerrbild der Wirklichkeit vermittle und zu deren Wesen Übertreibungen und Verfremdungen gehörten. Der Karikaturist wolle Kritik üben an einer Zeit, in der die Diskussion um ein Rauchverbot in der Öffentlichkeit zu überzogenen Reaktionen und Auseinandersetzungen innerhalb der Gesellschaft führe und Raucher stigmatisiert würden. Der Künstler habe einen eher abwegigen Vergleich gewählt, um zu dokumentieren, in welches nach seiner Ansicht abwegige Fahrwasser die Diskussion über das Anti-Rauchergesetz geraten ist. Schließlich stellt sich die Geschmacksfrage, über die der Presserat jedoch nicht urteile. (2007)
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In einer Programmzeitschrift erscheint ein Hinweis auf die RTL-Serie „Alles, was zählt“, in der Boris Beckers uneheliche Tochter Anna auftritt. Der Untertitel der Sendung lautet „Boris Beckers Besenkammer-Bescherung als Ballettmaus“. Er wird von der Zeitschrift zitiert. Eine Leserin hält die Bezeichnung „Besenkammer-Bescherung“ für menschenverachtend, weshalb sie den Deutschen Presserat anruft. Das Kind könne weder für seinen Erzeuger etwas noch für die Umstände seiner Zeugung. Die Rechtsabteilung des Verlages teilt mit, die Beschwerdeführerin habe der Zeitschrift einen tadelnden Leserbrief zum Thema geschickt, den die Redaktion zum Anlass genommen habe, sich kritisch mit der Bezeichnung der kleinen Anna als „Besenkammer-Bescherung“ auseinanderzusetzen. Die Redaktion habe der Frau zugestimmt, dass diese Bezeichnung unpassend sei. Sie habe sich die Kritik zu Herzen genommen. Sie versichert, dass derartige Titulierungen im Zusammenhang mit Anna Ermakowa künftig nicht mehr benutzt würden. Zugunsten der Redaktion führt die Rechtsabteilung an, dass Annas Mutter nichts unversucht lasse, ihre Tochter in den Medien zu präsentieren bzw. sich den Medien zu öffnen. Dabei schrecke sie auch nicht davor zurück, die Zeugung ihrer Tochter in einer Besenkammer eines Hotels zu vermarkten. Erst im August habe sie ihre „Autobiografie“ mit dem Titel „In einem Atemzug“ veröffentlicht, in dem sie frei nach dem Motto „So war es mit Boris wirklich in der Besenkammer“ über ihr folgenreiches Treffen mit dem Tennisspieler berichtet. (2007)
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Eine Regionalzeitung berichtet über Probleme in einem Waldorf-Kindergarten. Sie schreibt, unter den Kindern häuften sich gewalttätige Übergriffe, denen die Erzieherinnen nach Zitaten von Eltern nicht Herr würden. Die Zeitung zitiert Eltern, die die Einrichtung kritisieren. In dem Beitrag werden die Kindergarten- und eine Gruppenleiterin namentlich genannt, gegen die schwere Vorwürfe erhoben werden. Der Artikel ist mit einem Foto illustriert, auf dem raufende Kinder zu sehen sind. Es ist als Archivfoto ausgewiesen. Die pädagogische Leiterin wendet sich an den Deutschen Presserat. Die Berichterstattung erwecke den Eindruck, im Kindergarten bestünden Gewaltprobleme, die vom Trägerverein und von der Leitung ignoriert würden. Dies entbehre jeglicher Grundlage. Die Beschwerdeführerin sieht Verstöße gegen die journalistische Sorgfaltspflicht. Die Hintergründe des Artikels seien nicht ausreichend recherchiert worden. Es hätten nicht nur die unmittelbar betroffenen Eltern zu Wort kommen dürfen. Sie beanstandet auch, dass sie und die Gruppenleiterin namentlich genannt worden seien. Dafür hätte kein öffentliches Interesse bestanden. Auch wenn das Bild als Archivfoto ausgewiesen sei, erwecke es den Anschein, Geschehnisse aus dem Kindergarten wiederzugeben. Die Redaktion hätte darauf hinweisen müssen, dass dies nicht der Fall war. Der Chef vom Dienst der Zeitung hält die Beschwerde für unvollständig und widersprüchlich. Ein Gesprächsangebot der Zeitung an die Beschwerdeführerin sei abgelehnt worden. Der Versuch der Redaktion, die Kindergartenleitung zu Wort kommen zu lassen, sei fehlgeschlagen. Der Vorwurf an die Zeitung, ihr sei an einer positiven oder objektiven Berichterstattung nicht gelegen, würde schon durch die Veröffentlichung vieler Leserbriefe widerlegt, in denen sich die Einsender positiv über den Kindergarten geäußert hätten. Der Chef vom Dienst hält nach wie vor die Nennung der Namen für zulässig. Bei Kindergärten handele es sich um Institutionen, deren Betrieb durch detaillierte gesetzliche Vorschriften geregelt sei. Deren Verantwortlichen könnten namentlich genannt werden. Die Redaktion räumt ein, dass die Beschwerde hinsichtlich der Bildunterschrift berechtigt sei. Diese sei irreführend, was durch Zeitdruck zu erklären, nicht aber zu entschuldigen sei. (2007)
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Ein Boulevardblatt und seine Online-Ausgabe berichten unter der Überschrift „In diesem Porsche starb ein gesuchter Verbrecher“ über einen tödlichen Verkehrsunfall. Der Verunglückte wird als „gesuchter Krimineller“ bezeichnet. Genannt werden sein Vorname, der abgekürzte Familienname und die berufliche Position. Ein Leser ruft den Deutschen Presserat an, weil nach seiner Meinung das Gebot der Wahrhaftigkeit verletzt und nicht sorgfältig berichtet worden sei. Zum Zeitpunkt der Berichterstattung habe nicht festgestanden, ob es sich bei dem Verunglückten um den von der Zeitung vermuteten Toten gehandelt habe. Erst später habe eine DNA-Probe Klarheit geschaffen. Durch die Nennung von Einzelheiten sei der Verunglückte leicht zu identifizieren gewesen. Dies verletze seine Persönlichkeitsrechte. Der Beschwerdeführer wendet sich gegen die Formulierungen „gesuchter Verbrecher“ und „Krimineller“. Zum Zeitpunkt der Berichterstattung habe es lediglich einen Haftbefehl gegeben. Die genannten Bezeichnungen verletzten deshalb das Gebot der Unschuldsvermutung. Die Rechtsabteilung des Verlages sieht hingegen keinen Verstoß gegen den Pressekodex. Der Tod des Fahrers und dessen Identität hätten zum Zeitpunkt der Berichterstattung nicht in Frage gestanden. Auf das Ergebnis der DNA-Probe sei es nicht angekommen, da die Identität des Verunglückten zweifelsfrei festgestanden habe. Die Persönlichkeitsrechte des Unfallopfers seien nicht verletzt worden. Der vollständige Name des Mannes sei von der Zeitung nicht genannt worden. . Die bloße Identifizierbarkeit verstoße angesichts der besonderen Umstände des Falles nicht gegen die Persönlichkeitsrechte des Toten. Der Unfall rage aus der Masse der üblichen Verkehrsunfälle in besonderer Weise hervor. Er sei auf ein extremes Fehlverhalten des Opfers selbst zurückzuführen. Der zuvor schon erlassene Haftbefehl rechtfertige das besondere öffentliche Interesse. Die Bezeichnung als „gesuchter Verbrecher“ sei durch den am gleichen Tag erlassenen Haftbefehl und den auf objektive Umstände gegründeten Tatverdacht gerechtfertigt. Das Wort „gesucht“ mache deutlich, dass über den so Bezeichneten nicht schon als Täter berichtet worden sei, sondern dass die Polizei lediglich nach ihm gefahndet habe. Dies habe dem Stand der Ermittlungen entsprochen und werde vom durchschnittlichen Leser auch so verstanden. (2007)
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