Wie hat der Presserat entschieden?
Rüge, Missbilligung oder Hinweis, wie hat der Presserat entschieden? Hier können Sie online in der Spruchpraxis des Presserats eine Auswahl an Beschwerdefällen von 1985 bis heute recherchieren.
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6869 Entscheidungen
Ein aus dem Jahr 2002 stammendes, damals im Zusammenhang mit einer Spendenaktion anlässlich des Weltkindertages veröffentlichtes Foto einer Grundschulklasse und ihrer Lehrerin wurde von einer Boulevardzeitung Jahre später erneut verwendet. In der letzten Veröffentlichung ist das Foto einem halbseitigen Bericht über Ergebnisse der jüngsten Pisa-Studien beigestellt. Der Bericht ist überschrieben mit “Pisa-Schock – So dumm sind unsere Kinder”. Im Bildtext heißt es: “Kinder in der Grundschule der …-Schule hoffen, dass Niedersachsens Bildung besser wird. Im Pisa-Test landete das Land im Mittelfeld”. Der Elternbeirat der genannten Schule ruft den Deutschen Presserat an. Er bringt vor, dass die Zeitung weder die Zustimmung der Kinder bzw. deren Eltern, noch die der Lehrerin zur Veröffentlichung des alten Fotos im Zusammenhang mit dem jetzt veröffentlichten Pisa-Bericht eingeholt habe. Schon die vorherige Veröffentlichung des Fotos sei ohne das Einverständnis der Betroffenen abgedruckt und schon damals zweckentfremdet worden. Die Rechtsabteilung der Zeitung räumt ein, dass es die Redaktion versäumt habe, das Einverständnis von Eltern und Schule zum Abdruck des Fotos einzuholen. Es habe nicht die Absicht bestanden, die abgebildeten Schüler als “dumm” zu bezeichnen. Obwohl der Redaktionsleiter zwischenzeitlich brieflichen Kontakt aufgenommen und um ein persönliches Gespräch mit dem Schulelternbeirat gebeten habe, habe dieser den Weg der Beschwerde beim Presserat beschritten. (2005)
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Ein Satire-Magazin veröffentlicht eine Glosse über den bekannten ZDF-Journalisten Peter Hahne, in der dieser als “Spottgeburt aus Ratte und Schmeißfliege”, “Düffel-Doffel”, “Hodentöter” und sein Gesicht als “klebrige Grinsekatzegrimasse” beschrieben wird. Der Beschwerdeführer sieht darin einen Verstoß gegen Ziffer 1 des Pressekodex. Durch diese Bezeichnungen sei die Menschenwürde von Peter Hahne verletzt worden. Die Redaktion der Zeitschrift teilt mit, bei den kritisierten Begriffen handle es sich um original Wehner´sche. Peter Hahne habe ausdrücklich den Wunsch nach einer Schimpfkultur im Sinne von Franz Josef Strauß und Herbert Wehner geäußert und damit “Schmeißfliege, Ratte und Spottgeburt” gewissermaßen bestellt. Die Zeitschrift habe nur “geliefert”. Es handle sich bei der kritisierten Passage um eine Stilparodie. (2005)
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Aus dem Tresor in der Privatwohnung des Beschwerdeführers verschwinden 12.000 Euro. Die örtliche Zeitung berichtet über das Gerichtsverfahren, dessen Ergebnis ein Freispruch aus Mangel an Beweisen für die Angeklagte, die Ex-Verlobte des Bestohlenen, ist. Dieser wendet sich an den Deutschen Presserat. Durch die Angaben im Gerichtsbericht, wo er lebe, dass er eine Maisonette-Wohnung habe und ein Mercedes-Cabrio fahre, sei er in seinem kleinen Heimatort identifizierbar. Seine Anonymität sei nicht ausreichend gewahrt. Der Gerichtsreporter habe die Aussagen der Angeklagten als Fakten dargestellt. Sein Wagen sei, im Gegensatz zu der Darstellung im Artikel, nie an seine Firma verkauft worden. Dies belegt er durch eine Zeugenaussage. Zudem sei er als “väterlicher Freund” einer Zeugin bezeichnet worden. Das sei eine Diffamierung. Die Zeitung geht davon aus, dass der Beschwerdeführer in dem Artikel ausreichend anonymisiert worden sei. Weder der Wagen noch die Maisonette-Wohnung seien in dem Landkreis eine Seltenheit und würden den Beschwerdeführer nicht hinreichend identifizieren. Dass in dem Diebstahlsfall “theoretisch die ganze Belegschaft der Täter hätte sein können”, sei eine Einschätzung des Gerichts gewesen, die der Reporter lediglich referiert habe. Der Terminus “väterlicher Freund” sei weder diffamierend noch ehrverletzend, sondern sei während der Verhandlung so gebraucht worden. (2005)
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“Mehr Zivilcourage” steht über einem Leserbrief, den eine Regionalzeitung - an einigen Stellen gekürzt - abdruckt. Zwar fordert die Autorin, eine Lehrerin, darin zum einen mehr Zivilcourage, wenn Kinder offensichtlich misshandelt würden. Zum anderen macht sie jedoch auch auf folgendes aufmerksam: Das, was “niemandem hilft, sind die Kerzen und die Kuscheltiere, sie dienen nur der eigenen Beruhigung oder als Alibi beim Betroffenheitstourismus. (…) Dass die Schüler in … schulfrei zum Besuch der Beerdigung kommen, ist die traurige Krönung dieser Farce…”. Der Leserbrief wird ohne die letztgenannte Passage veröffentlicht. Die Beschwerdeführerin sieht die Kürzungen in ihrem Leserbrief als wesentlich und vor allem als sinnentstellend an. Dieser Meinung sind auch ihre Schüler. Die Zeitung steht zu ihrer Bearbeitung des Leserbriefs. Sie sieht keine kürzungsbedingte Sinnentstellung. (2005)
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Auf der Titelseite einer Boulevardzeitung und im Innern des Blattes sind Farbfotos eines siebenjährigen Schützen und seines fünfjährigen Opfers zu sehen, die aus einem kleinen bayerischen Ort stammen. Der Ältere hatte seinen kleinen Bruder mit dem Sportgewehr des Vaters erschossen. Die Namen der Kinder werden genannt. Eine Leserin ruft den Deutschen Presserat an, weil sie bemängelt, dass die Kinder deutlich erkennbar sind. Sie könne nicht erkennen, dass das Informationsinteresse der Öffentlichkeit so groß sei, dass die Persönlichkeitsrechte der Kinder und auch der Eltern dahinter zurücktreten müssten. Die Zeitung teilt mit, dass sie die Fotos der Kinder aus dem Kreis der Familie bekommen habe. Es sei lediglich darum gebeten worden, die Gesichter zu pixeln, was auch ohne diese Bitte geschehen sei. Die Familie habe die Veröffentlichung nicht kritisiert. Eine Berichterstattungspflicht habe bestanden. Diese ergebe sich aus der Ungewöhnlichkeit des tragischen Falles und aus dem Umstand, dass die Eltern ihre Aufsichtspflicht verletzt hätten. (2005)
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“Schiebt diesen Verbrecher ab!”, “Schnarch-Justiz! Wird Attentäter heute verhaftet?”, “Justiz-Skandal! Attentäter nicht ausgewiesen” – mehrmals berichtet ein Boulevardblatt über den türkischen Beschwerdeführer, der immer wieder als “Attentäter” und “Verbrecher” bezeichnet wird. Die Zeitung schreibt, der Mann sei in der Türkei im Jahr 1993 zu siebeneinhalb Jahren Freiheitsstrafe verurteilt worden. Er habe an einer Demonstration teilgenommen, die mit einem Brandanschlag endete, bei dem 37 Menschen ums Leben gekommen seien. Der Beschwerdeführer wird als Tatbeteiligter dargestellt. Seine Behauptung, er habe sich nur der Menschenmasse angeschlossen, wird in einem der Artikel als Zitat wiedergegeben. Er wird auch dahingehend zitiert, dass er mit dem Brandanschlag selbst nichts zu tun gehabt habe. Die Zeitung berichtet außerdem, dass der Mann in der Türkei mit Haftbefehl gesucht werde. Die Artikel wurden jeweils mitsamt einem Bild des Beschwerdeführers abgedruckt, wobei seine Augen mit einem schwarzen Balken abgedeckt wurden. Der Beschwerdeführer macht – anwaltlich vertreten – eine Verletzung der Ziffern 1, 2, 9 und 13 des Pressekodex geltend. Er prangert an, die Zeitung habe neben den Artikeln gegen seinen Willen Fotos von ihm veröffentlicht. Die den Artikeln zugrunde liegenden Informationen seien falsch recherchiert worden. Er sei nie Täter bei einem versuchten Brandstiftungs- oder Tötungsdelikt gewesen. Er sei auch nie als solcher angeklagt oder verurteilt worden. Er sei ausschließlich wegen seiner Teilnahme an einer Demonstration zu drei Jahren Freiheitsstrafe verurteilt worden. Dabei habe er nur religiöse und politisch motivierte Parolen gerufen. Dieses Urteil sei später aufgehoben worden. Wegen Beteiligung an der versuchten Veränderung der Gesellschaftsordnung habe ihn ein türkisches Gericht zu siebeneinhalb Jahren Freiheitsstrafe verurteilt. Im Lauf des gerichtlichen Verfahrens sei ihm kein rechtliches Gehör gewährt worden, so dass er Rechtsmittel eingelegt habe. Aus diesem Grund sei das Verfahren erneut rückverwiesen und daher noch nicht abgeschlossen worden. Schließlich habe ihn die Zeitung in ihren Artikeln beleidigt. Er wendet sich an den Deutschen Presserat. Die Rechtsabteilung der Zeitung vertritt die Auffassung, es sei wahr, dass der Beschwerdeführer vom Obersten Türkischen Gerichtshof zu siebeneinhalb Jahren Freiheitsstrafe verurteilt worden sei. Nach dem Mann werde international gefahndet; ein Auslieferungshaftbefehl liege vor. Eine Vorverurteilung sei nicht erfolgt. Es handle sich vielmehr um ein zeitgeschichtliches Ereignis von hohem Aufmerksamkeitswert und gesellschaftspolitischer Bedeutung. Die Zeitung habe lediglich von der Pressefreiheit Gebrauch gemacht, die es ihr ermögliche, innerhalb gewisser Grenzen zu entscheiden, was öffentliches Interesse beanspruche und was eine Angelegenheit von öffentlichem Interesse sei. (2005)
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Massenschlägerei vor einer Kneipe. Die örtliche Zeitung berichtet, “Männer, die nach Polizeiangaben der Gruppe der Roma und Sinti angehören”, hätten die Gaststätte belagert. Die Polizei habe eine Situation vorgefunden, “bei der sich die Aggressionen der den Roma und Sinti zugerechneten Tatbeteiligten gegen die Beamten richtete”. Ein Vertreter des Zentralrats Deutscher Sinti und Roma, sowie ein Leser der Zeitung sehen einen Verstoß gegen Ziffer 12 und gegen Richtlinie 12.1 des Pressekodex. Sie wenden sich an den Deutschen Presserat. Nach ihrer Einschätzung erweckte der Artikel den Eindruck, dass ein Zusammenhang zwischen der Zugehörigkeit der Schläger zum Volk der Sinti und Roma und den vermeintlich bei der Schlägerei begangenen Straftaten bestehe. Außerdem verstoße der Artikel gegen Ziffer 2, da nicht ersichtlich sei, dass sich die Personen als Roma und Sinti ausgegeben hätten. Soweit diese Informationen auf Auskünften der Polizei beruhten, lasse dies den Schluss zu, dass die Polizei eine besondere Kartei führe, was wiederum eine Verletzung des Datenschutzes bedeute. Die Chefredaktion der Zeitung vertritt die Auffassung, dass die Leser den Sachverhalt nur im Hinblick auf die Tatsache verstünden, dass sich verfeindete Sinti- und Roma-Gruppen gegenübergestanden hätten. Dieser Sachverhalt sei von keiner Seite bestritten worden. (2005)
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Der 75. Geburtstag des Verlegers ist Anlass für ein Porträt in dessen Zeitung. Darin werden sowohl der Geschäfts- als auch der Privatmann gewürdigt. Zunächst als Hobby gegründet, habe sich der Verlag zu einem Unternehmen mit 900 Mitarbeitern entwickelt. Das Porträt endet mit der Feststellung, mittlerweile habe der Verleger die Geschäfte seinem Sohn übertragen. In der Firmenbeschreibung fehlt der Hinweis, dass bereits vor einigen Jahren ein Insolvenzantrag gestellt worden sei. Der Beschwerdeführer als Insolvenzgläubiger des Unternehmens moniert, in dem Porträt seien Tatsachen wahrheitswidrig dargestellt worden. Neben verschiedenen anderen vermeintlichen Defiziten prangert er an, dass die Insolvenz verschwiegen worden sei. Mehrere Versuche, in Leserbriefen die Schwächen des Artikels aufzudecken, seien an der Ablehnung durch die Redaktion gescheitert. Nach einigem Hin und Her sei ihm die Bitte um eine Leserbriefveröffentlichung ganz ausgeschlagen worden. Er wendet sich an den Deutschen Presserat. Der Verlag ist der Auffassung, dass der Presserat für diese Angelegenheit nicht zuständig sei. Der Beschwerdeführer hätte den ordentlichen Rechtsweg beschreiten müssen. Im Fall der Zuständigkeit des Presserats sei die Beschwerde zurückzuweisen, da der Beschwerdeführer keinen Anspruch auf den Abdruck von Leserbriefen habe. (2005)
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Ein Ofenbauer streitet sich mit einer Frankfurter Familie. Es geht um einen Ofen, der für 22.000,- D-Mark im Jahr 2001 den Besitzer wechselte. Eine Anzahlung wurde geleistet. Als sich der Handwerker um die Restzahlung bemüht, sieht er sich Mängelforderungen ausgesetzt. Eine Regionalzeitung berichtet über die gerichtliche Auseinandersetzung. Dabei ist davon die Rede, dass die Frankfurter Familie Sinti- und Roma-Kreisen zuzurechnen ist. Bei dem Versuch, zivilrechtliche Forderungen durchzusetzen, habe sich die “Familienmutter” als Sozialhilfeempfängerin entpuppt und der vermeintliche Familienvater sei spurlos verschwunden. Im Strafverfahren wegen Betrugs ging es nun darum herauszufinden, ob die Frankfurter Familie beim Ofenkauf vorsätzlich verschwiegen hat, dass sie den Kaufpreis nicht bezahlen könne. Die Beschwerdeführerin sieht einen Verstoß gegen Ziffer 12 des Pressekodex (Diskriminierung von Minderheiten) und wendet sich an den Deutschen Presserat. In dem Artikel werde der Eindruck erweckt, es bestehe ein Zusammenhang zwischen der Zugehörigkeit der Familie zur Gruppe der Sinti und Roma und dem vermeintlich begangenen Betrug. Die Zeitung bezieht sich auf die Gerichtsverhandlung, in der während der Beweisaufnahme mehrmals von der Frankfurter Familie aus dem Kreis der Sinti und Roma die Rede gewesen sei. Sie unterstellt daher, dass dieser Sachverhalt auch das Gericht in seiner Urteilsfindung beeinflusst habe. Außerdem sei der umstrittene Ausdruck ohne jegliche Wertung zitiert worden. (2005)
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“Mit einem Bein in der Freiheit” überschreibt eine Regionalzeitung ihren Bericht über einen Straftäter, dem als so genannten Freigänger die Möglichkeit geboten wurde, durch die Eröffnung einer Tapas-Bar eine neue Existenz aufzubauen. In dem Artikel wird die Straftat, die ihn ins Gefängnis brachte, als “Streit zwischen dem damaligen Pächter des Tennis-Restaurants und einem 48-jährigen Gast” geschildert, der mit dessen Tod endete. Dafür sei der Täter zu einer Freiheitsstrafe von vier Jahren und neun Monaten verurteilt worden. Im Anschluss an diese Informationen wird berichtet, dass dem Täter die “Tragweite der Prügelei” erst später bewusst geworden sei. Zitat: “Ich habe den Mann nicht zu Tode getreten. Nach unserem Streit lebte der Mann noch.” Er – der Täter – wisse von einer Auseinandersetzung, die später noch auf dem betreffenden Gelände stattgefunden habe. Die Schwester des Opfers meint als Beschwerdeführerin, der Artikel enthalte falsche Behauptungen. Diese seien vor allem in dem Zitat des Täters zu sehen, der die Tat damit bestreiten wolle, obwohl er entsprechend gerichtlicher Gutachten der Tat überführt und rechtskräftig verurteilt worden sei. Der Artikel verharmlose durch den Ausdruck “Prügelei” eine mit äußerster Brutalität verübte Tat. Außerdem sei der Artikel – so die Schwester des Opfers – schlecht recherchiert. Der Freigänger genieße seine Vorteile nur auf Grund einer Gesetzeslücke. Dies sei nur deshalb der Fall, weil er seinerzeit nicht gleich in Untersuchungshaft genommen geworden sei. Die Zeitung habe einen Leserbrief nicht veröffentlicht, weil sie mit Rücksicht auf Familienmitglieder auf Anonymität bestanden habe. Die Redaktion steht auf dem Standpunkt, sie habe nicht für den Straftäter Partei ergriffen. Auch nenne sie den Namen des Opfers nicht. In dem Artikel werde vielmehr distanziert, aber exemplarisch geschildert, auf welche Weise heutzutage Straffälligen eine neue Chance gegeben werde. Leserbriefe würden ausnahmslos nur mit voller Namens- und Wohnortangabe veröffentlicht. (2005)
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