Entscheidungen finden

Wie hat der Presserat entschieden?

Rüge, Missbilligung oder Hinweis, wie hat der Presserat entschieden? Hier können Sie online in der Spruchpraxis des Presserats eine Auswahl an Beschwerdefällen von 1985 bis heute recherchieren.

Bitte beachten: Im Volltext abrufbar sind nur Entscheidungen mit den Aktenzeichen ab 2024, z.B. 0123/24/3-BA!
Sie müssen dazu immer das volle Aktenzeichen eingeben, also 0123/24/3-BA.

Nach detaillierten Richtlinien (z.B. 8.1) können Sie erst ab den Fällen aus 2024 recherchieren. Ältere Fälle werden nur unter der entsprechenden Ziffer (z.B. 8) angezeigt.

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Entscheidungsjahr
6869 Entscheidungen

Öffentliche Person

Unter der Überschrift „Warme Wohnung ja, neue Zähne nein“ informiert eine Lokalzeitung ihre Leserinnen und Leser über den Rechtsstreit eines Sozialhilfeempfängers gegen seinen Landkreis, der als Sozialhilfeträger fungiert. Sie berichtet, dass die begehrte Erstattung von Zahnbehandlungskosten dem Kläger nicht zugesprochen wurde und dass die Übernahme von Heizkosten nur anteilig gewährt wird. Der Kläger hatte versäumt, die Ersetzung alter Amalgamfüllungen durch Kunststofffüllungen und die Bestellung zusätzlichen Heizöls durch das Landratsamt vorher genehmigen zu lassen. Die Zeitung nennt den Betroffenen mehrmals mit vollem Vor- und Nachnamen. Dagegen wehrt sich der Mann in einer Beschwerde beim Deutschen Presserat. Zusammen mit seinem Namen seien durch den Artikel seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse an die Öffentlichkeit gebracht worden, obwohl es sich seiner Ansicht nach um ein in keiner Weise berichtenswertes Gerichtsverfahren gehandelt habe. Der Beschwerdeführer stellt fest, dass in der weiteren regionalen Tagespresse nicht über das Gerichtsverfahren berichtet worden sei. Der Redaktionsleiter der Zeitung teilt in seiner Stellungnahme mit, dass der Beschwerdeführer seit rund zehn Jahren einen erbitterten Kleinkrieg mit kommunalen Mandatsträgern, dem Bürgermeister, dem Landrat sowie mit Behörden und der Justiz führe. Er rühme sich selber öffentlich, über hundert Dienstaufsichtsbeschwerden geschrieben zu haben, und werfe quasi jedem Amtsträger, mit dem er zu tun habe, Amtsmißbrauch oder Strafvereitelung im Amt vor. Hiermit habe er sich regelmäßig an die Zeitung gewandt und stets den Abdruck seiner Elaborate mit voller Namensnennung erwartet oder besser verlangt. Aus Sicht der Zeitung handelt es sich bei dem Beschwerdeführer um einen chronischen Querulanten und Rechthaber, der sich „einen Dreck um die Persönlichkeitsrechte der Menschen schere, die er permanent und öffentlich beleidige“. Der Redaktionsleiter belegt diese Aussage mit verschiedenen Beispielen. Nach seiner Überzeugung müsse aber jemand, der sich ständig und mit großem öffentlichen Getöse mit Behörden und mit der Justiz herumschlage, auch in dem aktuellen Fall, über den er nun Beschwerde führe, mit Berichterstattung und Namensnennung rechnen und diese hinnehmen. Schließlich seien Prozesse und das Drängen auf Berichterstattung darüber die bevorzugte Beschäftigung des Mannes. (2002)

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Meinungsäußerung

Ein Unternehmer, dessen Tochter Reiterin ist, beschwert sich über einen Artikel, der mit der Überschrift „Einer benahm sich daneben“ in einer Reiter-Fachzeitschrift erschienen ist. Es geht um Vorkommnisse im Umfeld eines Reitturniers. Der Beschwerdeführer, der sich an den Deutschen Presserat wendet, kritisiert, in dem fraglichen Artikel würden Meinung und Bericht nicht getrennt. Er hält die Darstellung für einseitig. Der Autor erhebe zwar Vorwürfe, habe mit ihm aber nicht gesprochen, sondern nur Informationen aus zweiter Hand verwendet. Durch die Aussage in der Überschrift gebe der Autor eine eindeutige Wertung ab. Die in dem Artikel aufgestellte Behauptung, eine Gruppe Jugendlicher habe die Besprechung, bei der es zu dem angeblichen Danebenbenehmen gekommen sei, wegen der Äußerungen des Beschwerdeführers verlassen, sei falsch. Die jungen Leute seien gegangen, als ihre Besprechung vorbei war und ein neues Treffen in anderer Zusammensetzung terminiert gewesen sei. Während seiner – des Beschwerdeführers – Anwesenheit, habe niemand den Raum aus Protest verlassen. Seine Kritik am Landestrainer der Reiter habe sich nicht auf die Nominierung seiner Tochter für die Deutschen Meisterschaften, sondern darauf bezogen, dass dieser seine Tochter nicht beglückwünscht habe. Alles andere seien persönliche Vermutungen des Autors. Die Redaktion der Fachzeitschrift besteht darauf, dass die Berichterstattung zwar kritisch, aber korrekt gewesen sei. Der Vater der Reiterin habe bei der Besprechung den Landestrainer in ungewöhnlich scharfer Form angegriffen, ein Vorgang, den es so noch nie gegeben habe. Unmittelbar danach hätten die meisten der 20 anwesenden jungen Leute den Raum verlassen. Einige hätten den Autor des Artikels angesprochen. Dieser habe sich nach intensiver Gesprächen und Recherchen, auch nach einem Gespräch mit dem Beschwerdeführer selbst, zur Berichterstattung entschlossen. Zwei führende Sportfunktionäre hätten wenig später noch den Vater der Reiterin zur Mäßigung aufgefordert. Wie dieser selbst schreibe, habe er sich am Schlusstag der Meisterschaften darüber geärgert, dass der Landestrainer zu Beginn der Besprechung die Tochter nicht zu ihrem Titelgewinn beglückwünscht habe. Das kommentiere sich selbst. (2002)

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Ehre eines Politikers verletzt

Unter der Überschrift „Charly auf der Achterbahn“ berichtet ein Nachrichtenmagazin über die Rolle eines früheren SPD-Fraktionsmanagers in dem „anrüchigen Geschäft“ mit der Müllverbrennung in Köln. In dem Beitrag wird behauptet, der Betroffene habe mit zwei Parteifreunden, einem langjährigen Oberstadtdirektor und dem lokalen SPD-Bundes-tagsabgeordneten ein Trio gebildet, das in Parteikreisen ‚Troisdorfer Mafia‘ genannt worden sei. In der Sauna des Oberstadtdirektors, so heiße es, sei schon manches öffentlich-private Ding gefingert worden. Der genannte Bundestagsabgeordnete sieht sich in seiner Ehre verletzt und beschwert sich beim Deutschen Presserat. Es gebe keine „Troisdorfer Mafia“. In der Sauna des Oberstadtdirektors sei er nie gewesen. Zudem wohne dieser nicht in Troisdorf. Der Politiker kritisiert, dass der Autor des Artikels die entsprechende Passage bei ihm nicht gegenrecherchiert habe. Das Magazin habe in seiner darauf folgenden Ausgabe einen Leserbrief veröffentlicht, entgegen der Vereinbarung jedoch gekürzt und nicht wörtlich. Seine Integrität sei durch die Veröffentlichung des Briefes nicht voll wiederhergestellt worden. Das Justitiariat des Verlages räumt ein, dass der frühere Oberstadtdirektor nicht mehr in Troisdorf wohne. Die Bezeichnung „Troisdorfer Mafia“ stamme aus Kreisen der Partei des Beschwerdeführers und beschreibe zugespitzt, aber zulässig die enge Verbindung der Personen innerhalb der genannten Politikergruppe. Konkrete Vorwürfe würden dem Abgeordneten in dem Beitrag nicht gemacht. Deshalb sei er auch nicht zu dem Vorgang befragt worden. Er werde lediglich als sehr guter Bekannter des Parteimanagers dargestellt, was zutreffe. Der Hinweis auf Absprachen in der Sauna sei durch die Ergänzung „so heißt es“ klar als parteiinterne Unterstellung erkennbar. Letztendlich ergänze diese Anekdote nur die allgemeine Darstellung der Beziehung unter Parteifunktionären, wie sie in Parteikreisen kolportiert werde. Die veröffentlichte Version des Briefes sei mit dem Rechtsanwalt des Beschwerdeführers abgestimmt worden. (2002)

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Vorverurteilung eines Terrorverdächtigen

Eine Tageszeitung behauptet, ein in Hamburg lebender 29jähriger Marokkaner habe der Terrorzelle angehört, die am 11. September 2001 den Anschlag auf das World Trade Center in New York verübt hat. In der Überschrift des Artikels wird der Verdächtige als „Terrorist“ bezeichnet. In der Unterzeile wird festgestellt, er sei ein Komplize von Mohammed Atta, einem der „Terrorpiloten“, gewesen. Zudem wird ein Foto des Mannes veröffentlicht. Auch sein voller Name wird genannt. Ein Leser des Blattes sieht in dem Beitrag eine Vorverurteilung und trägt seine Bedenken dem Deutschen Presserat vor. Dies sei mindestens der dritte Fall im Verlauf des letzten Jahres, in dem die Zeitung Personen, gegen die in Zusammenhang mit dem 11. September 2001 in Hamburg ermittelt werde, zu Terroristen abstempele, beanstandet er. Ein in Hamburg arbeitender Wissenschaftler aus dem Sudan habe heute noch unter unberechtigten Vorwürfen zu leiden und einer arabischen Buchhandlung sei nach Veröffentlichungen in der Morgenpost der Mietvertrag gekündigt worden. Die Chefredaktion der Zeitung verweist in ihrer Stellungnahme darauf, dass der Betroffene zum Zeitpunkt der Berichterstattung unter dringendem Tatverdacht gestanden habe. Mit Hilfe des Konjunktivs habe der Autor Vermutungen als solche erkennbar gemacht. (2002)

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Anonymisierung ausreichend

Tragödie in einer deutschen Großstadt. Aus dem fünften Stockwerk eines achtstöckigen Wohnhauses stürzt sich ein zwölfjähriges Mädchen in den Tod. Die Zeitungen berichten ausführlich über das schreckliche Geschehen. Ein Leser einer der Zeitungen empfindet deren Berichterstattung als zu reißerisch. Er sieht auch den Namen des Mädchens zu wenig anonymisiert und befürchtet, die von dem tragischen Geschehen betroffene Familie sei für ein weiteres Umfeld erkennbar. Der Mann schaltet den Deutschen Presserat ein. Die Chefredaktion der Zeitung ist im Gegensatz zu dem Beschwerdeführer der Auffassung, dass der Artikel mit der nötigen Zurückhaltung abgefasst worden sei. Der Autor habe die von der Polizei gegebene Bezeichnung des toten Mädchens (Vorname und Initial des Familiennamens) übernommen. Um wen genau es sich gehandelt habe, sei auch deshalb schwer nachvollziehbar, weil sich das Kind bei der Großmutter aufgehalten habe. Nur dem unmittelbaren Umfeld des Kindes dürfte die Adresse bekannt gewesen sein. Überdies sei der Vater des Mädchens befragt worden, so dass auch die journalistische Sorgfaltspflicht gewahrt worden sei. (2002)

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Vorverurteilung einer Bordellbesitzerin

Unter der Überschrift „Sie zwangen 300 Mädchen zum Sex!“ informiert ein Boulevardblatt seine Leserinnen und Leser über den ersten Tag einer Gerichtsverhandlung gegen eine „Puffmutter und ihre schöne Tochter“. Im Vorspann stellt die Autorin des Artikels fest, hinter den schönen Gesichtern der beiden Frauen verberge sich die hässliche Fratze der Sex-Sklaverei. Ein Leser der Zeitung wendet sich an den Deutschen Presserat. Die Autorin des Beitrages übernehme in ihre Berichterstattung die Anklagepunkte der Staatsanwaltschaft als bewiesene Tatsachen und suggeriere der Öffentlichkeit in der Anfangsphase des Prozesses eine Schuld der Angeklagten. Die Rechtsabteilung des Verlages erklärt, der Beschwerdeführer sei wenige Tage vor der Veröffentlichung wegen Vergewaltigung, sexuellem Missbrauch von Jugendlichen, Drogenhandel und Körperverletzung zu zehn Jahren Haft verurteilt worden. Auf die Berichterstattung über seinen Fall habe er mit diversen Briefen beleidigenden Inhalts reagiert. Er sei als notorischer Nörgler und Querulant bekannt. Die beiden betroffenen Damen hätten mit Hilfe ihrer Anwältin aktiv an der Veröffentlichung mitgewirkt und sich auch freiwillig fotografieren lassen. (2002)

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Namensnennung in einem Leserbrief

Unter der Überschrift „An den Lehrer denken“ veröffentlicht eine Lokalzeitung den Brief einer Leserin, die sich über die Art und Weise beklagt, wie die Zeitung über einen Lehrer berichtet, gegen den wegen des Verdachts der Kinderpornografie durch die Staatsanwaltschaft ermittelt wird. Während ihr Wettbewerber den Fall anonym darstelle, nenne die Zeitung Name und Standort der Schule und nehme damit keine Rücksicht auf die Familie des Betroffenen. Im letzten Satz des Leserbriefes wird sogar der Name des Lehrers genannt. Ein Redakteur des Konkurrenzblattes hält diese Veröffentlichung für eine grobe Verletzung der Sorgfaltspflicht. Er beschwert sich beim Deutschen Presserat. Die Chefredaktion der Zeitung verweist auf ihre Berichterstattung, in welcher der Name des Verdächtigen nicht genannt worden sei. Erst als der Leserbrief einer Verwandten des Betroffenen eingegangen sei, habe die Redaktion dessen Inhalt als Spiegel einer ganz anderen Sichtweise der Dinge gesehen. Zuvor seien vier andere Leserbriefe an die jeweiligen Verfasser zurückgegangen, weil sie offensichtlich gegen die Grundsätze des Presserats verstießen. Die Namensnennung im letzten Satz des Leserbriefes sei sicherlich ein Problem. Bei einem den Verdächtigen wie auch immer belastenden Leserbrief hätte die Redaktion den Namen gestrichen. (2002)

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Verallgemeinerung

Unter der Überschrift „Dach-Haie kassieren ab“ veröffentlicht eine Lokalzeitung eine Warnung des Dachdeckerverbandes vor unseriösen Handwerkern, die ahnungslosen Hausbesitzern an der Haustür eine Dachreparatur oder aber gleich eine Dachsanierung, eine Umdeckung oder eine Fassadenkleidung andrehen. Nach der Manier von Drückerkolonnen würden derzeit ganze Gemeinden generalstabsmäßig abgearbeitet. Die Zeitung zitiert den Hauptgeschäftsführer des Landesinnungsverbandes mit der Feststellung, Pfusch werde zu weit überhöhten Preisen verkauft und Reparaturen würden ausgeführt, die überhaupt nicht notwendig seien. Er rate, von solchen Haustürgeschäften grundsätzlich Abstand zu nehmen und die Verbraucherschutzverbände oder die örtliche Dachdeckerinnung einzuschalten. Ein Berufsverband Unabhängiger Handwerkerinnen und Handwerker kritisiert in einer Beschwerde beim Presserat eine starke Einflussnahme der Dachdeckerinnung auf die Berichterstattung der Zeitung. Diese vermittele den falschen Eindruck, dass Dachdeckerarbeiten im Reisegewerbe gar nicht frei angeboten werden dürften. Außerdem werde in dem Artikel behauptet, viele dieser Betriebe seien noch nicht einmal in der Handwerksrolle zugelassen. Die Redaktionsleitung des Blattes beruft sich auf eine Pressemitteilung des Dachdeckerverbandes. Der Geschäftsführer der Landesinnung habe glaubhaft versichert, über Dachdecker im Reisegewerbe werde häufig geklagt. Der Artikel greife ersichtlich nicht alle Handwerker, die mit einer Reisegewerbekarte arbeiten, pauschal an, sondern beziehe sich lediglich auf unseriöse Handwerkerkolonnen. Auf keinen Fall suggeriere der Artikel, dass reisende Gewerbetreibende unseriös seien. (2002)

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Foto einer Hundehalterin

Zwei Hundehalter streiten vor Gericht. Honni, ein Golden Retriever-Mischling, soll Xinni, einen Yorkshire-Terrier, und dessen Frauchen, die im gemeinsamen Haus ein Stockwerk tiefer wohnen, mehrfach angesprungen und einmal sogar auf dem kleineren Hund herumgetrampelt haben. Daraufhin hatten Xinnis Herrchen und Frauchen bei Gericht die Einstweilige Verfügung durchgesetzt, dass Honni im öffentlichen Straßenverkehr und bei Begegnungen mit der Antragstellerin an der Leine zu führen sei. Eine Boulevardzeitung berichtet über den Einspruch der Betroffenen und den daraus resultierenden Prozess mit vielen Zeugen. In der Schlagzeile des Beitrages stellt sie fest, dass Xinni und Honni die Einzigen mit gesundem Menschenverstand, aber ihre Besitzer wie Hund und Katze seien. Die Besitzerin von Xinni trägt dem Deutschen Presserat ihren Ärger über diesen Artikel mit. Sie findet ihn tendenziös, diffamierend und einseitig zu Gunsten ihrer Nachbarn. Weiterhin kritisiert sie, dass die Zeitung ein Foto von ihr veröffentlicht hat. Die Redaktionsleitung der Zeitung entgegnet, die Beschwerdeführerin habe sich bereitwillig mit ihrem Hund fotografieren lassen. Sie sei auch mit der Veröffentlichung des Bildes einverstanden gewesen. Schließlich habe sie der Autorin mitgeteilt, dass sie in dem geplanten Bericht nur mit abgekürztem Namen erscheinen wolle. Dies sei in der Veröffentlichung auch so umgesetzt worden. Ein späteres Faxschreiben, in dem sie mitteile, dass man den Yorkshire-Terrier zeigen könne, sie selbst aber nicht im Foto erscheinen wolle, habe der Redaktion zum Zeitpunkt der Produktion nicht vorgelegen. Es gebe heute auch keine Möglichkeit mehr, den Zeitpunkt des Faxeinganges zu prüfen. Von einer Tendenz in der Berichterstattung könne keine Rede sein. Die Beschwerdeführerin könne nicht erwarten, dass – entgegen der Verfahrenssituation – nur in ihrem Sinne berichtet werde. (2002)

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Foto eines Angeklagten

Ein Pfarrer steht vor Gericht, weil er zwei Mädchen (heute 19 bzw. 16 Jahre alt) sexuell missbraucht haben soll. Die Zeitung der Region berichtet darüber und illustriert ihren Beitrag mit einem Foto des Angeklagten. Beigestellt ist ein Kommentar unter der Überschrift „Fragwürdige Entscheidung“. Die Autorin beschäftigt sich darin mit der Tatsache, dass die Verhandlung zum Schutz der Privatsphäre nicht öffentlich durchgeführt wird. Am Ende trifft sie die Feststellung: „Wenn das Beispiel Schule macht, beruft sich künftig jeder Kriminelle auf diese Formel.“ Ein Journalist legt Beschwerde beim Deutschen Presserat ein, weil er den Beitrag für vorverurteilend hält. Zudem kritisiert er die Veröffentlichung des Fotos. Der Artikel nehme auch keine Rücksicht auf die betroffenen Jugendlichen, deren Vornamen und Alter angegeben sind. Schließlich werde im letzten Satz des Kommentars der Angeklagte auf eine Ebene mit Kriminellen gestellt. Die Chefredaktion der Zeitung erklärt, der Vorgang sei in der Region bereits Monate vor der Eröffnung des Prozesses Thema einer breiten Berichterstattung in Printmedien, Funk und Fernsehen gewesen. Diese sei auch auf Initiative der Opfer des angeklagten Pfarrers erfolgt. Diese hätten bewusst zur Bewältigung ihres Traumas den Weg in die Öffentlichkeit gesucht. In diesem Zusammenhang existiere auch eine Stellungnahme der Evangelischen Landeskirche. Diese habe als Dienstherr des Angeklagten unter voller Namensnennung des Pfarrers Position gegenüber der Öffentlichkeit bezogen und dabei auch Vorgänge aus dem beruflichen Vorleben des Pfarrers und seine Strafversetzung offenbart. Der Betroffene sei als Seelsorger einer Kirchengemeinde eine Person der Zeitgeschichte. Daher müsse er es sich gefallen lassen, dass in einer Gerichtsberichterstattung sein Name genannt und sein Foto veröffentlicht werde. Die Chefredaktion verweist schließlich auf einen Kommentar in einem Konkurrenzblatt, in dem gleichfalls der Ausschluss der Öffentlichkeit von der Verhandlung kritisiert und hervorgehoben wird, dass der betroffene Geistliche sich bereits selbst öffentlich im Fernsehen zu den Vorwürfen geäußert habe. (2002)

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