Entscheidungen finden

Wie hat der Presserat entschieden?

Rüge, Missbilligung oder Hinweis, wie hat der Presserat entschieden? Hier können Sie online in der Spruchpraxis des Presserats eine Auswahl an Beschwerdefällen von 1985 bis heute recherchieren.

Bitte beachten: Im Volltext abrufbar sind nur Entscheidungen mit den Aktenzeichen ab 2024, z.B. 0123/24/3-BA!
Sie müssen dazu immer das volle Aktenzeichen eingeben, also 0123/24/3-BA.

Nach detaillierten Richtlinien (z.B. 8.1) können Sie erst ab den Fällen aus 2024 recherchieren. Ältere Fälle werden nur unter der entsprechenden Ziffer (z.B. 8) angezeigt.

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Entscheidungsjahr
7055 Entscheidungen

Chronistenpflicht

Mordprozess in einer deutschen Großstadt. Eine Boulevardzeitung zitiert den Angeklagten, der in Sicherheitsverwahrung sitzende frühere Anwalt H. habe den ihm zur Last gelegten Mord in Auftrag gegeben. H. ruft den Deutschen Presserat an. Er beschwert sich über die Zeitung, die sich die Aussage des Angeklagten zu eigen gemacht habe. Ein Verfahren, in dem diese Vorwürfe überprüft wurden, sei bereits zwei Jahre zuvor eingestellt worden. Er ist der Ansicht, dass die Zeitung kein Recht hatte, seinen vollen Namen zu nennen, ohne zumindest auf die Verfahrenseinstellung hinzuweisen. Die Rechtsabteilung der Zeitung teilt mit, die Redaktion habe sich nicht die Aussage des Angeklagten zu eigen gemacht. Die Verfasserin äußere sogar deutliche Zweifel an seiner Glaubwürdigkeit. Der Beschwerdeführer – der einstige Anwalt H. – sei eine „kriminelle Person der Zeitgeschichte“, da er schon mehrfach vor Gericht stand und mittlerweile sogar in Sicherungsverwahrung gehalten werde. Schon im Ermittlungsverfahren sei immer wieder der Verdacht aufgekommen, dass H. der Auftraggeber des wegen Mordes Angeklagten gewesen sei. (2002)

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Falscher Sachverhalt

Berichterstattung zulässig

„Terror im Namen des Herrn“ – unter dieser Überschrift berichtet eine Zeitschrift über Vorgänge in einem Nonnenkloster und in der dazu gehörenden Realschule. In dem Artikel heißt es, die Nonnen des Klosters seien von einem Mitglied des Geheimbundes „Engelwerk“ beeinflusst und hätten sich mittlerweile in eine gefährliche Sekte verwandelt. Von „Terror im Kloster“ ist die Rede. Zudem heißt es, dass einige Nonnen das Kloster verlassen hätten. Andere seien weggesperrt worden; manche seien medikamentenabhängig oder dem Alkohol verfallen. Die Provinzoberin des Klosters sieht in dem Artikel eine Verleumdung und beschwert sich beim Deutschen Presserat über die Zeitschrift. Keine der Nonnen gehöre dem erwähnten Engelwerk an. Sie weist darauf hin, dass sich ein Fotograf der Zeitschrift zweimal ohne Erlaubnis in Kloster und Realschule aufgehalten habe. Er habe dort fotografiert, bis er Hausverbot erhalten habe. Die Rechtsabteilung der Zeitschrift hält dem Vorwurf entgegen, der Fotograf sei nicht in die Privatsphäre der Nonnen eingedrungen. Auch sei keine der Nonnen auf den Fotos zu identifizieren. Die Einschätzung, dass sich die Nonnen von einer anerkannten religiösen Vereinigung in eine gefährliche Sekte verwandelt haben könnten, sei eine zulässige Meinungsäußerung und von Artikel 5 des Grundgesetzes geschützt. Die veröffentlichte Passage über Alkohol und Medikamente habe die Zeitschrift durch Quellenhinweise belegt. (2002)

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Namensnennung einer Nonne

In einem von Nonnen betriebenen Kloster-Kindergarten wird ein kleines Mädchen von einer der Erzieherinnen mit dem Tode bedroht. Das ist der Hauptvorwurf im Bericht einer Tageszeitung. Außerdem wird der Werdegang der Nonne vor ihrem Eintritt ins Kloster kritisch beleuchtet. Die Provinzoberin des Ordens, dem die Schwester angehört, erklärt den Vorwurf der Todesdrohung für falsch und wendet sich an den Deutschen Presserat. Es handele sich um eine unbewiesene Tatsachenbehauptung, mit der die Erzieherin fertig gemacht werden solle. Die Oberin kritisiert zudem die volle Namensnennung in dem Beitrag. Die Redaktionsleitung der Zeitung teilt mit, sie habe erst berichtet, als Ermittlungsergebnisse der Behörden vorlagen. Die Redaktion habe sich dem Thema sehr vorsichtig und verantwortungsbewusst genähert. Insgesamt sei der Sachverhalt in objektiver Weise dargestellt worden. Auch habe die Zeitung darauf hingewiesen, dass die betreffende Schwester die Vorwürfe bestreite. Den vollen Namen habe man genannt, um nicht andere Mitschwestern einem Verdacht auszusetzen. Die Redaktionsleitung merkt schließlich an, dass sie die aufgezeigten Missstände nicht aus der Luft gegriffen habe. Mittlerweile seien nämlich in allen Bereichen des Klosters (Kindergarten, Grundschule, Hauptschule, Realschule) Schwestern von ihren Posten abberufen und zum Teil mit einem Berufsverbot belegt worden. (2002)

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Betroffene nicht gehört

„Lehrerin im Kreuzfeuer der Kritik“ überschreibt eine Regionalzeitung ihren Bericht über Vorgänge an einem Gymnasium. Schüler, Eltern und Lehrer werden mit Vorwürfen gegen die Frau zitiert, die ihr Persönlichkeitsrecht verletzt sieht, da sie durch Nennung des Ortes und des Gymnasiums leicht identifizierbar sei. Sie kritisiert außerdem, dass sie im Zuge der Recherche des Artikels nicht selbst befragt worden sei. Auch sei weder mit dem von den Schülern zitierten Klassenlehrer noch den anderen genannten Lehrkräften gesprochen worden. Die Lehrerin weist darauf hin, dass ihr eine Stellungnahme des Klassenlehrers vorliege, in der dieser mit Zorn und Entsetzen zurückweise, was ihm von Schülern in den Mund gelegt worden sei. Sie wendet sich an den Deutschen Presserat. Der Autor teilt mit, Basis für seinen Artikel seien die Aussagen von vier Schülern gewesen. Außerdem habe er die Äußerungen von drei Elternvertretern, des Sprechers des Oberschulamtes und des Schulleiters verarbeitet. Er verstoße nicht gegen die Sorgfaltspflicht, wenn er seine Informanten nicht namentlich nenne, weil diese sonst mit Nachteilen zu rechnen hätten. Schließlich sei die Lehrerin nach dem Landesbeamtengesetz verpflichtet, über dienstliche Vorkommnisse zu schweigen. Es sei also sinnlos gewesen, sie um eine Stellungnahme zu bitten. (2002)

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Meinungsäußerung

Eine Zeitung berichtet unter der Überschrift „Landbeschaffung für unseriös gehalten“ über den Plan eines Investors, eine Wildtierfarm einzurichten. Dieser sieht in dem Beitrag eine einseitige Kritik zu seinen Lasten. Er bemängelt „sachliche Falschaussagen“. So sei die Überschrift nicht haltbar. Außerdem sei die Veröffentlichung in mehreren Passagen nicht korrekt. Der Mann schaltet den Deutschen Presserat ein. Die Chefredaktion des Blattes entgegnet dem Beschwerdeführer, dass die beanstandete Berichterstattung auf entsprechenden Äußerungen beruhe, die auch als solche klar gekennzeichnet seien. Aus der beigefügten Anlage gehe hervor, das die Versuche des Investors, Grundstücke für sein Vorhaben zu nutzen, bereits vor Erscheinen des Artikels auf wenig Gegenliebe gestoßen sei. Aus den Unterlagen sei ersichtlich, dass der Beschwerdeführer mit sichtlich zweifelhaften Methoden versucht habe, Verpächter von Flächen, die er nutzen möchte, zur Kündigung von bestehenden Pachtverträgen zu bewegen. (2002)

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Tagesablauf einer Stadtstreicherin

Unter Hinweis darauf, dass sie für diese soziale Einrichtung Spenden sammelt, berichtet eine Lokalzeitung über eine Tageswohnung für obdachlose Frauen. Sie beschreibt die Räumlichkeiten und die Tätigkeit dieser Hilfseinrichtung. „Evas Haltestelle“ habe 15 Stammgäste, acht davon seien psychisch gestört. Exemplarisch wird der Tagesablauf einer Frau beschrieben, die vor zehn Jahren eine erfolgreiche Fernsehjournalistin gewesen und Opfer eines Autounfalls geworden sei. Seit der dabei erlittenen starken Schädelverletzungen sei sie geistig gestört, höre oft Stimmen und leide an Halluzinationen. Die Frau komme jeden Donnerstag zum Frühstück. Danach fahre sie quer durch die Stadt zu anderen Einrichtungen. Sie habe sich mittlerweile einen richtigen Fahrplan für eine Nahrungskette zusammengestellt, zitiert das Blatt die leitende Sozialarbeiterin. Immerhin habe die Frau noch eine kleine Ein-Zimmer-Wohnung, in die sie sich nachts verkriechen könne. Damit sei sie eine Ausnahme. Die betroffene Frau beklagt in einer Beschwerde beim Presserat, dass ihre persönlichen Daten in dem Artikel veröffentlicht wurden. Sie bestreitet, dass sie geistig gestört sei und dass sie Halluzinationen habe, gesteht aber ein, dass sie seit geraumer Zeit Stimmen des Verfassungsschutzes höre. Sie habe zwei Studiengänge absolviert und 1995 ihre Diplomarbeit in Politologie geschrieben. Nach Erscheinen des Artikels sei sie von den Leitern mehrerer Hilfseinrichtungen angesprochen worden, da man sie auf Grund der darin erwähnten Umstände erkannt habe. Der Chefredakteur der Zeitung betont, mit dem Artikel habe man die Spendenaktion seines Blattes unterstützen wollen. Man habe dabei nicht die Absicht gehabt, das Schicksal der Beschwerdeführerin in missbräuchlicher Weise zu beschreiben. Die Redaktion habe weder den Namen der Betroffenen genannt noch ihr Foto veröffentlicht. Die Anonymität der Frau sei damit gewahrt worden. So weit die Beschwerdeführerin angebe, sie sei an mehreren Essenausgabestellen auf Grund des Artikels erkannt worden, sei zu berücksichtigen, dass die Informationen über sie just diesen Quellen entstammten. Die Betroffene sei also nicht auf Grund des Artikels erkannt worden, sie sei vielmehr in den diversen Hilfseinrichtungen schon vorher bekannt gewesen. Auch sei der Artikel in der Wortwahl nicht abwertend formuliert. Bewusst sei nicht die Formulierung „geistesgestört“, sondern „geistig gestört“ gewählt worden. Dies sei nicht als abwertende Meinung, sondern als neutraler Befund zu verstehen. Der Artikel schildere darüber hinaus auch Ursache und Symptome der Beeinträchtigung, so dass nichts dargetan sei, was abwertend zu verstehen sei oder gegen die Befähigung der Beschwerdeführerin spreche, die von ihn erwähnte Diplomarbeit zu verfassen oder sich sonstigen Prüfungen zu stellen. (2001)

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Meinung geäußert

„Kampagne gegen Impfen kriminell“ lautet die Überschrift über einem Artikel, mit dem die Regionalzeitung einer deutschen Mittelstadt über den Vortrag von Impfgegnern berichtet. Im wesentlichen gibt der Bericht die Meinung der örtlichen Bundestagsabgeordneten wieder. Die Impfgegner beschweren sich beim Deutschen Presserat darüber, dass die Zeitung der Abgeordneten eine Plattform zur Veröffentlichung von Aussagen gegeben hat, die nicht bewiesen sind. In dem Artikel ist von „Erkundigungen bei Sektenexperten“ die Rede. Damit werde der Eindruck erweckt, dass die Abgeordnete sich auf die Autorität von Experten bezieht und dadurch beim Leser der Eindruck der besonderen Glaubwürdigkeit der Information entstehen könnte. Die Rechtsvertretung der Zeitung erklärt, dass die kritisierte Berichterstattung sorgfältig recherchiert und gerade zwingend erforderlich war, um die Öffentlichkeit auf das Wirken der Impfgegner aufmerksam zu machen. (2002)

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Leserbrief trotz Verbots gekürzt

In einer Gemeinde wird darüber gestritten, ob man vier Straßen des Ortes nach ehemaligen Dorfschullehrern benennen kann, die allesamt seinerzeit Mitglieder der NSDAP gewesen sind. Auch eine Nachbargemeinde, die einen Festsaal nach einem dieser Lehrer benannt hat, weil er auch ein Heimatdichter war, geht auf Distanz zum Namenspatron. Die Zeitung am Ort berichtet darüber und veröffentlicht Leserbriefe zum Thema. Einer der Leserbriefschreiber macht sich für den Heimatdichter stark. Selbst wenn er ein Gedicht zu Ehren Hitlers verfasst habe, so sei das im Vergleich zu der Unmoral, die man sonst dulde, fast nichts. Als ein Beispiel dieser „geduldeten Unmoral“ führt der Verfasser Clara Zetkin an, nach der zu seinem Bedauern hier noch immer eine Straße benannt sei. Diese habe kommunistische Führer und Verantwortliche der russischen Geheimpolizei in den höchsten Tönen gelobt, obwohl sie als Massenmörder in die Geschichtsschreibung eingegangen seien. Der Teil des Leserbriefes, in dem der Autor seine Haltung mit Zahlen über Inhaftierte und Ermordete und quantitativen Gegenüberstellungen begründet, wird von der Redaktion gestrichen. Dagegen wehrt sich der Betroffene mit einer Beschwerde beim Presserat. Trotz ausdrücklichen Verbots sei sein Brief um mehr als die Hälfte gekürzt worden. Andere Briefe von ihm seien überhaupt nicht veröffentlicht worden. Die Redaktion wolle wohl Verbrechen verschleiern. Die Chefredaktion der Zeitung bedauert, dass sie das ans Volksverhetzende grenzende Elaborat überhaupt veröffentlicht habe. In einer Rubrik mit Hausmitteilungen schildert sie ihren Leserinnen und Lesern den gesamten Vorgang. Die Kürzung sei keineswegs sinnentstellend. Man räume aber ein, übersehen zu haben, dass der Leserbriefschreiber sich die Kürzung seines Briefes verbeten habe. Er habe dies im Anschreiben notiert, nicht aber auf dem Blatt, auf dem der Text geschrieben war. So sei das Versehen zu erklären, aber nicht zu entschuldigen. (2001)

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Persönlichkeitsrecht

„Auf frischer Tat – 31jähriger des Drogenhandels angeklagt“, und „Freiheitsstrafe für 31jährigen Drogendealer“ – unter diesen Überschriften berichtet eine Regionalzeitung mehrmals über Gerichtsverhandlungen gegen einen jungen Mann aus einem 600-Einwohner-Dorf. Die Zeitung nennt den Ort, den vollen Vornamen und das Initial des Familiennamens des Angeklagten. Dessen Eltern bekommen anonyme Schmähanrufe. Sie sehen ihre Privatsphäre verletzt und schalten den Deutschen Presserat ein. Die Chefredaktion der Zeitung bedauert die durch die Veröffentlichungen verursachten Reaktionen gegenüber den Eltern des Angeklagten. Der Pressekodex sei jedoch nicht verletzt, da dem Mann ein Verbrechen vorgeworfen werde. Die Zeitung sei zudem davon ausgegangen, dass der 31jährige nicht mehr bei seinen Eltern lebe. (2002)

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