Wie hat der Presserat entschieden?
Rüge, Missbilligung oder Hinweis, wie hat der Presserat entschieden? Hier können Sie online in der Spruchpraxis des Presserats eine Auswahl an Beschwerdefällen von 1985 bis heute recherchieren.
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6869 Entscheidungen
Unter der Überschrift „Verloren im Bauch der Stadt“ berichtet eine Tageszeitung über die Straßenkinder vom Bahnhof Bukarest. In dem Beitrag ist folgende Passage enthalten: „Und da sind Janut und seine zwei Geschwister, deren Eltern auf der Straße gelebt haben – und nun tot sind, der Vater von Schlangen gefressen am Bukarester Fluss, die Mutter an Krebs zu Grunde gegangen.“ Ein Leser des Blattes sieht sich nicht nur falsch informiert, sondern verhöhnt. In seiner Beschwerde beim Deutschen Presserat äußert er die Ansicht, dass es wohl in Rumänien keine Menschen fressenden Schlangen geben könne. Der Autor des Beitrages teilt mit, dass er die Behauptung bei der rumänischen Polizei verifiziert habe. Der Leichnam sei von der Polizei entdeckt worden. Nach einer Obduktion habe man festgestellt, dass der alkoholisierte Körper des schwer trinkenden Mannes in dessen Delirium von Schlangen regelrecht aufgefressen worden sei. In den Sommermonaten sei es in Rumänien so heiß, dass sich kleinere Schlangen an Flussufern aufhielten, wo auch die Wohnsitzlosen schlafen. Auch mehrere rumänische Zeitungen hätten über dieses Phänomen berichtet. Der Presserat befragt mehrere Experten, ob es in Rumänien Menschen fressende Schlangen geben könnte. Alle verneinen und erklären, dass es nur wenige Schlangenarten gebe, die einen erwachsenen Menschen fressen könnten. Diese lebten alle in den Tropen. Es könnte allenfalls sein – so ein Zoodirektor – dass eine im Wasser liegende Leiche von Aalen angefressen werde. Dies könne man den Tieren nicht vorwerfen. Vielleicht richte sich die Beschwerde aber auch gegen den Journalisten, der Aal und Schlange nicht unterscheiden könne. Bei der mangelhaften biologischen Allgemeinbildung der Menschen heutzutage und der großen Ähnlichkeit von Aalen und Schlangen sei diese mögliche Verwechslung verzeihlich. (2001)
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Eine Boulevardzeitung zeigt auf ihrer Titelseite das Foto eines Dackelmischlings mit dessen „Frauchen“ und fragt in der Schlagzeile „Hat dieser Dackel einen Scherenschleifer gezwickt?“ Im Text wird die Auseinandersetzung darüber geschildert, ob „Rübe“ einen 64-jährigen Scherenschleifer in die Wade gebissen hat. Am folgenden Tag werde diese knifflige Frage vor dem Amtsgericht verhandelt. Ein Anwohner der Straße, in der die Hundehalterin wohnt, beschwert sich beim Deutschen Presserat. Die Darstellung in dem Artikel sei nicht korrekt. Es werde völlig außer acht gelassen, dass der Hund schon mehrfach gebissen habe. Die Anwohner der Straße litten schon seit vielen Jahren unter der Frau und deren Hund. Die Redaktion habe einseitig den Aussagen der Hundehalterin vertraut. Ihm tue auch der angegriffene Scherenschleifer leid, der ein sehr korrekter Mensch sei und der auf keinen Fall mit dem in unserer Sprache und auch im Boulevardstil abschätzenden Wort belegt werden könne. In einem ergänzenden Schreiben teilt der Beschwerdeführer mit, dass sein Brief an den Chefredakteur der Zeitung ohne seine Kenntnis an den Anwalt der Hundehalterin weitergegeben worden sei. Dieser habe nun beim Amtsgericht den Erlass einer Einstweiligen Verfügung aus dem Inhalt dieses Briefes abgeleitet. Die Rechtsabteilung des Verlages teilt dem Presserat mit, dass die Zeitung zwei Tage später über die Verurteilung der Hundehalterin berichtet habe. Das Gericht habe jedoch festgestellt, dass der Schuldumfang der Hundehalterin doch geringer gewesen sei als ursprünglich angenommen. Es habe auch bewiesen werden können, dass der Scherenschleifer den Hund beschimpft habe. Die Weitergabe des Briefes sei bei der Chefredaktion des Blattes ein ganz normaler Vorgang. (2001)
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Unter der Schlagzeile „Acht Kugeln und zwei Giftspritzen – Der langsame Tod eines Kampfhundes“ schildert eine Boulevardzeitung ein Tierdrama auf der Straße: Ein American Staffordshire-Terrier rennt zähnefletschend auf eine Rentnerin zu und schnappt sich deren Kavalier-King-Charles-Hund. Der stellt sich auf Zuruf seiner Herrin tot und wird von dem Kampfhund zur Seite geworfen. Inzwischen ist bei der Polizei ein Notruf eingegangen. Ein Polizist erscheint und schießt dreimal auf den Hund. Doch das Tier läuft weg. Der Beamte schießt noch fünfmal und trifft den Hund am Kopf. Ein Tierarzt gibt dem todwunden Hund eine Spritze, nach 15 Minuten eine zweite. Erst jetzt ist das Tier tot. Nach Darstellung der Zeitung waren es Giftspritzen. Ein Rechtsanwalt und Hundefreund recherchiert und erfährt bei der zuständigen Tierärztekammer, dass bei der Euthanasie des Hundes zunächst ein Narkosemittel zur Beruhigung und anschließend erst das Mittel zur Euthanasie gespritzt worden ist. Er teilt das Ergebnis seiner Recherche dem Deutschen Presserat mit. Durch die Behauptung der Zeitung, der Hund habe zwei Giftspritzen erhalten, werde der falsche Eindruck der Zählebigkeit erweckt, der bei den Lesern entsprechende Vorurteile wecke. Die Rechtsabteilung des Verlages ist der Ansicht, dass die Unterscheidung zwischen Beruhigungs- und Giftspritze haarspalterisch sei. Bereits die erste Spritze habe auf den Tod des Hundes hingewirkt, da sie nicht lebensrettend eingesetzt worden sei, sondern als Vorbereitung auf die Giftspritze gedient habe. (2001)
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Unter der Überschrift „Kiep-Million – SPD will CDU-Chefin Merkel verhören“ berichtet eine Boulevardzeitung über die Absicht der SPD, die CDU-Vorsitzende Angela Merkel erneut vor den Parteispendenausschuss zu zitieren. Ein Leser der Zeitung reicht den Beitrag an den Deutschen Presserat weiter. Er sieht in dem Artikel zwei falsche Formulierungen. So wolle nicht die gesamte SPD Frau Merkel befragen, sondern lediglich die Mitglieder des Ausschusses wollten es tun. Zudem werde der Begriff „verhören“ falsch verwendet. „Verhören“ könnte nur verwendet werden, wenn ein Beschuldigter in einem strafrechtlichen Untersuchungsverfahren befragt werden würde. Die Rechtsvertretung des Verlages ist dagegen der Auffassung, dass nicht zwischen den Mitgliedern der SPD im Untersuchungsausschuss und der Partei als solcher unterschieden werden könne. Nicht nur Mitglieder des Ausschusses hätten die Forderung nach einer weiteren Befragung der CDU-Vorsitzenden gestellt. Die sprachliche Differenzierung zwischen „anhören“ und „verhören“ sei geradezu an den Haaren herbeigezogen. Der Begriff „verhören“ treffe die tatsächliche Lage durchaus. Es gehe schließlich nicht um freundliche Unterhaltungen, sondern um scharfe Diskussion zwischen den Geladenen, ihren Anwälten und den Ausschussmitgliedern. (2001)
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Eine Lokalzeitung berichtet über den Missbrauch eines 10-jährigen Mädchens, das von seinem Peiniger in dem dunklen, eiskalten Kellerschacht eines still gelegten Fabrikgebäudes eingesperrt und später von der Polizei befreit worden war. Das gequälte Kind soll jetzt in einer Kinderpsychiatrie sein Horror-Erlebnis bewältigen. Die Zeitung nennt den Namen und veröffentlicht ein Foto des Opfers, schildert die Tatumstände und bezeichnet einen 44-jährigen Obdachlosen als Tatverdächtigen. Ein Ehepaar, selbst Eltern von drei Kindern, beantragt beim Deutschen Presserat eine Rüge. Es ist der Ansicht, dass Kinder – noch dazu, wenn sie Opfer eines solch abscheulichen Verbrechens wurden – den absoluten Schutz der Gesellschaft verdient haben und nicht ihre schutzlose Preisgabe und Bloßstellung. Selbst wenn es möglicherweise der Vater gewesen sei, der den Journalisten das Foto des Mädchens überlassen habe, wer gebe der Zeitung das Recht, dem Kind nach dem erlittenen Verbrechen einen Missbrauch ganz anderer Dimension zuzufügen und möglicherweise anderen kranken Hirnen ein „Suchbild“ an die Hand zu geben? Die Rechtsvertretung der Zeitung verweist darauf, dass das Foto des Mädchens von dessen Erziehungsberechtigtem der Zeitung übergeben und mit seiner Einwilligung veröffentlicht worden sei. Durch den Abdruck des Bildes werde die soziale Integration des Opfers nicht gefährdet. Bewusst sei ein Bild publiziert worden, das bereits dreieinhalb Jahre alt sei. Im übrigen wohne das Mädchen mit seiner Familie in einer Kleinstadt, wo der Vorgang ohnehin bekannt sei. Angesichts der aktuellen Diskussion zum Thema Opferschutz ziele der Beitrag darauf ab, in dieser Hinsicht Positives zu leisten. (2001)
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Unter der Überschrift „Passau ist braun“ schildert ein Nachrichtenmagazin den politischen Kampf einer „Antifaschistischen Aktion Passau“, die 1993 begonnen hatte, Demonstrationen zu organisieren und Flugblätter aufzusetzen, um damit gegen Neonazis anzutreten, die ihrer Meinung nach ihre Stadt zu einer Heimat von Rechtsradikalen hatten werden lassen. Jahr für Jahr seien DVU und NPD zu ihren Kongressen in die Nibelungenhalle gekommen, und es habe so gut wie keine Proteste gegeben. Die Zeitschrift schildert die Reaktionen auf die Aktionen der jungen Leute. Jahrelang habe das Landeskriminalamt gegen 32 junge Passauer ohne Grund ermittelt. Und wer in der Lokalpresse über die Affäre berichtet habe, sei fristlos und ohne Begründung entlassen worden. Der Oberbürgermeister der Stadt bezeichnet den Artikel in seiner Beschwerde beim Deutschen Presserat als diskriminierend. Es sei nicht richtig, dass es keine Proteste gegen die Kongresse von DVU und NPD gegeben habe. Mit über 20 Prozessen habe die Stadt seit 1983 versucht, den Rechtsextremisten den Zugang zur Nibelungenhalle zu verweigern. Gemeinsam mit Kirchen, Gewerkschaften, Parteien und Institutionen habe man eine Vielzahl von Gegenkundgebungen mit prominenten Rednern veranstaltet. In Passau selbst gebe es keine eigene rechtsextreme Szene. In einer weiteren Beschwerde beklagt ein Bürger der Stadt, der Artikel sei mangelhaft recherchiert. Er enthalte zahlreiche Falschaussagen und fördere eine Hetze gegen die Stadt und ihre Einwohner. Das so genannte gewaltfreie Eintreten der „Kinder“ gegen Rechts habe sich leider auch in zahllosen Gewalttätigkeiten gegen fremde Sachen geäußert. Schaufenster seien eingeworfen und Häuser beschädigt worden. Parolen der „Antifa“ an den Wänden von Privathäusern könnten auch heute noch besichtigt werden. Die Chefredaktion des Magazins entgegnet, bei der Überschrift ihres Beitrages handele es sich erkennbar um ein Zitat. Es stamme von einem in dem Artikel erwähnten Studenten, der als Schüler Anfang der neunziger Jahre zur – wie es in dem Beitrag heißt – „ziemlich mickrigen linken Szene“ von Passau gestoßen war. Aus dessen Situation heraus werde erkennbar, dass persönliche Beweggründe Motivation für diese Wortwahl gewesen seien. Die Zeitschrift habe sich diesen Satz nicht zu eigen gemacht. Bei der Beurteilung der Verhältnisse von den 60-er Jahren bis heute handele es sich um erkennbar zulässige Wertungen. Auch eine Bezeichnung Passaus als „Heimat der Rechtsradikalen“ sei gerechtfertigt, da seit knapp 20 Jahren jährlich Veranstaltungen von DVU und NPD in Passau stattfinden. Daran würden auch die Bemühungen der Stadt, die Versammlungen zu verhindern, nichts ändern. Der Beitrag versuche schließlich, die überzogenen Ermittlungsmethoden der Polizei darzustellen. (2001)
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Die Berichterstattung verschiedener deutscher Zeitungen und Zeitschriften über den Terroranschlag am 11. September 2001 in New York löst fünf Beschwerden beim Deutschen Presserat aus. Die Kritik zweier Leser richtet sich gegen die Veröffentlichung von zum Teil großformatigen Fotos, die einen Mann, der sich aus einem oberen Stockwerk des World Trade Centers stürzt, oder Menschen zeigen, die verzweifelt an den Fenstern nach einem Ausweg aus den Flammen suchen. Ein Leser beschwert sich über zwei Tageszeitungen, in denen er das Foto des in die Tiefe stürzenden Menschen entdeckt hat. Er ist der Ansicht, dass das Bild keinerlei dokumentarischen Charakter besitze. Es diene nicht der Information der Leserinnen und Leser, sondern solle offenbar einen sensationsgierigen, menschenverachtenden Voyeurismus befriedigen. Des weiteren sieht er eine Verletzung des Persönlichkeitsrechts, da eine Identifizierung nicht unmöglich sei. Eine Leserin richtet ihre Beschwerde über die Veröffentlichung der Fotos gegen drei Zeitschriften. Sie sieht kein Informationsbedürfnis der Öffentlichkeit, das die Veröffentlichung der Fotos rechtfertigen würde, und stellt drei Fragen: Ist es denn nicht möglich – in Absprache mit weiteren großen Magazinen – auf solche Bilder zu verzichten? Müssen wir wirklich die Technik dazu missbrauchen, die Gesichter der Hoffnungslosen noch näher heranzuholen? Sind wir eine derart perverse und pietätlose Gesellschaft, dass wir uns dies ansehen müssen? Eine leere Doppelseite mit dem Hinweis „An dieser Stelle gedenken wir der Opfer“ hätte ihr mehr imponiert, stellt sie abschließend fest. Die Chefredaktion einer der beiden Tageszeitungen ist der Meinung, dass der Anschlag auf das World Trade Center allseits als neue Qualität terroristischer Anschläge gelte. Dies rechtfertige eine äußerst ausführliche Berichterstattung, auch mit Fotos. Es sei journalistische Pflicht, den unbekannten Dimensionen der Ereignisse auch durch die Form der Berichterstattung Rechnung zu tragen. Die Chefredaktion hält die Veröffentlichung eines solchen Fotodokuments für journalistisch vertretbar, da sich eine ganze Reihe ähnlicher Fälle in den Minuten nach dem Anschlag ereignet habe. Menschenverachtend sei der Abdruck des Bildes nicht, weil die festgehaltene Szene die gesamte Monstrosität der Anschläge darstelle. Das Bild habe sowohl dokumentarisch als auch nachrichtlich enormen Wert. Entgegen der Einschätzung des Beschwerdeführers hält es die Chefredaktion für unmöglich, die Person auf dem Bild als weiblich oder männlich zu unterscheiden, geschweige denn, sie namentlich zu identifizieren.
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Eine Regionalzeitung berichtet über die Begeisterung, die das Shopping-Angebot einer Einkaufsmeile im Internet in der Bevölkerung des Landes auslöse. So habe eine 72-jährige Rentnerin zum ersten Mal in ihrem Leben eine Computer-Maus in die Hand genommen, und schon könne sie all die tollen Produkte, die es in dem virtuellen Kaufhaus zu bestaunen gebe, auch gleich bestellen. Ein vielfältiges Warenangebot, günstige Preise und die zahlreichen „E-Coupons“, mit denen die Käufer Rabatte und Zugaben einheimsen könnten, hätten alt und jung überzeugt. Das Kompliment „Ich hätte nie gedacht, dass es bei euch so viel zu kaufen gibt“ hätten die Macher mit großer Freude gehört. Der Text schließt mit einem Hinweis auf die Internet-Adresse der virtuellen Einkaufsmeile. Die Veröffentlichung löst eine Beschwerde beim Deutschen Presserat aus. Ein Leser sieht in dem Beitrag Schleichwerbung, da die Zeitung mit dem Internetshop-System verflochten sei. In dem Artikel werde suggeriert, dass jeder das Angebot toll finde. Wäre eine gewissenhafte Recherche vorgenommen worden, hätte man in dem „Pseudobericht“ auch etwas von der Meinung derer wiedergeben müssen, die das Angebot kritisch sehen. Die Chefredaktion der Zeitung teilt mit, der Artikel sei im Rahmen der Berichterstattung über die Messe „Welt der Familie“ erschienen. Ein Redakteur der Zeitung sei auf der Messe gewesen und habe sich einen objektiven Überblick über das Geschehen verschafft. Seine Beobachtungen, insbesondere das auffallend starke Interesse älterer Menschen am Internet-Shopping, seien dann in den Beitrag eingeflossen. Es sei zwar richtig, dass die Zeitung Anteile an der Shopping-Betreibergesellschaft habe. Auswirkungen auf Inhalte und Form der Berichterstattung habe dies allerdings nicht. (2001)
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Eine Boulevardzeitung veröffentlicht auf ihrer Titelseite ein Foto von Osama bin Laden und blendet die Schlagzeile „Jagt ihn! 10 Millionen für seinen Kopf“ ein. Ein Beitrag im Innenteil der Ausgabe unter der Überschrift „Bin Laden – die Blutspur des Terrors“ beginnt mit dem Satz „In den zerklüfteten Bergen im Süden Afghanistans wohnt das Böse“. Die Veröffentlichung löst eine Beschwerde beim Deutschen Presserat aus. Eine Leserin ist der Ansicht, dass die Schlagzeile populistisch und nahezu volksverhetzend ist. Mit dieser Schlagzeile und der Einleitung des Beitrages im Innenteil finde eine Polarisierung statt, die dazu beitrage, weitere Gräben zwischen ethnischen und religiösen Gruppen aufzutun. Die Darstellungen seien absolut undifferenziert und ließen jegliche journalistische Sorgfaltspflicht außer acht. Die Rechtsabteilung des Verlages stellt fest, zum Zeitpunkt der Berichterstattung hätten dem FBI bereits Beweise vorgelegen, dass Anhänger Osama bin Ladens an den Anschlägen beteiligt gewesen seien. Zugleich werde bin Laden vom FBI als Terrorist gesucht. Für seine Ergreifung seien von den Vereinigten Staaten 5 Millionen Dollar ausgesetzt worden. Die Schlagzeile „Jagt ihn! 10 Millionen für seinen Kopf“ gebe den Fahndungsaufruf des FBI wieder. Mit dem Ziel der Ergreifung bzw. Verhaftung bin Ladens sei die Bevölkerung zu jeder denkbaren Hilfe aufgerufen. Von einer vorverurteilenden, volksverhetzenden und undifferenzierten Berichterstattung könne keine Rede sein. Selbst wenn man die Titelseite sowie den angegriffenen Artikel isoliert betrachte, könne man erkennen, dass die Zeitung ihren Lesern nur eine Person und nicht etwa eine Religionsgemeinschaft oder bestimmte Volksgruppe als möglichen Drahtzieher der Terroranschläge in den USA präsentiere. Sowohl Titelseite als auch Artikel beschäftigten sich ausschließlich mit der Person bin Ladens. Auf ihn und niemand sonst beziehe sich auch der von der Beschwerdeführerin offenbar als besonders verwerflich eingestufte Satz „In den zerklüfteten Bergen im Süden Afghanistans wohnt das Böse“. Insgesamt leiste die Berichterstattung nicht Feindbildern Vorschub, sondern spreche aus, was nicht zuletzt George Bush in seiner Rede an die Nation formuliert habe, nämlich dass er die Verantwortlichen der Terroranschläge bis zuletzt jagen werde, und dass er ihre Ergreifung wünsche und fordere – dead or alive. (2001)
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Unter der Überschrift „Terror-Bestie: wir wünschen dir ewige Hölle!“ berichtet eine Boulevardzeitung über den Attentäter Mohamed Atta, der acht Jahre in Deutschland gelebt und jetzt das erste Todesflugzeug in einen der Türme des World Trade Centers gesteuert habe. In den Titel montiert ist ein Foto des Arabers. Ein Leser des Blattes reagiert auf die Veröffentlichung mit einer Beschwerde beim Deutschen Presserat. Er ist der Ansicht, dass der Ausdruck „Terror-Bestie“ gegen Ziffer 1 des Pressekodex verstoße. Dem mutmaßlichen Attentäter werde das Menschsein abgesprochen, da er durch die Verwendung des Begriffs „Bestie“ zum Tier herabgewürdigt werde. Die Rechtsvertretung der Zeitung führt an, es bestehe kein Zweifel daran, dass Mohamed Atta einer der Todespiloten gewesen sei, die zur Durchführung des Attentats am 11. September 2001 in New York Flugzeuge zu einer Bombe umfunktioniert hätten. Bestialischer könnte sich ein Mensch nicht verhalten. Wer ein solches im Grunde nicht mehr fassbares Verbrechen begehe, sei eine Bestie. (2001)
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