Entscheidungen finden

Wie hat der Presserat entschieden?

Rüge, Missbilligung oder Hinweis, wie hat der Presserat entschieden? Hier können Sie online in der Spruchpraxis des Presserats eine Auswahl an Beschwerdefällen von 1985 bis heute recherchieren.

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Sie müssen dazu immer das volle Aktenzeichen eingeben, also 0123/24/3-BA.

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Entscheidungsjahr
7055 Entscheidungen

Symbolfoto

Unter der Überschrift „33 Programme in jeder Zelle“ berichtet eine Boulevardzeitung, dass in Baden-Württemberg „klammheimlich“ Gefängnisse verkabelt werden. Illustriert ist der Beitrag u.a. mit einer Ansicht der Justizvollzugsanstalt in Stammheim und dem Foto einer Zelle, in der ein Häftling vor einem Fernsehgerät sitzt. In der Rubrik „Was im Knast erlaubt ist, was nicht“ wird erwähnt, dass Langzeit-Häftlinge sich drei- bis viermal jährlich mit Freundin oder Ehefrau ungestört auf einer Couch vergnügen dürfen und Kurzzeit-Häftlinge uneingeschränkt über ein Karten-Fernsprechgerät telefonieren dürfen. Die Zeitung folgert daraus gleich im ersten Satz ihres Artikels: Der Service gleicht einem Luxus-Hotel. Ein Häftling nimmt die Veröffentlichung zum Anlass, sich beim Deutschen Presserat zu beschweren. Er teilt mit, dass sich die im Foto gezeigte Gefängniszelle nicht in Stammheim befinde. Hier sei auf den Hinweis „Symbolfoto“ verzichtet worden. Zudem seien Vergnügungen mit Frauen und uneingeschränkte Telefonate nicht erlaubt. Insgesamt beurteilt er den Beitrag als „Stimmungsmache“, mit der Sozialneid geschürt werden solle. Die Rechtsabteilung des Verlages weist in ihrer Stellungnahme darauf hin, der Beitrag befasse sich nicht ausschließlich mit Stammheim, sondern auch mit zahlreichen anderen Justizvollzugsanstalten. Das kritisierte Foto habe keine Unterzeile, wonach es sich um eine Zelle in Stammheim handele. Die Informationen darüber, was im Knast erlaubt sei und was nicht, seien offiziellen Mitteilungen der Pressestelle des Justizministeriums Baden-Württemberg entnommen. Die Kritik an der Verwendung der Formulierung „klammheimliche Verkabelung“ sei nicht gerechtfertigt, da zum Beispiel der Pressesprecher des Justizministeriums, der es eigentlich hätte wissen müssen, von der Verkabelung erst durch die Veröffentlichung in der Zeitung erfahren habe. Auf Anfrage teilt das Justizministerium dem Presserat mit, dass sich die abgebildete Zelle nicht im Stammheim befindet. Ebenso seien die beiden in der Rubrik getroffenen Tatsachenbehauptungen falsch. Die Justizvollzugsanstalt Stuttgart habe keine Abteilung für Langzeitbesuche und auch keine den Gefangenen frei zugänglichen Telefonapparate. (2001)

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Diskriminierung einer Glaubensgemeinschaft

Unter der Überschrift „Mädchen in Lebensgefahr“ berichtet eine Regionalzeitung über ein Ehepaar, dass seine drei Töchter ohne Erlaubnis der Ärzte aus zwei Kliniken geholt und vermutlich ins Ausland gebracht hat. Weil die Mädchen unter starker Magersucht leiden, seien sie auf ärztliche Hilfe angewiesen. Wegen des Besorgnis erregenden Zustandes ihrer Kinder sei den Eltern das Sorgerecht entzogen worden. Dass die Familie den Zeugen Jehovas angehöre, wie in der Stadt behauptet werde, habe die Staatsanwaltschaft nicht bestätigt. Die Zeugen Jehovas wenden sich an den Deutschen Presserat. Ihr Präsidiumssprecher ist der Meinung, der Bericht impliziere beim Leser, dass Personen, die den Zeugen Jehovas angehören, ein derartiges Handeln prinzipiell auf Grund der Religionszugehörigkeit zuzutrauen sei. Die Chefredaktion der Zeitung erklärt, die Vermutung, die Kindesentführung könne mit der Mitgliedschaft der Eltern bei den Zeugen Jehovas zusammenhängen, sei angesichts deren Haltung zu Bluttransfusionen und zu anderen bei Unterernährung und Magersucht indizierten Behandlungsmethoden minderjähriger Kinder nicht aus der Luft gegriffen. Zudem sei in der Bevölkerung und beim zuständigen Jugendamt dieser Zusammenhang öffentlich geäußert worden, so dass es die Pflicht des Autors gewesen sei, darauf einzugehen und zu melden , dass es für diesen Zusammenhang keine offizielle Bestätigung gebe. Als sich herausstellte, dass die Eltern nicht den Zeugen Jehovas angehören, habe die Zeitung dies ohne Aufforderung am folgenden Tag in einer weiteren Veröffentlichung unter der Überschrift „Keine Spur von den kranken Mädchen“ klargestellt. (2001)

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Diskriminierung einer Glaubensgemeinschaft

Eine Lokalzeitung berichtet unter der Überschrift „Vom Teufel zum Blutbad getrieben“ über einen 28-jährigen Mann, der sechs Familienmitglieder niedergeschossen hat. Der Beitrag enthält den Hinweis, dass der Mann sich in jüngster Zeit den Zeugen Jehovas zugewandt habe, aber niemand Kausalzusammenhänge ausmachen könne. Der Präsidiumssprecher der Zeugen Jehovas ruft den Deutschen Presserat an. Der Bericht impliziere beim Leser, dass Personen, die der Religionsgemeinschaft der Zeugen Jehovas angehören, ein derartiges Handeln prinzipiell auf Grund ihrer Religionszugehörigkeit zuzutrauen sei. In ihrer Stellungnahme räumt die Chefredaktion der Zeitung ein, dass sie deutlicher hätte heraus arbeiten müssen, dass es keinen Kausalzusammenhang zwischen der Bluttat und der Zugehörigkeit zu den Zeugen Jehovas gebe. Allerdings seien in der Gerichtsverhandlung ausführlich die Lebenssituation und die Motive des Täters diskutiert worden. Dabei sei auch ausführlich darüber gesprochen worden, dass sich der Beschuldigte einige Wochen vor der Tat dieser Glaubensgemeinschaft angeschlossen habe. Er selbst habe dies bestätigt und gestanden, dass er von den in den Schriften dargelegten Endzeitvisionen und Szenarien des Jüngsten Gerichts fasziniert gewesen sei. Der Vorsitzende Richter habe es daher für möglich gehalten, dass die Vorstellungen der Zeugen Jehovas vom Harmagedon, dem mythischen Ort, an dem sich die bösen Geister zur Vernichtung des Systems der Dinge treffen, in Zusammenhang mit der Tat stehen könnten. Genau dies habe der Autor in der Berichterstattung ausdrücken wollen. Es habe keinesfalls in der Absicht der Zeitung gelegen, die Zeugen Jehovas zu verunglimpfen. (2001)

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Richtigstellung

Eine Regionalzeitung berichtet, dass der Stadtrat zwei Bebauungspläne beschlossen habe. Im Bebauungsplan für den Bootshafen stehe zwar die Stauhöhe des Sees, wie sie im Wasserrechtsbescheid des See-Betreibers festgehalten sei: 784 Meter über Normalnull (NN). Im Stadtrat sei aber betont worden, dass damit seitens der Stadt keine maximale Stauhöhe des Sees festgeschrieben sei. Im Bebauungsplan sei für Gebäude lediglich die maximale Obergrenze vorgegeben. Das heiße: Der Erdgeschoss-Boden eines Hauses dürfe nicht höher als auf 784,60 Meter über NN gebaut werden. Eine Interessengemeinschaft teilt der Redaktion daraufhin mit, die Angabe der Zeitung sei falsch. Der See dürfe nicht bis 784 Meter, sondern nur bis 782 Meter über NN angestaut werden. Vierzehn Tage später korrigiert die Zeitung unter der Überschrift „See-Aufstau nur bis 782 Meter“ ihre Angabe. Warum im Bebauungsplan das falsche Stauziel genannt worden sei, habe man trotz wiederholter Anfrage bei der Stadtverwaltung nicht erfahren können. Man sei noch auf der Suche nach der Fehlerquelle, heiße es. Die Zeitung zitiert auch den Sprecher der See-Anrainer, der einen Aufstau des Sees auf 784 Meter über NN eine Katastrophenlage nennt, da dann das halbe Umland unter Wasser stehe. Der Sprecher der betroffenen Interessengemeinschaft kritisiert in einer Beschwerde beim Deutschen Presserat die Falschberichterstattung im ersten Artikel und führt an, dass auch die vorgenommene Korrektur nicht in Ordnung sei. Die Überschrift des zweiten Beitrages lasse den Leser im Unklaren darüber, ob der sommerliche Normalstau oder der Hochwasseraufstau gemeint sei. Zudem sei die Korrektur eindeutig zu spät erfolgt. Eine Gegendarstellung der Interessengemeinschaft habe die Zeitung nicht abgedruckt. Der Leiter der Lokalredaktion weist darauf hin, dass er in dem strittigen Artikel exakt das berichtet habe, was in der Sitzung des Stadtrates gesagt worden sei. Danach sei im Bebauungsplan „Bootshafen“ die Stauhöhe des Sees, wie sie im Wasserrechtsbescheid des Seebetreibers festgehalten sei, nämlich mit 784 Metern über Normalnull angegeben worden. Dieser Darstellung habe während der Ratssitzung niemand widersprochen. Durch eine Fax-Mitteilung sei er dann darauf aufmerksam gemacht worden, dass die vorgetragene Angabe der Stauhöhe von 784 Metern über NN nicht richtig sei. Die Frage, woher die Zahl stamme, hätte jedoch nicht beantwortet werden könne. Insofern seien weitere Recherchen notwendig gewesen. Er habe jedoch versichert, dass – sollte die Unrichtigkeit der Angabe dabei bestätigt werden – sie entsprechend korrigiert werden würde. Auf Grund der folgenden Weihnachts- und Neujahrsferien sei es jedoch nicht möglich gewesen, bei den zuständigen Behörden einen geeigneten Gesprächspartner zu finden. Schließlich habe man 14 Tage später klargestellt, dass im gültigen Wasserrechtsbescheid von 1960 das Hochwasser-Stauziel des Sees bei 782 Metern über NN liege. Bei ihren weiteren Recherchen habe die Redaktion dann erfahren, dass die Zahl 784 auf eine Studie aus dem Jahre 1985 zurückgehe. Vier Wochen später habe man ein Gespräch der See-Anrainer mit dem Umweltminister zu einer neuerlichen Richtigstellung des Sachverhaltes genutzt. (2000/2001)

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Zulässige Meinungsäußerung 2

Personelle Verflechtungen bei Betrieben der Stadt sind Thema eines Artikels, der in einer Regionalzeitung unter der Überschrift „Privilegienstadel“ erscheint. Von dem Beitrag betroffene Kommunalpolitiker halten in dem Beitrag aufgestellte Behauptungen für falsch. Zum Beispiel sei es falsch, dass ein namentlich erwähnter Mann an der Spitze der Bäderbetriebe stünde. Die Beschwerdeführer sind der Auffassung, dass der von der Zeitung erhobene Vorwurf der Klüngelei nicht haltbar sei. Sie wenden sich an den Deutschen Presserat. Die Chefredaktion der Zeitung teilt mit, dass man einem der erwähnten Kommunalpolitiker angeboten habe, sich in einem Leserbrief zu den Vorwürfen zu äußern. Dieser habe aber darauf verzichtet. Dass die Zeitung mit ihrem Vorwurf nicht allein sei, bewiesen Beiträge in anderen Blättern. Entgegen der Auffassung der Kommunalpolitiker sei eine Verknüpfung zwischen städtischen Betrieben durchaus gegeben. Die Stadtwerke seien schon vor Jahren in die Schlagzeilen geraten. Damals sei eine Villa in bester Stadtlage einem SPD-Stadtrat verkauft worden, der zugleich Angestellter der Stadtwerke gewesen sei. So habe der Mann einen deutlichen Informationsvorsprung gehabt. Der Verkauf sei auch nicht öffentlich ausgeschrieben worden, sondern in nichtöffentlicher Sitzung dem Mitarbeiter der Stadtwerke und SPD-Ratskollegen zugesprochen worden. Diese Verquickungen von Informationsvorsprüngen und Ämterhäufungen bei den Stadtwerken – in einem Fall war der Vater Vorsitzender der Stadtwerke, der Sohn Bädermanager – habe die Redaktion zu dem Kommentar bewogen. Dabei werde mit deutlicher Meinung auf die Hintergründe des Augenblicks und der Vergangenheit hingewiesen. (2001)

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Foto nicht manipuliert

Betroffene nicht gehört

Unter der Überschrift „Eine Verhöhnung unserer Arbeit“ berichtet eine Regionalzeitung über die Konsequenzen, die der Lehrer einer Musikschule aus einem Gespräch zieht, das er mit Mitgliedern der SPD-Kreistagsfraktion über die „düstere Lage“ der Musikschule geführt hat. Mit fassungslosem Entsetzen habe der kämpferische Diplom-Rock-Gitarrist zur Kenntnis nehmen müssen, dass sich Teile der SPD-Fraktion eines großen Teils ihrer Verantwortung für Bildung und Kultur zu entziehen versuchten. Die Zeitung zitiert aus einem Brief des Musikpädagogen, in dem dieser dem Fraktionsvorsitzenden und dessen Mitstreitern Arroganz, Ignoranz, Inkompetenz sowie Mangel an Einsichtsfähigkeit in einem Maße vorwerfe, wie er es in vielen Gesprächen mit vielen Politikern aller Couleur noch nicht erlebt habe. Eine derartige Geringschätzung, teils geradezu eine Verhöhnung der Arbeit, der Ziele und des Einsatzes der Schule, ebenso von Schülern und deren Eltern, sei ihm bisher fremd gewesen. Energisch lehne es der Dozent ab, die Musikschule zu einem Spielball der Parteien verkommen zu lassen. Ähnlich äußert sich ein Musikwissenschaftler, der gleichfalls an dem „vertraulichen“ Gespräch mit den Kommunalpolitikern teilgenommen hatte. Der angesprochene Vorsitzende der SPD-Kreistagsfraktion wehrt sich gegen diese Berichterstattung mit einer Beschwerde beim Deutschen Presserat. Der Beitrag der Zeitung informiere nicht sachlich. Einseitig werde über die Ansicht des betroffenen Musiklehrers berichtet, ohne den Lesern die Argumente der SPD-Fraktion mitzuteilen. Die wiedergegebene Kritik sei zudem ehrverletzend. Die Chefredaktion der Zeitung teilt mit, der betroffene Musiklehrer und sein Kollege hätten sich an die Zeitung gewandt mit der Bitte, über die Angelegenheit zu berichten. Dem Verfasser des Artikels sei es darauf angekommen, die Stimmungslage wiederzugeben, in der sich die beiden Musiklehrer nach dem Gespräch befunden hätten. Das politische Gezänk um die Schule sei bereits mehrfach Thema von Berichten gewesen. Als der Beschwerdeführer sich über den Artikel beschwert habe, habe man ihm angeboten, in einem weiteren Artikel seine Sicht der Dinge darzustellen. Davon habe er jedoch keinerlei Gebrauch gemacht. Insgesamt könne die Chefredaktion an keiner Stelle des kritisierten Berichts Beleidigungen oder Herabsetzungen erkennen.

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Geiselnahme

Ein Nachrichtenmagazin meldet, der Niederlassungsleiter eines deutschen Pharmakonzerns in Guatemala sei vor einer Woche aus seiner Wohnung entführt worden. Eine bisher unbekannte Guerilla-Organisation fordere für die Freilassung des Managers fünf Millionen Dollar. Der 46-jährige deutsche Familienvater, der mit einer Südamerikanerin verheiratet sei, lebe seit mehreren Jahren in Guatemala. Die Meldung löst eine Beschwerde des Pharmakonzerns aus. Auswärtiges Amt und Unternehmen hätten zur Vermeidung von zusätzlichen Risiken für den Entführten die Medien, die in dieser Sache mit einer zuständigen Stelle Kontakt aufgenommen hätten, um ein abgestimmtes Verhalten ersucht und gebeten, auf eine Berichterstattung über den Fall bis zu dessen Abschluss zu verzichten. Im Falle der vorliegenden Veröffentlichung sei nach eigenen Erkenntnissen weder der Pharmakonzern noch eines der zuständigen Ämter von der Redaktion kontaktiert oder befragt worden. Wie aus einem Brief der Redaktion hervorgehe, habe sich die Redaktion nicht einmal bemüht, bei der Firma zu diesem Vorgang nachzufragen. Angesichts der erkennbaren Brisanz einer laufenden Entführung sehe man jedoch die journalistische Pflicht zur Recherche besonders hoch an. Man hätte erwartet, dass sich das Magazin die Meldung vor der Veröffentlichung von dem Unternehmen oder von in Deutschland beteiligten Behörden bestätigen lassen würde. Da dies offenbar nicht der Fall gewesen sei, habe weder das Auswärtige Amt noch die Firma des Entführten Gelegenheit gehabt, die Magazinjournalisten auf die Brisanz einer möglichen Veröffentlichung aufmerksam zu machen. Die Rechtsabteilung des Magazins teilt mit, dass dpa bereits am 10. Mai 2001 gemeldet habe, ein Deutscher sei in Guatemala entführt worden und die deutsche Botschaft in Guatemala habe diese Entführung bestätigt. Daraufhin habe ein Mitarbeiter der Redaktion Quellen aus dem Sicherheitsapparat des Bundesrepublik angesprochen, die ihm seit Jahren als zuverlässig und vertrauenswürdig bekannt seien. Von diesen Quellen sei ihm der Sachverhalt bestätigt worden. Zusätzlich habe er weitere Detailinformationen, so z.B. den Namen des Betroffenen, erhalten. Auf Grund dieser Informationen sei es nicht erforderlich gewesen, noch bei dem Pharma-Unternehmen oder beim Auswärtigen Amt anzurufen. Das Magazin habe daraufhin in zutreffender Weise ohne Nennung des Namens des Betroffenen kurz über den Sachverhalt berichtet. Diese Meldung unterscheide sich zu vorangegangenen dpa-Meldungen nur darin, dass als zusätzliches Detail der Name des Unternehmens und die Höhe des Lösegeldes enthalten waren. Die Rechtsabteilung ist der Ansicht, dass die kurze Meldung die Bemühungen zur Freilassung des Entführten nicht gefährdeten. Dies zum einen schon deshalb, da das Magazin in Guatemala nicht verbreitet werde. Des Weiteren auch deshalb, weil der Name des Entführten nicht genannt werde. Bei der kurzen Berichterstattung habe die Redaktion das Informationsinteresse der Öffentlichkeit gegen das Interesse des Opfers und anderer Betroffener abgewogen. Es bestehe kein Zweifel daran, dass auf Grund der Gefahrenlage in Südamerika und der Umstände, dass dort immer wieder deutsche Manager entführt würden, die Öffentlichkeit an der bloßen Nachricht ein erhebliches Interesse habe. Über Entführungen in Südamerika werde – leider nahezu täglich – berichtet. Die Berichterstattung darüber habe nach Kenntnis der Redaktion bislang in keinem einzigen Fall zu einer Gefährdung der Geiseln geführt. (2001)

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Theologische Definitionen

Eine Zeitschrift lässt verschiedene Theologen zum Thema „Die Attentate in den USA und die Endzeitaussagen der Bibel“ Stellung nehmen, um damit die Breite des Meinungsspektrums aufzuzeigen, das im Protestantismus vorhanden ist. In einem der Beiträge äußert sich ein Theologieprofessor u.a. wie folgt: „Der Islam war die größte satanische Gegenaktion gegen das aufkommende Christentum und ist noch immer die stärkste Macht sowohl gegen das Judentum (Israel!) als auch das Christentum (einschließlich des mächtigsten christlich geprägten Landes auf Erden: Amerika). Grundsätzlich ist jede christliche Häresie ein Wegbereiter des Antichristen, aber der extreme Islam ist der mächtigste.“ Ein Leser ruft den Deutschen Presserat an. Die Formulierungen des Theologen verletzen seiner Meinung nach das religiöse Empfinden und diskriminieren alle Menschen islamischen Glaubens. Die Chefredaktion der Zeitschrift legt Wert auf die Feststellung, dass es sich bei dem strittigen Beitrag nicht um eine redaktionelle Meinungsäußerung handele. Der Autor argumentiere bewusst von einer biblisch-fundamentaltheologischen Perspektive aus. Diese beurteile alles, was nicht christlich sei, als unter unchristlichem Einfluss. Er berufe sich auf das letzte Buch der Bibel, die Offenbarung des Johannes, die ebenso von antichristlichen Mächten wie vom Satan und satanischen Mächten rede. Diese seien im Verlauf der Kirchengeschichte immer wieder neu interpretiert und mit realen historischen Erscheinungen in Verbindung gebracht worden. Die Bezeichnung „antichristlich“ beschreibe in diesem Kontext gerade keine diskriminierend herabsetzende Position gegenüber dem Islam und werte diese auch nicht moralisch ab, sondern werde dem Selbstverständnis des Koran gerecht. Der Koran würdige Jesu als herausragenden Propheten, lehne aber den Anspruch, Sohn Gottes, d.h. der Christus zu sein, dezidiert ab. Der Koran sei im Hinblick auf diese Frage bewusst gegenchristlich. Dies habe, theologisch beurteilt, auch satanologische Implikationen, die der Autor sachgemäß benenne. (2001)

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Vorverurteilung

„Das Doppelleben des Taxi-Monsters“ betitelt eine Boulevardzeitung ihren Bericht über die Festnahme eines Mannes, dem vorgeworfen wird, in seinem Taxi brutal eine junge Frau vergewaltigt zu haben. Die Zeitung zeigt ein Foto des Mannes, nennt Vornamen und Initial des Nachnamens, gibt sein Alter an, beschreibt ihn als kleinen, korpulenten Spanier und erwähnt, wo er wohnt. Tagsüber habe er für eine Sicherheitsfirma gearbeitet, nachts ein Taxi gefahren. Seine Ehefrau sei Krankenschwester. Der Anwalt des Betroffenen beschwert sich beim Deutschen Presserat. Nach seiner Ansicht wird das Persönlichkeitsrecht des Verdächtigen sowie das seiner Ehefrau verletzt. Die detaillierten Angaben zur Person machten das Ehepaar identifizierbar. Zudem werde der Mann vorverurteilt, da der Artikel den Eindruck erwecke, er sei bereits der Tat überführt. Die Redaktionsleitung beruft sich auf Auskünfte der Ermittlungsbehörden. Diese hätten zum Zeitpunkt der Veröffentlichung keinen Zweifel daran gelassen, dass der Täter gefasst sei. Auf Grund der auffälligen und entstellenden Zahnlücke auf dem Phantomfoto sei der Gesuchte nicht nur in ihrer Zeitung, sondern auch in anderen Publikationen allgemein als „Taxi-Monster“ bezeichnet worden. Zwischenzeitlich sei der Beschuldigte aus der Haft entlassen worden. Das Gericht gehe davon aus, dass bei der Identifizierung den Ermittlern ein Fehler unterlaufen sei. (2001)

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