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Wie hat der Presserat entschieden?

Rüge, Missbilligung oder Hinweis, wie hat der Presserat entschieden? Hier können Sie online in der Spruchpraxis des Presserats eine Auswahl an Beschwerdefällen von 1985 bis heute recherchieren.

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Sie müssen dazu immer das volle Aktenzeichen eingeben, also 0123/24/3-BA.

Nach detaillierten Richtlinien (z.B. 8.1) können Sie erst ab den Fällen aus 2024 recherchieren. Ältere Fälle werden nur unter der entsprechenden Ziffer (z.B. 8) angezeigt.

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Entscheidungsjahr
7055 Entscheidungen

Fotos eines Unglücksfalles

Eine Boulevardzeitung berichtet unter der Überschrift „400 sahen die Tragödie – Todessturz vom Flutlichtmast“ über einen Unglücksfall in einem Fußballstadion. Ein Platzwart des Fußballvereins war von einem Flutlichtmast in den Tod gestürzt. Die Zeitung nennt den Namen des Verunglückten, bringt sein Porträt und veröffentlicht Fotos, die zeigen, wie er auf dem Flutlichtmast steht und sodann herunter fällt. Die Zeitung stellt schließlich Spekulationen über die Ursache des Sturzes an. Der Betroffene habe Liebeskummer gehabt. Die Freundin habe sich erst kürzlich von ihm getrennt. Am Fuße des Mastes habe man eine geleerte Whiskyflasche gefunden. Drei Leser des Blattes, darunter ein Vereinskamerad des Verunglückten, rufen den Deutschen Presserat an und beanstanden übereinstimmend die Berichterstattung als menschenverachtend. Die Veröffentlichungen deckten sich nicht mit den Regelungen des Pressekodex. Hier sei die Menschenwürde vermarktet worden. Geschäftsführung und Chefredaktion der Zeitung sind der Ansicht, dass ihr Blatt nicht gegen den Pressekodex verstoßen habe. Der junge Mann habe sich selbst an die Öffentlichkeit gewandt und sich mit seinem Selbstmordversuch in die Öffentlichkeit gestellt. Er sei zu einem Zeitpunkt, als 400 Fußballfans am Kartencenter für eine Dauerkarte anstanden, auf einen Flutlichtmast des Stadions geklettert und habe gedroht, dort herunter zu springen. Zum anderen sei die Zeitung von der Zulässigkeit einer identifizierenden Veröffentlichung ausgegangen. Gerade die sehr persönliche Note sei hier zu berücksichtigen. Insgesamt habe das Informationsinteresse der Öffentlichkeit das Persönlichkeitsrecht des Betroffenen überwogen.(2001)

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Zeitung am rechten Rand

Unter der Überschrift „Schlachten von gestern, heute geschlagen“ berichtet eine Tageszeitung über die Pommersche Landsmannschaft. In dem Beitrag findet sich die Anmerkung, dass die Pommersche Zeitung hart am rechten Rand des noch Erträglichen operiere. Die Chefredaktion des Blattes sieht sich durch diese Formulierung in die rechte Ecke gestellt und beschwert sich beim Deutschen Presserat. Es handele sich hier um eine Meinungsäußerung, die aber als Tatsache erscheine. Insofern werde die Zeitung diffamiert. Die Geschäftsführung des betroffenen Verlages erklärt, dass der Autor des Beitrages die Berichterstattung und Kommentierung der Pommerschen Zeitung seit vielen Jahren verfolge. Auf Grund dieser sehr sorgfältigen Beobachtungen sei er zu einer Meinung gelangt, die er in der kritisierten Passage geäußert habe. Da es sich bei dem Beitrag um einen Namensartikel handele, sei für jeden Leser erkennbar, dass der Autor seine subjektive Meinung wiedergebe. Diese Meinungsäußerung sei zulässig, die Grenzen zur Schmähkritik würden nicht überschritten. (2001)

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Foto von einer Selbsttötung

Eine Lokalzeitung berichtet, dass sich zwei lebensmüde Männer innerhalb von drei Stunden vor Eisenbahnzüge gestürzt haben. In den Beitrag eingefügt ist ein Foto, dass Polizeibeamte bei ihren Ermittlungen zeigt, während im Vordergrund zwischen Eisenbahngeleisen die abgedeckte Leiche eines der Selbstmörder zu sehen ist. Ein Leser des Blattes, als Reisender in einem der beteiligten Züge besonders betroffen, beschwert sich beim Deutschen Presserat. Nach seiner Ansicht besteht an einer Berichterstattung über Selbsttötung kein öffentliches Interesse. Nachahmungstäter würden durch solche Veröffentlichungen animiert. Auch inhaltlich sei der Bericht nicht richtig. Denn ein Ersatzzug wurde entgegen der Darstellung in der Zeitung nicht eingesetzt. Der beteiligte ICE konnte vielmehr weiterfahren. Die Chefredaktion der Zeitung erklärt, ihr Bericht beruhe auf zwei Pressemitteilungen der zuständigen Polizeidirektion. Die in Richtlinie 8.4 des Pressekodex gebotene Zurückhaltung bei der Berichterstattung über Selbsttötung sei gewahrt worden. Es seien weder Namen genannt noch nähere Begleitumstände geschildert worden. Die Redaktion sei sich der vom Beschwerdeführer angesprochenen Problematik durchaus bewusst, habe sich aber im Interesse der Öffentlichkeit für die Berichterstattung entschieden, da es teilweise zu erheblichen Behinderungen für die Bahnreisenden gekommen sei. Das aus der Entfernung aufgenommene Foto diene in Anbetracht der ungewöhnlichen Häufung zweier Suizide lediglich der Veranschaulichung der Berichterstattung. Eine Identifizierung des Opfers sei nicht möglich. Die vom Beschwerdeführer beanstandete Mitteilung, dass für den beteiligten ICE ein Ersatzzug eingesetzt worden sei, beruhe auf Polizeiinformationen. Der Redakteur habe keinen Anlass gehabt, diese in Zweifel zu ziehen. (2001)

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Wirtschaftsberichterstattung

Ein Informationsdienst für Anlageberater, Banken, Initiatoren und Anleger bietet Firmen, über die in dem Dienst berichtet wurde, die Möglichkeit an, die entsprechende Ausgabe des Dienstes gegen Bezahlung an Kunden des Unternehmens zu verschicken. Der Herausgeber eines Researchdienstes wirft dem Unternehmen in einer Beschwerde beim Deutschen Presserat vor, den Firmen damit die Gelegenheit zu geben, wohlwollende Berichterstattung gegen hohe Beträge einzukaufen. Die Rechtsvertretung des Informationsdienstes hält den Vorwurf für völlig unsubstantiiert und unzutreffend. Es komme vor, dass Nach- bzw. Mehrdrucke von Unternehmen, über die man berichtet habe, in Auftrag gegeben würden. Solche Mehrdrucke seien presseüblich und nicht zu beanstanden, solange nicht von demjenigen, der die Bestellung aufgebe, Einfluss auf die Redaktion genommen werde. Letzteres gebe es bei ihrem Mandanten nicht. Der Beschwerdeführer schließe allein aus der Tatsache, dass Unternehmen für eine Mehrauflage zahlen, dass die Berichterstattung käuflich sei. Dies sei jedoch falsch. (2001)

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Vorverurteilung

Eine Regionalzeitung berichtet im Zeitraum von September 2000 bis März 2001 in mehreren Beiträgen über einen Lokalpolitiker, dem vorgeworfen wird, als kommissarischer Leiter eines Klinikums Gelder veruntreut und Steuern hinterzogen zu haben. Die Zeitung nennt den vollen Namen des Mannes. Dieser beschwert sich beim Deutschen Presserat. Er ist der Ansicht, dass die Nennung seines Namens nicht gerechtfertigt sei. Außerdem kritisiert er, dass die Zeitung ihn zu den gegen ihn erhobenen Vorwürfen nicht befragt habe und dass er in dem Artikel vorverurteilt werde. Der Presserat konzentriert seine Prüfung auf eine Passage, in der es heißt: „In welchem Umfang sich kriminelle Bosse in die eigene Tasche gewirtschaftet haben könnten, zeigt nur ein Beispiel.“ Die Chefredaktion der Zeitung betont in ihrer Stellungnahme, dass in ihrem Beitrag lediglich der Erkenntnisstand von Staatsanwaltschaft und Polizei im Ermittlungsverfahren wiedergegeben werde. In der kritisierten Passage sei von „kriminellen Bossen“ die Rede. Und unter „Bossen“ würden im Sprachgebrauch allgemein Menschen in höheren Positionen verstanden, so dass keine Eingrenzung auf den Beschwerdeführer vorgenommen werde. Dem Leser werde zwar vermittelt, dass auch er zu den „Bossen“ gehören könnte, dies sei jedoch zulässige Verdachtsberichterstattung. (2000/2001)

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Betroffene nicht gehört

In mehreren Beiträgen berichtet eine Regionalzeitung über das Jahrestreffen einer Lagergemeinschaft, eines Verbandes von ehemaligen politischen Häftlingen, die von Sowjetischen Militärtribunalen in der ehemaligen DDR wegen antisowjetischer Tätigkeit oder Haltung zu langjährigen Haftstrafen verurteilt und nach der Verurteilung in die Strafgebiete des sowjetischen Gulag verschleppt worden sind. Unter dem Titel „Schlüsselloch“ lobt ein Kolumnist die Überlebenden von Workuta, dass sie den Schülern im Gymnasium der Stadt vom Stalin-Gulag erzählt und ihre Zuhörer vom „Wert der Demokratie“ überzeugt haben. Weniger dankbar aber seien Angestellte eines örtlichen Hotels, die miterlebt hätten, wie einige dieser Gäste aus der Rolle gefallen seien. Da sei der selbst angesichts des Grauens von Workuta kaum nachvollziehbare Satz gefallen: „Den Häftlingen in Buchenwald ging es gar nicht so schlecht, die hatten doch Pullover.“ Einer habe wissen wollen, ob denn das Hotel keine Zwangsarbeiter als Gepäckträger habe, er sei schließlich „kein Kaffer“. Ein anderer habe erzählt: „Ich hatte 11.000 Neger auf meiner Plantage, elf habe ich aufgehängt, seitdem darf ich in Simbabwe nicht mehr einreisen.“ Und als am 1.Mai die Anti-Nazi-Demo vorbeigezogen sei, sei eine Kellnerin aufgefordert worden, rauszugehen und „den Lärm abzustellen“. Schließlich hätte ein Teilnehmer den Aufsatz eines früheren Terroristen-Anwalts kopieren lassen, der anhand von Bibelzitaten belegen wolle, dass Juden bei uns nichts zu suchen hätten. Der Vorsitzende der Lagergemeinschaft beklagt in einer Beschwerde beim Deutschen Presserat, dass die veröffentlichten Behauptungen nicht bewiesen seien, aber als Tatsachen dargestellt würden. In der Veröffentlichung sehe er eine Diskriminierung aller Mitglieder seiner Lagergemeinschaft. Zudem kritisiert er, dass die Redaktion der Zeitung nicht einmal den Versuch gemacht habe, mit ihm als Sprecher der Lagergemeinschaft Kontakt aufzunehmen. Auch das Bautzen-Komitee, ein Verband, der Opfer des Kommunismus vertritt, reicht Beschwerde beim Deutschen Presserat ein. Es protestiert gegen das in dieser Kampagne zum Ausdruck gebrachte unwürdige journalistische Verhalten. Eine dritte Beschwerde kommt von einer Bundestagsabgeordneten, die Vermutungen zu Tatsachen erhoben sieht. Hier werde diffamiert und eine Kampagne geführt. Die Chefredaktion der Zeitung teilt in ihrer Stellungnahme mit, dass die kritisierten Behauptungen auf den Aussagen von sechs Mitarbeitern des Hotels beruhen, in dem die Teilnehmer des Treffens zu Gast gewesen seien. Eine der Mitarbeiterinnen habe den Chefredakteur selbst bei einem Aufenthalt im Restaurant angesprochen und ihm den Sachverhalt erstmals dargelegt. In der folgenden Berichterstattung habe die Zeitung eine Diskussion von erheblichem öffentlichen Interesse angestoßen. Von einer Kampagne könne keineswegs die Rede sein. Auch eine Diffamierung liege nicht vor. In den Beiträgen sei stets von „Einzelnen“ die Rede gewesen. Der Vorfall sei also durchaus als eine Verwirrung empfunden und auch so dargestellt worden. (2001)

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Betroffene nicht gehört

In mehreren Beiträgen berichtet eine Regionalzeitung über das Jahrestreffen einer Lagergemeinschaft, eines Verbandes von ehemaligen politischen Häftlingen, die von Sowjetischen Militärtribunalen in der ehemaligen DDR wegen antisowjetischer Tätigkeit oder Haltung zu langjährigen Haftstrafen verurteilt und nach der Verurteilung in die Strafgebiete des sowjetischen Gulag verschleppt worden sind. Unter dem Titel „Schlüsselloch“ lobt ein Kolumnist die Überlebenden von Workuta, dass sie den Schülern im Gymnasium der Stadt vom Stalin-Gulag erzählt und ihre Zuhörer vom „Wert der Demokratie“ überzeugt haben. Weniger dankbar aber seien Angestellte eines örtlichen Hotels, die miterlebt hätten, wie einige dieser Gäste aus der Rolle gefallen seien. Da sei der selbst angesichts des Grauens von Workuta kaum nachvollziehbare Satz gefallen: „Den Häftlingen in Buchenwald ging es gar nicht so schlecht, die hatten doch Pullover.“ Einer habe wissen wollen, ob denn das Hotel keine Zwangsarbeiter als Gepäckträger habe, er sei schließlich „kein Kaffer“. Ein anderer habe erzählt: „Ich hatte 11.000 Neger auf meiner Plantage, elf habe ich aufgehängt, seitdem darf ich in Simbabwe nicht mehr einreisen.“ Und als am 1.Mai die Anti-Nazi-Demo vorbeigezogen sei, sei eine Kellnerin aufgefordert worden, rauszugehen und „den Lärm abzustellen“. Schließlich hätte ein Teilnehmer den Aufsatz eines früheren Terroristen-Anwalts kopieren lassen, der anhand von Bibelzitaten belegen wolle, dass Juden bei uns nichts zu suchen hätten. Der Vorsitzende der Lagergemeinschaft beklagt in einer Beschwerde beim Deutschen Presserat, dass die veröffentlichten Behauptungen nicht bewiesen seien, aber als Tatsachen dargestellt würden. In der Veröffentlichung sehe er eine Diskriminierung aller Mitglieder seiner Lagergemeinschaft. Zudem kritisiert er, dass die Redaktion der Zeitung nicht einmal den Versuch gemacht habe, mit ihm als Sprecher der Lagergemeinschaft Kontakt aufzunehmen. Auch das Bautzen-Komitee, ein Verband, der Opfer des Kommunismus vertritt, reicht Beschwerde beim Deutschen Presserat ein. Es protestiert gegen das in dieser Kampagne zum Ausdruck gebrachte unwürdige journalistische Verhalten. Eine dritte Beschwerde kommt von einer Bundestagsabgeordneten, die Vermutungen zu Tatsachen erhoben sieht. Hier werde diffamiert und eine Kampagne geführt. Die Chefredaktion der Zeitung teilt in ihrer Stellungnahme mit, dass die kritisierten Behauptungen auf den Aussagen von sechs Mitarbeitern des Hotels beruhen, in dem die Teilnehmer des Treffens zu Gast gewesen seien. Eine der Mitarbeiterinnen habe den Chefredakteur selbst bei einem Aufenthalt im Restaurant angesprochen und ihm den Sachverhalt erstmals dargelegt. In der folgenden Berichterstattung habe die Zeitung eine Diskussion von erheblichem öffentlichen Interesse angestoßen. Von einer Kampagne könne keineswegs die Rede sein. Auch eine Diffamierung liege nicht vor. In den Beiträgen sei stets von „Einzelnen“ die Rede gewesen. Der Vorfall sei also durchaus als eine Verwirrung empfunden und auch so dargestellt worden. (2001)

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Betroffene nicht gehört

In mehreren Beiträgen berichtet eine Regionalzeitung über das Jahrestreffen einer Lagergemeinschaft, eines Verbandes von ehemaligen politischen Häftlingen, die von Sowjetischen Militärtribunalen in der ehemaligen DDR wegen antisowjetischer Tätigkeit oder Haltung zu langjährigen Haftstrafen verurteilt und nach der Verurteilung in die Strafgebiete des sowjetischen Gulag verschleppt worden sind. Unter dem Titel „Schlüsselloch“ lobt ein Kolumnist die Überlebenden von Workuta, dass sie den Schülern im Gymnasium der Stadt vom Stalin-Gulag erzählt und ihre Zuhörer vom „Wert der Demokratie“ überzeugt haben. Weniger dankbar aber seien Angestellte eines örtlichen Hotels, die miterlebt hätten, wie einige dieser Gäste aus der Rolle gefallen seien. Da sei der selbst angesichts des Grauens von Workuta kaum nachvollziehbare Satz gefallen: „Den Häftlingen in Buchenwald ging es gar nicht so schlecht, die hatten doch Pullover.“ Einer habe wissen wollen, ob denn das Hotel keine Zwangsarbeiter als Gepäckträger habe, er sei schließlich „kein Kaffer“. Ein anderer habe erzählt: „Ich hatte 11.000 Neger auf meiner Plantage, elf habe ich aufgehängt, seitdem darf ich in Simbabwe nicht mehr einreisen.“ Und als am 1.Mai die Anti-Nazi-Demo vorbeigezogen sei, sei eine Kellnerin aufgefordert worden, rauszugehen und „den Lärm abzustellen“. Schließlich hätte ein Teilnehmer den Aufsatz eines früheren Terroristen-Anwalts kopieren lassen, der anhand von Bibelzitaten belegen wolle, dass Juden bei uns nichts zu suchen hätten. Der Vorsitzende der Lagergemeinschaft beklagt in einer Beschwerde beim Deutschen Presserat, dass die veröffentlichten Behauptungen nicht bewiesen seien, aber als Tatsachen dargestellt würden. In der Veröffentlichung sehe er eine Diskriminierung aller Mitglieder seiner Lagergemeinschaft. Zudem kritisiert er, dass die Redaktion der Zeitung nicht einmal den Versuch gemacht habe, mit ihm als Sprecher der Lagergemeinschaft Kontakt aufzunehmen. Auch das Bautzen-Komitee, ein Verband, der Opfer des Kommunismus vertritt, reicht Beschwerde beim Deutschen Presserat ein. Es protestiert gegen das in dieser Kampagne zum Ausdruck gebrachte unwürdige journalistische Verhalten. Eine dritte Beschwerde kommt von einer Bundestagsabgeordneten, die Vermutungen zu Tatsachen erhoben sieht. Hier werde diffamiert und eine Kampagne geführt. Die Chefredaktion der Zeitung teilt in ihrer Stellungnahme mit, dass die kritisierten Behauptungen auf den Aussagen von sechs Mitarbeitern des Hotels beruhen, in dem die Teilnehmer des Treffens zu Gast gewesen seien. Eine der Mitarbeiterinnen habe den Chefredakteur selbst bei einem Aufenthalt im Restaurant angesprochen und ihm den Sachverhalt erstmals dargelegt. In der folgenden Berichterstattung habe die Zeitung eine Diskussion von erheblichem öffentlichen Interesse angestoßen. Von einer Kampagne könne keineswegs die Rede sein. Auch eine Diffamierung liege nicht vor. In den Beiträgen sei stets von „Einzelnen“ die Rede gewesen. Der Vorfall sei also durchaus als eine Verwirrung empfunden und auch so dargestellt worden. (2001)

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Falsche Bildunterzeile

„Vorsicht, bissiger Affen-Mann!“ warnt ein Boulevardblatt seine Leserinnen und Leser. In Indiens Hauptstadt Neu-Delhi gehe die Angst um. Vor einer Bestie, halb Mensch, halb Affe. Über 1000 Bewohner des Vorortes Ghaziabad seien von dem „Affen-Mann“ angefallen, gekratzt und gebissen worden. Vier Bilder sind dem Beitrag beigestellt. Drei angebliche Opfer präsentieren Kratzwunden an Kopf, Arm und Rücken. Ein weiteres Foto zeigt eine dunkle Gestalt in verschwommenen Konturen. Im Text dazu heißt es: „Das erste Foto des mysteriösen Affenmenschen, der Neu-Delhi in Panik versetzt.“ Ein Leser der Zeitung bittet den Deutschen Presserat, sich dieser Veröffentlichung anzunehmen. Er hält die Darstellung für ein vermutlich seitenverkehrtes oder anderweitig manipuliertes Bild des so genannten nordamerikanischen „Bigfoot“, eines ähnlichen Fantasieprodukts wie der Yeti im Tibet. Es existiere davon ein Amateurfilm, der den Beweis für diesen Affenmenschen liefern sollte, aber von den Filmemachern selbst längst als primitive Fälschung enttarnt worden sei. Die Zeitung habe sich vermutlich dieses Materials bedient, um die Sensationslust zu befriedigen. Die Rechtsabteilung des Verlages gesteht ein, dass die Bildunterschrift unzutreffend sei. Die Redaktion habe damit eigentlich nur vorweisen wollen, dass ein solch mysteriöses Foto in Neu-Delhi die Runde mache. Damit sollte aber keineswegs gesagt werden, dass ein Nachweis für die Existenz eines Affenmannes vorliege. (2001)

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Quellenangabe

Der 31-jährige Sohn eines Oberbürgermeisters stirbt an den Folgen eines Verkehrsunfalls. Drei Monate danach gibt der Vater drei Redakteuren einer Gratiszeitung ein Interview, in dem er in einer sehr persönlichen und offenen Weise schildert, wie er und seine Familie das schreckliche Geschehen zu verarbeiten versuchen. Tags darauf erscheinen in einer Boulevardzeitung Auszüge aus diesem Gespräch unter der Überschrift „Jetzt spricht er über den Tod seines Sohnes“. Im Vorspann heißt es, dass der Oberbürgermeister drei Journalisten ein Interview gegeben habe. Die drei Journalisten werden namentlich genannt. Einer von ihnen trägt den Fall dem Deutschen Presserat vor. Er kritisiert, dass seine Publikation in dem Vorspann des Artikels nicht als Quelle genannt wird. Außerdem seien er und seine Mitautoren nicht gefragt worden, ob sie mit der Veröffentlichung einverstanden seien. Die Rechtsabteilung des betroffenen Verlages erklärt, dass es aus rechtlicher Sicht zweifelhaft sei, ob eine Autorisierung notwendig gewesen sei. In der juristischen Literatur werde überwiegend die Meinung vertreten, dass in den Fällen, in denen das Interview inhaltlich ausschließlich von den Äußerungen des Befragten getragen werde, dieser als Urheber anzusehen sei. Eine solche Situation liege hier vor. Urheberschutz dürfe demnach allein dem interviewten Oberbürgermeister zustehen. Die Rechtsvertretung ist der Auffassung, dass das Interview in dieser Form wiedergegeben werden konnte, da die Veröffentlichung von § 49 Abs. 1 Urhebergesetz gedeckt sei. Danach seien die Vervielfältigung und Verbreitung vollständiger Artikel aus Zeitungen und anderen lediglich Tagesinteressen dienenden Informationsblättern dieser Art sowie die öffentliche Wiedergabe solcher Artikel zulässig, wenn sie politische, wirtschaftliche oder religiöse Tagesfragen betreffen und nicht mit einem Vorbehalt der Rechte versehen seien. Das Interview sei nicht mit einem Vorbehalt der Rechte versehen und stelle die erste öffentliche Stellungnahme des obersten repräsentativen Organs der Stadt zu einem Ereignis, nämlich dem Unfalltod seines Sohnes, dar. Die politische Seite sei bereits durch die Tatsache, dass es sich um den Oberbürgermeister handele, berührt. Zudem würden auch religiöse Fragestellungen angesprochen, da der Oberbürgermeister über seine Konsequenzen nach dem Tod seines Sohnes gesprochen habe. Keinesfalls werde in dem Beitrag der Eindruck erweckt, als sei das Interview im Auftrag der Boulevardzeitung geführt worden. In der Einleitung sei der Hinweis enthalten, dass die Zeitung das Gespräch in Auszügen „dokumentiere“. Dadurch werde klar, dass es sich nicht um ein eigenes Interview handele. Klar und deutlich seien auch die Namen der Interviewer genannt. Die Art und Weise, in der das Interview im eigenen Blatt veröffentlicht worden sei, insbesondere der Verzicht auf die Benennung der Zeitung, in welcher das Interview erstmals veröffentlicht worden sei, entspreche grundsätzlich nicht dem Stil des Hauses. Von einzelnen Mitarbeitern sei im konkreten Fall die namentliche Nennung der beteiligten Journalisten für ausreichend erachtet worden, da die betroffene Gratiszeitung ihr Erscheinen inzwischen eingestellt habe. So weit dadurch journalistische Standards missachtet worden sein sollten, bedauere man dies ausdrücklich. (2001)

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