Wie hat der Presserat entschieden?
Rüge, Missbilligung oder Hinweis, wie hat der Presserat entschieden? Hier können Sie online in der Spruchpraxis des Presserats eine Auswahl an Beschwerdefällen von 1985 bis heute recherchieren.
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6869 Entscheidungen
“Jetzt ist er sein schönes Landhaus los”, berichtet eine Lokalzeitung über einen früheren Bankdirektor und Ratsherrn, der kein Glück mit Geschäften in den neuen Bundesländern gehabt habe. Mit der Nachricht über die Zwangsversteigerung des angeblich reichlich renovierungsbedürftigen Anwesens verknüpft die Zeitung “abenteuerliche Geschichten aus den 80er Jahren”. Damals habe die Steuerfahndung das Haus gestürmt und in einer Scheune einen flugunfähigen Hubschrauber gefunden, in dem sie das “Fluchtinstrument” eines mit dem ehemaligen Besitzer befreundeten Millionenbetrügers vermutet habe. Der Rechtsanwalt des ehemaligen Villenbesitzers schaltet den Deutschen Presserat ein. Die Steuerfahndung habe nie das Haus betreten, geschweige es denn jemals gestürmt. Der Hubschrauber habe zu keinem Zeitpunkt für den erwähnten Mann eine Rolle gespielt. Er habe vielmehr einem damaligen Mitbewohner gehört und sei von diesem an Kaufhäuser zur Kinderunterhaltung vermietet worden. Die Chefredaktion der Zeitung nimmt zur Sache selbst nicht Stellung, sondern verweist auf einen Schriftwechsel mit dem Beschwerdeführer. Darin bietet sie eine Gegendarstellung an, die allerdings die eigenhändige Unterschrift des Betroffenen enthalten müsse. Die unterschriebene Gegendarstellung habe die Zeitung jedoch nie erreicht. (1998)
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Unter der Überschrift “Mein Leben ohne Schuppenflechte ist wie ein Wunder” berichtet eine Zeitschrift über die Erfahrungen der Ehefrau eines Schauspielers in der Behandlung der chronischen, vererbten Hautkrankheit Psoriasis. Die Frau schildert erfolglose Versuche mit Kortison bis hin zur Phototherapie mit UV-Licht. Dann geschah das Wunder: Ihr Bruder brachte von einem seiner Amerikaaufenthalte eine Creme gegen Schuppenflechte mit. Das Unglaubliche passierte: Bei einigen Hautarealen verschwand die Schuppenflechte nach Gebrauch der Creme schon nach wenigen Tagen, bei anderen einige Wochen später. Das Besondere dieser neuartigen Behandlung sei, hebt der Bericht hervor, dass das Präparat im Gegensatz zu konventionellen Psoriasis-Cremes und –Salben kein Kortison enthalte. Ein Apotheker legt den Artikel dem Deutschen Presserat vor und fügt Unterlagen bei, aus denen hervorgeht, dass bei der Untersuchung des gepriesenen (und namentlich genannten) Produktes ein nicht deklariertes Corticoid festgestellt wurde. Insofern sieht er in der Behauptung der Zeitschrift eine Falschaussage. Die Rechtsabteilung des Verlages betont, dass zum Zeitpunkt des Erscheinens des Artikels der Redaktion nicht bekannt gewesen sei, dass das genannte Präparat Corticoide aufweisen soll. Die Redaktion habe sich vielmehr auf die Angaben des Herstellers des in Deutschland zugelassenen Produktes verlassen. Die Unterlagen des Beschwerdeführers, darunter eine Mitteilung der Arzneimittelkommission der Deutschen Apotheker und eine dringende Arzneimittel-Meldung, seien drei bis vier Monate später als der kritisierte Artikel datiert. Die Rechtsabteilung erklärt die grundsätzliche Bereitschaft der Redaktion, richtigzustellen, dass das Präparat Corticoide enthält. Jedoch liege mittlerweile ein neues Gutachten des Herstellers vor, wonach das Mittel kortisonfrei sei. Der Zeitschrift sei es nicht oder nur unter einem unvertretbarem Aufwand möglich, zu klären, ob das Mittel nun Kortison aufweist oder nicht. (1998)
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“Ein neues Paradies für reale Kunden” nennt ein Boulevardblatt ein neues Warenhaus im Industriepark der Landeshauptstadt. Die Zeitung berichtet, dass sich in den Regalen auf 13.000 Quadratmetern Verkaufsfläche mehr als 40.000 Artikel stapeln, dass die neueste Filiale der Marktkette mit Leistungen wie Kinderkino, Ruhezone und Taxiruf um Kunden werbe und dass den Besuchern über 1.100 Parkplätze zur Verfügung stehen. Zwei Fotos illustrieren den Bericht. Sie zeigen das Haus sowie eine Innenansicht mit dem Geschäftsleiter und dem Vertriebschef im Vordergrund. Ein Leser der Zeitung beschwert sich beim Deutschen Presserat. Er hält die Veröffentlichung für Schleichwerbung, weil ihr jede journalistische Distanz fehle und ein öffentliches Interesse an der Warenhauseröffnung nicht gegeben sei. Die Chefredaktion des Blattes widerspricht: Die Berichterstattung über die Eröffnung eines Kaufhauses in dieser Größe entspreche dem Informationsauftrag der Presse. Der Artikel enthalte auch keine Lobhudeleien, sondern beschränke sich auf eine Beschreibung der hier angebotenen Leistungen. (1998)
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Unter der Überschrift “Die Stunde der Patrioten” veröffentlicht eine Zeitschrift den Wortlaut eines telefonisch geführten Interviews mit dem Bundesvorsitzenden der “Vereinigten Rechten”. Anlass des Interviews war eine Anzeige in einer Lokalzeitung, in der die “Vereinigte Rechte” zur Vereinigung aller deutschen Rechtsparteien aufruft. Aus dem Abdruck des Interviews geht hervor, dass der Anrufer im Laufe des Gesprächs suggerierte, dass er selber der Rechtsradikalenszene nahe stehe. Die “Vereinigte Rechte” hält das Vorgehen der Zeitschrift für illegal und beschwert sich beim Deutschen Presserat. Die Chefredaktion der Zeitschrift teilt mit, dass sie ihre Stellung zu der “Vereinigten Rechten” mit dem Abdruck des Artikels zum Ausdruck gebracht und dem nichts hinzuzufügen hat. (1998)
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Ein Nachrichtenmagazin berichtet unter der Überschrift “Ozeane der Weisheit” über buddhistische Strömungen. Der Beitrag enthält die folgende Passage: “Die Bewegung der Theosophen am Ende des 19. Jahrhunderts, eine Revolte gegen den wissenschaftlichen Positivismus, machte Tibet endgültig zum Traumland, zum spirituellen Zentrum jenseits von Raum und Zeit. Dem Mythos einen Namen gab der Autor James Hilton 1933 in seinem Buch ‘Lost Horizon’: Shangri-La. Er war – wie so viele Schwärmer – nie in Tibet.” Im darin anschließenden Absatz des Textes heißt es weiter: “Zwei Jahre später gründete in Nazi-Deutschland Heinrich Himmler die SS-Forschungsstätte ‘Ahnenerbe’; seine Berater, wie der Wissenschaftler Ernst Schäfer, glaubten, Tibet sei die Wiege der Menschheit, Zufluchtsort einer ‘arischen Wurzelrasse’....”. Das Theosophische Centralarchiv sieht den theosophischen Begriff der “Wurzelrasse” durch diese Ausführungen als diskreditiert an und beantragt beim Deutschen Presserat eine Rüge. Der theosophische Wurzelrassen-Begriff habe keine inhaltlichen Gemeinsamkeiten mit dem nationalsozialistischen Rassenwahn. Bei der “Wurzelrasse” handele es sich um eine chronologische Rasseneinteilung, die Menschen aller anthropologischen Rassen durchlaufen hätten. Eine Einteilung in “bessere” und “schlechtere” Rassen liege dem nicht zugrunde. Im übrigen weist der Beschwerdeführer darauf hin, dass die im Artikel erwähnte Reise Schäfers nach Tibet keinen politischen Grund gehabt habe. Die Unterstützung durch die SS sei aus rein formalen und verwaltungstechnischen Gründen erfolgt, da die SS alle Auslandsreisen zu genehmigen und zu überwachen gehabt habe. Der Chefredakteur der Zeitschrift betont in seiner Stellungnahme, in dem Artikel werde darauf hingewiesen, dass die Bewegung der Theosophen vom Ende des 19. Jahrhunderts stamme. Eine Analogie zwischen Theosophen und Nazi-Theorien werde nicht einmal angedeutet. Unter Hinweis auf verschiedene Publikationen weist er ferner darauf hin, dass die Verbindung der SS zur Reise Schäfers entgegen den Ausführungen des Beschwerdeführers nicht nur formale und verwaltungstechnische Gründe gehabt habe. Vielmehr hätten vier SS-Leute Schäfer begleitet, darunter auch der Rassenkundler Bruno Beger. Schäfer selbst habe im August 1939 Ehrenzeichen der SS erhalten. (1998)
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Eine Lokalzeitung veröffentlicht eine ganzseitige Anzeige einer Braunkohlegesellschaft, die redaktionell gestaltet ist und einer Textseite gleicht. Die Seite trägt den Vermerk “Aus dem Revier” sowie links und rechts in kleiner Schrift den Hinweis “Anzeige”. Ein Publizist nimmt Anstoß daran und führt Beschwerde beim Deutschen Presserat. Hier werde bezahlte Werbung als journalistisches Produkt getarnt. Die Chefredaktion der Zeitung räumt ein, dass der Anzeigencharakter aus der Gesamtanordnung auf den ersten Blick nicht zu erkennen sei. Man habe den Artikel zum Anlass genommen, mit der Anzeigenleitung für die Zukunft eine deutlichere Kennzeichnung solcher Anzeigenseiten zu verabreden. (1998)
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“Puren Luxus” nennt eine Regionalzeitung die “Berlin-Tagung” eines Bundestagsabgeordneten der Bündnis-Grünen. Der Politiker habe 50 “politisch Interessierte” zu einer Fahrt nach Berlin eingeladen, der Steuerzahler “blute” dafür. Die Zeitung legt das Programm dar und verweist dabei auf die Unterbringung der Teilnehmer in einem Fünf-Sterne-Hotel. In einem Kommentar zu dem Bericht wird diese staatlich subventionierte “Kostgängerfahrt” als Geldverschwendung bezeichnet. Eine Mitarbeiterin des Abgeordneten in dessen Wahlkreisbüro erklärt in einer Beschwerde beim Deutschen Presserat, nicht der Abgeordnete, sondern das Bundespresseamt habe zu dieser Reise eingeladen. Das Amt buche auch die Unterkünfte und sei verantwortlich für das Programm. Jeder Abgeordnete könne pro Jahr eine solche Reise durchführen lassen. Die Chefredaktion der Zeitung stellt fest, dass es kein Beschwerdegrund sein könne, wenn sich Zeitungen kritisch mit Berlinreisen befassen, die vom Steuerzahler finanziert werden. Im vorliegenden Fall lege die Unterbringung in einem Nobelhotel den Verdacht nahe, dass mit dem Gebot der Sparsamkeit etwas großzügig umgegangen worden sei. Zur Behauptung des Abgeordneten, nicht er habe eingeladen, sondern die Bundesregierung, erklärt die Zeitung, dies lese sich in den Einladungen anders. Gleichzeitig räumt die Chefredaktion aber auch ein, dass sie sich die stilistische Behandlung des Themas etwas anders gewünscht hätte. Schließlich betont sie, hätten ihr Informationen über Berlin-Reisen von Abgeordneten anderer Parteien vorgelegen, auch diese als Beispiele für politischen Tourismus aufgegriffen worden wären. Dem Beschwerdeführer sei inzwischen Gelegenheit zu einer Stellungnahme gegeben worden. (1998)
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“Ich bin sehr bestürzt über einen Leserbrief”, schreibt eine Zeitungsleserin an den Deutschen Presserat. “Meiner Meinung nach stellt dieser einen Aufruf zum Mord dar.” Der Leserbrief in der Lokalzeitung trägt die Überschrift “Schnelle Abhilfe” und befasst sich mit einer Aktion von Castor-Gegnern, die sich in einem Tunnel unter der Transportstrecke eingraben ließen. Die Autorin des Leserbriefes schreibt: “Bei mir hätte es schnelle Abhilfe gegeben, indem ich die beiden Lochbewohner bewässert oder ausgeräuchert hätte.” Die Geschäftsleitung der Zeitung erklärt, die Leserbriefspalte sei als solche deutlich gekennzeichnet und spiegele nicht die Meinung der Redaktion wider, sondern diene der freien Meinungsäußerung der Leserschaft. Der Vorwurf des Mordaufrufes sei falsch. An keiner Stelle des Leserbriefes werde zu irgend etwas aufgerufen. Ausdrücklich beziehe die Briefschreiberin ihre Ansicht auf ihre eigene Person (“Bei mir...”). Der Inhalt des Schreibens sei demzufolge durch das Recht auf freie Meinungsäußerung voll gedeckt. (1998)
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Unter der Überschrift “Schnelle Messer, volle Betten” berichtet ein Nachrichtenmagazin unter voller Namensnennung über die staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen gegen einen Chefarzt wegen des Verdachts auf fahrlässige Tötung von Patienten. In dem Beitrag werden diverse Fälle von fragwürdigen Operationen geschildert. Des weiteren wird der Vorgänger des Arztes zitiert, der gesagt haben soll, dass bei früheren Operationen des betroffenen Arztes “das Blut nur so gespritzt sei”. Auch der unter Verdacht geratene Mediziner kommt mit folgender Feststellung zu Wort: “Als ich vor zwei Jahren nach ... (Sitz des Krankenhauses) kam, fand ich ein Provinzkrankenhaus in tiefem Schlummer, schlecht belegt und mit antiquierten chirurgischen Techniken. Ich habe es aus dem Dornröschenschlaf geweckt.” Der betroffene Mediziner und sein Anwalt legen die Veröffentlichung dem Deutschen Presserat vor. Sie sind der Ansicht, dass die Namensnennung gegen das Persönlichkeitsrecht verstößt. Die Redaktion habe den Arzt nie befragt, so dass auch das wiedergegebene Zitat falsch sei. Auch die als beispielhaft dargestellten Fälle seien allesamt falsch wiedergegeben worden. Bei keiner der Operationen, denen sein Vorgänger beigewohnt habe, sei Blut gespritzt. Ermittlungen der Staatsanwaltschaft hätten bislang den Vorwurf der fahrlässigen Tötung nicht bestätigt. Der Beschwerdeführer übermittelt dem Presserat Unterlagen, aus denen nach seiner Ansicht hervorgeht, dass die Behauptung, er habe in den strittigen Fällen die Totenscheine ausgestellt, falsch ist. Die Rechtsabteilung des Verlages erklärt, die Redaktion sei sich sehr wohl bewusst gewesen, dass die Veröffentlichung für den Beschwerdeführer erhebliche Folgen haben könnte. Sie habe deshalb eine ausführliche Recherche durchgeführt, sich sachverständig beraten lassen und sich intensiv um eine Stellungnahme des betroffenen Arztes bemüht. Dabei habe ein ehemaliger Chefarzt, der häufig selbst journalistisch tätig sei, die Redaktion umfassend unterstützt und nach mehrfachen Versuchen den betroffenen Kollegen schließlich telefonisch erreicht. Jener sei aber zu einer Stellungnahme zu den erhobenen Vorwürfen nicht bereit gewesen. Er habe lediglich jene Bemerkungen gemacht, die in dem Artikel zitiert worden seien. Unrichtig sei auch die Behauptung, dass im Rahmen der Recherchen nicht mit den Ermittlungsbehörden gesprochen worden sei. Dies sei sehr wohl und sogar sehr intensiv geschehen. Einzelheiten könnten aber aus Gründen des Informantenschutzes nicht genannt werden. Bei der in dem Artikel vorgenommenen Beurteilung ärztlichen Handelns handele es sich durchweg um Meinungsäußerungen und Werturteile. Die Anmerkung, dass Blut gespritzt sei, beruhe auf der Beobachtung des Amtsvorgängers während einer Magenresektion. Dabei seien die Blutgefäße schlicht durchtrennt worden. Die Ermittlungen gegen den Chefarzt seien dadurch ausgelöst worden, dass auf einer Reihe von Totenscheinen jeweils natürliche Todesursachen genannt, die vorangegangenen Operationen aber nicht erwähnt wurden. Die Totenscheine seien – davon gingen auch die Ermittlungsbehörden aus – vom Beschwerdeführer zu verantworten. Hinsichtlich der dargelegten Operationen sei die Redaktion aufgrund medizinischer Fachberatung zu dem Ergebnis gelangt, dass sie alle aus medizinischer Sicht fragwürdig waren. Die zuständige Staatsanwaltschaft teilt dem Presserat auf Anfrage mit, dass in dem Ermittlungsverfahren drei Todesbescheinigungen vorliegen, die nicht von dem Beschuldigten ausgestellt seien. Ob er diese Bescheinigungen zu verantworten habe, könne nicht gesagt werden, da dazu keine Ermittlungen geführt worden seien. Grundsätzlich habe jedoch der Arzt, der die Todesbescheinigung ausstellt, den Inhalt zu verantworten. (1998)
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