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Wie hat der Presserat entschieden?

Rüge, Missbilligung oder Hinweis, wie hat der Presserat entschieden? Hier können Sie online in der Spruchpraxis des Presserats eine Auswahl an Beschwerdefällen von 1985 bis heute recherchieren.

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Nach detaillierten Richtlinien (z.B. 8.1) können Sie erst ab den Fällen aus 2024 recherchieren. Ältere Fälle werden nur unter der entsprechenden Ziffer (z.B. 8) angezeigt.

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Entscheidungsjahr
7055 Entscheidungen

Polizisten unter sich

In mehreren Beiträgen übt eine Boulevardzeitung Kritik am Verhalten des Polizeipräsidiums im Verlagsort. Der erste Beitrag beschäftigt sich mit einem Vorfall in einem Polizeirevier der Stadt: Zwei Polizisten geben – vermutlich unter Alkoholeinfluss – 34 Schüsse ab. Dem Polizeipräsidenten wird unterstellt, er habe den Vorfall verschweigen wollen bzw. er habe sich von Mitarbeitern verleugnen lassen. In der Schlagzeile wird in Verbindung mit einem großflächigen Foto des Betroffenen die Schlussfolgerung gezogen: “Ein Polizei-Chef, der nichts zu melden hat”. Vier Tage später berichtet die Zeitung, der Polizeipräsident sei seit Tagen auf Tauchstation und wegen seines Dauer-Schweigens vom Innenminister öffentlich abgewatscht worden. Schweigen wird dem Chef der Polizei auch in einem anderen Bericht vorgeworfen: “Polizisten prügeln Polizisten – und der Chef schweigt”. Die Zeitung schildert die Erlebnisse eines Polizeibeamten, der von Kollegen vor dem Polizeipräsidium irrtümlicherweise festgenommen und zusammengeschlagen worden sein soll. In dem Beitrag heißt es, der Betroffene sei zu Boden geschlagen, misshandelt und mit Handschellen gefesselt worden. In der Sache habe der Polizeipräsident bislang nichts zustande gebracht: “Die Beamten fahren weiter Streife, wurden nicht einmal angezeigt.” Unter der Überschrift “Mobbing im Polizeipräsidium” berichtet die Zeitung schließlich über einen Polizeibeamten, der wegen psychischer Probleme krank geschrieben wurde. Es heißt, der Mann werde gemobbt und das Polizeipräsidium nehme den Fall nicht ernst. Statt auf die Beschwerden zu reagieren, versuchten Vorgesetzte, dem Betroffenen Alkoholismus anzuhängen. Inzwischen sei der Beamte in eine andere Dienststelle versetzt. Das Polizeipräsidium wehrt sich gegen die Veröffentlichungen mit einer Beschwerde beim Deutschen Presserat. Die beiden ersten Berichte enthielten ehrverletzende und falsche Behauptungen. Der Polizeipräsident habe die Vorfälle keineswegs vertuschen wollen, sondern sei im Urlaub gewesen und habe somit nicht früher reagieren können. So früh wie möglich sei die Öffentlichkeit in Form einer Pressemeldung über die Vorfälle informiert worden. Im Falle des festgenommenen Polizeibeamten seien dessen Behauptungen ungeprüft übernommen worden. Um den Wahrheitsgehalt der Angaben festzustellen, hätte ein Anruf bei der Pressestelle der Polizei genügt. Dieser sei jedoch nicht erfolgt. Tatsächlich habe sich der Beamte über 15 Minuten geweigert, sich auszuweisen und die kontrollierenden Beamten geschlagen und beleidigt. Auch in dem vierten Bericht sieht das Polizeipräsidium eine einseitige Darstellung aus der Sicht des Betroffenen. Die in dem Artikel erwähnte amtsärztliche Untersuchung sei erst nach einem verwaltungsgerichtlichen Urteil möglich gewesen. Der Zeitungsverlag berichtet in seiner Stellungnahme zu der Beschwerde von einem Zivilverfahren, das sich auf die beiden ersten Veröffentlichungen bezog und mit einem Vergleich endete. Die Zeitung zahlte an den Polizeipräsidenten 7.000 D-Mark. Dieser zog daraufhin eine Strafanzeige gegen den Autor der Beiträge zurück. Merkwürdig bleibe nach wie vor, dass seinerzeit erst fünf Tage nach dem fraglichen Vorfall in einem Nachtrag zur normalen Pressemitteilung darüber berichtet worden sei. Der dritte Bericht entspreche in weiten Teilen der Wahrheit. Problematisch sei offensichtlich lediglich die Frage, ob der Betroffene sich mit seinem Dienstausweis zu erkennen gegeben habe oder nicht. Zu dem Vorwurf, der Autor habe den Sachverhalt nicht sorgfältig geprüft und nicht bei der Pressestelle der Polizei angerufen, weist der Verlag darauf hin, dass in der Vergangenheit die Pressestelle auf Fragen nach internen Vorgängen bei der Polizei keinerlei Auskünfte erteilt habe. Aus diesem Grund habe der Autor keine Veranlassung gesehen, bei der Pressestelle anzurufen. Auch der im vierten Beitrag behandelte Sachverhalt habe einen internen Vorgang bei der Polizei betroffen. Daher seien auch hier keine Informationen seitens der Pressestelle zu erwarten gewesen. Da der Autor den betroffenen Beamten bereits länger persönlich kannte und an dessen Glaubwürdigkeit keinen Zweifel gehabt habe, sei die Veröffentlichung in dieser Form erfolgt. Der Beschwerdeführer widerspreche in seiner Stellungnahme nicht dem Vorwurf des Mobbings. Die Tatsache, dass der Beamter erst nach einem verwaltungsgerichtlichen Urteil bereit war, sich untersuchen zu lassen, stehe damit zunächst in keinerlei Zusammenhang. (1999)

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Straftat eines Mandatsträgers

Eine Lokalzeitung berichtet in mehreren Beiträgen über einen ehemaligen Stadtverordneten, der 1996 mehrere Kinder sexuell belästigt haben soll. Im letzten Beitrag heißt es, dass der Mann zu einer Bewährungsstrafe verurteilt worden sei. In allen Artikeln wird darauf hingewiesen, dass er bis 1998 einen Sitz im Stadtrat hatte und sich in dieser Funktion besonders um die Bereiche Sport, Kultur und Jugend kümmerte. Der Kreisverband seiner Partei ist der Ansicht, dass ein sachlicher Zusammenhang zwischen dem Tatverdächtigen und dem von ihm in der Vergangenheit ausgeübten Partei-Mandat hergestellt wird. Da dabei sein Vorname und das Initial seines Familiennamens angegeben werde, sei der Mann durch die Veröffentlichung überdies identifizierbar. Der Verband führt Beschwerde beim Deutschen Presserat. Die Chefredaktion der Zeitung teilt mit, nach allgemeiner Auffassung sei die Gerichtsberichterstattung angesichts der überragenden Bedeutung für die Öffentlichkeit insoweit zulässig, als nicht gesetzliche Beschränkungen entgegenstehen. Derlei Beschränkungen, die es der Zeitung verboten hätten, das Partei-Mandat des Angeklagten zu nennen, seien nicht ersichtlich. An der Berichterstattung bestehe ein Interesse der Öffentlichkeit, da der Angeklagte Mandatsträger gewesen sei. Wenn eine Person des politischen Lebens Straftaten begehe, so müsse die Öffentlichkeit die Möglichkeit haben, Konsequenzen zu ziehen. Dies gelte für alle politischen Ebenen. Wegen der Abkürzung des Nachnamens sei die Person nicht ohne weiteres erkennbar. Es bedürfe zusätzlicher Recherchen, um die Identität des Angeklagten festzustellen (1999)

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PKK

Ein Nachrichtenmagazin berichtet, die Sozialministerin eines Landes habe sich beim Justizminister eines anderen Landes für einen Deutschkurden eingesetzt, gegen den wegen Teilnahme an einem Kurdenfest ermittelt werde. Eine in Deutschland erscheinende türkische Zeitung berichtet unter der Überschrift “Als Vermittlerin für einen PKK’ler fungiert” über den Inhalt des Artikels. Sie bezeichnet den Betroffenen als einen PKK’ler und behauptet, dass die Demonstration, an der er teilgenommen habe, von PKK-Sympathisanten organisiert worden sei. Der Deutschkurde beschwert sich beim Deutschen Presserat. Er weist darauf hin, dass er kein PKK’ler sei. Diese Behauptung gefährde ihn bei Reisen in die Türkei. Die Rechtsvertretung der türkischen Zeitung bleibt dabei: Der Beschwerdeführer habe unstreitig an einer Demonstration von PKK-Gefolgsleuten teilgenommen. In diesem Zusammenhang sei gegen ihn ein Ermittlungsverfahren eröffnet worden. In dem Bericht werde der Betroffene als “PKK-Sympathisant” oder “-freund” bezeichnet. Diese Bezeichnung müsse er sich nach der Teilnahme an der Demonstration zurechnen lassen. Als politisch aktivem kurdischstämmigem Deutschen müssten ihm die Folgen in der türkischen Öffentlichkeit klar sein, wenn er sich dazu entschließe, an einer Demonstration im Umfeld von PKK-Anhängern teilzunehmen.

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Interview ohne Autorisierung

Eine Jugendzeitschrift berichtet über einen Rap-Star, der zwölf Tage verschwunden war und diese Zeit “in den Fängen einer Sekte” verbrachte. In dem Beitrag äußert sich ein Sektenbeauftragter der evangelischen Kirche über diese “religiöse Gruppe”. Der Experte wird auch in einem beigestellten Interview befragt, wie gefährlich Sekten sind. Der zitierte Sektenbeauftragte beschwert sich beim Deutschen Presserat, weil er nie persönlich mit der Redaktion der Zeitschrift gesprochen hat. Informationen aus einer schriftlichen Mitteilung seines Büros würden jedoch wie Zitate hingestellt. Die schriftlichen Aussagen würden zudem grob verfälscht. So habe er nicht ausgeführt, dass die erwähnte Gruppe eine Sekte sei, sondern dass es sich um eine “evangelikal/pfingstlerisch geprägte christliche Aktivität” handele. Abschließend weist er darauf hin, dass er darum gebeten habe, den Artikel, den die Zeitschrift veröffentlichen wolle, vorab gegenlesen zu dürfen. Diese Gelegenheit sei ihm jedoch nicht gegeben worden. Die Rechtsvertretung der Zeitschrift bekundet, die Redaktion habe mit der Referentin des Sektenbeauftragten vereinbart, dass diese die benötigten Informationen einhole, welche dann als Aussagen des Beschwerdeführers veröffentlicht werden sollten. Allen Beteiligten sei dabei klar gewesen, dass die von der Referentin schriftlich bzw. telefonisch übermittelten Informationen als Aussagen des Sektenbeauftragten verbreitet würden. Die Bezeichnung der erwähnten Gruppe als Sekte sei möglicherweise auf ein Missverständnis der Redaktion zurückzuführen. In der Feststellung werde jedoch eine Aussage der Referentin aufgegriffen, dass man davon ausgehen könne, dass die Gruppe zu einer Sekte gehöre. In dem Schreiben der Referentin werde zudem im Zusammenhang mit der Gruppierung von “sektiererischen Entwicklungen in christlichen Gruppen” gesprochen. Die Redaktion weist schließlich darauf hin, dass mit dem Beschwerdeführer keineswegs abgesprochen war, dass er den Text autorisieren sollte. Das dem Interview beigestellte Foto sei der Redaktion von der Referentin des Beschwerdeführers zur Verfügung gestellt worden. In diesem Zusammenhang habe die zuständige Redakteurin ausdrücklich darauf hingewiesen, dass die ihr von der Referentin mitgeteilten Informationen als Statement des Beschwerdeführers publiziert werden sollten. (1999)

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Verdachtsberichterstattung

Eine Boulevardzeitung stellt die Frage, ob eines der größten deutschen kommunalen Kreditinstitute das Bankgeheimnis verletzt habe. Unter der Schlagzeile “War es die späte Rache des Sparkassenchefs?” wird die Vermutung geäußert, Informationen über Kreditgeschäfte des örtlichen CDU-Fraktionschefs könnten die Rache des Chefs der Sparkasse dafür sein, dass er mit seiner Bewerbung um ein höheres Amt in der deutschen Bankenszene gescheitert sei. Die Pressestelle der Sparkasse beschwert sich beim Deutschen Presserat. Die Berichterstattung des Blattes sei falsch und ehrverletzend. Bei den Lesern werde der Eindruck erweckt, der Chef der Sparkasse habe aus persönlichen Motiven gegen das Bankgeheimnis verstoßen. Dies sei eine persönliche Verunglimpfung des Vorstandsvorsitzenden und eine image- und geschäftsschädigende Darstellung für die Sparkasse. Die Redaktionsleitung des Blattes erklärt, aufgrund einer persönlichen Verbundenheit des Sparkassenchefs mit dem zurückgetretenen SPD-Kandidaten sei in der Stadt der Verdacht geäußert worden, dass die Sparkasse mit ihrem Chef den SPD-Kandidaten stützen wollte. Hinzu komme, dass der Sparkassenchef schon einmal an dem Votum des CDU-Vertreters bei dem Bemühen, Präsident des Deutschen Sparkassen- und Giroverbandes zu werden, gescheitert sei. Insoweit sei mehrfach der Verdacht aufgekommen, dass eine starke Animosität des Sparkassenchefs gegen die CDU und seine Verbindung zu dem zurückgetretenen Spitzenkandidaten der SPD Gründe für die “Enthüllung” eines angeblich nicht korrekten Bankgeschäfts gewesen seien, in das der Vorsitzende der CDU-Fraktion verwickelt gewesen sein soll. Im Hinblick auf den laufenden Kommunalwahlkampf hätte die Zeitung daher auf eine solche Verdachtsberichterstattung nicht verzichten können. Dass es eine Verdachtsberichterstattung ist, ergebe sich aus dem gesamten Text einschließlich der Überschrift. Die Redaktionsleitung betont abschließend, dass wesentliche Punkte des Dementis der Stadtsparkasse in dem Artikel veröffentlicht worden seien. (1999)

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Vorverurteilung

Eine Lokalzeitung berichtet in vier Artikeln über die Vergewaltigung eines 13-jährigen Mädchens und die Fahndung nach den beiden mutmaßlichen Tätern. In diesem Zusammenhang werden der Vorname des Kindes genannt und sein Foto veröffentlicht. Gleichzeitig werden die vollen Namen der beiden Verdächtigen genannt. Sie werden zudem als “Vergewaltiger” und “Täter” bezeichnet. Eine Leserin der Zeitung legt die Beiträge dem Deutschen Presserat vor. Sie sieht sowohl das Persönlichkeitsrecht des Opfers als auch der beiden mutmaßlichen Täter verletzt. Zudem glaubt sie eine Vorverurteilung zu erkennen. Die Chefredaktion der Zeitung teilt mit, die Fotos der Entführten und der Gesuchten seien auf Bitten der zuständigen Polizeidirektion veröffentlicht worden. Die Polizei habe das Foto des 13-jährigen Opfers in Absprache mit dessen Eltern zu Fahndungszwecken zur Verfügung gestellt. Man habe die Hoffnung gehabt, es könnten sich Zeugen melden, die das Opfer mit seinen Entführern gesehen hatten. Diese Erwartung habe sich als richtig erwiesen, da sich Zeugen gemeldet hätten. In dem Beitrag sei nicht der tatsächliche Vorname des Mädchens, sondern ein erfundener Name angegeben worden. Weitere Angaben seien nicht gemacht worden. Die Brutalität der Täter habe die Öffentlichkeit in erheblichem Maße schockiert. Aus diesem Grund und im Interesse der Verbrechensaufklärung halte die Chefredaktion die Art ihrer Berichterstattung für angemessen. (1999)

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Asylbewerber

In drei Beiträgen innerhalb einer Woche beschäftigt sich eine Lokalzeitung mit dem Einzug von Asylbewerbern in ein ehemaliges Pflegeheim der Stadt. In den ersten beiden Artikeln werden die Ängste der Anwohner dargestellt. Entsprechend lautet eine der Überschriften: “Angst vor Asylanten”. Im dritten Beitrag wird über eine Erklärung der Stadtratsfraktionen zu der “ausländerfeindlichen Diskussion” berichtet. Eine Leserin der Zeitung beschwert sich beim Deutschen Presserat. Sie ist der Ansicht, dass die Zeitung eine Kampagne durchführe, die in höchstem Maße fremdenfeindlich sei. Als Reaktion auf die Berichterstattung seien irakische Asylbewerber von rechtsgerichteten Jugendlichen bedroht worden. Über einhundert Bereitschaftspolizisten seien daraufhin in Alarmbereitschaft versetzt worden. Die ausländischen Bürger hätten schließlich freiwillig ihre neuen Wohnungen geräumt. Die Chefredaktion der Zeitung erklärt, in den kritisierten Artikeln sei lediglich dargestellt worden, welche Reaktionen der Einzug der irakischen Staatsbürger bei den überraschten Anwohnern des ehemaligen Pflegeheims hervorgerufen habe. Der Begriff “Asylant” sei juristisch korrekt und in rein sachlichem Zusammenhang verwendet worden. Selbstverständlich hätten auch die Anwohner einer geplanten Unterkunft für Asylanten ein Anrecht darauf, dass ihre Ängste in der Zeitung dargestellt werden. Wenn die bloße Erörterung eines hieraus entstandenen Sachverhalts bereits als fremdenfeindlich gegeißelt werde, würde dies auf Verwunderung stoßen. So könne Journalismus nicht verstanden werden. Die Überschrift “Angst vor Asylanten” treffe genau das, was sich in der besagten Straße der Stadt abgespielt habe, und spiegele exakt jene Situation wider, die in der Bundesrepublik vielerorts anzutreffen sei. Die Darstellung der Zeitung mache deshalb exemplarisch die Bandbreite der Diskussionen deutlich, die mit dem Thema “Asyl” in diesen Tagen verknüpft seien. Eine Diskriminierung nach Ziffer 12 des Pressekodex könne man nicht erkennen. Entgegen den Angaben der Beschwerdeführerin seien die Asylbewerber nicht von rechtsgerichteten Jugendlichen bedroht worden. Die erwähnten einhundert Bereitschaftspolizisten seien nicht zum Schutz der Asylbewerber in Alarmbereitschaft versetzt worden, sondern hätten die Aufgabe gehabt, weiträumige Ausschreitungen nach einem Punk-Konzert zu verhindern. (1999)

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Werbung für Produkte und Reisen

Ein Fernsehmagazin, das Zeitungen beigelegt wird, veröffentlicht in zwei Ausgaben das Supplement “familie heute”, in dem sich Preisausschreiben, Verbrauchertipps, Kochrezepte und Reisevorschläge finden. Innerhalb dieser Beiträge wird eine Vielzahl von Produktnamen genannt. Ein Bezirk der IG Medien nimmt Anstoß daran und schaltet den Deutschen Presserat ein. In dem Supplement werde eindeutig Schleichwerbung betrieben. Die Chefredaktion des Magazins erklärt, das Supplement “familie heute” sei in der Vergangenheit mit dem Hinweis “Anzeige” gekennzeichnet worden. Eine Untersuchung habe jedoch ergeben und Leserbriefe hätten gezeigt, dass die Leserschaft die Veröffentlichung sehr positiv bewertet und es auch keinen Zweifel am werblichen Charakter gibt. Deshalb sei man im Laufe der Zeit zu der Überzeugung gelangt, dass es einer gesonderten Kennzeichnung nicht bedürfe. In dieser Meinung sei man bestätigt worden, da auch andere Verlage offenbar die gleiche Meinung vertreten und keine Kennzeichnung vorgenommen haben. Sollte es der Presserat jedoch für notwendig halten, werde man künftig wieder eine Kennzeichnung mit dem Wort “Anzeige” vornehmen. (1999)

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Staatsnotstand

Eine Programmbeilage enthält unter der Überschrift “Splitter im Fuß, Brett vorm Kopf” eine Betrachtung der Ausstellung “Fremdkörper – Fremde Körper” im Deutschen Hygiene-Museum in Dresden. Der Autor stellt einleitend fest, Fremdenfeindlichkeit, Xenophobie, sei ein Grundelement unseres Lebens – mit oft weit reichenden politischen Folgen. Wörtlich schreibt er dann: “Nachdem Kanzler Kohl vor Jahren in einem Zeitungsinterview den ‚Staatsnotstand‘ infolge angeblicher Überfremdung beschworen hatte, brannten reihenweise Häuser und Heime von Ausländern. Das angstvoll fremdenfeindliche Provinz-Deutschland offenbarte seinen Charakter.” Ein Journalist reicht die Veröffentlichung an den Deutschen Presserat weiter. Er ist der Meinung, dass mit der Formulierung “nachdem” presserechtlich unzulässige zeitliche, vor allem jedoch kausale Zusammenhänge zwischen dem Helmut Kohl zugeordneten Zitat vom Staatsnotstand und den Brandüberfällen auf Wohnungen von Ausländern und Asylbewerbern hergestellt worden sind. In der Passage sei die Aussage enthalten, dass der ehemalige Bundeskanzler fremdenfeindlichen Kriminellen quasi einen Freifahrtschein für fremdenfeindliche Aktionen bzw. eine Art Handlungsaufforderung erteilt habe. Dieser Schluss sei falsch und journalistisch unzulässig. Die Chefredaktion des Magazins betont, bei dem Beitrag handele es sich um eine Ausstellungsbetrachtung in bester feuilletonistischer Manier. Das Feuilleton sei traditionell ein mit Subjektivität getränkter Boden. Das Wort vom “Staatsnotstand” sei im Herbst 1992 seitens des damaligen Bundeskanzlers Helmut Kohl in diversen Interviews und Papieren zum Parteitag der CDU in die öffentliche Diskussion gebracht worden. Der in dem kritisierten Text enthaltene Verweis beziehe sich konkret auf die Ausgabe der Rheinischen Post vom 24.10.1992, in der Kohl nach dem erkennbar schon im Schwange stehenden Begriff “Staatsnotstand” gefragt worden sei. Das Wort habe seinerzeit hohe Wellen geschlagen. So habe u.a. auch der SPIEGEL gefragt: “Was ist ein ‚Staatsnotstand‘, den der Kanzler neuerdings beschwört?” Danach habe es eine Vielzahl von Anschlägen gegeben. Diese listet die Chefredaktion zum Teil auf. Der Autor konfrontiere den Leser in dem Beitrag mit einer besonders eklatanten und durchaus noch gegenwärtigen Äußerung von Fremdenangst. Im direkten Zusammenhang mit dem Thema der Ausstellung gehe es darum, die ketzerische und in keiner Weise verfassungskonforme Wirkung von Politikerworten erkennen zu helfen. (1999)

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Foto einer Trachtengruppe

Eine Tageszeitung veröffentlicht unter der Überschrift “Paraguay: Wo man Dürksen heißt und Plattdeutsch spricht” einen Bericht über eine Mennoniten-Siedlung in Paraguay. Schüler einer Schule dieser Siedlung beschäftigen sich in ihrem Deutschunterricht mit dem Inhalt des Artikels und erkennen darin den Alltag in ihrer Stadt nicht wieder. Sie wenden sich an den Deutschen Presserat und kritisieren, dass die Berichterstattung falsch und einseitig verzerrt ist. Nicht hellblonde, weißhäutige Menschen bestimmen das Straßenbild, sondern dunkelhäutige Bewohner sind deutlich in der Überzahl. Wer von den Kindern nicht in den Gottesdienst komme, werde in der Schule ermahnt, schreibe die Autorin. Die Vorstellung, dass die Mehrheit der Bewohner der Stadt Christen sei, sei falsch. Wenn die Lehrer jeden, der sich nicht pünktlich im Gottesdienst zeige, ermahnen würden, würden alle Ermahnten höchstwahrscheinlich nicht mehr zum Unterricht kommen. In dem Artikel sei zu lesen, in einigen Kirchen seien selbst Hosen und ärmellose Blusen verpönt. Die Mennoniten im Chaco, insbesondere die Jugend, fühlten sich in ihrer Ehre verletzt, wenn in der modernen Zeit, in der wir leben, von ihnen so etwas behauptet werde. Es stimme auch nicht, dass das Deutsch der Lehrer fehlerhaft sei. Der Besitz eines Videorecorders werde als eine Revolution beschrieben. Dabei gehöre ein solches Gerät fast zu jedem Haushalt in der Stadt. Für so lasterhafte Vergnügen wie Kinos oder Diskotheken sei in der Stadt kein Platz, behaupte die Autorin. Dabei sei nur deshalb kein Kino in der Stadt, weil sie zu wenig Einwohner habe und sich eine solche Einrichtung nicht rentiere. Die Verfasserin vermisse Neuerungen. Wenn man die Siedlung mit irgendeiner Großstadt in Deutschland vergleiche, könnte man dieses behaupten. Aber verglichen mit dem Landesinnern von Paraguay sei der Ort ein entwickeltes Städtchen. Die meisten Einwohner seien mit den Einrichtungen wie Internet, Handy, Supermärkte, Sportzentren oder Molkereien zufrieden. Und außerdem seien sie offen für neue Einrichtungen. Schließlich werde auch die Rolle der Frau in der Gemeinschaft der Mennoniten falsch beschrieben. Zudem enthalte der Beitrag ein falsches Foto. Dieses zeige eine Gruppe konservativer Mennoniten in traditioneller Tracht. Eine solche Gruppe existiere in der Stadt überhaupt nicht. Die Chefredaktion der Zeitung übersendet dem Presserat eine Stellungnahme der Autorin ihres Beitrages. Darin weist diese darauf hin, dass sie ihre Reportage ausschließlich auf Publikationen der Mennoniten und auf Aussagen von Bewohnern der Siedlung gestützt habe. Sie habe das Straßenbild der Siedlung so geschildert, wie es sich ihr in ihren zwei Aufenthalten dort dargestellt habe. Hinsichtlich des Fotos räumt sie ein, dass dies von der Redaktion ausgewählt und dabei ein Fehler gemacht worden sei. Insgesamt habe sie nicht nur die schlechten Seiten der Siedlung geschildert. Sie habe das Leben dort so beschrieben, wie es sich jemandem darstelle, der in einer anderen Gesellschaftsordnung aufgewachsen sei. (1999)

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