Wie hat der Presserat entschieden?
Rüge, Missbilligung oder Hinweis, wie hat der Presserat entschieden? Hier können Sie online in der Spruchpraxis des Presserats eine Auswahl an Beschwerdefällen von 1985 bis heute recherchieren.
Bitte beachten: Im Volltext abrufbar sind nur Entscheidungen mit den Aktenzeichen ab 2024, z.B. 0123/24/3-BA!
Sie müssen dazu immer das volle Aktenzeichen eingeben, also 0123/24/3-BA.
Nach detaillierten Richtlinien (z.B. 8.1) können Sie erst ab den Fällen aus 2024 recherchieren. Ältere Fälle werden nur unter der entsprechenden Ziffer (z.B. 8) angezeigt.
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7055 Entscheidungen
Der Abriss eines Hauses in der Altstadt ist ein Thema, das die Zeitung am Ort beschäftigt. In einem Gastbeitrag lässt sie einen Bewohner der Altstadt zu Wort kommen. Dieser behauptet in seinem Artikel, das betreffende Haus gehöre einem namentlich genannten Stadtrat, der es abreißen und durch einen Neubau ersetzen lassen wolle. Der betroffene Stadtrat meldet sich und entgegnet in einem zweiten Artikel zur Sache, dass ihm das betreffende Haus gar nicht gehöre. Gleichzeitig beschwert sich der Kommunalpolitiker beim Deutschen Presserat. Er ist der Ansicht, dass die Zeitung durch die Veröffentlichung der Aussage, das Haus gehöre ihm, gegen die journalistische Sorgfaltspflicht verstoßen habe. Der Zeitung zufolge hat das Haus zum Zeitpunkt der Auseinandersetzung der Ehefrau des Beschwerdeführers gehört. Die ursprüngliche Aussage, der Stadtrat sei Eigentümer des Grundstücks, sei unverzüglich berichtigt worden. Der Betroffene sei sogar direkt von der Redaktion angesprochen und um eine Stellungnahme gebeten worden. Insgesamt stellt die Zeitung fest, dass sie in dieser Angelegenheit korrekt und umfassend berichtet hat. (1996)
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“Mehrfacher Betrüger wirft Stadt böse Absichten vor” schreibt eine Lokalzeitung in der Schlagzeile eines Artikels, in dem sie über den geplanten Verkauf eines Grundstücks mit Gasthof berichtet. Eigentümerin des Grundstücks ist die Stadt, der Gasthof wurde jedoch von der Pächterin des Grundstücks gebaut. Diese will den Gasthof jetzt verkaufen. Die Stadt möchte den Verkauf selbst tätigen und die Pächterin mit einer Entschädigung in Höhe des Wertes des Gasthofes abfinden. Der Berater der Pächterin und gleichzeitig auch der potentiellen Käuferin des Gasthofes ist laut Zeitungsbericht ein Mann, der bereits mehrfach wegen Betrugs im Gefängnis saß. Aus diesem Grund wolle die Stadtverwaltung, so die Zeitung, mit diesem Mann nicht mehr verhandeln. Der Betroffene legt Beschwerde beim Deutschen Presserat ein. Er hält die Erwähnung seiner Vorstrafen für ungerechtfertigt und spricht von einem Journalismus der miesesten Art und Weise. Die Chefredaktion der Zeitung teilt mit, ihre Lokalredaktion sei nach intensiver Prüfung zu dem Schluss gekommen, dass die jetzige Tätigkeit des Beschwerdeführers als Fachberater in einer Linie zu sehen sei mit den zahlreichen anhängigen Verfahren in seinem Vorleben. Deshalb sei in dem Beitrag zu Recht auf die unbestrittene Tatsache hingewiesen worden, dass der Mann ein mehrfach vorbestrafter Betrüger sei. (1996)
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Eine Regionalzeitung berichtet über die Inhaftierung eines Psychologen, der Patientinnen sexuell missbraucht und seine Schweigepflicht verletzt haben soll. In dem Beitrag werden außer dem Beruf der Vorname des Mannes, der Anfangsbuchstabe seines Nachnamens und sein Wohnort genannt. Unter der Überschrift „Staatsanwalt ermittelt gegen Psychotherapeuten – Frauen auf der Couch sexuell missbraucht?“ schildert eine Boulevardzeitung den selben Vorfall. Im ersten Satz des Artikels werden die Behauptungen quasi als bewiesen dargestellt: „Seine Opfer waren Patienten, die in tiefen Depressionen zu ihm kamen“. Die Ehefrau des Betroffenen legt Beschwerde beim Deutschen Presserat ein. Durch die Angaben in den Zeitungen werde ihr Mann für sein näheres Umfeld identifizierbar. Zudem würden auch sie und ihr 15jähriger Sohn durch die Art der Berichterstattung belastet. Die Praxengemeinschaft, die sie mit ihrem Mann betreibe, sei ebenfalls geschädigt. Der erste Satz in der Boulevardzeitung sei zudem präjudizierend, da er den Eindruck erwecke, die Vorwürfe der Anklage seien bereits bewiesen. Die Chefredaktion der Regionalzeitung weist darauf hin, dass die Redaktion sehr wohl abgewogen habe zwischen öffentlichem Interesse und Persönlichkeitsrecht. Die Entscheidung, den in Untersuchungshaft genommenen Psychologen näher zu kennzeichnen, sei zu begründen mit der Art der Delikte. Eine Anonymisierung hätte nicht nur alle Angehörigen dieser Berufsgruppe in der Stadt zu Verdächtigen gemacht, sondern auch alle Patientinnen aller Psychologen in der Stadt verunsichert. Die Eingrenzung sei zudem vorgenommen worden, um den Kreis der tatsächlich betroffenen Patientinnen aufmerksam zu machen. Die Boulevardzeitung hält die Beschwerde für völlig unbegründet. An keiner Stelle ihres Artikels sie auch nur annähernd von einem abschließenden Tatvorwurf im Sinne einer Vorverurteilung die Rede. Außerdem könne nicht erwartet werden, dass eine Berichterstattung aus Eigeninteresse gegebenenfalls so anonymisiert werde, dass der Leser nicht mehr erfahre, worauf sich ein Ermittlungsverfahren dieses Deliktbereichs beziehe. (1996)
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Ein Boulevardblatt berichtet, der ehemalige Staatsratsvorsitzende der DDR, Egon Krenz, leiste sich mit seiner Frau ein feines, kleines Feriengrundstück an der mecklenburgischen Ostseeküste. Der Verkehrswert des Anwesens mit reetgedecktem Haus betrage um die 320.000 Mark. Einen Tag später berichtet eine weitere Zeitung über denselben Sachverhalt. Beide Zeitungen fragen, woher der arbeitslose ehemalige Chef der SED das Geld für den Kauf und sein scheinbar sorgenfreies Leben habe. Und sie zitieren Krenz mit der Antwort, seine Frau habe das Haus gekauft. Die Frau des ehemaligen DDR-Politikers wendet sich an den Deutschen Presserat. In beiden Artikeln seien sachlich falsche Behauptungen enthalten. So habe sie das Grundstück nicht gekauft, sondern gepachtet. Der Verkehrswert betrage zudem nicht 320.000 Mark, sondern laut Wertgutachten lediglich 64.200 Mark. Das Haus habe auch nicht 60, sondern nur 35 qm Wohnfläche. Die Redaktionsleitung der einen Zeitung beruft sich auf den Ehemann. Der habe schließlich von einem Kauf durch seine Frau gesprochen. Die Aussage, das Anwesen habe einen Wert von 64.200 Mark, sei absurd. Nirgends an der Ostsee könne ein derartiges Seegrundstück zu einem solchen Preis erworben werden. Die Größe der Wohnfläche sei unerheblich. Entscheidend sei die Feststellung, dass sich das Ehepaar etwas derart Exklusives leisten könne. Darüber dürfe in jedem Falle berichtet werden. In Ergänzung dieser Stellungnahme lässt die Rechtsabteilung des Verlages den Presserat wissen, sie habe inzwischen beim zuständigen Liegenschaftsamt nachgefragt. Danach sei für das Krenz-Grundstück an der Ostsee ein Erbbaurechts-Vertrag auf 30 Jahre abgeschlossen worden. Das Erbbaurecht behandele Erbbauberechtigte hinsichtlich Grundstück und Haus wie Eigentümer. Unter diesen Umständen sei die Behauptung der Beschwerdeführerin, sie habe das Grundstück lediglich gepachtet, falsch, während die Mitteilung, dass das Anwesen gekauft worden sei, keineswegs als unzutreffend bezeichnet werden könne. Die Chefredaktion der zweiten Zeitung beruft sich auf die Berichterstattung der ersteren. Da von den Betroffenen trotz mehrfacher Versuche keine Stellungnahme zu erhalten war, sei der zuständige Redakteur davon ausgegangen, dass die im Konkurrenzblatt enthaltenen Angaben zum Wert des Grundstücks richtig gewesen seien. (1996)
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Unter der Überschrift “Seine geheime Psycho-Beichte” schildert eine Sonntagszeitung das Seelenleben des Peter Graf. In dem zweiseitigen Text werden Inhalte eines vertraulichen Gesprächs mit einem Psychiater veröffentlicht, der für die Staatsanwaltschaft ein entsprechendes Gutachten gefertigt hatte. In einer Beschwerde beim Deutschen Presserat teilt der Präsident des zuständigen Landgerichts mit, das Gutachten sei nicht für die Öffentlichkeit bestimmt. Eine eigenmächtige Verwertung der Informationen durch die Presse könne aus diesem Grund nicht hingenommen werden. Der Artikel greife offensichtlich in die Privat- und Intimsphäre von Peter Graf ein und verletze zudem das Vertrauensverhältnis zwischen dem Psychiater und seinem Probanden. Peter Graf, der über seinen Anwalt gleichfalls den Presserat einschaltet, zieht seine Beschwerde zurück, nachdem die laufenden zivilrechtlichen Auseinandersetzungen mit dem Verlag des Blattes zu einem Vergleich geführt haben. Vorab hatte der Verlag bereits angezeigt, sich gegen den geltend gemachten Anspruch auf Schmerzensgeld nicht verteidigen und eine Verletzung von Persönlichkeitsrechten des Peter Graf nicht bestreiten zu wollen sowie eine strafbewehrte Unterlassungserklärung abgegeben zu haben. (1996)
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Ein Boulevardblatt berichtet in drei Artikeln über angebliche Kindesmisshandlungen in einem Ferienlager. In einer Überschrift wird die Frage gestellt: “... Schüler im Ferienlager gequält?”. Im Text werden Behauptungen zitiert wie: “”Ich habe gesehen, wie ein Betreuer einen Jungen geschlagen hat” oder “... wir werden wie Sklaven behandelt”. Ein Wohlfahrtsverband wendet sich an den Deutschen Presserat. Die Behauptungen der Eltern und Kinder seien von der Zeitung zwar weitestgehend zutreffend als Zitate dargestellt und wiedergegeben. Doch mache sich der Autor die nicht durch eigene Recherchen belegten Behauptungen zu eigen und lasse sie durch entsprechende Einleitungen und präjudizierende Kommentierungen als wahre Tatsachenbehauptungen erscheinen. Die Zeitung beruft sich auf ihre Pflicht zur Berichterstattung. Dabei müsse sicherlich stets die notwendige Zurückhaltung und Neutralität beachtet werden. Diese Neutralität könne aber nicht dazu führen, dass ein Presseorgan, zumal eine Boulevardzeitung, sich in ihrer Berichterstattung auf Verlautbarungen zurückziehe und sich jeder eigenen Wertung von Vorgängen enthalte. Die Rechtsabteilung des Verlags weist darauf hin, dass alle Behauptungen zutreffend als Zitate dargestellt worden seien. Vom Beschwerdeführer kritisierte Formulierungen wie z.B. “erschreckenden Vorwurf”, “düsteres Bild” und “der Fall wiegt schwer” seien aus den Stellungnahmen der Eltern abgeleitete Wertungen der Redaktion. Ihrer journalistischen Sorgfaltspflicht sei die Redaktion damit nachgekommen, dass der Veranstalter selbst ausführlich habe Stellung nehmen können. Würde man der Argumentation des Beschwerdeführers folgen, so dürfe in letzter Konsequenz über Sachverhalte, die von Betroffenen unterschiedlich dargestellt werden, künftig überhaupt nicht mehr berichtet werden. (1996)
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Das Presse- und Informationsamt einer Landesregierung teilt der Presse mit, dass sich eine Ministerin des Landes einer Brustkrebsoperation unterziehen musste, dass es der Politikerin den Umständen entsprechend sehr gut geht und dass sie anschließend an die stationäre Behandlung ihren Jahresurlaub antreten wird. Als Quelle des Befundes wird der leitende Chefarzt einer gleichfalls genannten Klinik angegeben. Kurz darauf erhalten eine Journalistin und ein Fotograf einer Boulevardzeitung Einlass in das Krankenzimmer. Die Ministerin erklärt später, beide Besucher hätten sich den Mitarbeitern der Klinik gegenüber als Kollegen bzw. ehemalige Kollegen von ihr vorgestellt. Während des folgenden kurzen Gesprächs sei sie selbst davon ausgegangen, dass die beiden Journalisten ehemalige Kollegen oder Mitarbeiter einer mit ihrem Ministerium verbundenen Einrichtung seien. Bis zu diesem Zeitpunkt sei die Atmosphäre “gelöst” gewesen. Als der Mann dann eine Kamera zückte, sei sie stutzig geworden und hätte ihn aufgefordert, keine Fotos zu machen. In diesem Moment sei auch die Information ins Krankenzimmer gelangt, dass es sich um Mitarbeiter eines Boulevardblattes handele. Ein anderer Fotograf draußen hatte sich beschwert, dass ihm kein Besuch gestattet werde. Bevor der Fotograf Aufnahmen machen konnte, seien er und seine Kollegin aus dem Zimmer gewiesen worden. Ein Staatssekretär des Ministeriums beklagt in einer Beschwerde beim Deutschen Presserat die Recherchemethoden der beiden Journalisten. Der Fall zeige, welchen enormen Zudringlichkeiten Menschen ausgesetzt seien, die in der Öffentlichkeit stehen. Die Redaktionsleitung des Blattes weist den Vorwurf der verdeckten Recherche zurück. Weder am Eingang zur Station noch im Krankenzimmer hätten beide Kollegen einen Zweifel daran gelassen, dass sie für die Boulevardzeitung tätig seien. Den Schwestern gegenüber habe die Journalistin jedoch erwähnt, dass sie eine ehemalige Arbeitskollegin des Ehemannes der Ministerin sei. Die Bitte der Ministerin, nicht zu fotografieren, hätten beide Mitarbeiter respektiert. Die Atmosphäre im Krankenzimmer sei gelöst gewesen, bis die Tochter der Ministerin in das Zimmer gekommen sei und behauptet habe, die beiden Besucher hätten sich durch Täuschung Zutritt verschafft. Schließlich habe die Ministerin selbst die beiden Journalisten nicht aus dem Zimmer gewiesen, sondern sie sei mit dem Gespräch bis zum Erscheinen ihrer Tochter einverstanden gewesen. (1996)
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