Entscheidungen finden

Wie hat der Presserat entschieden?

Rüge, Missbilligung oder Hinweis, wie hat der Presserat entschieden? Hier können Sie online in der Spruchpraxis des Presserats eine Auswahl an Beschwerdefällen von 1985 bis heute recherchieren.

 

Entscheidungsjahr
6617 Entscheidungen

Aussagen nicht in Anführungszeichen gesetzt

Eine Regionalzeitung veröffentlicht unter der Überschrift „Den Ruhpoldinger Soldaten ein Denkmal gesetzt“ einen Beitrag über Kriegserinnerungen und Briefe aus Kriegszeiten. Gesammelt habe das Material eine Frau vom Historischen Verein in Ruhpolding. Der Beschwerdeführer sieht in dem Bericht einen Verstoß gegen den Pressekodex. Die Zeitung verwende den Begriff „Vaterlandsverteidiger“ für deutsche Soldaten im Zweiten Weltkrieg. Dies verdrehe historische Tatsachen. Er stört sich auch an Ausdrücken wie „Für Volk und Vaterland“, „Heldentod“ und „…für Führer und Volk opfern mussten“, die im Beitrag nicht in Anführungszeichen gesetzt worden seien. Auch nach Rücksprache mit der Redaktion sei diese nicht bereit gewesen, den Beitrag zu korrigieren, indem sie nationalsozialistische Begriffe in Anführungszeichen gesetzt hätte. Die Redaktion bekennt, dass der Autor des kritisierten Beitrages diesen geschrieben habe, um den damaligen Zeitgeist zu verdeutlichen. Er habe damals übliche Formulierungen übernommen, ohne sie in Anführungszeichen zu setzen. Das sei nicht gerade glücklich gewesen. Die Redaktion habe in der Zeitung einen klärenden Hinweis abgedruckt.

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Beschwerdeführerin: Einseitige Darstellung

Eine Frauenzeitschrift berichtet über Hilfsmittel gegen typische Beschwerden an den Weihnachtsfeiertagen. Empfohlen werden jeweils graphisch hervorgehobene homöopathische Wirkstoffe. Die Redaktion nennt mehrere Präparate mit ihrem vollen Namen. Die Beschwerdeführerin kritisiert einen Fall von Schleichwerbung und außerdem die aus ihrer Sicht einseitige, ausschließlich positive Darstellung der Homöopathie. Die Zeitung nenne zudem nicht den Stand der Wissenschaft bezüglich der Wirksamkeit homöopathischer Mittel. Der Verlag spricht von reinem Servicejournalismus, an dem ein großes öffentliches Interesse bestehe.

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Redaktion fördert wirtschaftliche Interessen

Eine Gastronomie-Fachzeitschrift veröffentlicht einen Artikel unter der Überschrift „24 Stunden 4 Stationen“. Der Mitherausgeber des Magazins schildert eine Tagestour durch Südtirol mit einem BMW i7, die ihn zu einem Hotel, einem Weingut und zwei Restaurants führt. Dabei wird im Text und mit Foto illustriert auch der BMW vorgestellt und positiv beschrieben. Die Beschwerdeführerin sieht in dem Beitrag Schleichwerbung für das Auto und seinen Hersteller. Der Chef der Zeitschrift teilt mit, in dem fraglichen Beitrag sei es um Wege zu spannenden kulinarischen Entdeckungen gegangen. Man habe bewusst die zukunftsträchtige E-Mobilität zum Anlass genommen, eine Fahrt zum kulinarischen Ereignis mit einem E-Mobil zu unternehmen. Der BMW i7 sei zu diesem Zeitpunkt der unangefochtene Star der E-Vehicles gewesen. Man habe im Beitrag 13 Bilder veröffentlicht, von denen zwei das Auto explizit zeigten. Die Geschichte habe die Authentizität gebraucht, um zu zeigen, dass man selber unterwegs gewesen sei.

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Mordopfer identifizierbar dargestellt

Die Online-Version einer Boulevardzeitung veröffentlicht einen Beitrag unter der Überschrift „David W. (40) erschlug seine Mutter“. Darin geht es um einen Geiselnehmer, der zunächst seine Mutter tötete und dann Geiseln in einem Einkaufszentrum nahm. Der Mann wurde von dem SEK erschossen. Der Beitrag ist mit einem identifizierbaren Foto von David W. bebildert. Im Bild gezeigt wird auch das Haus, in dem die Mutter getötet worden war, sowie die Mutter selbst. Die Bildunterschrift unter diesem Foto lautet so: „Mordopfer Kerstin W. Die Frau galt als freundlich und lebensfroh“. Die Beschwerdeführerin kritisiert einen Verstoß gegen die Ziffer 8, Richtlinie 8.1 (Opferschutz), da die Zeitung ein identifizierbares Foto des Mannes mit Vornamen und dem abgekürzten Nachnamen veröffentlicht habe. Die Rechtsabteilung des Verlages hält die Beschwerde für unbegründet und übermittelt die Stellungnahme des zuständigen Redakteurs. Dieser betont, dass es sich um eine außergewöhnlich schwere und in ihrer Art und Dimension besondere Straftat gehandelt habe. Das Ereignis habe ein weltweites Echo zur Folge gehabt.

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Nachruf auf den noch lebenden Ex-Papst

Eine Großstadtzeitung veröffentlicht online unter der Überschrift „Ratzingers Erbe“ einen Nachruf auf Joseph Ratzinger. Im Artikel heißt es: „Nun ist der emeritierte Papst Benedikt XVI. gestorben“. Der Beschwerdeführer kritisiert, dass der Bericht veröffentlicht worden sei, während Ratzinger noch gelebt habe. Die Rechtsvertretung der Zeitung teilt mit, dass der Nachruf aufgrund eines Versehens vorzeitig veröffentlicht worden sei. Er habe einen Tag vor Ratzingers Tod wenige Minuten lang online gestanden. Der Beitrag sei dann entfernt und einen Tag nach der Todesmeldung erneut veröffentlicht worden.

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Kommentar zur Berliner Silvesternacht nicht von Tatsachen gedeckt

Eine Regionalzeitung veröffentlicht unter der Überschrift "Die Gesellschaft ist überfordert" einen Kommentar zur Berliner Silvesternacht. Im Beitrag heißt es: "Wer sich zu Silvester in die `umkämpften Gebiete´ Berlins getraut hat, konnte sehen, wer Böller auf Menschen wirft: meist junge Männer aus rückständigen, muslimischen Kulturen. Die Reaktion auf diese Tatsache zeigt in vielfacher Hinsicht, dass die Gesellschaft damit überfordert ist". Ein Leser der Zeitung beschwert sich beim Presserat, weil der Autor muslimische Bevölkerungsgruppen pauschal als rückständig darstelle. Das verstoße gegen Ziffer 10 und 12 des Pressekodex, wonach die Presse sowohl auf die Schmähung reliöser Weltanschauungen als auch auf Diskriminierung von Minderheiten verzichtet. Der Presserat erweitert die Beschwerde in der Vorprüfung zudem auf Ziffer 2 des Pressekodex, wonach Redaktionen Informationen vor der Veröffentlichung auf ihren Wahrheitsgehalt überprüfen müssen. Der Chefredakteur der Zeitung erläutert in seiner Stellungnahme, es sei hinlänglich belegt, dass es sich bei den Böller-Randalierern "meist um junge Männer aus rückständigen muslimischen Kulturen" handele. Es gebe zahlreiche Augenzeugenberichte und Analysen. Jeder Berliner, der (so wie er) es einmal gewagt habe, die einschlägigen Bezirke zu Silvester zu besuchen, werde diesen Befund bestätigen. Außerdem gebe es kein Verbot, die Herkunft zu nennen. Bei einem so öffentlichkeitswirksamen Phänomen mit zahlreichen Zeugen, Bildern und Videos sei das Ausklammern einer so auffälligen soziologischen Gemeinsamkeit einer Tätergruppe wie bei der Silvester-Randale auch unsinnig.

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Pauschale Behauptung zur Berliner Silvesternacht ist diskriminierend

Ein Nachrichtenmagazin veröffentlicht einen Kommentar unter der Überschrift "Ganz Deutschland soll bestraft werden, weil eine ´arabische Straße´ durchdreht". In dem Meinungsbeitrag äußert sich der Autor zu den Angriffen auf Polizei und Rettungskräfte in der Silvesternacht in Berlin und der Forderung der Gewerkschaft der Polizei nach einem bundesweiten Böllerverbot. Dabei vertritt er die Auffassung, dass das Böllern nicht bundesweit, sondern in den Stadtteilen verboten werden sollte, in denen die Angriffe stattfanden und sieht als Täter in erster Linie junge Ausländer bzw. junge Deutsche mit Migrationshintergrund. Nach Ansicht des Beschwerdeführers ist die Veröffentlichung diskriminierend und stiftet zur Fremdenfeindlichkeit an. Der Autor des Beitrages teilt in seiner Stellungnahme mit, dass er weder religiöse, weltanschauliche oder sittliche Überzeugungen geschmäht habe, noch eine unangemessen sensationelle Darstellung von Gewalt, Brutalität und Leid vorliege. Zudem werde niemand durch die Veröffentlichung diskriminiert oder vorverurteilt. Sein Text spreche für sich und müsse weder erklärt noch verteidigt werden. Der Beschwerdeausschuss erkennt in der Veröffentlichung eine Verletzung der Ziffer 12 des Pressekodex. Die Mitglieder sind übereinstimmend der Auffassung, dass es sich bei der in der Überschrift veröffentlichen Feststellung, eine „arabische Straße“ habe durchgedreht, um eine unbewiesene Tatsachenbehauptung handelt. An keiner Stelle des Beitrages werden Belege dafür geliefert, dass überwiegend arabische Anwohner der Straße an den Ausschreitungen beteiligt waren. Auch sind den Mitgliedern des Beschwerdeausschusses hierzu keine entsprechenden Meldungen der Behörden bekannt, die dies belegen würden. Die in der Titelzeile getroffene Aussage ist dadurch geeignet, Araber im Allgemeinen und die arabischen Anwohner der Straße im Speziellen zu diskriminieren.

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Trans-Gesetz teilweise falsch dargestellt

In einem Online-Beitrag über das geplante Selbstbestimmungsgesetz für Transpersonen kritisiert ein politisches Monatsmagazin die „Transsexuellen-Lobby“ und wirft öffentlich-rechtlichen Sendern vor, sich „zum Partner und Exekutivorgan dieser hochaggressiv bis militant agierenden Lobby gemacht“ zu haben. Die Sender würden Kritiker der Lobby diskreditieren und versuchen, sie zum Schweigen zu bringen. In einer Passage heißt es, Frauen wollten Frauen bleiben und „sich auch künftig nicht vorschreiben lassen, mit wem sie intim zu werden haben“. Dieses „Nein heißt Nein“ solle laut dem neuen Gesetz ausdrücklich nicht für Transpersonen gelten. - Der Beschwerdeführer kritisiert, der Beitrag verletze die Pressekodex-Ziffern 1 (Menschenwürde), 2 (Sorgfaltspflicht) und 12 (Diskriminierungen). Der Artikel deklariere Transfrauen nicht als Frauen und hetze damit Frauen, die als solche geboren wurden, gegen Transfrauen auf. Dies sei eine Diskriminierung und ein Angriff auf die Würde von Transfrauen. Der Autor kreiere ein pauschales negatives Bild der Transgemeinschaft. Er arbeite mit übertriebenen Unterstellungen, ohne diese zu beweisen. Mit falschen Fakten schüre er Angst und Hass. Mit der Unterstellung, dass Transfrauen keine Frauen seien, entziehe er ihnen faktisch das Existenzrecht. Die Kritikerinnen der Transbewegung würden als Opfer dargestellt, obwohl sie selbst transphob agierten und damit transidente Menschen verletzten. Die Behauptung, dass sich Transpersonen künftig über ein „Nein“ hinwegsetzen könnten und wollten, sei eine Unterstellung gegenüber der aktivistisch tätigen Trans-Community und stehe auch nicht im Gesetzentwurf. - Der Chefredakteur entgegnet, es sei nicht Aufgabe der Redaktion, Transfrauen als Frauen zu deklarieren. Diese Unterlassung bedeute keine Hetze. Auch ansonsten gebe es nicht den geringsten Beweis für Hetze, denn der Artikel schildere nur Tatsachen. Die Frage, ob jede Person, die sich selbst zur Transfrau deklariere, damit vom Rest der Gesellschaft umstandslos als Frau behandelt werden müsse, gehöre zu den umstrittensten aktuellen Themen. Beim Beschwerdeführer handele es sich um einen bekannten Transgender-Lobbyisten. Er gehe auf Personen und Einrichtungen los, die sich weigerten, dem Mantra „Transfrauen sind Frauen“ zu folgen, insbesondere auf Feministinnen. Der Artikel belege detailliert den inakzeptablen Umgang unter anderem des Rundfunks Berlin-Brandenburg und des ZDF mit Kritikerinnen der Gesetzespläne und der Trans-Lobby. - Der Beschwerdeausschuss spricht eine öffentliche Rüge aus, weil der Artikel gegen die Sorgfaltspflicht nach Ziffer 2 des Pressekodex verstößt. Ausschlaggebend dafür ist die Passage zum Thema „Nein heißt Nein“. Damit stellt die Redaktion eine falsche Tatsachenbehauptung über Transsexuelle auf. Sie liefert keine Belege dafür, dass transsexuelle Menschen den Grundsatz der Einvernehmlichkeit von sexuellen Handlungen missachten würden. Eine Diskriminierung nach Kodex-Ziffer 12 liegt dagegen nicht vor. Zwar vertritt der Autor eine extreme Meinung mit Schwerpunkt auf der biologischen Sichtweise der Geschlechter. Diese Meinung bewegt sich aber noch im Spektrum des öffentlichen Diskurses. Die dem Artikel zugrunde liegenden Tatsachenanknüpfungspunkte kann man so interpretieren wie die Redaktion, man muss es aber nicht. Allein auf der Basis dieser extremeren Meinung kann der Ausschuss keine grundsätzliche Diskriminierung von transsexuellen Menschen erkennen.

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Falschbehauptungen über afghanischen Botschafter

Ein Wochenmagazin berichtet über die Flucht des ehemaligen afghanischen Präsidenten Aschraf Ghani aus Afghanistan nach der Machtübernahme durch die Taliban. In Ghanis Amtszeit, so heißt es in dem Artikel, seien Botschafterposten im Ausland an Interessenten verkauft worden. Die ernannten Botschafter hätten die gezahlten Beträge durch Geschäfte in den Auslandsvertretungen „wieder reingeholt“, etwa durch fingierte Dokumente. Der Botschafter in Deutschland gelte als ein Vertrauter Ghanis. „Vor seiner Zeit in Berlin stand er immer wieder unter Beschuss von Parlament und Medien in Kabul. Als Minister musste er sich eines Amtsenthebungsverfahrens wegen mutmaßlicher Veruntreuung von Haushaltsgeldern erwehren. Dann wurde bekannt, dass er britischer Staatsbürger ist. Einen Teil seines Immobilienbesitzes in England erklärte er mithilfe des notariell beglaubigten Erbscheins einer älteren Dame, die an Krebs verstorben war.“ - Der Botschafter beschwert sich beim Presserat: Die Behauptungen zu seiner Person entsprächen absolut nicht der Wahrheit. Sie seien einer zweifelhaften Quelle entnommen und ohne Hintergrundrecherche präsentiert worden. Er sei auch nicht von der Redaktion dazu befragt worden. Das Landgericht Hamburg verurteilt das Magazin später zu einer Richtigstellung solcher Falschbehauptungen und zur Zahlung von insgesamt 15.000 Euro Entschädigung wegen schwerwiegender Verletzung des Persönlichkeitsrechts. - Das Magazin verzichtet auf Rechtsmittel gegen das Urteil und erklärt, die strittige Darstellung habe seinerzeit auf Quellen beruht, die später im Gerichtsverfahren nicht mehr zur Verfügung gestanden hätten. Nähere Informationen zu diesen Quellen seien wegen des Informantenschutzes leider nicht möglich. Da die Redaktion inzwischen die Richtigstellung abgedruckt hat, bittet sie den Presserat, eine mildere Maßnahme als eine Rüge auszusprechen. - Der Beschwerdeausschuss hält den Verstoß gegen die journalistische Sorgfaltspflicht und die damit verbundene Ehrverletzung aber für so schwerwiegend, dass er dennoch eine öffentliche Rüge ausspricht. Die Redaktion hat ihre Sorgfaltspflicht nach Ziffer 2 des Pressekodex verletzt. Sie kann ihre Äußerungen nicht belegen. Die Behauptungen in dem Artikel stellen den Botschafter als korrupt dar und sind unangemessen, weil es an einem Nachweis fehlt. Sie verletzen daher schwerwiegend die Ehre des Betroffenen im Sinne von Ziffer 9 des Pressekodex. Außerdem verstößt die nicht belegte Darstellung zu dem angeblichen Amtsenthebungsverfahren die Ziffer 13 des Pressekodex, der zufolge die Unschuldsvermutung gilt und eine Vorverurteilung zu unterbleiben hat.

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Terror-Plan als verübte Tat dargestellt

Ein Nachrichtenmagazin berichtet online über die Festnahme eines Mannes in Spanien, der geplant haben soll, mit Schusswaffen Badegäste am Strand eines vielbesuchten Touristenorts anzugreifen. Der Bericht trägt den Titel: „Mutmaßlicher Dschihadist geht mit Maschinengewehren auf Badegäste los“. - Der Beschwerdeführer hält die Überschrift für reißerisch, da der Festgenommene einen Angriff zwar geplant, aber nicht durchgeführt habe. - Der Chefredakteur räumt einen bedauerlichen Fehler ein. Der korrekte Sachverhalt ergebe sich aus dem Artikel. Die Redaktion habe die Überschrift mittlerweile - für die Leserschaft transparent - geändert und gehe davon aus, dass die Beschwerde damit in presseethischer Hinsicht erledigt sei. - Der Beschwerdeausschuss sieht in der falschen Überschrift einen gravierenden Verstoß gegen die Pressekodex-Ziffern 1 (Wahrhaftigkeit) und 2 (Sorgfaltspflicht). Der Vorgang wird unwahrhaftig und unsorgfältig darstellt und die Leserschaft dadurch grob in die Irre geführt. Trotz der nachträglichen Korrektur hält der Ausschuss die Pflichtverletzung für so schwerwiegend, dass er eine öffentliche Rüge ausspricht.

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