Wie hat der Presserat entschieden?
Rüge, Missbilligung oder Hinweis, wie hat der Presserat entschieden? Hier können Sie online in der Spruchpraxis des Presserats eine Auswahl an Beschwerdefällen von 1985 bis heute recherchieren.
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7055 Entscheidungen
„Ärger um neues Porno-Denkmal“ titelt die Regionalausgabe eines Boulevardblattes. Es geht um das Kunstwerk eines Bildhauers, das an der Wand eines Rathauses enthüllt wurde. Zur Finanzierung schreibt das Blatt: „Unglaublich: Bürgermeister (…) hat das Kunstwerk auch noch gefördert, ein Großteil der Kosten (35 000 Euro) kommt aus Steuergeldern – vom Touristikamt“. Zum Beitrag gehört ein Foto, das einen Ausschnitt aus dem Relief zeigt. Darauf sind führende Politiker (Steinbrück, Schröder, Merkel, Stoiber und Westerwelle) nackt zu sehen. Über ihnen schwebt ein Transparent mit der Aufschrift „Global Players“. Der Bürgermeister wendet sich in seiner Beschwerde gegen die Behauptung der Zeitung, das Kunstwerk sei zu einem Großteil aus Steuermitteln finanziert worden. Die Gemeinde habe den Unterstützern des Werkes, den Kunstfreunden, zwar eine Spende in Höhe von 1.500 Euro übergeben, doch sei dies keine direkte Teilfinanzierung des Kunstwerks gewesen. Der bearbeitende Journalist habe unseriös recherchiert und sich nach Verweigerung einer Auskunft ausfallend verhalten. Nach Darstellung der Rechtsabteilung der Zeitung stützt sich die Berichterstattung auf eine Agenturmeldung. Dort heißt es: „Das Touristikamt hat maßgeblich zu den Kosten von 35.000 Euro beigetragen“. Die Agentur gelte als seriöse Quelle. Die Redaktion habe nicht behauptet, dass die Gemeinde den Gesamtpreis von 35.000 Euro für das Relief bezahlt habe. Die Rechtsabteilung äußert sich auch zum Vorwurf, ein Mitarbeiter habe sich dem Beschwerdeführer gegenüber ausfallend verhalten. Selbst dieser habe eingeräumt, dass der Journalist freundlich nachgefragt habe. Nachdem die Rechtsvertretung der Zeitung mitgeteilt hat, auf welche Quelle sich die Redaktion gestützt habe, leitet der Presserat ein Beschwerdeverfahren gegen die Agentur ein. (2008)
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Eine an der Ostsee erscheinende Regionalzeitung berichtet über einen Küstenort, der als Anglerparadies bezeichnet wird. Ausführlich geht sie auf das Angebot eines Geschäftes ein, das auf Anglerbedarf spezialisiert ist. Für den Beschwerdeführer, einen früheren Redakteur der Zeitung, ist das Schleichwerbung. Ein in dem Beitrag als neu bezeichnetes Fangsystem sei keineswegs neu, sondern seit langem bekannt. Die Chefredaktion teilt mit, der Beschwerdeführer habe sich schon mehrmals über die Zeitung beim Presserat beschwert. Sie räumt ein, dass der kritisierte Beitrag mit Sicherheit „kein journalistisches Ereignis“ sei, kann jedoch einen Fall von Schleichwerbung nicht erkennen. Der Autor des kritisierten Berichts habe mit dem Geschäftsinhaber vor allem in dessen Eigenschaft als ausgewiesenem Angelexperten gesprochen. Das dem Beschwerdeführer bekannte Fangsystem sei jedenfalls für die Redaktion neu. Der Vorwurf, der Beitrag gehe über ein begründetes öffentliches Interesse hinaus, sei an den Haaren herbeigezogen. Der Angelverband des betreffenden Bundeslandes habe schließlich rund 100.000 Mitglieder. (2008)
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Eine Zeitschrift veröffentlicht eine doppelseitige Werbung eines Unternehmens, das Haushaltsgeräte herstellt. Die Veröffentlichung ist rechts oben mit dem Wort „Promotion“ gekennzeichnet. Die Anzeige ist redaktionell gestaltet und enthält diverse Hinweise auf die Firma und ihre Produkte. Ein Leser kritisiert, dass die Doppelseite wie die redaktionellen Beiträge der Zeitschrift aufgemacht sei. Trotz des Hinweises „Promotion“ bestehe die Gefahr der Verwechslung. Die Rechtsvertretung der Zeitschrift hält die Kennzeichnung der Werbung für ausreichend, zum einen durch das Wort „Promotion“, zum anderen durch die grafische Gestaltung. Die Schrift auf der Doppelseite erscheine zum Teil weiß auf schwarzem Grund. Auch in anderen Details unterscheide sich die Gestaltung der Doppelseite von jener des redaktionellen Teils. Redaktionelle Beiträge umfassten mindestens sechs, in der werblichen Veröffentlichung nur zwei Seiten. Zudem würden im redaktionellen Teil keine Marken erwähnt. Die Rechtsvertretung beruft sich auf die gängige Rechtsprechung, wonach Werbung nicht zwingend mit dem Wort „Anzeige“ gekennzeichnet werden müsse. Es könnten auch andere gleichwertige Ausdrücke verwendet werden. Das englische Wort „Promotion“ habe mittlerweile so weit Eingang in die deutsche Sprache gefunden, dass der Leser es als „Anzeige“ verstehe. (2008)
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Eine Regionalzeitung berichtet über die Versteigerung eines Freizeitzentrums, in dem auch eine Tanzschule untergebracht war. Es heißt, dass der Mann, der das so genannte „Tanzzentrum“ für 937.000 Euro ersteigert habe, dieses sanieren werde. Auch wird über die weitere Nutzung spekuliert. Die Beschwerdeführerin, die in dem Komplex eine Tanzschule betrieben hat, kritisiert, aus der Berichterstattung könne der Schluss gezogen werden, ihr Unternehmen sei insolvent gewesen. Dies sei jedoch falsch. Nicht ihre Tanzschule, sondern der Besitzer des Freizeitzentrums sei pleite gewesen. Der Verlag, in dem die Zeitung erscheint, hält die Beschwerde für unbegründet. Die Veröffentlichung beziehe sich auf einen Gebäudekomplex, der im Ort seit seiner Entstehung als „Tanzzentrum“ bekannt sei. Die neben anderen Betrieben früher dort existierende Tanzschule, die von wechselnden Betreibern geführt wurde, habe dem Komplex in der Öffentlichkeit den Namen gegeben. Seit etwa zweieinhalb Jahren existiere dort keine Tanzschule mehr. Auch insoweit sei es gar nicht möglich, die aktuellen Vorgänge um die Versteigerung mit einem bestimmten Tanzschulbetreiber in Zusammenhang zu bringen. (2008)
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Die Verkehrssituation in einem Ortsteil ist Thema in einer Regionalzeitung. Zum Artikel gehört ein Foto, auf dem ein Lastwagen mit gut erkennbarem Kennzeichen zu sehen ist. Im Text heißt es: „Beim besten Willen nicht durch die Ersatzverbindung im alten Ortskern passte beispielsweise dieser Lastzug, dessen Fahrer gleichwohl … zu einem Abbiegemanöver ansetzte und dann den Rückzug antreten musste“. Ein Leser der Zeitung kritisiert, dass in der Fotografie das Nummernschild des Lkw, dessen Fahrer gerade einen Gesetzesverstoß begehe, nicht unkenntlich gemacht sei. Die Redaktion hält die Behauptung des Beschwerdeführers, die Zeitung zeige einen Lkw bei einem Verkehrsverstoß, für falsch. Das Foto zeige vielmehr einen Lastzug, der sich beim Linksabbiegen festgefahren hatte. Auch sei nicht die Rede davon, dass der Lastzug-Fahrer einen Verkehrsverstoß begangen habe. Es sei auch unsinnig gewesen, das Lkw-Kennzeichen zu pixeln, da die Aufschriften auf dem Lastzug das Fahrzeug identifizierbar machten. Der Fahrer sei nicht zu sehen und damit auch nicht zu identifizieren. (2008)
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Eine Fachzeitschrift veröffentlicht im Vorfeld eines Ergotherapie-Kongresses ein Interview mit einer angeblichen Ergotherapeutin. Ein Leser des Blattes hält das Gespräch für frei erfunden. Er habe recherchiert und festgestellt, dass es die Interviewpartnerin gar nicht gebe. Mit dem „Interview“ habe der Eindruck erweckt werden sollen, eine reale Berufskollegin mit einem ganz bestimmten Arbeitsschwerpunkt lasse sich von der Interviewerin überzeugen, an einem mit hohen Kosten verbundenen Kongress teilzunehmen. Der Beschwerdeführer - seit vielen Jahren für die Zeitschrift als Autor und Lektor tätig - unterstellt der Interviewerin, dass sie als Kongresspräsidentin und Herausgeberin der Fachzeitschrift an einer möglichst umfangreichen Kongressbeteiligung mit vielen zahlenden Teilnehmern ein wirtschaftliches und persönliches Interesse habe. Das frei erfundene „Interview“ sei ein Affront gegen die Glaubwürdigkeit und Seriosität des monatlich erscheinenden Heftes. Der Verband der Ergotherapeuten als Herausgeber der Zeitschrift nimmt Stellung. Das kritisierte Interview enthalte nachweisbar wahre Fragen und Antworten. Aus früheren Veröffentlichungen hätten sich immer wieder Fragen von Lesern und Vereinsmitgliedern ergeben, die nun in dieses Interview eingeflossen seien. Da die Fragen von unterschiedlichen Personen gestellt worden seien, habe man sich entschlossen, das Interview in der kritisierten Form und somit anonymisiert zu veröffentlichen. Die genannte Interview-Partnerin existiere nicht. Sie habe für die Personen stehen sollen, die die Fragen gestellt hätten. Es wäre – so der Herausgeber – aus heutiger Sicht unter Umständen besser gewesen, diesen Umstand zu erwähnen. Der Herausgeber stellt einen solchen Hinweis für seine nächste Ausgabe in Aussicht, sollte der Presserat zu dem Schluss kommen, dass dies erforderlich sei. Abschließend verwahrt sich der Herausgeber gegen den vom Beschwerdeführer erhobenen Vorwurf, das „Interview“ habe den wirtschaftlichen Interessen des Verbandes dienen sollen. (2008)
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„Busfahrer besteht auf 75 Cent mehr“ titelt eine Regionalzeitung. Es geht um die Beschwerde einer 14-jährigen Schülerin, die nachts nur deshalb im Bus mitgenommen wurde, weil sie ein Erwachsenenticket löste. Die Zeitung geht diesem Fall nach und recherchiert zusätzlich das Thema „Beschwerden über Busfahrer“. In dem Beitrag heißt es unter anderem: „Der Abend endete aber mit einem für sie unerfreulichen Erlebnis, als sie um 23.11 Uhr am … Bahnhof den Bus in Richtung … betrat und eine Kinder-Fahrkarte lösen wollte: Busfahrer (Name ausgeschrieben) wollte ihr das Ticket nicht verkaufen.“ Ein Leser der Zeitung kritisiert, dass der in dem Artikel beschuldigte Busfahrer mit vollem Vor- und Nachnamen genannt wurde. Dies verletze seine Persönlichkeitsrechte. Die Redaktion hält dagegen. Der Artikel sei vorbildlich und korrekt recherchiert und geschrieben worden. Der Autor zitiere nicht nur die betroffene Jugendliche und deren Mutter, sondern gebe auch dem Busfahrer mehrfach Gelegenheit, sich zu äußern. Der Artikel ende mit langen Passagen in wörtlicher Rede. Dabei würden die Busfahrer mehrerer Verkehrsbetriebe gelobt. Sämtliche Beteiligten hätten sich bereitwillig den Fragen der Redaktion gestellt. Sie seien zitiert und namentlich genannt worden. (2008)
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In einer Regionalzeitung steht ein Bericht über einen CDU-Politiker, der von einem „Autonomen Forum“ bedroht wird, das Flugblätter gegen den Mann verteilt. Die Zeitung veröffentlicht ein Foto des Flugblattes. Der Politiker ist darauf zu sehen, außerdem sein vollständiger Name, die Adresse und die Telefonnummer. Die Eltern des Politikers halten den Abdruck des Drohplakats für einen Verstoß gegen die durch Ziffer 8 des Pressekodex geschützten Persönlichkeitsrechte. Die auf dem Flugblatt angegebene Adresse und die Telefonnummer sind die der Beschwerdeführer und nicht die ihres Sohnes. Somit würden die Persönlichkeitsrechte von Unbeteiligten verletzt. Eine Boulevardzeitung habe ebenfalls berichtet und die Daten geschwärzt. Das hätte auch der Regionalzeitung möglich sein müssen. Nach Auffassung der Chefredaktion lag der Berichterstattung ein Ereignis der Zeitgeschichte zu Grunde. Auf dem Plakat sei unter dem reißerischen Begriff „Get him“ („Greift ihn Euch“) der Lokalpolitiker bedroht worden. Die Veröffentlichung dieses Flugblattes als Dokument der Zeitgeschichte sei aus Sicht der Redaktion ein unverzichtbarer Bestandteil der Berichterstattung gewesen. Der Angegriffene habe vor der Veröffentlichung Kontakt mit der Redaktion gehabt, dabei jedoch den Hinweis unterlassen, dass es sich bei Telefonnummer und Adresse um Daten seiner Eltern handele. Aus Gründen der Wahrhaftigkeit habe sich die Redaktion entschlossen, ein Foto des vollständigen Flugblattes zu veröffentlichen. (2008)
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Eine Regionalzeitung veröffentlicht unter der Überschrift „Drastische Strafen“ einen Leserbrief. Darin geht es um die Verhältnisse in einem Randbezirk, die den Einsender zu der Äußerung veranlassen, dass der Stadtteil zur Müllhalde verkomme. Der Beitrag ist mit dem vollen Namen des Leserbriefschreibers gezeichnet. Die komplette Adresse wird genannt. Der Einsender und eine weitere Beschwerdeführerin kritisieren, dass die Zeitung die Adresse veröffentlicht hat. Folge sei gewesen, dass das Haus der beiden Ziel von Übergriffen geworden sei. Es sei auch beschädigt worden. Die Redaktion teilt mit, sie habe mit dem Einsender in mehreren ausführlichen Gesprächen die Haltung der Zeitung im Umgang mit Leserbriefen erörtert. Bei über 2000 Leserbrief-Veröffentlichungen im Jahr sei die Wohnadresse vor allem bei lokalen Themen eine relevante Information. Dass die Autoren bei umstrittenen Themen für mögliche Attacken stets mit ganzem Namen und voller Adresse gerade stehen müssten, wirke dabei mäßigend. Der in Richtlinie 2.6, Absatz 3, des Pressekodex empfohlene Verzicht auf die Veröffentlichung von Adressenangaben bei Leserbriefen sei für überregionale Medien nachvollziehbar. Bei einer Lokalzeitung so zu verfahren, hält die Redaktion für einen Fehler. Der Rubrikenkopf ihres Leserbriefteils enthalte den Hinweis: „Leserzuschriften geben die Ansicht des Einsenders wieder, sie werden mit Namen und Adresse des Absenders veröffentlicht.“ (2008)
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