Entscheidungen finden

Wie hat der Presserat entschieden?

Rüge, Missbilligung oder Hinweis, wie hat der Presserat entschieden? Hier können Sie online in der Spruchpraxis des Presserats eine Auswahl an Beschwerdefällen von 1985 bis heute recherchieren.

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Entscheidungsjahr
6869 Entscheidungen

Fotoretusche

Eine Lokalzeitung berichtet über den Besuch der Frauen-Union des Kreises in einem Seniorenzentrum der Region. Dem Beitrag ist ein dreispaltiges Foto beigestellt, dass die Gäste bei einem Rundgang durch das Haus mit Senioren und der Leiterin des Zentrums zeigt. Der Bürgermeister der Stadt beklagt sich beim Deutschen Presserat, dass der Kandidat der CDU für die anstehende Bürgermeisterwahl, der sich an der Führung durch das Zentrum beteiligt hatte, aus dem Foto wegretuschiert worden sei. Als Beweis fügt er eine Veröffentlichung in der Konkurrenzzeitung vom selben Tag mit dem selben Foto bei, auf dem der Betroffene zu sehen ist. Die Zeitung teilt mit, dass sie seit Jahresbeginn einen neuen Eigentümer habe und der bis dahin tätige Chefredakteur in Urlaub sei. Dieser werde seine Stellungnahme später abgeben. (2003)

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Kritik am Oberbürgermeister

Eine Regionalzeitung berichtet über Aufbruchstimmung im Ort, seitdem der frühere Oberbürgermeister abgewählt worden sei. Wenn der Gemeinderat in den nächsten Wochen die Pläne für ein exklusives Einkaufszentrum absegne, sei die Stadt endgültig in der Zukunft angekommen. Der unrühmlich abgewählte frühere Rathauschef habe einen der Investoren einfach vor die Tür gesetzt. Die Zeitung erläutert das Projekt und zählt weitere Maßnahmen auf, mit denen der neue Oberbürgermeister das Bild der Stadt aufpolieren wolle. Zum Schluss geht der Autor des Beitrags noch einmal auf das Wirken des Amtsvorgängers ein, den die Bürger regelrecht aus der Stadtverwaltung gejagt hätten, um nun Ruhe vor ihm zu haben. Der Betroffene, der schwer krank sei, wolle jedoch nicht aus der städtischen Dienstvilla ausziehen. Nach dem Willen des Gemeinderats solle er nun herausgeklagt werden. Wiederholt sei er nach seiner Abwahl aufgefordert worden, den Rathausschlüssel, den Dienstlaptop und den Fernsehapparat zurückzugeben. Weil im Rathaus Bücher im Wert von 3.300 Euro fehlen, habe die Polizei das Haus des früheren Oberbürgermeisters durchsucht. Der Kreisvorsitzende einer Grauen-Partei kritisiert in einer Beschwerde beim Deutschen Presserat die seiner Meinung nach ehrverletzende Berichterstattung. Die Zeitung habe den früheren Oberbürgermeister öffentlich madig gemacht und gepriesen, dass er nicht mehr im Amt sei. Der Ex-OB habe ihm telefonisch eine eigene Darstellung der Sachverhalte gegeben. So habe die Zeitung inzwischen einem Rechtsanwalt gegenüber eingeräumt, dass die öffentliche Darstellung, er sei schwer krank, nicht auf den Erkenntnissen der Redaktion, sondern auf Hinweisen des Amtsnachfolgers beruhe. Die Behauptung könne nicht mehr aufrecht erhalten werden. Entgegen der Darstellung in der Presse habe der frühere Oberbürgermeister seinen Rathausschlüssel umgehend an seine bisherige Sekretärin zurückgegeben. Die Polizei habe bei ihm drei Bücher abgeholt, diese aber später wieder zurückgegeben. Nach Ansicht des Beschwerdeführers hätte die Zeitung gemäß der journalistischen Sorgfaltspflicht vorher überprüfen müssen, ob die veröffentlichten Behauptungen korrekt sind. Dies habe sie aber nicht getan und statt dessen den Ex-OB öffentlich diffamiert. (2004)

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Unfallschilderung

Eine Boulevardzeitung berichtet von einem neuerlichen S-Bahn-Drama und behauptet, die Deutsche Bahn wolle das Unglück vertuschen. Eine 75-jährige Rentnerin sei mit einem Bein zwischen einer sich schließenden Tür der S-Bahn hängen geblieben und von dem Zug mitgeschleift worden. Die Zeitung zitiert in diesem Zusammenhang den Bahnsprecher, der entgegen der polizeilichen Ermittlungen behauptet habe: „Die Frau ist mit ihrem Fuß zwischen Bahnsteig und Zug geraten. Die Fahrerin hat das selbst bemerkt und ihr geholfen. Gefahren ist der Zug nicht, die Frau wurde nicht mitgeschleift“. Drei Tage später schildert die Zeitung unter der Überschrift „Münchhausen von der S-Bahn“, wie der Bahnsprecher ein Zugunglück „einfach aus der Welt gelogen“ habe. Die Version des Bahnsprechers sei völlig frei erfunden. Die Bahn bekomme das Problem der automatischen Türen anscheinend nicht in den Griff. Der Zug habe die arme Frau 15 Meter mitgeschleift. Falsch sei auch die Behauptung des Sprechers, die Bahn habe die Polizei über den Vorfall informiert. Die Einsatzzentrale der Polizei sei vielmehr von der Feuerwehr informiert worden, die ihrerseits den Notruf eines Sanitäters auf dem S-Bahnhof empfangen habe. In einer Beschwerde beim Deutschen Presserat beanstandet der Konzernsprecher der Bahn, dass sein Kollege fälschlicherweise der Lüge bezichtigt werde. Laut Auskunft der Polizeibehörden sei die Polizei um 14.11 Uhr von der Bahn zum Unfallort gerufen worden. Die Redaktionsleitung der Zeitung teilt in ihrer Stellungnahme mit, dass die Aussage des Bahnsprechers schon zum Unfallhergang falsch gewesen sei. Er habe erklärt, dass der Fuß des Opfers zwischen Zug und Bahnsteig geraten sei und die Fahrerin der Frau in dieser misslichen Lage geholfen habe. Eine Nachfrage bei der Polizei habe jedoch ergeben, dass zweifelsfrei der Fuß der Rentnerin in der Tür der S-Bahn eingeklemmt gewesen und die Frau vom anfahrenden Zug mitgeschleift worden sei. Diese Aussagen des Pressesprechers seien daher definitiv falsch. Weiterhin habe er erklärt, dass die S-Bahn die Polizei über den Vorgang informiert habe. Die Recherche der Redaktion habe jedoch ergeben, dass die Erstinformation über den Unfall um 14.05 Uhr von der integrierten Rettungsleitstelle der Feuerwehr eingegangen sei. Als der Anruf der Bahn dann sechs Minuten später erfolgt sei, sei die Polizei schon unterwegs gewesen. Die Angaben des Bahnsprechers seien also auch in diesem Punkt fehlerhaft. Die Zeitung halte es für ihre Pflicht, die Leser über eine solche fehlerhafte Aufklärungspolitik zu informieren. Der Begriff „Münchhausen“ sei mit seiner plakativen boulevardesken Darstellungsweise zulässig. Er stehe im Volksmund für einen liebenswerten Geschichtenerzähler, der es mit der Wahrheit nicht so genau nehme. Dies treffe im vorliegenden Fall genau den Punkt. Der Presserat recherchiert auch seinerseits. Er erfährt auf Anfrage beim zuständigen Polizeipräsidium, dass am besagten Tag um 14.11 Uhr bei der Notrufzentrale der Polizei ein Notruf des Betriebsleiters der S-Bahn mit der Mitteilung eingegangen sei, in der S-Bahn sei eine Person verletzt worden. Die Polizei habe dem Anrufer mitgeteilt, dass sie schon verständigt und bereits im Einsatz sei. Der erste Anruf sei um 14.04 Uhr bei der Notrufzentrale eingegangen. Er sei von der „Integrierten Leitstelle – Feuerwehr, Rettungsdienste“ getätigt worden. Wer angerufen habe, wisse man nicht mehr. Der Anrufer sei jedoch ein Sanitäter gewesen. Die zuständige Staatsanwaltschaft teilt dem Presserat den von Polizeibeamten ermittelten Sachverhalt mit. Danach wurde festgestellt, dass die 75-jährige Frau auf Grund ihres Alters nicht schnell genug aus der S-Bahn aussteigen konnte. Dabei seien ihr rechter Fuß und möglicherweise auch ihr rechter Arm eingeklemmt worden. Das Warnsignal im Führerhaus der S-Bahn habe nicht aufgeleuchtet, da Fuß und Arm der Frau nur etwa fünf bis sechs Zentimeter Durchmesser hatten. Als die S-Bahn dann losgefahren sei, sei die Frau gestürzt, wodurch ihr Arm aus der geschlossenen Tür befreit und sie dann mit dem rechten eingeklemmten Fuß von der S-Bahn mitgezogen worden sei. Zeugen hätten den Vorfall bemerkt und die Lokführerin auf den Vorfall aufmerksam gemacht, so dass diese eine Schnellbremsung habe einleiten können. In dem Polizeibericht ist ferner vermerkt, die Lokführerin habe während der Unfallaufnahme ausgesagt, sie sei vor ihrer Abfahrt aus dem Zug ausgestiegen und habe geprüft, ob alle Türen geschlossen seien. Beim Einsteigen in die Führerkabine habe die Warnleuchte für offene Türen nicht geblinkt. Ihrer Vermutung nach habe noch jemand von außen trotz geschlossener Türen einsteigen wollen, habe sich am Türgriff festgehalten und sei auf dem schmalen Türvorsprung mitgefahren. Dabei sei dieser Passagier mit den Füßen vom Türvorsprung zwischen Bahnsteig und S-Bahn geraten. Der Sprecher der Staatsanwaltschaft weist in einem begleitenden Schreiben darauf hin, dass sich der ermittelte Sachverhalt und die Aussage der Lokführerin somit nicht decken. Nach seiner Ansicht könne jedoch nicht ausgeschlossen werden, dass sich der Bahnsprecher bei seiner Stellungnahme gegenüber der Zeitung auf die Aussagen der Zugführerin bezogen habe und von deren Richtigkeit ausgegangen sei. (2003)

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Testbericht

Eine Testzeitschrift behandelt das Thema “Vaterschaftstests”. Sie hat ihrerseits die Labore getestet, die solche Untersuchungen durchführen und Abstammungsgutachten anfertigen. Das Ergebnis sei erschütternd. Von elf Laboren erhielten neun das Gesamturteil “ungenügend”. Die Arbeit eines Labors wurde als befriedigend bezeichnet. Ein anderes wurde nicht bewertet. Bewertet wurden die Gutachten von einem Wissenschaftler, der Laborleiter eines Instituts für Blutgruppenforschung und gleichzeitig Vorsitzender der Interessengemeinschaft der Sachverständigen für Abstammungsgutachten ist. Die beiden Geschäftsführer des Labors, das nicht bewertet worden ist, beschweren sich beim Deutschen Presserat und weisen darauf hin, dass der in der Zeitschrift als neutral und unabhängig dargestellte Gutachter in Wirklichkeit nicht nur Laborleiter, sondern auch Gesellschafter eines privaten Instituts sei, das wie die untersuchten Unternehmen seit Jahren in scharfem Wettbewerb stehe. Die Zeitschrift gebe also dem Gesellschafter und Laborleiter des privatwirtschaftlich tätigen Instituts Gelegenheit, sich auf der Basis zweifelhafter moralischer Vorstellungen und falscher wissenschaftlicher Aussagen ungehindert selbst zu inszenieren, seine Mitbewerber herabzusetzen und sich damit einen erheblichen Wettbewerbsvorteil zu verschaffen. Der Markt für Anbieter von Vaterschaftsbegutachtungen teile sich in zwei Gruppen. Die eine bestehe aus Anbietern, die sich in der Interessengemeinschaft der Sachverständigen für Abstammungsgutachten in Deutschland organisiert hätten. Labore, die diesem Verein nicht angehören, bildeten die andere Gruppe. Bemerkenswert sei vor diesem Hintergrund, dass ausschließlich solche Labore der Testung unterzogen worden seien, die nicht der Vereinigung angehörten. Das Test-Design sei so gewählt worden, dass alle teilnehmenden Labore, also Mitbewerber des Testers, die nicht seinem Verein angehörten, weder mit “sehr gut” noch mit “gut” bewertet werden konnten. Denn obwohl es keine gesetzliche Regelung gebe, die es Privatleuten verbiete, einen Vaterschaftstest in Auftrag zu geben, bewerte es die Zeitschrift negativ, wenn ein solcher privater Auftrag ohne Identitätsnachweise angenommen worden sei. Ebenso werde es negativ bewertet, wenn der Test ohne Einbeziehung der Mutter erfolgt sei. Laut Urteil des Landgerichts München I bestehe jedoch ein anerkennenswertes Interesse des möglichen biologischen Vaters, die Abstammung durch einen wenig belastenden heimlichen Test klären zu lassen. Dieser sei folgerichtig zulässig. Den aus diesen Testkriterien resultierenden negativen Beurteilungen liege somit eine rein subjektive moralische Haltung zu Grunde. Die Rechtsvertretung der Zeitschrift hält die Beschwerde für unbegründet, da nach der ständigen Rechtsprechung aller einschlägig befassten Obergerichte und des BGH die Auswahl der Sachverständigen sich an den Kriterien der Sachkunde zu orientieren habe. Die Redaktion habe sich durch Recherche im Internet mit den publizierten Sachverständigen befasst und daraus den genannten Laborleiter ausgewählt. Es sei nicht erkennbar, inwieweit die Redaktion damit ein Auswahlverschulden treffen könne. Der Redaktion liege fern, in den Wettbewerb irgendwelcher Labors eingreifen zu wollen. (2003)

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Behauptung ohne Belege

Die Zeitschrift des Bundes der Strafvollzugsbediensteten Deutschlands interviewt einen anonymisierten ehemaligen Mitarbeiter eines privaten Sicherheitsdienstleisters. Das Unternehmen dränge verstärkt in den Bereich des Strafvollzugs, wird einleitend festgestellt. Ein Abteilungsleiter des Justizministeriums, der die Firma seinerzeit in den Vollzug geholt habe, sei nach seiner Pensionierung jetzt als Berater des Unternehmens tätig. Diesem Beispiel seien inzwischen andere pensionierte und auch hochrangige, aktive Vollzugsbedienstete gefolgt. Solche Verquickungen privater und dienstlicher Interessen sollten die Verantwortlichen aufhorchen lassen. Vergleichbare Entwicklungen seien aus dem Ausland bekannt. Sie stellten das geradezu klassische Modell dafür dar, wie sich die Industrie einen “neuen Markt” erschließe, nämlich durch Einkauf von Kompetenz bei der “staatlichen Konkurrenz”. Allerdings habe das Dienstleistungsunternehmen in Sachen Justiz eine tolle Fassade, doch kaum Substanz. Die Zeitschrift hinterfragt bei dem ehemaligen Mitarbeiter des Unternehmens die Voraussetzungen für die Einstellung als Mitarbeiter sowie die Arbeitsbedingungen. Der Gesprächspartner weist u.a. auf eine schlechte Ausbildung, eine Arbeitszeit von mindestens zwölf Stunden und eine miserable Bezahlung hin. In der Firma solle es auch organisierten Diebstahl durch Angestellte gegeben haben. Der Inhaber des Unternehmens beschwert sich beim Deutschen Presserat. In dem Beitrag würden aus anonymer Quelle wahrheitswidrig Vorwürfe gegen seine Firma erhoben. Die Veröffentlichung enthalte falsche Aussagen, so z.B., dass es organisierten Diebstahl durch Angestellte gegeben habe. Zudem sei es falsch, dass die Mitarbeiter nicht über Änderungen der Gesetzes- und Richtlinienlage unterrichtet würden und eine systematische Aus- und Weiterbildung nicht existiere. Der Beschwerdeführer kritisiert, dass die Redaktion keinen Versuch unternommen habe, die Behauptungen ihres Interviewpartners zu verifizieren. Die für den Text verantwortliche Landesleitung des Bundes teilt in ihrer Stellungnahme mit, dass man dem Interviewten absolute Vertraulichkeit zugesichert habe, um ihn vor beruflichen Nachteilen zu schützen. Die Redaktion habe aber seine Aussagen einer eingehenden Prüfung unterzogen. So hätten zwei Mitarbeiter einer Justizvollzugsanstalt die Angaben bis ins Detail bestätigt. Jedoch seien auch diese Personen nur unter Zusicherung der Vertraulichkeit zu Aussagen bereit gewesen. Berufliche Nachteile seien nicht auszuschließen, zumal der Leiter des Vollzugsdienstes in der genannten Anstalt und die dort tätige Schichtleiterin des Sicherheitsdienstleisters liiert seien. Ein anonym verfasster Leserbrief bestätige gleichfalls einen Teil der veröffentlichten Feststellungen. Der Vorwurf des organisierten Diebstahls und die Kritik am Ausbildungsstand der Mitarbeiter seien auf der Basis zweier weiterer Quellen gegengeprüft worden. Eine Verletzung presseethischer Grundsätze könne man daher nicht erkennen. (2004)

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Identifizierbarkeit eines Unfallopfers

Ein Taucher ertrinkt bei dem Versuch, einen in einem Wehr der Saale eingeklemmten Baumstamm zu bergen. Als nach einer Stunde keine Luftblasen mehr auftauchen, springt ein Kollege hinterher, taucht aber ebenfalls nicht mehr auf. Eine Boulevardzeitung berichtet, dass die Freundin eines der Männer nur mit BH, Slip, Taucherbrille und Taschenlampe in das fünf Grad kalte Wasser gesprungen sei und in vier Meter Tiefe festgestellt habe, dass sich beide Männer verhakt haben. In Fotos wird die Bergung einer der Leichen durch die Feuerwehr gezeigt. Auch das Porträtfoto eines der Ertrunkenen wird veröffentlicht. Eine Freundin der beiden Männer beschwert sich beim Deutschen Presserat. Sie ist der Ansicht, dass mit der Veröffentlichung gegen das Persönlichkeitsrecht der beiden Taucher verstoßen worden sei. Durch das Porträtfoto sowie die Angabe des Vornamens und des Anfangsbuchstabens des Nachnamens sei der Betroffene klar identifizierbar. Die Darstellung sei zudem unangemessen sensationell, da die Veröffentlichung der Bergungsfotos über das Informationsinteresse der Leser hinausgehe. Weiterhin sei gegen die Sorgfaltspflicht verstoßen worden, denn es sei unwahrscheinlich, dass die in dem Artikel erwähnte Freundin eines der Männer mit einer Taschenlampe ins Wasser gestiegen sei und in vier Metern Tiefe die beiden Verunglückten gesehen habe. Dies sei mit einer herkömmlichen Taschenlampe wohl nicht möglich. Zudem herrsche in vier Metern Wassertiefe wohl kaum noch gute Sicht. Die Chefredaktion der Zeitung erklärt, die Berichterstattung sei bei Abwägung des Persönlichkeitsrechts der Betroffenen mit dem Informationsinteresse der Öffentlichkeit gerechtfertigt. Der Unfall habe regional erhebliches Aufsehen erregt, da er ein großes Polizei- und Feuerwehraufgebot nach sich gezogen habe. Die Berichterstattung beruhe auf Pressemitteilungen der Polizei, die auch die Verwendung der Taschenlampe erwähnt habe. Die Darstellung sei keineswegs unangemessen, sondern eine reine Tatsachenbeschreibung. Die verunglückten Taucher seien weit gehend anonymisiert worden, um ihr Persönlichkeitsrecht zu wahren. Die Nachnamen seien abgekürzt, der Wohnort nicht genannt und die Gesichtspartie des bei der Bergung gezeigten Tauchers großflächig geblendet worden. (2004)

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Konkurrenzverlag ausgeblendet

Eine Regionalzeitung stellt in einer ihrer Lokalausgaben in zwei Beiträgen den Arbeitskreis „Gesunde Unternehmen“ vor, den die AOK, die Fachhochschule der Region und Unternehmen des Landkreises auf den Weg gebracht haben. Der Geschäftsführer eines Verlages der Region beklagt in einer Beschwerde beim Deutschen Presserat, dass in der Berichterstattung der Zeitung über den Arbeitskreis alle beteiligten Unternehmen außer dem seinen genannt seien. Sein Verlag sei ein mittelständisches Unternehmen und gebe 28 lokale Wochenzeitungen heraus. Das Verbreitungsgebiet der meisten dieser Ausgaben sei mit dem der Regionalzeitung identisch. Innerhalb des Verlags der großen Konkurrenz gebe es eine Anweisung des Verlegers, sein Unternehmen bei allen Veröffentlichungen zu übergehen. Dies verstoße gegen Ziffer 1 sowie gegen Ziffer 7 des Pressekodex. Ein Mitbewerber werde nicht erwähnt bzw. aus eigenen wirtschaftlichen Interessen verschwiegen. Der Chefredakteur der Zeitung erklärt in seiner Stellungnahme, dass keine wahrheitswidrige Berichterstattung vorliege. Beiden Berichten sei nicht zu entnehmen, dass die Aufzählung der beteiligten Firmen abschließend sei. So würden in dem ersten Artikel nur „beispielsweise“ einzelne Firmenleitungen genannt und auch der zweite Bericht mache durch die Voranstellung von „wie“ vor der namentlichen Nennung einzelner Firmen deutlich, dass es sich nur um eine exemplarische Aufzählung handele. Insoweit sei der Vorwurf einer falschen Unterrichtung der Öffentlichkeit nicht haltbar. Es liege auch kein Verstoß gegen Ziffer 7 des Pressekodex vor, da eine Beeinflussung der redaktionellen Berichterstattung nicht gegeben sei. Wenn überhaupt, könne man ein geschäftliches Interesse des Verlags in der Nichterwähnung des Beschwerdeführers vermuten. Der Verlag sei aber Verlag und Herausgeber der Zeitung und daher nicht Dritter im Sinne der Ziffer 7. Würde man den herausgebenden Verlag als Dritten im Sinne dieser Vorschrift ansehen, hätte dies zum Ergebnis, dass jeder Verlag gehalten wäre, auch über unmittelbare Wettbewerber zu berichten. Eine so weit gehende Verpflichtung eines betroffenen Verlages zur Aufgabe eigener geschäftlicher und unternehmerischer Interessen gegenüber einem unmittelbaren Wettbewerber könne aber von Ziffer 7wohl nicht gewollt sein. (2003/2004)

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Gerichtsberichterstattung

In mehreren Beiträgen schildert eine Regionalzeitung eine „Unfallflucht mit seltenen Folgen“. Danach soll ein 18-Jähriger nachts ein Auto gerammt und, ohne sich um den angerichteten Schaden zu kümmern, nach Hause gefahren sein. Als die Polizei den Verdächtigen zu einer Blutentnahme habe abführen wollen, habe sie Vater, Mutter, Sohn und Hund der betroffenen Familie mit Pfefferspray zur Räson bringen müssen. In der Gerichtsverhandlung habe sich der Betroffene als Opfer polizeilicher Gewalt dargestellt. 15 Zeugen seien gehört worden, ohne dass sich entlastende Fakten für den Angeklagten ergeben hätten. Das Gericht habe schließlich das rüde Verhalten des jungen Mannes mit einer Geldstrafe von 300 Euro, der Ableistung von 80 Stunden gemeinnütziger Arbeit, einem Jahr Fahrerlaubnisentzug und der Übernahme der Gerichtskosten geahndet. Die Eltern des Angeklagten sähen einem gesonderten Verfahren wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte entgegen. Zwei Kommentare nehmen zu dem Fall Stellung. Einmal wird das fragwürdige Verhalten der Eltern kritisiert, zum anderen wird bedauert, dass der Hund der Familie, der einem Polizisten ins Bein gebissen habe, nicht vernommen werden könne. Denn die Fähigkeit zu lügen unterscheide den Menschen vom Tier. Über ihren Anwalt legt die betroffene Familie Beschwerde beim Deutschen Presserat ein. Sie hält die Berichterstattung für einseitig, vorverurteilend und ehrverletzend. Zudem seien die Betroffenen identifizierbar. Die Chefredaktion der Zeitung räumt einen saloppen Sprachstil ein, der eigentlich nicht Standard der Zeitung sei und keine ungeteilte Zustimmung finden könne. In keinem der Beiträge aber sei der Sohn der Familie als Täter bezeichnet worden. Immer sei die Rede von einem Angeklagten oder einem jungen Mann, gegen den ermittelt werde oder der im Verdacht stehe. Beschuldigungen seien immer in Möglichkeitsform mit Formulierungen wie „sollte es“ oder „könnte sein“ vorgetragen worden. In den einzelnen Beiträgen sei auch immer die Darstellung des Beschuldigten und seines Verteidigers wiedergegeben worden. Diese sei allerdings auch in Zweifel gezogen und entsprechend kommentiert worden. Im Verfahrensverlauf und noch deutlicher im Urteil werde ersichtlich, dass das Gericht den Wahrheitsgehalt der Darstellung des Angeklagten ebenso bewertet habe. Über die Person des Beschuldigten sei anonymisiert berichtet worden. Der Vorfall habe sich in der Öffentlichkeit vor den Augen vieler Nachbarn abgespielt. Die Gerichtsverhandlung sei öffentlich gewesen. Das Geschehen sei Tagesgespräch im Wohnumfeld der Betroffenen gewesen, bevor die Berichterstattung der Zeitung eingesetzt habe. (2003/2004)

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Leserbrief weitergereicht

Ein Gärtner schreibt an seine Lokalzeitung. Er bezieht sich dabei auf einen Artikel, in dem Vertreter des BUND die Schutzwürdigkeit des Baumes hervorheben und sinnlose Fäll- und Schnittarbeiten durch seine Firma anprangern. Er mahnt mehr Sachlichkeit an, wirft dem BUND inkonsequentes Verhalten vor und kommt zu dem Schluss, dass Belange des Naturschutzes nicht berücksichtigt werden, wenn wirtschaftliche Gründe dahinterstecken. Der stellvertretende Chefredakteur der Zeitung teilt dem Leser mit, dass sein Brief vor der Entscheidung über eine etwaige Veröffentlichung an den BUND weitergeleitet worden sei, da er unbewiesene Behauptungen und erhebliche Anschuldigungen enthalte. Die Zeitung habe die Erfahrung gemacht, dass solche Leserbriefe bei der Gegenseite sofort eine Gegendarstellung hervorrufen, die dann erneut in einer Entgegnung gipfele. Dass diese Bedenken nicht unbegründet seien, könne er dem beigefügten Antwortschreiben des BUND entnehmen. Die Zeitung empfehle, das darin enthaltene Gesprächsangebot wahrzunehmen. Gegebenenfalls könne der Leser dann immer noch entscheiden, ob er einen sachlichen, am Problem orientierten Leserbrief platzieren wolle. Der BUND reagiert auf die Zusendung des Leserbriefes mit einer scharfen Stellungnahme. Mit einer erstaunlichen Unverfrorenheit in Unkenntnis und Unsachlichkeit bemühe sich der Briefautor, die Arbeit seiner Mitglieder zu verunglimpfen und den Kläger BUND zum Täter abzustempeln. Wörtlich heißt es in dem Schreiben: „Bevor er ein Urteil über die Arbeit des BUND abgibt, hätte er besser daran getan, sich vorher über dessen Tätigkeit und Aufgaben als Naturschutzverein zu informieren...“. Der Gärtner schreibt daraufhin dem stellv. Chefredakteur, er finde es nicht richtig, dass der BUND ihn in der Öffentlichkeit angreifen dürfe, ohne dass er vorher darüber informiert worden sei. Der stellv. Chefredakteur legt dem Einsender schließlich eine überarbeitete Fassung des Leserbriefes mit der Bitte um Abdruckerlaubnis vor. Der Betroffene wendet sich an den Deutschen Presserat und kritisiert, dass die Redaktion seinen Leserbrief an den BUND weitergereicht habe. Die Chefredaktion der Zeitung verweist in ihrer Stellungnahme auf eine E-Mail, die sie eine Woche nach ihrem ersten Brief an den Beschwerdeführer gerichtet habe. Darin sei dem Leserbriefschreiber die Frage gestellt worden, ob er mit dem Abdruck seines Briefes in gekürzter Form einverstanden sei. In der Neufassung sei die Passage gestrichen worden, die persönliche Angriffe gegen eine BUND-Angehörige enthalte. Dabei beziehe sich die Redaktion auf Ziffer 9 des Pressekodex, der besage, dass es journalistischen Grundsätzen widerspreche, Behauptungen ehrverletzender Natur zu veröffentlichen. (2004)

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Fotografieren im Gottesdienst

Ein Boulevardblatt schildert Diskussionen über ein Künstlerhaus in einem Berliner Stadtteil, das unter dem Titel „When love turns to poison“ (Wenn Liebe Gift wird) sexuelle Phantasien ausstellt, die Kritiker als Kinderpornos bezeichnen. In diesem Zusammenhang wird die verantwortliche Bezirksbürgermeisterin, die sich gegen die Kritik von Kinderschützern wehrt und dabei Parallelen zum Dritten Reich zieht, in der Schlagzeile aufgefordert zurückzutreten. Wie die Zeitung mitteilt, habe es in der benachbarten Kirche Dutzende von Protesten gegen die Ausstellung gegeben. Unter denen, die den Schluss der Schau gefordert hätten, habe sich auch ein stadtbekannter Kirchenfanatiker befunden, der zuvor zehn Bilder von den Wänden gerissen habe. Der Pfarrer der genannten Kirchengemeinde beschwert sich beim Deutschen Presserat. Er sei am Karfreitag kurz vor dem Gottesdienst von einer Reporterin der Zeitung angesprochen und gefragt worden, was er von der Ausstellung in dem Künstlerhaus halte. Er habe erklärt, dass er die Ausstellung nicht kenne, sie sich aber noch ansehen werde, um sich eine Meinung zu bilden. Kurze Zeit später sei die Frau mit einem Mann erschienen, der sich als Fotograf der Zeitung vorgestellt habe. Er habe ein Bild des Pfarrers in der Kirche machen wollen. Er habe dies abgelehnt, da es dafür keinen Grund gebe. Beide hätten daraufhin die Kirche verlassen. Der Karfreitagsgottesdienst sei zunächst ohne Störungen verlaufen, dann aber sei laut schreiend ein Mann erschienen und habe Parolen gebrüllt. Er habe der Gemeinde vorgeworfen, nichts gegen eine pädophile Ausstellung in der Nachbarschaft zu unternehmen. Im Weggehen habe er noch Flugblätter in die Gemeinde geworfen. Von Chormitgliedern habe er später erfahren, dass der Fotograf der Zeitung von der Empore aus die Szene aufgenommen habe. Dies sei ohne seine Erlaubnis bzw. die Genehmigung durch den Kirchenrat geschehen. Der Ablauf der Störung lasse nur den Schluss zu, dass sie mit Hilfe der Zeitung arrangiert worden und der Störer des Gottesdienstes von der Reporterin instrumentalisiert worden sei. Die Chefredaktion des Blattes weist den Vorwurf, die Zeitung habe den Fanatiker zu seinen Ausfällen angestiftet, auf das Schärfste zurück. Richtig sei, dass ein freier Fotograf zum Künstlerhaus geschickt worden sei, um dort die aktuelle Situation zu beobachten. Dabei habe er zufällig den stadtbekannten und mittlerweile mehrfach gerichtlich verurteilten Kirchenstörer erkannt, der sich langsam in Richtung Kirche bewegt habe. Der Fotograf sei ihm gefolgt und habe sich auf der Empore zum Chor gesetzt. Von dort habe er den Gottesdienst verfolgt und den Auftritt des Störers fotografiert. Anschließend habe er die Kirche verlassen, ohne von irgendjemandem angesprochen worden zu sein. (2004)

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