Wie hat der Presserat entschieden?
Rüge, Missbilligung oder Hinweis, wie hat der Presserat entschieden? Hier können Sie online in der Spruchpraxis des Presserats eine Auswahl an Beschwerdefällen von 1985 bis heute recherchieren.
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6869 Entscheidungen
Unter der Überschrift “Das blutige Ende des Terror-Scheichs” berichtet eine Boulevardzeitung über den Raketenangriff der Israelis auf Ahmed Jassin, den geistigen Führer der radikal-islamischen Hamas. Fotos zeigen den abgetrennten und oben zerfetzten Kopf des Getöteten sowie die Reste seines Rollstuhls inmitten einer Blutlache. In einer Beschwerde beim Deutschen Presserat bezeichnet ein Leser des Blattes die Veröffentlichung als einen Verstoß gegen die Menschenwürde und als eine unangemessene Darstellung von Gewalt und Brutalität. Diesen Vorwurf weist der Chefredakteur des Blattes in seiner Stellungnahme zurück. Grundsätzlich sei die Veröffentlichung auch drastischer und abstoßender Bilder zulässig. Dies gelte um so mehr in Fällen, in denen der Abdruck der Fotos von eminent politischer Bedeutung sei, nämlich einem Fanal gleichkomme. Ahmed Jassin habe die Hamas gegründet, eine der gewalttätigsten palästinensischen Terror-Organisationen. Nach Ansicht aller Beobachter sei er einer der führenden Köpfe hinter zahlreichen Anschlägen auf Zivilisten gewesen, unmittelbar verantwortlich für die Ermordung hunderter israelischer Bürger. Der Hass auf Israel und seine Bewohner habe seine Predigten, die vollständige Vernichtung des Staates Israel und die Bekämpfung der freiheitlich-westlichen Rechtsordnung hätten seine Politik bestimmt. Den Bildern seines Todes komme daher eine ganz andere Bedeutung als Aufnahmen irgendwelcher zu Tode gekommener Unbekannter zu. Sie seien – wie bei Ceaucescu, den Söhnen Saddams oder Mussolini – gleichsam der visuelle Beweis, dass von dieser Person kein Schrecken mehr ausgehe. Auch die zivilisierte und freiheitliche Welt müsse den Tod ihrer Feinde dokumentieren, um Legendenbildung und Spekulationen zu verhindern. Die Veröffentlichung solcher Fotos sei daher nicht nur legitim, sondern geradezu notwendig. Nicht ohne Grund hätten die Alliierten 1945 beinahe verzweifelt nach Hitlers Leichnam gefahndet. (2004)
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Eine Boulevardzeitung berichtet in mehreren Beiträgen über angeblich unbegreiflich milde Urteile zweier Strafsenate des Bundesgerichtshofes zu Sexualverbrechen. Im ersten Fall hatte das Landgericht einen mehrfach vorbestraften 42-jährigen Vergewaltiger, der im Sommer 1999 in einem Schwimmbad zwei zwölfjährige Mädchen am Po berührt hatte, zu zwei Jahren Haft und unter Einbeziehung der Strafen aus zwei anderen zuvor ergangenen Urteilen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren verurteilt und überdies seine Unterbringung in der Sicherungsverwahrung angeordnet.
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Eine Lokalzeitung beschäftigt sich in einem Aufmacher mit der Frage, ob jemand, der sich nach eigenen Aussagen einer bestimmten Sekte verbunden fühle, im Rahmen der Kinderkulturwochen des Stadtjugendrings für Kinder von acht bis zwölf Jahren zweimal eine Woche lang täglich von 10 bis 16 Uhr ein Seminar zur Umweltbildung halten dürfe. Mit dieser Frage seien Leser an die Zeitung herangetreten. Das Blatt schildert das Projekt, befragt Stadtverwaltung und Umweltministerium und lässt auch den Betroffenen zu Wort kommen. Dem Beitrag ist ein Kasten beigestellt, in dem Ausschnitte aus der Berichterstattung einer anderen Zeitung wiedergegeben werden. Danach sei der Pädagoge von der Leitung eines Abenteuerspielplatzes entbunden worden, weil protestierende Eltern ihm die Mitgliedschaft in der Sekte „Universelles Leben“ vorgeworfen hätten. Als der Betroffene in einem Schreiben an Schulen und Organisationen für ein kostenloses Umweltbildungsprojekt geworben habe, habe eine Fraktion im Stadtrat der Landeshauptstadt in diesem Angebot den Versuch gesehen, sowohl schulische Institutionen als auch den sozialen Bereich zu unterwandern. Der Deutsche Presserat hatte diesen Artikel seinerzeit gerügt, was in dem aktuellen Bericht der Lokalzeitung jedoch nicht erwähnt wird. Der Pädagoge ruft den Deutschen Presserat an. Er sieht sich sowohl durch den Artikel im Lokalblatt als auch durch die Zitate aus einer anderen Zeitung in seinem Persönlichkeitsrecht verletzt. Die Tatsache, dass die damalige öffentliche Rüge des Presserats unerwähnt geblieben sei, widerspreche der Forderung nach einer wahrhaftigen Unterrichtung der Öffentlichkeit. Außerdem sei auch nicht berichtet worden, dass er durch seinen damaligen Arbeitgeber rehabilitiert worden sei. Durch die Art der Berichterstattung und die aus seiner Sicht abwertende Bezeichnung „Sekte“ sieht er sich zudem in seiner Zugehörigkeit zu einer religiösen Gruppe diskriminiert. Die Chefredaktion der Zeitung betont, die Redaktion sei im vorliegenden Fall ihrer Wahrheits- und Sorgfaltspflicht nachgekommen. In dem ergänzenden Einspalter sei nur der Nachrichtenkern zweier Artikel einer anderen Zeitung referiert worden. Es sei schließlich Tatsache, dass der Beschwerdeführer seinerzeit von seinen Aufgaben als Leiter eines Abenteuerspielplatzes entbunden worden sei und eine Fraktion im Stadtrat Vorwürfe gegen ihn erhoben habe. Der Artikel, den der Presserat gerügt habe, sei der Zeitung während ihrer Recherche zugespielt worden. Von einer Beanstandung des Presserats habe die Redaktion bei dieser Gelegenheit nichts gehört. Später, bei der telefonischen Recherche in der Redaktion des anderen Blattes, habe man dann von der Rüge erfahren. Es müsse aber im Rahmen des Zitatrechts möglich sein, kurz den zutreffenden Nachrichtenkern eines Artikels wiederzugeben, ohne die Folgegeschichte ausbreiten zu müssen. Zudem sei der Zeitung keine Richtlinie bekannt, wonach Presseratsrügen für ein anderes Blatt beim Zitieren des beanstandeten Artikels wiedergegeben werden müssten. Auch könne von einer bloß kurz zusammenfassenden Berichterstattung nicht verlangt werden, dass entlastende Umstände nach der unzweifelhaft erfolgten Suspendierung des Betroffenen breit dargestellt werden müssten. Man habe sich verpflichtet gefühlt, die religiösen Verbindungen des Beschwerdeführers zu thematisieren. Ohnehin habe der Betroffene selbst auf einem Elternabend über seine Verbindung zu der erwähnten Glaubensgemeinschaft sprechen wollen. Man habe ihn auch nicht wegen seiner Verbindung mit einer religiösen Gruppe diskriminiert, sondern diese nur in einen gesellschaftlich gerechtfertigten Zusammenhang mit seinen pädagogischen Aktivitäten gestellt. Nach Gerichtsentscheidungen dürfe „Universelles Leben“ als „Sekte“ bezeichnet werden. Es sei sicherlich kein Zufall, dass Berichte über die betroffene Glaubensgemeinschaft überwiegend kritisch ausfallen. „Universelles Leben“ gehe gegen solche Berichte oft massiv vor und nutze dabei alle juristischen Möglichkeiten, was gerade kleineren Zeitungen zu schaffen mache. Es sei schade, wenn der Deutsche Presserat diesen Trend zur Selbstzensur durch allzu hohe Anforderungen an die Berichterstattung unterstützen würde. (2003)
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Eine Boulevardzeitung legt den „grausigen Foto-Beweis“ vor, dass zwei deutsche GSG 9–Männer von Terroristen im Irak erschossen worden sind. Die Schlagzeile ist eingeklinkt in das Farbfoto eines der Toten, das zuvor in einer Londoner Zeitung erschienen ist. Die Augenpartie der blutüberströmten Leiche ist mit einem Balken abgedeckt. Die Veröffentlichung löst zwei Beschwerden beim Deutschen Presserat aus. Ein Leser sieht die Würde des getöteten Deutschen ebenso wie die Privatsphäre seiner Angehörigen verletzt. Die Art der Berichterstattung ziele eindeutig auf Effekte und nehme die Verletzung anderer billigend in Kauf. Der Beweis, dass die beiden im Irak vermissten GSG 9-Beamten tot seien, hätte auch ohne die Veröffentlichung des Bildes erbracht werden können. Eine Leserin nennt die Darstellung des Vorfalls „sensationsgeil“. Das Bild habe nichts mit Pressefreiheit und Aufklärung über die Widrigkeiten und Schrecken eines Krieges zu tun. Der Chefredakteur der Zeitung betont in seiner Stellungnahme, zum Zeitpunkt der Veröffentlichung sei die deutsche Öffentlichkeit davon ausgegangen, dass keine deutschen Soldaten oder Angehörige spezieller deutscher Einsatzkräfte im Irak tätig seien. Da die Bundesregierung die Tötung nicht vor der Bergung der Leichen habe bestätigen wollen, hätten nur die Fotos aus der Londoner Zeitung die Anwesenheit und Tötung der GSG 9–Kämpfer belegen können. Zudem mache das Foto in seiner Drastik deutlich, dass der Krieg gegen den Terror auch von Deutschland Opfer fordere und fordern werde. (2004)
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Eine Lokalzeitung berichtet über eine Hausdurchsuchung bei einem 35-jährigen Mann, der verdächtigt wird, Kinderpornografie zu verbreiten. Vorname und Anfangsbuchstabe des Familiennamens, Alter und Adresse des Betroffenen werden genannt. Ein Leser des Blattes, von der Berichterstattung selbst nicht betroffen, wendet sich in einer Beschwerde beim Deutschen Presserat dagegen, dass in dem Artikel der Name, die Adresse und das Alter des Verdächtigen erwähnt werden. Die Auswertung des sichergestellten Beweismaterials sei noch nicht erfolgt und es habe in diesem Zusammenhang auch keinen Haftbefehl gegeben. In der Identifizierbarkeit des Betroffenen liege aus seiner Sicht kein journalistisch vertretbarer Mehrwert. Vielmehr solle ein Verdächtiger, der weder beschuldigt noch verurteilt sei, offensichtlich denunziert werden. Der Chefredakteur der Zeitung räumt ein, dass im vorliegenden Fall mit der Nennung von Namen, Adresse und Alter gegen den Pressekodex verstoßen worden sei. Er bedauere dies sehr. Grundsätzlich sei die Veröffentlichung persönlicher Daten, die zu einer Identifizierung von Beschuldigten oder Verdächtigen führen könnten, in seiner Zeitung untersagt und unüblich. Die der Beschwerde zu Grunde liegende Meldung sei von einem Volontär verfasst worden, dem kein Vorwurf zu machen sei. Der verantwortliche Polizeiredakteur, der den Text nicht redigiert habe, und der Produktionsredakteur seien unmittelbar nach der Veröffentlichung zur Sorgfalt ermahnt worden. Dem Volontär seien die Grundsätze des Persönlichkeitsschutzes in der Polizeiberichterstattung erläutert worden. Das Thema sei später im Rahmen seiner Ausbildung vertieft worden. Auch in einer Konferenz der Ressortleiter habe man den Vorgang ausführlich diskutiert. (2004)
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Die Stadtteilausgabe einer Regionalzeitung veröffentlicht unter der Überschrift “Wir gratulieren” regelmäßig Namen und Adressen von Altersjubilaren. Unter dem jeweiligen Tagesdatum sind nach Alter geordnet nacheinander die Namen und Adressdaten von Mitbürgerinnen und Mitbürgern aufgeführt, die mehr als das 75.Lebensjahr vollenden. “Mit Entsetzen haben Bekannte reagiert, als sie von anderen Menschen darauf hingewiesen wurden, dass ihr Geburtstag in der Zeitung ausgedruckt sei”, schreibt ein Leser des Blattes an den Deutschen Presserat. Sie hätten, wenn sie von der Zeitung gefragt worden wären, niemals ihre Einwilligung dafür gegeben, heißt es weiter in dem Beschwerdeschreiben. Eine Beschwerde bei der Zeitung habe nichts erbracht, die Zeitung drucke weiterhin die Geburtstage ab. Der Beschwerdeführer weist mit Blick auf den Datenschutz darauf hin, dass es Menschen gebe, die es gerade auf ältere Personen abgesehen hätten, um sie für unlautere Machenschaften auszunutzen. Er fragt, ob Behörden derartige Daten einer Zeitung überlassen dürften. Der Leser hatte sich zunächst an die Landesbeauftragte für Datenschutz und Informationsfreiheit gewandt, die den Vorgang zuständigkeitshalber an den Presserat überwiesen hat. In ihrem Bundesland sei die Rechtslage so, dass nach dem Meldegesetz die betroffenen Personen vor Weitergabe ihrer Daten an die Presse im Einzelfall über die Rechtslage informiert würden und danach ausdrücklich vorher in die Auskunft einwilligen müssten. Die Chefredaktion der Zeitung teilt mit, dass sie seit Jahrzehnten Namen und Adressen von Jubilaren in der nun vom Beschwerdeführer kritisierten Form abdrucken würde. Ein Mitarbeiter übernehme die Daten aus öffentlich zugänglichen Gemeindeblättern und bereite sie für die Veröffentlichung in der Stadtteilzeitung auf. Beschwerden über diese Praxis seien selten und bisher ausschließlich mündlich vorgetragen worden. Die Zeitung reagiere selbstverständlich auf die entsprechenden Wünsche und Beschwerden der Leser, indem sie in diesen Fällen auf die Namensnennung verzichte. Die Redaktion sei bislang davon ausgegangen, dass die von ihr veröffentlichten Daten durch den vorherigen Abdruck in den Gemeindeblättern mit Zustimmung der Genannten frei verfügbar seien. Geschützte Daten aus nicht frei zugänglichen Quellen wie Einwohnerkarteien usw. würden von der Redaktion nicht verwendet. Bei der Fülle der Daten sei es der Redaktion nicht möglich, eine Einverständniserklärung jeder genannten Person einzuholen. Sie verzichte seit Eingang der Beschwerde beim Presserat und mindestens bis zur Entscheidung des Presserats auf die Nennung der Adressen. (2004)
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Unter der Überschrift „Amokfahrer raste in RWE-Fangruppe“ berichtet eine Boulevardzeitung über das blutige Ende eines feucht-fröhlichen Gelages in einer Trinkhalle. Fans eines Bundesligaclubs hätten den Sieg ihrer Mannschaft gefeiert und einige von ihnen hätten dabei die Hauswand der Bude bepinkelt. Der Sohn des Kioskbesitzers habe sich darüber so aufgeregt, dass er die Fans erst angeschrien und dann mit seinem Auto verfolgt habe. In einer Seitenstraße habe er die Gruppe eingeholt. Er sei mit Vollgas auf den Bürgersteig gerast und habe einen der Fans gegen eine Hauswand geschleudert. Der Verletzte sei in eine Klinik gebracht und der Fahrer festgenommen worden. Jetzt werde gegen den „Amokfahrer“ wegen gefährlicher Körperverletzung und gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr ermittelt. Die Zeitung nennt Vornamen, Initial des Familiennamens und Alter der beiden Betroffenen. Abgebildet ist ein Foto vom Unfallort mit dem als Tatwaffe eingesetzten Auto, dessen Nummernschild erkennbar ist. Anwaltlich vertreten, beschweren sich sowohl der Fahrer des Autos als auch seine Mutter, die Halterin des Autos ist, beim Deutschen Presserat. Auf dem Foto sei das Kennzeichen des Autos deutlich erkennbar. Es sei entgegen den presserechtlichen Erfordernissen nicht geschwärzt worden. Hierdurch könne ein Rückschluss auf den Fahrer gezogen werden. Dies gelte auch für die Mutter des Fahrers, die an dem Geschehen in keiner Weise beteiligt gewesen sei. Die Identifizierbarkeit der Beschwerdeführer stelle einen Eingriff in deren Persönlichkeitsrecht dar und sei auch nicht durch ein besonderes Informationsinteresse der Öffentlichkeit gedeckt. In der Bezeichnung des Beschwerdeführers als „Amokfahrer“ sei darüber hinaus eine Vorverurteilung gegeben, da die Ermittlungen noch nicht abgeschlossen seien. Die Rechtsabteilung des Verlages räumt ein, dass das Kennzeichen des Unfallautos hätte geblendet werden müssen. Eine entsprechende Anweisung, die der Verfasser des Artikels auch gegeben habe, sei in der Hektik des Produktionsprozesses nicht befolgt worden. Die Redaktion habe aber, sobald sie auf diesen Fehler aufmerksam gemacht worden sei, umgehend ihr Bedauern über dieses Versehen ausgedrückt und gleichzeitig die geforderte Unterlassungserklärung abgegeben. Mehr hätte sie aus ihrer Sicht nicht tun können. Ein Abdruck in der „Korrekturmeldung“ sei nicht in Betracht gekommen, da jegliche Form der Meldung das Augenmerk des Lesers erneut auf das nicht geblendete Fahrzeugkennzeichen gelenkt hätte. Den Vorwurf der Vorverurteilung hält die Rechtsabteilung für unzutreffend, da die Unschuldsvermutung berücksichtigt worden sei. Der Beitrag sei inhaltlich zutreffend und beruhe auf Informationen der ermittelnden Polizei. Der Beschwerdeführer sei nur mit Vornamen und Initial des Familiennamens gekennzeichnet worden, wobei der Familienname eigentlich ganz anders laute. Das Verhalten des Beschwerdeführers als „Amokfahrt“ zu werten, sei zulässig und stelle keine Vorverurteilung dar. Insoweit habe sich die Redaktion auf das Grundrecht der Pressefreiheit berufen. (2004)
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Am 5. März 2001 hat der Presserat eine Boulevardzeitung gerügt, weil sie unter der Überschrift „Der Hausmeister, der ein Sex-Gangster ist“ den mutmaßlichen Täter vorverurteilt hatte. Zum Zeitpunkt der Berichterstattung lag entgegen der Überschrift kein Urteil vor, das den Vorwurf der Belästigung junger Frauen bestätigt hätte. Unter Berufung auf Richtlinie 4.3 des Pressekodex verlangt der Betroffene jetzt von der Zeitung die Löschung der im Zusammenhang mit diesem Artikel gespeicherten Daten zu seiner Person. Da die Redaktion diesen Wunsch ablehnt, bittet er den Deutschen Presserat um eine Beurteilung seines Anliegens. Er macht dazu geltend, dass bei der Erhebung der Daten für den beanstandeten Beitrag mit Wollen und Wissen die Unwahrheit behauptet worden sei. Mit der Veröffentlichung könne die Zeitung auch gegen die Ziffern 1 und 2 des Pressekodex verstoßen haben. Die Rechtsabteilung des Verlages weist einen Anspruch des Beschwerdeführers auf Löschung des Artikels zurück. Ein solcher Anspruch gemäß Richtlinie 4.3 des Pressekodex bestehe nicht, da es in diesen Fällen um die Erhebung und nicht um die inhaltliche Zulässigkeit der Verbreitung von Daten gehe. Die Grundsätze für die Erhebung personenbezogener Daten seien in Ziffer 4 des Pressekodex enthalten und von der Redaktion der Zeitung beachtet worden. Der Presserat habe unter Hinweis auf Ziffer 13 des Pressekodex auch nicht die Erhebung der Daten beanstandet, sondern die konkrete Verbreitung durch die Schlussfolgerung „Der Hausmeister, der ein Sex-Gangster ist“ gerügt. Ziffer 13 selbst enthalte keine Regelung für die Löschung oder Sperrung von personenbezogenen Daten, so dass insoweit kein entsprechender Anspruch bestehe. Unabhängig davon weist die Rechtsabteilung darauf hin, dass die Richtlinie keinen ultimativen Löschungsanspruch formuliere, sondern frei stelle, die relevanten personenbezogenen Daten zu „sperren“ oder zu „löschen“. Im vorliegenden Fall habe sich die Redaktion für eine Sperrung entschieden, indem jede Verarbeitung oder Nutzung eingeschränkt werde. Dies sei dadurch geschehen, dass im Archiv der fragliche Artikel mit dem Hinweis: „Achtung: Unterlassungsverpflichtungserklärung / Keine Informationen ohne Rücksprache mit der Rechtsabteilung übernehmen !!!“ versehen worden sei. In der Fußzeile befinde sich zusätzlich ein Vermerk, dass der Beitrag am 5. März 2001 vom Presserat gerügt worden sei. Da in dem vorliegenden Fall nicht einmal eine Unterlassungserklärung begehrt und abgegeben worden sei, habe der Verlag damit noch mehr getan als notwendig, um jegliche zukünftige Verbreitung oder Nutzung des Artikels einzuschränken. Gleichzeitig seien die Informationen des Artikels, die unstreitig rechtmäßig erhoben und verbreitet worden seien, erhalten geblieben. Dieses Verfahren sei notwendig, aber auch ausreichend, um der durch Artikel 5, Abs.1 GG gewährleisteten Recherchefreiheit Rechnung zu tragen. Der Verlag ist der Ansicht, dass ein Anspruch auf Löschung bzw. Sperrung, sofern er überhaupt bestehe, durch diese Maßnahmen erfüllt worden sei. (2004)
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Ein Boulevardblatt zeigt ein Foto von der Bergung der Leiche eines Gleisarbeiters, der zusammen mit einem Kollegen von einen ICE „zerfetzt“ worden sei. Auf dem Foto sind zwei Männer zu sehen, die eine Leiche in einen Sarg heben. Zwei Leser wenden sich an den Deutschen Presserat. Der eine sieht in der Veröffentlichung den Gipfel der Pietätlosigkeit. Nach seiner Meinung ist das abgedruckte Bild menschenunwürdig und untragbar für die Angehörigen. Niveauloser gehe es nicht mehr, äußert sich der zweite Beschwerdeführer. Hier werde ein Mensch gezeigt, der „wie ein erlegter Hirsch über seinem offenen Sarg hänge“. Der verantwortliche Redaktionsleiter der Zeitung ist der Ansicht, das kritisierte Foto dokumentiere das schreckliche Unglück. Das Gesicht des Toten sei vollkommen bedeckt. Nach seiner Erfahrung seien Angehörige von Unfallopfern von einer groß aufgemachten Berichterstattung tatsächlich unangenehm berührt, wünschten manchmal aber auch die Teilnahme einer großen Öffentlichkeit. In diesem Fall habe es aus Kreisen der Angehörigen keine Stellungnahme gegeben. (2004)
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Unter der Überschrift „Ein Pionier der Gesamtschule tot: (es folgt der Name des Lehrers)“ teilt ein Anzeigenblatt seinen Leserinnen und Lesern mit, dass der verdiente Oberstufenleiter und Oberstudienrat an der heimischen Gesamtschule nach 30 Jahren aus dem Schuldienst ausscheide. Der Lehrer habe maßgeblich an der Gründung der Gesamtschulen mitgewirkt, hebt das Blatt hervor. Der Betroffene beanstandet in einer Beschwerde beim Deutschen Presserat die nachlässige Arbeitsweise der Redaktion. Aus dem Text ergebe sich, dass er entgegen der Aussage in der Überschrift gar nicht gestorben sei. Auch sei sein Name in der Überschrift falsch geschrieben. Obwohl der Fehler der Redaktion noch vor der Auslieferung der Zeitung bekannt gewesen sei, habe sie sich nicht aus eigenem Antrieb, sondern erst auf seine Reaktion hin entschuldigt. Erst daraufhin sei eine Berichtigung in der nächsten Wochenendausgabe zugesagt worden. Der Beschwerdeführer beklagt einen großen Schaden. Es habe viele betroffene Reaktionen aus seinem Bekanntenkreis und insbesondere aus dem Kreis seiner ehemaligen Schüler und deren Eltern gegeben. Die Redaktionsleiterin des Blattes räumt ein, dass der Redaktion bei der Berichterstattung ein Fehler unterlaufen sei. Es sei zu der Verwechslung gekommen, weil man in der selben Woche über den Tod eines Lokalpolitikers habe berichten müssen. Unmittelbar nachdem dieser Fehler aufgefallen sei, habe man versucht, den betroffenen Lehrer telefonisch auf die Falschmeldung vorzubereiten, was aber leider nicht gelungen sei. Eine Richtigstellung sei für die kommende Ausgabe zugesagt worden. Sowohl der Mitarbeiter, der den Beitrag verfasst habe, als auch sie als Redaktionsleiterin hätten sich bei dem Beschwerdeführer entschuldigt und erläutert, dass der Fehler zu spät aufgefallen sei, um ihn noch korrigieren zu können. Aus Anlass dieses Vorfalls seien die Redakteure des Blattes für noch mehr Sorgfalt und Genauigkeit beim Umgang mit diesen Themen sensibilisiert worden. (2004)
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