Wie hat der Presserat entschieden?
Rüge, Missbilligung oder Hinweis, wie hat der Presserat entschieden? Hier können Sie online in der Spruchpraxis des Presserats eine Auswahl an Beschwerdefällen von 1985 bis heute recherchieren.
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7055 Entscheidungen
“Zahl der schlecht integrierten Deutschen wächst” – unter dieser Überschrift berichtet eine Regionalzeitung über die Wahl in einem Bundesland, nach der die NPD in den Landtag eingezogen ist. Der Autor des Artikels wird als Politikwissenschaftler vorgestellt. Die Zeitung erwähnt nicht seine Funktion als Vorsitzender eines CDU-Ortsvereins und seine berufliche Tätigkeit als Grundsatzreferent in einem Landtag. Er nimmt eine Wahlanalyse vor, die insbesondere das Abschneiden der NPD beleuchtet. Er appelliert an alle Verantwortlichen, jeder an seinem Platz an der Verankerung von demokratischen Grundwerten in der Bevölkerung stärker als bisher mitzuwirken. Zu diesen Grundwerten gehöre die Glaubwürdigkeit. Es sei jedoch unglaubwürdig, gemeinsam mit Linksextremisten gegen Rechtsextremisten zu demonstrieren. “Wenn Linksextremisten gegen Rechtsextremisten demonstrieren”, so der Autor, “demonstrieren sie teilweise gegen sich selbst”. Der Beschwerdeführer kritisiert, dass die berufliche Tätigkeit des Autors nicht erwähnt werde. Mit der Bezeichnung “Politikwissenschaftler” werde eine wissenschaftlich fachliche und politische Distanz zum Thema des Beitrags suggeriert, die es aufgrund seiner organisatorisch verankerten politischen Orientierung und Tätigkeit nicht gebe. Der Beschwerdeführer sieht darin einen Verstoß gegen das Gebot der Wahrhaftigkeit in Ziffer 1 des Pressekodex. Er wendet sich an den Deutschen Presserat. Die Chefredaktion der Zeitung verweist darauf, dass der Autor ein allseits anerkannter Wissenschaftler und Experte sei. Die Redaktion nutze sein Wissen und seine Erfahrung gelegentlich, indem sie ihn um Beiträge zu in der Regel tagesaktuellen politischen Themen bitte. Dabei sei seine Parteizugehörigkeit unerheblich. Ausschlaggebend sei allein seine fachliche Kompetenz. (2006)
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„Trickbetrügerinnen auf der Flucht von Polizei geschnappt“ – unter dieser Überschrift berichtet eine Boulevardzeitung von zwei Frauen, die versucht hatten, einem Rentner an dessen Haustür Geld aus seiner Börse zu stehlen. Die Zeitung spricht von einer „Masche der Sinti und Roma“. Der Zentralrat dieser Bevölkerungsgruppe sieht in dem Artikel einen Verstoß gegen Ziffer 12 des Pressekodex in Verbindung mit Richtlinie 12.1. Darin ist die Diskriminierung von ethnischen Minderheiten definiert. Er wendet sich an den Deutschen Presserat. Die Minderheiten-Kennzeichnung sei für das Verständnis des berichteten Tathergangs nicht erforderlich und schüre Vorurteile. Die Rechtsabteilung der Zeitung teilt mit, in dem beanstandeten Beitrag werde wahrheitsgemäß ein tatsächlicher Vorfall geschildert. Im Nachhinein habe die Redaktion jedoch festgestellt, dass sie auf den Hinweis „Sinti und Roma“ hätte verzichten können. Sie werde künftig in dieser Hinsicht zurückhaltender formulieren. (2006)
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In drei Artikeln und einem Kommentar berichtet eine Regionalzeitung über die Ermittlungen gegen Kommunalpolitiker wegen des Verdachts der Untreue und der Vorteilsnahme im Amt. In einem Beitrag unter dem Titel “Heimliche Aktivitäten des Ex-Chefs” beantwortet die Redaktion in der Form eines Interviews Fragen, die sie selbst stellt. In diesem Zusammenhang wird einem früheren Vorstandsvorsitzenden vorgeworfen, er habe ein bestimmtes Projekt heimlich betrieben und den Aufsichtsrat ausgetrickst. Mit den Veröffentlichungen werde gegen Politiker Stimmung gemacht, kritisiert der Beschwerdeführer, Pressesprecher des Kreisausschusses im Landkreis, der den Deutschen Presserat anruft. Die Behauptung über den früheren Vorstandsvorsitzenden sei nachweislich falsch. Der Beschwerdeführer moniert außerdem, dass die kritisierten Beiträge im ganzen Verbreitungsgebiet veröffentlicht worden seien, die Entgegnung der Angegriffenen jedoch nur im Lokalteil. Die Chefredaktion hält die Berichterstattung für sachgerecht. Bei dem kritisierten “fiktiven Interview” handle es sich um ein zulässiges Stilmittel. Der Beitrag unterscheide sich vom echten Interviewformat der Zeitung deutlich. Der Unterschied werde auch im einleitenden Text erklärt. Dass der frühere Vorstandsvorsitzende heimlich gehandelt habe, sei in dem laufenden Verfahren aktenkundig. Die Kritik des Beschwerdeführers, von der Stellungnahme des Landkreises habe nur ein Teil der Leser erfahren, weist die Chefredaktion zurück. Dieser beziehe nicht alle Ausgaben der Zeitung und habe somit nicht den erforderlichen Überblick. (2006)
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Eine Regionalzeitung berichtet unter der Überschrift „Klau-Kids auch für 400 Einbrüche missbraucht“ über die polizeilichen Ermittlungen gegen eine Bande, die Kinder und Jugendliche für Einbrüche in Wohnungen einsetzt. Die Mitglieder dieser Bande werden als „serbische Roma“ bezeichnet. Dabei bezieht sich die Zeitung auf Informationen der Polizei. Der Zentralrat der Sinti und Roma sieht in der Veröffentlichung einen Verstoß gegen das Diskriminierungsverbot nach Ziffer 12 in Verbindung mit Richtlinie 12.1 des Pressekodex. Die Minderheiten-Kennzeichnung sei für das Verständnis des berichteten Tathergangs nicht erforderlich und schüre Vorurteile. Der Zentralrat wendet sich an den Deutschen Presserat. Das Justitiariat der Zeitung ist der Meinung, dass die Redaktion in vollkommener Übereinstimmung und unter Beachtung der publizistischen Grundsätze, vor allem auch Ziffer 12 und Richtlinie 12.1 des Pressekodex berichtet habe. Zwischen den im Bericht dargestellten Vorgängen einerseits und der Zugehörigkeit der Beteiligten zu einer bestimmten Bevölkerungsgruppe habe ein wichtiger und begründeter Sachbezug bestanden. Der Artikel sei Bestandteil einer ausgewogenen Berichterstattung über das Phänomen der so genannten „Klau-Kids“ gewesen. Er sei als Beleg für die juristische Aufarbeitung vieler gleichartiger Fälle verfasst worden, in denen gerade die soziale Zwangslage der Kinder aufgrund ihrer Roma-Zugehörigkeit eine zentrale Rolle gespielt habe. Die Zeitung – so die Rechtsvertretung weiter – habe den Bericht nicht darauf angelegt, Vorurteile zu schüren. Dies werde auch dadurch deutlich, dass nicht identifizierend berichtet worden sei. Somit liege auch keine Persönlichkeitsverletzung der Beteiligten vor. (2006)
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„Polizei zerschlägt Klau-Kinder-Mafia“ – unter dieser Überschrift berichtet eine Boulevardzeitung über einen Ermittlungserfolg der Polizei gegen eine Bande, die Kinder und Jugendliche bei mehr als 400 Einbrüchen einsetzte. In dem Bericht werden die Bandenmitglieder als „serbische Roma“ sowie als „Roma-Clan“ bezeichnet. Der Zentralrat der Sinti und Roma in Deutschland sieht in dem Artikel einen Verstoß gegen Ziffer 12 in Verbindung mit Richtlinie 12.1 des Pressekodex. Die Minderheitenkennzeichnung sei für das Verständnis des berichteten Tathergangs nicht erforderlich und schüre Vorurteile. Der Rat wendet sich an den Deutschen Presserat. Die Rechtsabteilung des Blattes hält den Bericht für publizistisch gerechtfertigt. Er sei Teil einer kontinuierlichen Berichterstattung. Nach einer Serie von Diebstählen durch Kinder seien endlich die Hintermänner gefasst worden. Die Zeitung habe den die Ermittlungen leitenden Kommissar zitiert, der die Kinder als Opfer bezeichnet habe. Der Hinweis des Polizisten auf die „Bande serbischer Roma“ habe in diesem Kontext einen sachlichen Bezug. Die Rechtsabteilung der Zeitung ist daher der Auffassung, dass an allen Details ein erhebliches Informationsinteresse der Öffentlichkeit bestehe. (2006)
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„Ein Jahr Haft auf Bewährung für betrügerische ´Wahrsagerin´“ titelt eine überregionale Zeitung. Es geht um eine Gerichtsverhandlung, in der eine Wahrsagerin wegen gewerbsmäßigen Betruges zum Nachteil zweier Frauen zu einer Bewährungsstrafe verurteilt wurde. Die Zeitung gibt den Tathergang wieder. Dabei wird die Angeklagte als „Sinti-Frau“ bezeichnet. Der Zentralrat der Deutschen Sinti und Roma wendet sich an den Deutschen Presserat. Er erkennt einen Verstoß gegen Ziffer 12 des Pressekodex sowie Richtlinie 12.1. Die Minderheiten-Kennzeichnung sei für das Verständnis des berichteten Tathergangs nicht erforderlich und schüre Vorurteile. Die Chefredaktion der Zeitung sieht das anders. Bei der Produktion des Textes habe es in der Redaktion Überlegungen gegeben, ob die Bezeichnung „Sinti-Frau“ eine Diskriminierung der Volksgruppe der Sinti und Roma darstelle. Da die Wahrsagerin ihre Zugehörigkeit zur Volksgruppe jedoch bewusst und gezielt eingesetzt habe, als sie Passanten in der Hamburger Innenstadt ansprach, habe die Redaktion den Begriff gewählt. Die Wahrsagerin habe ihre Zugehörigkeit dazu genutzt, um ihre betrügerischen Taten zu fördern. Vor diesem Hintergrund sei die Kennzeichnung der Täterin sachbezogen und publizistisch veranlasst gewesen. (2006)
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Eine Regionalzeitung bringt einen Bericht unter der Überschrift „Betrug beschäftigt Politiker“. Eine „Sinti-Familie“ soll über einen Zeitraum von sechs Jahren 130.000 Euro Sozialhilfe erschlichen haben. Mittlerweile läuft gegen die Familie ein Gerichtsverfahren. Die Zeitung stellt die genaueren Umstände des Falles dar. Sie benutzt im Text den Begriff „Sinti-Familie“. Der Zentralrat der Sinti und Roma sieht in dem Artikel einen Verstoß gegen Ziffer 12 des Pressekodex in Verbindung mit Richtlinie 12.1. Darin ist unter anderem die Diskriminierung ethnischer Minderheiten definiert. Die Minderheiten-Kennzeichnung sei für das Verständnis des berichteten Tathergangs nicht erforderlich und schüre Vorurteile. Der Rat wendet sich an den Deutschen Presserat. Die Chefredaktion der Zeitung hält die Nennung der ethnischen Zugehörigkeit für gerechtfertigt. Die Redaktion habe nach eingehender Beratung so entschieden, um eine andere Minderheit zu schützen. Grund: Das Verbreitungsgebiet sei eine „Hochburg“ yezidischer Kurden. In der Bevölkerung sei die Ansicht verbreitet, dass diese Bevölkerungsgruppe sich häufig strafbar mache. Die Redaktion habe vermeiden wollen, dass diese Gruppe mit dem vorliegenden Fall in Verbindung gebracht werde. Der Hinweis auf die ethnische Zugehörigkeit finde sich nur an einer Stelle im Text. Auf einen entsprechenden Hinweis in der Überschrift habe die Redaktion bewusst verzichtet. Die Zeitung vertritt die Auffassung, dass mit dem Beitrag keine Vorurteile geschürt worden seien. Auch liege keine Diskriminierung vor, denn es sei gerade nicht der Eindruck erweckt worden, Sinti und Roma machten sich häufig straffällig. (2006)
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Unter der Überschrift “Hier stirbt ein Kranführer” berichtet eine Zeitung über die Folgen eines Tornados, der in einer Großstadt zwei Todesopfer forderte. Sowohl auf der Titelseite als auch im Inneren des Blattes werden kleine Fotos des zerquetschten Kranführerhauses gezeigt. Darauf ist die Hand eines der Toten zu erkennen. Ein Leser hält die Darstellung für reißerisch. Das Opfer werde würdelos dargestellt und in seinem Persönlichkeitsrecht verletzt. Er bittet den Deutschen Presserat, sich mit dem Fall zu befassen. Der stellvertretende Chefredakteur der Zeitung kann in der Veröffentlichung keine Verletzung der Ziffern 10 und 11 des Pressekodex erkennen. Das Opfer sei auf dem Bild nicht zu identifizieren. Zudem sei das Foto recht klein und unscharf, so dass die Würde des Toten nicht angegriffen werde. Die Veröffentlichung unterstreiche den Inhalt des Artikels und führe dem Leser das Ausmaß des Tornados vor Augen. Falls sich jedoch Angehörige oder Dritte in ihren Gefühlen verletzt fühlen sollten, so entschuldige sich die Zeitung dafür. (2006)
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„SEK stürmt Wohnung in …“ – so titelt eine Großstadtzeitung über einen Polizeieinsatz gegen zwei Brüder, die unter dem Verdacht stehen, einen Raubüberfall verübt zu haben. Die Zeitung schildert, wie die Beamten den mutmaßlichen Tätern auf die Spur gekommen seien, und dass sie diverse Waffen sichergestellt hätten. Die beiden Brüder werden als Mitglieder einer „Sinti-Familie“ bezeichnet. Der Zentralrat Deutscher Sinti und Roma sieht in dem Artikel einen Verstoß gegen Ziffer 12 des Pressekodex sowie Richtlinie 12.1. Dort ist die Diskriminierung ethnischer Minderheiten definiert. Die Minderheiten-Kennzeichnung sei für das Verständnis des berichteten Tathergangs nicht erforderlich; sie schüre Vorurteile. Der Rat wendet sich an den Deutschen Presserat. Die Rechtsabteilung der Zeitung hält die Berichterstattung für gerechtfertigt. Der erforderliche Sachbezug liege vor. Es sei über eine Straftat berichtet worden, nicht über ein Bagatelldelikt. So seien bei den Brüdern fünf Pistolen und Revolver sowie sieben Gewehre gefunden worden. Ein solcher Fall liege nicht anders als zum Beispiel der beim siebenfachen Mord in einem China-Restaurant in Sittensen, in dessen Folge zwei Vietnamesen festgenommen worden seien. Die Zeitung weist den Vorwurf des Rassismus zurück. (2006)
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Eine Regionalzeitung veröffentlicht einen Bericht unter der Überschrift „Zetteltrick hätte beinahe funktioniert“. Es geht um den Versuch zweier Frauen, eine Rentnerin mit Hilfe des so genannten „Zetteltricks“ in ihrer Wohnung zu beklauen. Die Tat misslang wegen des Misstrauens der Frau. Die Zeitung zitiert das Personenprofil, mit dem die Polizei nach den Täterinnen fahndet: „Die eine ist etwa 50 Jahr alt, korpulent, dunkle Haare, dunkler Teint, Sinti oder, nach Aussage des Opfers, möglicherweise Türkin“. Der Zentralrat der Sinti und Roma in Deutschland sieht in der Veröffentlichung einen Verstoß gegen Ziffer 12 des Pressekodex in Verbindung mit Richtlinie 12.1 (Diskriminierung ethnischer Minderheiten). Die Minderheiten-Kennzeichnung sei für das Verständnis des berichteten Tathergangs nicht erforderlich und schüre Vorurteile. Er wendet sich an den Deutschen Presserat. Der Chefredakteur der Zeitung nimmt die Beschwerde mit Verwunderung zur Kenntnis. Der Vorgang liege ein halbes Jahr zurück. Deshalb lasse sich die damalige Polizeimeldung nicht mehr nachprüfen. Die Polizei habe seinerzeit die Rentnerin zitiert, wonach es sich bei einer der Täterinnen um „eine Zigeunerin“ gehandelt habe. In der Polizeimeldung sei dann von einer „Sinti“ die Rede gewesen. Dies sei keine Entschuldigung, aber zumindest eine Erklärung. Seine Zeitung – so der Chefredakteur weiter – setzte sich für Integration und gegen Ausländerfeindlichkeit ein. Auch bei den örtlichen Sinti-Angehörigen bestehe an der politischen Grundhaltung des Blattes kein Zweifel. Die Redaktion bedauere die im Bericht gewählte Kennzeichnung. Sie sei angewiesen, entsprechende Polizeimeldungen künftig zu korrigieren. (2006)
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