Wie hat der Presserat entschieden?
Rüge, Missbilligung oder Hinweis, wie hat der Presserat entschieden? Hier können Sie online in der Spruchpraxis des Presserats eine Auswahl an Beschwerdefällen von 1985 bis heute recherchieren.
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7055 Entscheidungen
Unter der Überschrift „Der Brief des Johannes“ berichtet ein Nachrichtenmagazin über die Glaubensgemeinschaft „Das Leben e. V.“ und ein Empfehlungsschreiben von Bundespräsident Johannes Rau, das der Gemeinschaft zu einer günstigen Immobilie verhilft und das nach einem Zitat aus dem Bundespräsidialamt heute so nicht mehr geschrieben würde. Einige Passagen in dem Beitrag veranlassen „Das Leben e. V.“ zu einer Beschwerde beim Deutschen Presserat. Als falsch und diffamierend bezeichnet die Gemeinschaft Begriffe wie „Sekte“, „Sektensprecher“ und „radikale Christensekte“. Sie sei vom Bundesfamilienministerium – wie vom Nachrichtenmagazin beschrieben – zwar als „fundamentalistische Gruppierung mit der starken Tendenz zur Radikalisierung“ und „klar ausgerichtet auf eine Führerfigur und Führerideologie“ eingestuft. Das sei aber falsch. Auch die folgenden Passagen rufen den Widerspruch des Sprechers der Glaubensgemeinschaft hervor: „Frauen hätten sich der Vormachtstellung des Mannes zu unterwerfen“; es gebe eine Kleiderordnung, die Mädchen lange Röcke vorschreibe; „Abneigung gegen Medien, die den Schmutz der Welt transportieren“; „Kontakte mit Kindern außerhalb der Gemeinde werden soweit wie möglich vermieden.“ Die Rechtsabteilung des Magazins bezeichnet die von der Sekte aufgestellte Behauptung, der Verein sei mit den Rechercheergebnissen nicht konfrontiert worden, als falsch. Der Autor habe ein rund vierstündiges Gespräch mit Mitgliedern der Gemeinschaft geführt. Das Nachrichtenmagazin nimmt zu jedem einzelnen Vorwurf Stellung und kommt zu dem Schluss, dass der Artikel keinen Anlass zu einer Maßnahme des Presserats gebe. (2002)
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Unter der Überschrift „Sekte nutzt Brief des Bundespräsidenten“ berichtet eine überregionale Zeitung über die Glaubensgemeinschaft „Leben e. V.“, die mit einem befürwortenden Schreiben des Staatsoberhaupts eine Immobilie gekauft hat. Der Artikel bezieht sich auf einen Beitrag vom gleichen Tag in einem Nachrichtenmagazin. Dessen Darstellung endet mit dem Zitat eines ungenannten Beamten aus dem Bundespräsidialamt, wonach der Brief heute wohl so nicht mehr geschrieben würde. „Leben e. V.“ schaltet den Deutschen Presserat ein und kritisiert die in dem Bericht wiedergegebene Bezeichnung „christliche Sekte“, die man, weil negativ belegt, als Beleidigung empfinde. Ein Mann werde als Informant angegeben, der sich nur bei ausgetretenen und unzufriedenen Mitgliedern der Glaubensgemeinschaft kundig gemacht habe. Die Aussage „Frauen haben sich der Vormachtstellung des Mannes zu unterwerfen“, sei falsch. Auch die Passage „Musik und Medien werden abgelehnt“ sei nicht richtig, da man zur Gestaltung der Gottesdienste ein eigenes Orchester unterhalte. Die Rechtsabteilung der Zeitung erklärt, die Bemühungen der Redaktion, eine Stellungnahme von „Leben e. V.“ zu erhalten, seien erfolglos gewesen. Der Begriff „Sekte“ sei gerechtfertigt und verfassungsrechtlich unbedenklich. Die Verwendung des Begriffes falle unter die Presse- und Meinungsfreiheit. Die Zeitung teilt mit, dass das Referat Sekten- und Psychogruppen des Bundesfamilienministeriums dem Verein alle Züge einer fundamentalistischen Gruppierung attestiert habe. Die radikale Bibelauslegung, so das Ministerium, propagiere eine Unterordnung der Frau in Kinderreichtum. Darüber hinaus habe sich die Frau innerhalb der Gemeinde der Vormachtstellung des Mannes zu unterwerfen. (2002)
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Eine Lokalzeitung kommentiert einen Beschluss des Haupt- und Finanzausschusses der Stadt. Dieser hatte sich nach einem Ranking für einen Provider entschieden, der den neuen Internet-Auftritt der Stadt bewerkstelligen soll. Die Verlagsgruppe, welche auch die Lokalzeitung verlegt, war Mitbewerber bei diesem Ranking gewesen. Nach Ansicht der Zeitung hatte sie auf dieser Liste ganz oben gestanden. Dennoch habe sich die Mehrheitsfraktion im Stadtrat entgegen des Votums der Oberbürgermeisterin für einen anderen Anbieter entschieden. Nicht, weil dessen Mutter zufällig Mitglied der Mehrheitsfraktion sei, heiße es, sondern weil er ein guter Bürger der Stadt sei, der eine Chance verdiene. Der Betroffene wendet sich an den Deutschen Presserat. Er weist darauf hin, dass die Zeitungsgruppe in der Ranking-Liste nicht ganz oben gestanden habe. Insoweit handele es sich um eine Falschbehauptung. Vielmehr seien drei Bewerber gleich gut gewesen. Die Bemerkung der Zeitung über seine Mutter hält er für eine Rufschädigung durch Desinformation. Insgesamt ist er der Meinung, die Zeitung missbrauche damit ihre publizistische Macht. Die Geschäftsleitung des Verlages erklärt, der Inhalt der Veröffentlichung habe dem Informationsstand der Redaktion und ihrem Rechercheergebnis am 5. Januar entsprochen. Die Informationen stammten vorwiegend aus den Reihen der Mehrheitsfraktion. Da sie deren Entscheidung betrafen, mussten keine Zweifel an der Richtigkeit der Aussagen bestehen. Im übrigen sei der Kommentar Bestandteil eines wöchentlich erscheinenden „Tagebuchs der Redaktion“, in dem auch spekuliert, auf Hintergründe und in die Zukunft geblickt, zusammengefasst sowie analysiert werde. Die Redaktion sei in der Darstellung der Vorgänge zurückhaltend geblieben, auch wenn die Interessen des Mutterhauses berührt gewesen seien. Dass die Verlagsgruppe als Anbieter in der Ranking-Liste der Stadtverwaltung ganz oben gestanden habe, sei richtig. Daran ändere sich nichts, auch wenn der Beschwerdeführer die einzelnen Kriterien, die zu der Einordnung geführt hätten, anders gewichte. Tatsächlich sei die Mutter des Beschwerdeführers Mitglied der Mehrheitsfraktion im Stadtrat. Und von dieser Fraktion sei die Entscheidung im Ausschuss für das Angebot des Beschwerdeführers vorangetrieben worden. Im übrigen zeige sich, dass der Beschwerdeführer, ein ehemaliger Mitarbeiter des Verlages, sich mit seinem Online-Dienst auch publizistisch gegen den Verlag zur Wehr setzte. (2001)
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Unter der Überschrift „Sanft-Hund statt Kampfhund“ berichtet eine Boulevardzeitung, der Präsident des Deutschen Pudel-Klubs fordere, Besitzer von Kampfhunden sollten ihre Tiere gegen Pudel eintauschen. Der Anwalt des so zitierten Pudelfreundes legt Beschwerde beim Deutschen Presserat ein. Sein Mandant habe weder diese Aussage gemacht noch ähnliche Forderungen gestellt. Die Geschichte sei frei erfunden und äußerst reißerisch dargestellt. Die Chefredaktion der Zeitung verweist auf eine Agenturmeldung. In dieser sei mitgeteilt worden, der Deutsche Pudel-Klub empfehle ehemaligen Besitzern von Kampfhunden, einen Pudel zu halten. In dieser Meldung werde auch der Präsident des Klubs mit der Feststellung zitiert, Pudel seien fast unfähig, einen Menschen anzugreifen und aggressiv zu reagieren. Ebenso mit dem Hinweis, dass viele Hundebesitzer mit dem aggressiven Verhalten von Hunderassen, wie beispielsweise dem Rottweiler oder dem Dobermann, überfordert seien. In einem Telefonat mit dem zuständigen Redakteur habe der Klubpräsident durchaus deutlich gemacht, dass es für viele Besitzer so genannter Kampfhunde sinnvoll sei, sich an deren Stelle einen Pudel zu halten. (2001)
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Weil er zwei Jugendlichen helfen wollte, die von vier weiteren Jugendlichen vor einer Gaststätte geschlagen und getreten wurden, musste ein 23-jähriger sterben. Bei der Verfolgung der Täter wurde er mit mehreren Messerstichen getötet. Ein 17-jähriger unter den Verfolgten steht im Verdacht, die Tat begangen zu haben. Die örtliche Zeitung widmet dem Vorfall mehrere Beiträge, in denen sie über den Fortgang der Ermittlungen berichtet. In der Unterzeile der Überschrift des ersten Artikels heißt es „Türken schlugen Deutsche“. Die Überschrift des zweiten Artikels vermeldet in der Unterzeile „Türke (17) taucht im Asyl-Heim unter“. Alle Beiträge sind mit Fotos ausgestattet. Eines der Fotos zeigt die Festnahme zwei der vier Tatverdächtigen. In der Bildunterzeile wird berichtet, dass die Türken sich auf dem Dachboden eines Hauses versteckt hatten. In allen Artikeln werden die Verdächtigen generell mit „Türken“ und weiteren Angaben zum Alter umschrieben. Der Ausländerbeirat der Stadt meldet den Fall dem Deutschen Presserat. In dem Bericht werde deutlich herausgestellt, dass es sich bei den Tätern um Türken handele, die Deutsche schlugen. Im weiteren Verlauf werde das Opfer mit Vornamen erwähnt, während die Täter namenlos blieben. Es existiere keine sachliche Notwendigkeit, bei einer Berichterstattung, egal welchen Inhalts, Nationalitäten zu erwähnen bzw. diese sogar noch besonders hervorzuheben. Nationalitäten hätten mit den Handlungen einzelner nichts zu tun. Die Beiträge verfestigten so vorgefertigte Meinungsbilder und hätten diskriminierende Wirkung. Auch der Sozialdienst für Migranten der Arbeiterwohlfahrt legt Beschwerde ein. Bei aller Tragik in diesem Vorfall trage die Presse die Verantwortung für die Bewusstseinsbildung der Öffentlichkeit mit. Deshalb sollte man bei den Formulierungen über solche schmerzhaften Ereignisse besonders vorsichtig und verantwortungsvoll sein. Wenn auf polarisierende Weise die Nationalität Betroffener genannt werde, schaffe dies mehr Spannungen zwischen den Bevölkerungsgruppen. Die Chefredaktion der Zeitung betont, in der Bevölkerung seien die Wogen der Erregung hochgegangen über die Tötung eines Jugendlichen durch türkische Gewalttäter. Dabei habe das Opfer genau das getan, was in letzter Zeit zu Recht immer wieder gefordert werde: Zivilcourage gegenüber brutalen Schlägern gezeigt. Die Zeitung habe es als ihre Pflicht angesehen, wahrheitsgemäß zu berichten. Dabei sei nicht Öl ins Feuer gegossen worden. In den Artikeln sei klar betont worden, dass es sich um einzelne Gewalttäter handelte. Die eine oder andere möglicherweise etwas unglücklich formulierte Textstelle, die dem nun einmal nicht entrinnbaren Zwang zur Vereinfachung entsprungen sein möge, könne nicht isoliert interpretiert werden. Ergänzend räumt der Chefredakteur ein, gewiss sei die Unterzeile der Überschrift eine den formalen Zwängen zuzuschreibende Vereinfachung, die auch er sich gelungener und weniger missverständlich hätte vorstellen können. Der beanstandeten Unterzeile habe jedoch nicht im geringsten die Absicht einer Polarisierung zu Grunde gelegen. Die Nennung der Staatsbürgerschaft sei allerdings eine auch sonst gebräuchliche Übung, die als solche keine Diskriminierungsabsicht verrate. Schließlich habe die Zeitung auf eine Veröffentlichung der von der Polizei mitgeteilten Anhaltspunkte verzichtet, welche die Vermutung nahe gelegt hätten, es habe sich bei der Tat der türkischen Gewalttäter um ein deutschfeindlich motiviertes Verbrechen gehandelt. Mit diesem Verzicht habe man die Erregung in der Bevölkerung in Grenzen halten und nicht unheilvolle Reaktionen von rechter Seite wachrufen wollen. (2001)
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Unter der Überschrift „Wird der Tiger erpresst?“ berichtet eine Tageszeitung über Gerüchte um einen Box-Weltmeister. Beim Promoter des Boxers habe es einen anonymen Anruf gegeben. Der Mann habe erzählt, er sei im Besitz eines Videobandes, das den Superstar auf einer wilden Party mit Koks und Prostituierten zeige. Der Autor des Artikels fragt: „Wer ist dieser Mann und was will er?“ Er erwähnt, dass es zuletzt Mitte September mächtigen Wirbel um den „Tiger“ gegeben habe. Sein 227.000 DM teurer Mercedes sei nachts auf einen VW-Transporter gekracht. Wer am Steuer gesessen habe, sei unklar. Von seiner Frau und seinen beiden Kindern lebe der Top-Athlet getrennt. Der Anwalt des Boxsportlers beschwert sich beim Deutschen Presserat. Der Artikel beinhalte in seinem berichtenden Teil ausschließlich Gerüchte. Die Veröffentlichung verstoße deshalb gegen die Pflicht zur sorgfältigen Recherche. Der Betroffene habe keinerlei Gelegenheit zur eigenen Stellungnahme erhalten. Der als Gerücht verbreitete Sachverhalt sei bis heute nicht bestätigt worden und das angesprochene Video auch nicht aufgetaucht. Die Rechtsabteilung des Verlages versichert, die Sportredaktion habe entgegen den Ausführungen in der Beschwerde intensiv recherchiert. Als die Gerüchte nicht verklungen seien und andere Medien eine baldige Veröffentlichung angekündigt hätten, habe die Sportredaktion beschlossen, die Gerüchte in der Weise zum Anlass einer Berichterstattung zu nehmen, dass sie einerseits entkräftet werden sollten und andererseits gefragt werden sollte, wer warum solche Gerüchte verbreite. Die Berichterstattung sei daher auch deutlich durchdrungen von einer Tendenz, die Haltlosigkeit der Gerüchte zu Gunsten des Beschwerdeführers zu beweisen. Für eine persönliche Stellungnahme sei der Boxprofi nicht erreichbar gewesen. Sprecher seines Boxstalles hätten sich aber entlastend geäußert. Zwei Tage nach der Veröffentlichung sei dem Anwalt des Betroffenen Gelegenheit gegeben worden, sich in der Zeitung zu den Gerüchten zu äußern. (2001)
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Eine Lokalzeitung würdigt Leben und Werk eines bald 80-jährigen Literatur- und Religionswissenschaftlers, der das Genre „Biografie“ mit neuen Akzenten aus christlicher Sicht versehen habe. Das Festhalten am alten Kirchenglauben sei dem konservativen Intellektuellen ganz wichtig, schreibt die Autorin. Und sie zitiert u.a. die Aussage ihres Gesprächspartners, die „Abweichler“ Drewermann und Küng könne man nicht ernst nehmen, eher schon die Meinung, Drewermann sei ein teuflischer Demagoge wie Goebbels oder Hitler. Ein Leser des Blattes legt die Veröffentlichung dem Deutschen Presserat vor. Der Theologe Drewermann werde mit dieser Aussage beleidigt und diffamiert. Die Chefredaktion der Zeitung erklärt, es könne nicht Aufgabe eines Porträts sein, die Denkweise eines Menschen a priori zu kommentieren oder zurecht zu rücken. Das Porträt stelle den Menschen dar, wie er ist. Ob die Redaktion seine Meinung teilt oder nicht teilt, sei insofern unerheblich. Die Zeitung habe dem Beschwerdeführer im nachhinein Gelegenheit gegeben, in einem Leserbrief zu der Veröffentlichung Stellung zu nehmen. (2001)
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Eine Boulevardzeitung verkündet auf ihrer Titelseite „24 Jahre nach der Ermordung des Generalbundesanwalts – Bubacks Sohn greift Trittin an“. Auf Seite 2 wird darüber berichtet, dass der Chemie-Professor und der Bundesumweltminister einander in einem ICE begegnet seien. Buback habe Trittin auf den so genannten „Mescalero“-Nachruf angesprochen und ihn gefragt, ob es nicht an der Zeit sei, sich von diesem furchtbaren Machwerk zu distanzieren. In diesem berüchtigten Aufsatz – so wird den Lesern erklärt – habe ein Autor aus der linken Göttinger Szene unter dem Pseudonym „Mescalero“ klammheimliche Freude über den Buback-Mord verkündet. Trittin habe den Buback-Sohn kaltschnäuzig abgefertigt, schreibt das Blatt. Es erklärt, Trittin habe damals zur linken Szene der Universitätsstadt gehört und sei Mitglied der Studentenvertretung AStA gewesen, deren Zeitschrift 1977 den „Nachruf“ veröffentlicht habe. In seiner Beschwerde beim Deutschen Presserat weist der Bundesumweltminister auf die Unwahrheit dieser Behauptung hin. Er sei seinerzeit nicht AStA-Mitglied gewesen und habe mit der Veröffentlichung des „Mescalero“-Textes nichts zu tun gehabt. Der Redaktion der Zeitung sei zum Zeitpunkt der Veröffentlichung bekannt gewesen, dass ihre Berichterstattung unwahr ist, denn der Sprecher seines Ministeriums habe die Redaktion bereits am Vortag drauf aufmerksam gemacht, dass eine solche Berichterstattung unwahr wäre. Der Beschwerdeführer sieht darin einen klaren Verstoß gegen die journalistische Berufspflicht und Berufsethik, welche die Achtung vor der Wahrheit einschließe. Der Chefredakteur der Zeitung erklärt, der Beschwerdeführer müsse als Bundesminister eine kritische Berichterstattung hinnehmen, insbesondere im Anschluss an sein unziemliches Verhalten bei der Begegnung mit dem Sohn des ermordeten Generalbundesanwalts. Richtig sei, dass der Beschwerdeführer seinerzeit nicht dem AStA angehört habe. Er habe aber auch ohne AStA-Zugehörigkeit zur „linken Szene“ der Universität Göttingen gehört. Der Beschwerdeführer versuche, mit seiner Darstellung den Eindruck zu vermitteln, als habe er nie hinter dem „Mescalero“-Papier gestanden. Zitate des Beschwerdeführers in diversen Publikationen belegen nach Ansicht des Chefredakteurs das Gegenteil. Von seiner öffentlich bekundeten Einstellung zu dem „Mescalero“-Text könne sich Trittin nicht dadurch distanzieren, dass er darauf hinweist, für die Veröffentlichung des Textes nicht verantwortlich gewesen zu sein. Es gehe nicht um die Erstveröffentlichung, sondern darum, dass er den Inhalt und seine Verbreitung mitgetragen habe. Erst in den jüngsten Tagen habe sich der Beschwerdeführer distanziert. (2001)
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Die Rubrik „Berlin vertraulich“ einer Boulevardzeitung beschäftigt sich mit dem Bundesumweltminister Jürgen Trittin. Sein nachgeschobenes Bedauern über die Ermordung Bubacks („Den betroffenen Angehörigen gilt mein Mitgefühl“) klinge heuchlerisch, komme Jahre zu spät, schreibt der Autor. Wo bleibe die Reue über andere Verhaltensweisen, fragt er dann. In einer Passage des Textes heißt es: „Zeitzeugen erinnern sich: Bei Protestaktionen war er der geistige Vater, agierte mit Megafon. Bei einer Podiumsdiskussion, unter anderem mit der heutigen SPD-Schatzmeisterin Wettig-Danielmeier, flogen Tomaten, gellten Pfiffe. ‚Wir hören erst auf, wenn Trittin sprechen darf!‘, schrieen die Störer. Trittin durfte reden, aber danach wurde weiter randaliert. Demokratisches Fairplay? Nicht Sache der Gruppe um Trittin.“ Seinen Schlusssatz, das Resümee eines Dabeigewesenen, verwendet der Verfasser auch als Überschrift: „Wenn’s bedrohlich wurde, war er weg.“ Der Minister ruft den Deutschen Presserat an. Nach seiner Ansicht ist der Beitrag gekennzeichnet von einer tendenziösen Aneinanderreihung unbewiesener Behauptungen, verkürzter Wahrheiten, vager Andeutungen und definitiver Falschbehauptungen. Eine angemessene Recherche, die unverzichtbares Instrument journalistischer Sorgfaltspflicht sei, habe nicht stattgefunden. Der Chefredakteur der Zeitung vermisst Aussagen des Ministers, was aus seiner Sicht falsch sein soll. Dass er in Göttingen zum harten Kern gehörte, könne er nicht bestreiten. Auch der SPIEGEL habe in seinem Beitrag „Ein Planer für die Revolution“ geschrieben, dass er ein Mann, der im Hintergrund plante, gewesen sei, also ein „geistiger Vater“. Auf der genannten Veranstaltung sei Trittin als besonderer Wortführer hervorgetreten und habe schließlich das Mikrofon des RCDS an sich gerissen und die Veranstalter im Laufe des Tumultes niedergebrüllt. (2001)
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Als Beispiel für viele Firmen, die Zwangsarbeiter beschäftigt haben und sich noch immer davor drücken, in den Entschädigungsfonds zu zahlen, führt eine Zeitschrift in einer großformatigen Reportage einen Hersteller von Zigarettenpapier, ein Unternehmen mit „tief brauner Vergangenheit“, an. Der Firmengründer, SS-Obersturmbann- und Wehrwirtschaftsführer, laut Zeitschrift der eifrigste Nazi der Stadt, in der die Firma ihren Sitz hat, sei der größte Zwangsarbeitgeber vor Ort gewesen. Die Autorin des Beitrages berichtet, welche Einstellung die Stadtbewohner und die Erben ihres Ehrenbürgers zu dieser Vergangenheit haben. Im Text unter der Überschrift „Das ist für uns so unwichtig“ findet sich eine Passage, die den Unwillen des Bürgermeisters erregt: „Als die ..., stolz auf ihr über 1000-jähriges Bestehen, in den achtziger Jahren beschlossen, sich einen Stadtarchivar zuzulegen, wurde dem frisch Berufenen erst mal der Beschluss des Gemeinderates mitgeteilt, dass bezüglich der Jahre 1933 bis 1945 die Kisten für jegliche Anfragen verschlossen zu bleiben hätten.“ Der heutige Archivar steige nebenberuflich und oft ehrenamtlich in den Keller der Grundschule hinab, und mit dem, was er dort finde, würze er das jährlich erscheinende Stadtbuch. Er werde von den Leuten gefragt, ob er denn immer in diesen Dingen rumstochern müsse. Eine Stadträtin würde es ihm am liebsten verbieten. Der Bürgermeister schaltet nach Erscheinen der Zeitschrift den Deutschen Presserat ein. Er sieht seine Stadt in dem Beitrag als „braunen Sumpf“ verunglimpft. Des weiteren kritisiert er diverse Falschdarstellungen, darunter auch die Behauptung, dem Stadtarchivar sei per Gemeinderatsbeschluss auferlegt worden, das Archiv für jegliche Anfragen bezüglich der Jahre 1933 bis 1945 verschlossen zu halten. Die Rechtsabteilung des Verlages versichert, es sei keineswegs Sinn und Zweck der Veröffentlichung gewesen, die Stadt zu verunglimpfen. Anlass des Artikels sei vielmehr die Diskussion um den Entschädigungsfonds für Zwangsarbeiter gewesen. Dabei habe sich abgezeichnet, dass längst nicht alle angesprochenen Unternehmen der Stiftung beitreten und einen Beitrag leisten wollen. Vor diesem Hintergrund sei der Zigarettenpapierhersteller, der seinen Sitz in der betroffenen Stadt habe, für einen exemplarischen Bericht besonders geeignet gewesen. Vor allem deshalb, weil der Firmengründer sich einerseits als überzeugter Nazi gegeben und Zwangsarbeiter beschäftigt, andererseits aber den Übergang in die Bundesrepublik geschafft habe. Aus diesem Grund sei in dem Artikel detailliert über den Mann und seine Firma berichtet worden. In diesem Zusammenhang wird darauf hingewiesen, dass die eigentlich Betroffenen, die Familie des Firmengründers und deren Firma, an dem Artikel nichts auszusetzen hätten. In dem Text stehe nicht, dass dem amtierenden Stadtarchivar bedeutet worden sei, seine Kisten für jegliche Anfragen bezüglich der Jahre 1939 bis 1945 geschlossen zu halten. Diese Aussage beziehe sich nach einer Auskunft des jetzigen Amtsinhabers auf den damaligen Stadtarchivar. Von dem heute tätigen Archivar stamme auch die Aussage, dass eine Stadträtin ihm die Arbeit über die Zeit des Dritten Reiches am liebsten habe verbieten wollen. (2001)
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