Entscheidungen finden

Wie hat der Presserat entschieden?

Rüge, Missbilligung oder Hinweis, wie hat der Presserat entschieden? Hier können Sie online in der Spruchpraxis des Presserats eine Auswahl an Beschwerdefällen von 1985 bis heute recherchieren.

Bitte beachten: Im Volltext abrufbar sind nur Entscheidungen mit den Aktenzeichen ab 2024, z.B. 0123/24/3-BA!
Sie müssen dazu immer das volle Aktenzeichen eingeben, also 0123/24/3-BA.

Nach detaillierten Richtlinien (z.B. 8.1) können Sie erst ab den Fällen aus 2024 recherchieren. Ältere Fälle werden nur unter der entsprechenden Ziffer (z.B. 8) angezeigt.

Sie haben Fragen zu unseren Sanktionen? Hier finden Sie Erläuterungen.

 

Entscheidungsjahr
7055 Entscheidungen

Gegendarstellung

Eine Regionalzeitung berichtet über den Rechtsstreit zwischen der Industrie- und Handelskammer und einem öffentlich bestellten und vereidigten Versteigerer. Sie informiert ihre Leser, die Stadt wolle mit dem Auktionator nicht mehr zusammenarbeiten. Sie erwähnt, dass der Mann auch Konkursmasse versteigere, dass ihm die Versteigerung von Orientteppichen untersagt worden sei, dass es schon häufig Auseinandersetzungen zwischen IHK und Stadt einerseits und dem Versteigerer andererseits gegeben habe. Der Betroffene reicht Beschwerde beim Deutschen Presserat ein. Die in dem Artikel getroffenen Aussagen seien falsch und geschäftsschädigend. Eine gerichtlich durchgesetzte Gegendarstellung sei bisher nicht veröffentlicht worden. Die Chefredaktion der Zeitung gesteht ein, dass das Blatt vom Amtsgericht verurteilt worden sei, die geforderte Gegendarstellung abzudrucken. Dieses Urteil sei jedoch durch das Landgericht aufgehoben worden, weil es der Kläger versäumt habe, das Urteil innerhalb eines Monats nach Verkündigung durchzusetzen. Durch diese Entwicklung sei die Beschwerde bereits überholt. Man sehe sich auch nicht in der Lage, die Gegendarstellung im Kulanzwege abzudrucken. (1996)

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Fotos

Der Weiße Ring beschwert sich beim Deutschen Presserat über eine Boulevardzeitung und deren Bericht über eine Gerichtsverhandlung. Angeklagt ist ein 39-jähriger Hausmeister, der seine 12-jährige Nichte viermal sexuell missbraucht haben soll. “Zwölfjährige vom eigenen Onkel missbraucht – sie wurde schwanger” lautet die Schlagzeile des Textes, dem ein Foto des Angeklagten mit einem Balken über den Augen beigestellt ist. Der Weiße Ring beklagt in Vertretung der Eltern des Opfers, durch die Veröffentlichung des Fotos seien sowohl Täter als auch Opfer identifizierbar geworden. Dadurch werde das Persönlichkeitsrecht des Kindes verletzt. Die Chefredaktion des Blattes sieht in der Abbildung des Angeklagten einen zulässigen Bestandteil der Gerichtsberichterstattung, der in keiner Weise geeignet sei, die Identität des bedauernswerten Opfers offenzulegen. (1996)

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Abtreibung

Ein katholischer Pfarrer soll eine 15-jährige Sternsingerin beim Griff in eine Spendenbüchse erwischt und dem Mädchen daraufhin ein unmoralisches Angebot gemacht haben: Sex gegen Schweigen. Das Verhältnis hatte Folgen: Die Minderjährige wurde schwanger und vertraute sich einer Sozialpädagogin an. Diese teilte den Fall schriftlich (ohne Nennung der Namen der Beteiligten) dem Bischof mit. Dieser reagierte erst drei Wochen nach dem Schreiben auf die darin angekündigte Abtreibung, die zu diesem Zeitpunkt jedoch bereits vorgenommen war. Im Detail nachzulesen ist der Vorgang in einer Wochenzeitung, die dem Bischof vorwirft, er hätte, wenn er früher reagiert hätte, etwas gegen die Abtreibung unternehmen können. Der Generalvikar des Bischofs kritisiert in einer Beschwerde beim Deutschen Presserat, dass die Zeitung den Sachverhalt nicht richtiggestellt hat, obwohl eine einstweilige Verfügung gegen den Inhalt des Artikels existiere und eine Pressemitteilung des Bistums mit entsprechenden Richtigstellungen verschickt worden sei. Der Beschwerdeführer moniert, dass in dem Bericht nichts darüber gesagt wird, dass er um Übermittlung des Namens des Pfarrers gebeten habe bzw. die Betroffene ermutigt habe, Anzeige zu erstatten. Diese Fakten habe der Autor verschwiegen, um die Kirche in Misskredit zu bringen. Der Autor wolle den Eindruck erwecken, dass die Katholische Kirche, wenn ein Priester betroffen sei, ihre moralischen Grundeinstellungen zur Disposition stelle. Der zuständige Ressortleiter der Zeitung teilt dem Presserat in seiner Stellungnahme mit, dass seine Redaktion den geschilderten Sachverhalt nach wie vor für richtig halte. Belege seien entsprechende Erklärungen der in dem Artikel zitierten Sozialpädagogin. Der Umstand, dass diese seriöse Informantin sich durch eine dem Mädchen gegenüber eingegangene Schweigeverpflichtung außerstande sehe, dessen Namen zu offenbaren, sei keineswegs gleichbedeutend mit der Annahme des Generalvikariats, die Erklärung der Sozialpädagogin treffe nicht zu. Diese habe vor Erscheinen des Beitrags der Redaktion schriftlich versichert, dass ihre Angaben (1996)

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Bewertungen

Recherche

Die Stadtausgabe einer Boulevardzeitung berichtet, die Stadtverwaltung habe eine Woche lang einen frisch sanierten Kindergarten beschlagnahmt, um Asylanten unterzubringen. Wörtlich schreibt sie: „Wo eben noch Mädchen und Jungen spielten, campierten über Nacht plötzlich 50 Ausländer.“ Inzwischen seien die Asylbewerber in ein umgebautes Fabrikgebäude umgezogen. In einer Beschwerde beim Deutschen Presserat beklagt ein Leser des Beitrags eine Vielzahl falscher Aussagen. So habe nicht die Stadt, sondern der Landkreis die Kindertagesstätte beschlagnahmt. Außerdem sei die Beschlagnahme bereits nach zwei Tagen wieder aufgehoben worden. Zudem sei zwar geplant gewesen, Asylbewerber in der Kindertagesstätte unterzubringen, diese seien jedoch nie dort eingetroffen. Auch die Aussage, dass die Kinder ausweichen mussten, sei falsch. Wegen der Sanierung der Räume seien die Kinder schon im Vormonat in anderen Räumlichkeiten untergebracht worden. Schließlich verletze der Begriff „campieren“ die Menschenwürde. Die Chefredaktion des Blattes räumt eine schlechte Recherche und die falsche Darstellung des tatsächlichen Sachverhalts in mehreren Punkten ein. (1996)

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Namensnennung

Eine Boulevardzeitung berichtet über einen Banküberfall mit Geiselnahme. Ein 25jähriger hält in einer Sparkasse eine Putzfrau fast 14 Stunden lang in seiner Gewalt und gibt dann entnervt auf. Der Name des Festgenommenen wird – voll ausgeschrieben – veröffentlicht. Dem Text beigestellt ist ein Foto des Mannes, mit einem Balken abgedeckt. In dem Artikel wird er als „Gangster“ bezeichnet. Weiter heißt es: „Er frei – für sein neues Verbrechen...“. Der Verdächtigte beschwert sich beim Deutschen Presserat, sieht sich in seinen Persönlichkeitsrechten verletzt, vorverurteilt. Zudem würden seine Angehörigen unnötigerweise belastet. Die Rechtsabteilung des Verlages erklärt, bei aktueller Berichterstattung über Straftaten von Gewicht habe das Informationsinteresse der Öffentlichkeit im allgemeinen Vorrang vor dem Persönlichkeitsrecht des Täters. Daher seien Abbildung, Namensnennung und sonstige Identifizierung des Täters oder Verdächtigen keineswegs immer unzulässig. Die Abteilung zitiert die Feststellung in einem Fachbuch, dass sich keine Probleme ergäben, wenn die Begehung einer bestimmten Straftat einschließlich der Identität des Täters fest- und nur noch die verfahrensmäßige Bewältigung der Folgen ausstünde. Dies sei bei Geiselnahmen oder dann, wenn der Täter auf frischer Tat ertappt werde, der Fall. (1996)

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Verdachtsmomente

Ironie

Eine Zeitungsleserin entdeckt in den Wochenendmagazinen zweier Zeitungen Reportagen, die ihrer Meinung nach die Würde der Frau in besonders infamer Weise verletzen. Unter der Überschrift “Die willige Sklavin der Liebe legt das Hundehalsband gerne an” und mit der Gegenüberstellung von entsprechenden Fotos untersucht eine der beiden Reportagen die Frage, warum Hunde und Frauen gleichermaßen Halsschmuck tragen. In den Bildunterzeilen heißt es: “Glücklich die Frau, die verwöhnt wird wie der Hund. Sie braucht die Werkzeuge des Festhaltens. Glücklich die Frau, die stolz ihren Hals recken kann wie der Hund. Sie lebt für das Lob ihrer Schönheit. Glücklich der Hund, der durch Schmuck nicht abgelenkt wird von der Liebe zu seinem Herrn.” Unter dem Titel “Ausgekocht – Küchenarbeit macht Spaß” zeigt die zweite Bildreportage eine “Männerphantasie”: halbbekleidete Frauen zurück am Herd. Die Zeitung, in welcher der erste Beitrag erschienen ist, weist darauf hin, in ihrer Reportage werde in ironischer Weise Unverständnis darüber artikuliert, dass es Frauen tatsächlich einmal schön gefunden haben, sich angetan mit schweren Hundehalsbändern zur Schau zu stellen. Alle Vergleiche zwischen Hunden und Frauen, die an mehreren Stellen im Text gezogen werden, seien erkennbar unernst und an keiner Stelle für Frauen ehrverletzend oder herabwürdigend. Mit einer Ausnahme tragen alle auf den Fotos dargestellten Frauen echten Schmuck. Lediglich auf einer Seite werde eine sehr selbstbewusste Dame mit einem Hundehalsband gezeigt und damit der Modetrend um die Jahrhundertwende dargestellt. Hierdurch könne die Würde der Frau nicht angegriffen werden. Die Chefredaktion des zweiten Blattes erklärt, ihr Magazin versuche, ohne die traditionellen Aufgaben des Journalismus und dessen Sorgfaltspflicht zu verletzen, mit Witz, Ironie und Spiel die Welt gegen den Strich zu lesen. Dies sei auch die Absicht des kritisierten Beitrags. Schon das Titelbild mit der dazugehörigen Zeile “Zurück an den Herd!” arbeite sehr drastisch und eigentlich für alle Leser erkennbar mit dem Mittel der Überzeichnung. Die Titelseite sei als satirische Brechung eines reaktionären Schimpfwortes gemeint. In der Bildstrecke selbst gehe es nicht um die Abbildung der Wirklichkeit, sondern man wolle einer Fiktion Gestalt verleihen. Sowohl Bilder als auch Titel und Vorspann arbeiteten so offensiv ironisch mit dem Klischee einer Männerphantasie, dass darin nichts anderes als ein Vorführen dieser Art von Macho-Denken zu erkennen sein dürfte. Wenn jemand in seiner Würde verletzt werde, dann wohl nur die Männer, die solchen Phantasien immer noch nachhängen. (1996)

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Familienforschung

Leserabstimmung

Ein Boulevardblatt fordert seine Leserinnen und Leser auf, darüber abzustimmen, ob durch den Park der Stadt künftig eine Trambahn fahren soll. Die Zeitung veröffentlicht dazu einen Stimmzettel, den die Leser ausschneiden und ausgefüllt an das Blatt schicken sollen. Eine Woche später stellt die Zeitung fest, dass ihre Leser klar entschieden haben. Sie fragt den Oberbürgermeister: “Was nun? 80 % sind gegen Ihre Tram”. In ihrem Artikel über die Aktion erwähnt die Redaktion, dass sie auch kritische Äußerungen empfangen habe. Den Vorwurf des Kampagnenjournalismus kommentiert sie mit der Feststellung, dass ihr der Schutz des Stadtparks eine Kampagne wert sei. Ein Leser des Blattes legt den Vorgang dem Deutschen Presserat vor. Er erachtet es als undemokratisch, dass eine Zeitung sich anmaßt, sie könne eine ganze Stadt über ein bestimmtes Projekt abstimmen lassen. Zudem moniert er, dass auf Grund der Zeile “Stimmzettel auf Seite 19” der Leser zu der Meinung kommen könnte, er müsste die Zeitung kaufen, um an einer die Stadt bewegenden Entscheidung mitwirken zu können. Nach seiner Ansicht hat die Zeitung hier ihre öffentliche Macht zur Erhöhung ihrer Auflage missbraucht. Die Mitteilung an den Oberbürgermeister “80 % sind gegen Ihre Tram” hält der Beschwerdeführer für bewusst irreführend. In Wahrheit handele es sich hierbei nicht um 80 % der Leser des Blattes, sondern nur um 80 % derjenigen, die einen Stimmzettel eingeschickt haben. Diese Zahl entspreche kaum 5 % der Auflage der Zeitung und höchstens 0,5 % der Bevölkerung der Stadt. Als besonders zynisch bezeichnet der Leser die Aussage der Redaktion, der Schutz des Stadtparks sei ihr eine Kampagne wert. Mit dieser Antwort könne jegliches Verfahren nach dem Motto, der Zweck heilige die Mittel, für legal erklärt werden. Hier bekomme der Aktionsjournalismus einen “Hauch von Lynchjustiz”. Die Chefredaktion will die Abstimmung inszeniert haben, weil die Emotionen zu dem Thema sehr hoch gegangen seien. Theoretisch habe die ganze Stadt die Möglichkeit der Teilnahme gehabt. Praktisch sei das Ergebnis jedoch immer auf die Leser des Blattes abgestellt und als Lesermeinung interpretiert worden. Vor allem habe man aber im Kommentar immer wieder darauf hingewiesen, dass das Abstimmungsergebnis ein aktuelles Meinungsbild sei, die Entscheidungen aber von den demokratisch legitimierten Gremien getroffen werden müssen. (1996)

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