Wie hat der Presserat entschieden?
Rüge, Missbilligung oder Hinweis, wie hat der Presserat entschieden? Hier können Sie online in der Spruchpraxis des Presserats eine Auswahl an Beschwerdefällen von 1985 bis heute recherchieren.
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7055 Entscheidungen
Unter der Überschrift „Der tote Weingraf“ berichtet eine Boulevardzeitung in großer Aufmachung auf ihrer Titelseite, dass sich ein prominenter Winzer in der Nähe seines Schlosses erschossen hat. Ein Foto im Innern der Ausgabe zeigt auf der gesamten Blattbreite die blutüberströmte Leiche. Die Erben des Verstorbenen, ein Landtagsabgeordneter und drei Leser des Blattes beschweren sich beim Deutschen Presserat. Alle sehen in der Veröffentlichung des Fotos einen Verstoß gegen die Menschenwürde und das Persönlichkeitsrecht des Toten.
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Weil er sein Lebenswerk zerbrochen sieht, erschießt sich ein prominenter Winzer in der Nähe seines Schlosses. Eine Boulevardzeitung berichtet darüber auf der Titelseite und im Innenteil der Ausgabe. In beiden Beiträgen wird ein Foto der blutüberströmten Leiche gezeigt. Ein Rundfunkjournalist ruft den Deutschen Presserat an und kritisiert die Recherchemethoden des Fotografen, der die Absperrungen durch die Polizei missachtet haben soll. Der Fotograf bestreitet den Vorwurf, er habe mehrmals versucht, die Absperrungen der Polizei zu unterlaufen. Hätte er sich so verhalten, wäre er des Platzes verwiesen worden. Den Hinweis des Beschwerdeführers, ihm sei ein Polizeibeamter zur Seite gestellt worden, bezeichnet er als “Schwachsinn”. Er sei auch niemals von Beamten gebeten worden, nicht zu fotografieren. Das später veröffentlichte Foto sei in einer sehr frühen Phase der polizeilichen Untersuchung entstanden, da er bereits seit 45 Minuten am Tatort gewesen sei. Der zuständige Polizeipräsident teilt auf Anfrage mit, dass die Pressestelle des Präsidiums die Medienvertreter betreut, vom Fundort der Leiche ferngehalten und darum ersucht habe, keine Details zu fotografieren. Der Pressefotograf, dessen Verhalten der Presserat zu beurteilen hat, sei einmal innerhalb der polizeilichen Absperrung angetroffen und sofort dieses Bereiches verwiesen worden. Deshalb und wegen seiner erkennbaren Versuche, Aufnahmen aus kurzer Distanz zu fertigen, sei ihm schließlich ein Polizeibeamter “persönlich” zugewiesen worden. Die Polizei vermute, dass der Mann das Foto, das später veröffentlicht wurde, bereits zuvor mittels eines Teleobjektivs, möglicherweise aus der Deckung von hochgewachsenen angrenzenden Weinreben heraus, gemacht habe. (1997)
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In zwei Beiträgen berichtet eine Lokalzeitung über eine Verhandlung des Arbeitsgerichts, das einen Frauenarzt per Versäumnisurteil zur Zahlung von 21.000 D-Mark an seine ehemalige Putzfrau verurteilt. Die Zeitung zitiert die Anwältin der Klägerin: Der Mediziner habe zwölf Jahre lang seine Haushälterin mit 2,10 Mark die Stunde entlohnt. Der Berichterstatter stellt ferner fest, dass der Arzt im Ort “übel beleumdet” sei, “keinen seriösen Ruf” habe und “auch mit dem Finanzamt in Konflikt” stehe. Schließlich erwähnt das Blatt, dass der Gynäkologe seine Haushaltshilfe auch mit Aufgaben im Operationssaal betraut habe. Der Rechtsanwalt des betroffenen Arztes sieht seinen Mandanten durch die Nennung des Vornamens und die Abkürzung des Familiennamens identifiziert. Die Äußerungen über den Leumund des Arztes und die Konflikte mit dem Finanzamt seien reine Spekulationen und verletzten die Ehre des Mannes. Auch dass die Putzfrau im OP ausgeholfen habe, sei eine falsche Tatsachenbehauptung. Der Anwalt legt Beschwerde beim Deutschen Presserat ein. Die Rechtsvertretung der Zeitung entgegnet, der Betroffene habe im arbeitsgerichtlichen Verfahren den Prozessvortrag der Klägerin unwidersprochen hingenommen. Die Aussagen über den Ruf des Beschwerdeführers seien eine reine Bewertungsfrage. Die Aussagen über die Ausbeutung der Haushaltskraft stützten sich auf die Erklärungen des Arbeitsrichters. Eine Assistenz der Putzfrau bei medizinischen Eingriffen sei nicht behauptet worden. In einem Schriftsatz der Rechtsvertretung des Arztes heißt es, die Klägerin sei “in seltenen Ausnahmen zu Hilfeleistungen im Operationssaal herangezogen worden. Ihre Tätigkeit bestand dabei darin, Patientinnen im Zustand der Narkose festzuhalten, wenn diese unruhig waren”. (1997)
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Die Theorie eines Privatgelehrten, dass nämlich rund 300 Jahre unserer bisherigen Geschichte von dem deutschen Kaiser Otto III. im 7. Jahrhundert nach Christus frei erfunden worden seien, bezeichnet eine Wochenzeitung als ein Symptom für das wachsende Bedürfnis nach Umschreibung und Umdeutung der Historie. Der Autor des Beitrags stellt fest, diese Theorie, anfangs nur in esoterischen Zirkeln bekannt, klinge zunächst wie die verrückte Idee eines Exzentrikers. Der geschichtswissenschaftliche Autodidakt und seine Freunde verfolgten mit ihrem obsessiven Steckenpferd zwar keine erkennbaren politisch-ideologischen Absichten. Erschreckend sei aber, dass die Methode strukturelle Ähnlichkeiten mit jener der rechtsradikalen Auschwitz-Leugner erkennen lasse. “Auch sie arbeiten nämlich mit einem radikalen Positivismus: Sie messen die Gaskammern aus, analysieren die chemische Beschaffenheit der Wände und rechnen anhand der Messergebnisse vor, dass Vergasungen gar nicht stattgefunden haben könnten.” Ein Journalist erhebt Beschwerde beim Deutschen Presserat. Er sieht den Privatgelehrten und seine Freunde, die etablierte Professoren seien, mit rechtsradikalen Auschwitz-Leugnern gleichgesetzt und damit übel und grundlos verleumdet. Der Rechtsvertreter der Zeitung erklärt, der Artikel setze sich ernsthaft mit den geschichtswissenschaftlichen Thesen des Gelehrten auseinander, der im übrigen selbst keinerlei Anstände oder gar rechtliche Ansprüche gegen den Artikel formuliert habe. Der Autor bescheinige dem Historiker und seinen Freunden ausdrücklich, mit ihrem obsessiven Steckenpferd keine erkennbaren politischen-ideologischen Absichten zu verfolgen. Er äußere sich also in keiner Weise persönlich zu dem Theoretiker, sondern ziehe nur Schlussfolgerungen aus dessen Methode, die er jedoch nicht ihm persönlich zurechne. (1997)
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Eine Stadt führt Prozesse. Einmal geht es um die fristlose Kündigung des Managers der örtlichen Wohnungsgesellschaft. Im zweiten Fall um die Verlängerung des Mietvertrages mit einem Gastwirt am städtischen Markt. Eine Boulevardzeitung berichtet, die Stadt sei in beiden Prozessen unterlegen, kritisiert die Arbeit der “Stadt-Anwälte” und fragt schließlich: “Was sind das nur für Anwälte, die unseren Oberbürgermeister beraten?” In diesem Zusammenhang wird der Name eines Anwalts genannt, der in beiden Verfahren für die Stadt tätig ist. Der Betroffene schaltet den Deutschen Presserat ein. Er moniert in seiner Beschwerde eine falsche Berichterstattung. In Wirklichkeit habe die Stadt keinen Prozess verloren. Tatsachenbehauptungen und Wertungen würden miteinander verquickt, dem Leser dadurch falsche Eindrücke vermittelt. Der Autor des Beitrags setze seine Kanzlei mit dem Rechtsdezernat der Stadt gleich, wenn er späterhin von der “Verlierer-Truppe” spreche. Die Veröffentlichung habe seinem Ansehen erheblich geschadet. Der Beschwerdeführer beklagt schließlich, dass sich der Autor der Beiträge zu keiner Zeit um eine Stellungnahme der Kanzlei selbst bemüht habe. Die Redaktion der Zeitung gesteht ein, dass in der Sache des Ex-Managers in der Tat noch keine endgültige Gerichtsentscheidung getroffen worden sei. Der BGH habe zwar ein OLG-Urteil aufgehoben, seinerseits aber noch kein Urteil gefällt. Dennoch sei die Frage, was das für Anwälte seien, die den Oberbürgermeister beraten, nicht “offenkundig unzulässig”. (1997)
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Eine Lokalzeitung berichtet über einen Handball-Jugendtrainer, der sich vor dem Bezirkssportgericht wird verantworten müssen, weil er einen Spieler unter falschem Namen eingesetzt hat. Die Zeitung erwähnt ein Zitat des Vorsitzenden des Sportgerichts, der die Vermutung geäußert hat, in diesem Fall handele es sich wohl um Betrug und Urkundenfälschung. Bezugnehmend auf diesen Vorgang wird über einen ähnlich gelagerten Fall berichtet, der bereits sechs Jahre zurückliegt. In diesem Zusammenhang werden die Namen der damals Beteiligten genannt und es wird darauf hingewiesen, dass jeder der Verantwortlichen damals wegen Falschaussage ein halbes Jahr Sperre und 500 D-Mark Geldbuße “aufgebrummt” bekam. Einer der beiden damals Betroffenen beschwert sich beim Deutschen Presserat. Die Nennung seines Namens verstoße gegen sein Persönlichkeitsrecht. Außerdem werde er mit Begriffen wie “Urkundenfälschung” und “Betrug” in Zusammenhang gebracht. Weiterhin kritisiert er, dass der Leserbrief, den er gemeinsam mit dem zweiten damals Beteiligten geschrieben habe, nur mit seiner Unterschrift veröffentlicht worden sei. Die Redaktion habe ihn dazu nicht gehört. Die Chefredaktion der Zeitung erklärt, die sachlichen Inhalte des kritisierten Beitrags seien nicht strittig. Der Bezug zwischen den beiden Fällen sei aus zwei Gründen hergestellt worden. Jetzt müsse sich der Sohn des Beschwerdeführers in seiner Eigenschaft als Jugendtrainer für dasselbe Vergehen verantworten wie einst sein Vater. Zudem habe der Vorsitzende des Bezirkssportgerichts das Urteil vor sechs Jahren gegen den Vater einen Präzedenzfall genannt. Den Vorwurf, sie habe durch die Verwendung der Begriffe “Urkundenfälschung” und “Betrug” den Bezug zu schwerer Kriminalität hergestellt, weist die Zeitung zurück. Richtig sei, dass die Redaktion in einem Zitat die Aussage des Vorsitzenden des Bezirkssportgerichts veröffentlicht habe, dass es sich in dem neuerlichen Fall nach der Rechtsordnung des Handballverbandes um Betrug und Urkundenfälschung handele. Den Namen des Vaters habe man genannt, weil er ein “Amtsträger” sei. Zum Zeitpunkt der Veröffentlichung sei er Vorstandsmitglied und Jugendbetreuer des Handballsportvereins gewesen. Den Abdruck des Leserbriefs mit nur einer Unterschrift rechtfertigt die Chefredaktion mit der Auffassung, dass jeder Unterzeichner den Inhalt auch für sich allein vertritt. (1997)
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Eine Stadt streitet vor Gericht mit einem Verein über Mietschulden. Eine Boulevardzeitung berichtet, dass eine gütliche Einigung nicht zustande kommt und die Stadt Verfahrenskosten in Höhe von 10.000 Mark “löhnen” muss. “Peinlich! Stadt verlor schon wieder einen Prozess” lautet die Schlagzeile. Die Zeitung erwähnt den Namen des Anwalts, der schon einmal einen spektakulären Prozess der Stadt verloren habe. “Was sind das nur für Anwälte, die die Stadtverwaltung vor Gericht vertreten?” fragt das Blatt und stellt in der Dachzeile fest: “Schlechte Anwälte sind auch schlecht für Steuerzahler”. Der betroffene Anwalt legt Beschwerde beim Deutschen Presserat ein, spricht von einer drastischen Negativwertung. Der Artikel suggeriere, dass seine Kanzlei eine unnütze Tätigkeit entfalte und ein hohes Honorar ohne ausreichende Gegenleistung erhalte. Die Redaktionsleitung der Zeitung rechtfertigt die Benennung des Anwalts damit, dass es um drei wichtige Prozesse gehe, welche die Stadt führe, aber bislang nicht habe gewinnen können. (1997)
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