Wie hat der Presserat entschieden?
Rüge, Missbilligung oder Hinweis, wie hat der Presserat entschieden? Hier können Sie online in der Spruchpraxis des Presserats eine Auswahl an Beschwerdefällen von 1985 bis heute recherchieren.
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7055 Entscheidungen
Ein prominenter Politiker steht vor Gericht. Die Anklage wirft ihm vor, ein Falschgeldgeschäft vermittelt zu haben. Zehn Millionen falscher Schweizer Franken sollten gegen echte DM-Scheine getauscht werden: in Koffern, klammheimlich, eins zu eins. Eine Zeitschrift berichtet über den Prozess. Den Belastungszeuge beschreibt sie als einen Mann mit geölten schwarzen Haaren und hochhackigen Lackschuhen. Sie nennt ihn mit Vornamen und schreibt, er sei ein Roma und gehöre zur Spitze eines jugoslawisch-polnischen Ganoven-Quartetts. Er belaste (den Angeklagten) immer mehr, “während seine goldkettengeschmückte Roma-Sippe hinten im Zuschauerraum hockt”. Der Zentralrat Deutscher Sinti und Roma sieht keinen zwingenden Sachbezug, der den Hinweis auf die Gruppe der Roma gerechtfertigt hätte. Er beschwert sich beim Deutschen Presserat. Die Rechtsabteilung des Verlags sieht die beanstandeten Formulierungen durch ein legitimes Informationsinteresse gedeckt. Sie bestreitet eine Diskriminierung und weist darauf hin, dass die eher negative Darstellung der Familienangehörigen auf das konkrete Geschehen bezogen sei. U.a. seien die Angehörigen des Zeugen vom Gericht mehrmals wegen ihres ruhestörenden Verhaltens gerügt worden. Ein Pauschalurteil über “die” Roma sei mit der Beschreibung aber nicht verbunden. Der Hinweis auf die Zugehörigkeit des Zeugen zu der ethnischen Gruppe habe einen selbständigen Informationswert. Sie illustriere den Hintergrund des dubiosen Geschäftes des Abgeordneten und beleuchte die “Internationalität” des beteiligten Ganoven-Quartetts. (1995)
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Das Bundeskriminalamt ermittelt gegen bundesweit tätige Teppichhändler. Eine Zeitschrift berichtet darüber. Unter der Überschrift “Großbetrug mit Plastik-Persern – Roma-Clans verkaufen an der Haustür Ramsch zu Phantasiepreisen” führt sie u.a. aus: “Auffällige Gemeinsamkeit: Fast alle sind Roma ... Die Roma-Clans haben Deutschland unter sich in Einflussgebiete aufgeteilt und tauschen Adressen potentieller Teppichkäufer aus, die sie sich durch Bestechung von Angestellten etablierter Teppichhäuser oder in den orientalischen Urlaubsländern besorgen.” Als Quellen nennt die Zeitschrift einen Beamten des BKA und ein reuiges Mitglied der “Perser Connection”. Der Zentralrat Deutscher Sinti und Roma beanstandet in einer Beschwerde beim Deutschen Presserat die Nennung der Roma-Zugehörigkeit der Verdächtigten. Die Rechtsvertretung der Zeitschrift verweist auf eine Auskunft des Bundeskriminalamtes, dass alle Tatverdächtigten aus der kriminellen Teppichszene Roma seien. Die mafiosen Strukturen, die dem Großbetrug zugrunde liegen, rechtfertigten eine Aufklärung der Öffentlichkeit darüber, wie sich die Organisation der Täter zusammensetze. Deren ethnische Zugehörigkeit sei jedoch nicht genannt worden, um zu stigmatisieren oder gar rassistische Vorurteile zu verbreiten. (1995)
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In zwei Meldungen berichtet eine Nachrichtenagentur über Fälle von umfangreichem betrügerischem Devisenaustausch. An einer Stelle zitiert sie einen Polizeibeamten, der dem Täterkreis 60 Personen zuordnet, von denen die meisten Roma-Angehörige seien. Zwei Zeitungen, welche die Meldungen nachdrucken, ändern diese Mitteilung in die Aussage um: “Die Täter gehören einer Roma-Sippe an”. In einer Beschwerde darüber beim Deutschen Presserat spricht der Zentralrat Deutscher Sinti und Roma von einer schlimmen journalistischen Praxis, die rassistische Vorurteile schüre. Die Agentur erklärt, dass sie Zitate aus einer Pressekonferenz so zu verbreiten habe, wie sie gefallen seien. Der Bezug auf Roma sei von ihr als ein konjunktivisch gekennzeichnetes Zitat des Polizeisprechers wiedergegeben worden, und zwar – anders als von den beiden Zeitungen – in der Textmitte und mit der Einschränkung “die meisten ...”. (1995)
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Eine Lokalzeitung berichtet über betrügerische Devisen-Tauschgeschäfte, die einer Geldschieberbande zur Last gelegt werden. Dabei soll ein Schaden von mindestens 30 Millionen Mark entstanden sein. Die Zeitung gründet ihre Mitteilung, dass es sich bei dem Täterkreis um eine etwa 60-köpfige Roma-Sippe jugoslawischer Herkunft handele, auf Erkenntnisse der Polizei. Der Zentralrat Deutscher Sinti und Roma sieht die Gruppe der Roma durch diesen Hinweis stigmatisiert und ruft den Deutschen Presserat an. Eine sorgfältige und umfassende Berichterstattung gebietet nach Auffassung der Chefredaktion, dass bei Delikten von Schwerstkriminalität der Täterkreis so genau wie eben möglich beschrieben werden muss. Von dem Hinweis auf die Herkunft der Täter hätte sich die Polizei zudem eine Verhinderung weiterer Straftaten und eine Beschleunigung der Ermittlungen erhofft. Zugleich sollten potentielle neue Opfer gewarnt werden. (1995)
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“Er ist wahrscheinlich 19 Jahre alt, in Rumänien geboren, nach Ablehnung des Asylantrags seiner Familie staatenlos und gehört dem Clan der Roma an.” So beginnt der Gerichtsreport einer Lokalzeitung, der den Zentralrat Deutscher Sinti und Roma zu einer Beschwerde beim Deutschen Presserat veranlasst. Dem Angeklagten werden neun Fälle von Diebstahl zur Last gelegt. Zum familiären Umfeld schreibt die Zeitung, die Sippe des 19jährigen lebe von der Sozialhilfe und der Vater betreibe einen fliegenden Teppichhandel. Ferner wird berichtet, dass die Vertreterin der Jugend-Gerichtshilfe um Anwendung des Jugendstrafrechts gebeten habe, da man den Angeklagten nicht mit deutschen Heranwachsenden vergleichen könne. So sei beispielsweise die Tendenz der Loslösung von der Familie bei ihm nicht so ausgeprägt wie bei einem gleichaltrigen Deutschen. Die Rechtsabteilung des Verlags ist der Ansicht, dass die Nennung der ethnischen Zugehörigkeit des Angeklagten begründet sei. Die Art und Weise, wie die Straftaten begangen worden seien, aber auch die Gründe, die in der Hauptverhandlung zur Entlastung des Angeklagten angeführt worden seien, könne man nicht verstehen, wenn nicht die Herkunft des Beschuldigen erklärt werde. (1995)
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Die Festnahme zweier mutmaßlicher Falschgeldbetrüger ist Thema eines Zeitungsberichts. In der Unterzeile zur Überschrift ist von zwei Zigeunern die Rede, die festgenommen worden seien. Auch im Text wird erwähnt, dass es Zigeuner waren, die einem 64jährigen Rentner 200 gefälschte US-Goldmünzen für 50.000 Mark verkauft haben sollen. Die Lokalzeitung beruft sich auf Angaben des Landeskriminalamtes. Der Zentralrat Deutscher Sinti und Roma erinnert in seiner Beschwerde beim Deutschen Presserat an einen Erlass von Reichsinnenminister Wilhelm Frick im Jahre 1935, mit dem dieser angeordnet habe, “bei allen Mitteilungen an die Presse über Straftaten von Juden die Rassenzugehörigkeit hervorzuheben”. Die Kennzeichnung im vorliegenden Artikel entspreche diesem Geist. Die Chefredaktion des Blattes erklärt, eine Diskriminierung von Minderheiten liege ihr völlig fern. Sie ist der Meinung, dass in dem Artikel weder Vorurteile geschürt noch eine ethnische Minderheit herabgewürdigt worden sei. Die Beschreibung der Täter stamme von der Polizei. (1995)
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Der Leser einer Lokalzeitung reagiert auf die Berichterstattung über einen Trickbetrüger mit einem Leserbrief, der auch veröffentlicht wird. Unter der Überschrift “Rumänische Täter” fordert er deren Abschiebung. Wörtlich heißt es: “Wohl sind sie rumänische Staatsbürger, aber von der Nationalität aus sind es höchstwahrscheinlich Romas, sprich Zigeuner, und die kommen nach Deutschland, um ein Schmarotzerleben zu führen und wie es scheint, sind sie hier im richtigen Land.” In seiner Beschwerde beim Deutschen Presserat über diesen Leserbrief spricht der Zentralrat Deutscher Sinti und Roma von einem Missbrauch der Pressefreiheit. Anders als mit rassistischen Vorurteilen sei diese ethnische Kennzeichnung nicht begründbar. Verlagsleitung und Redaktion der Zeitung teilen mit, dass die Veröffentlichung auf einem organisatorischen Fehler beruhe. Leserbriefe, die sich auf ein Thema der Mantelredaktion bezögen, würden normalerweise an diese zur Bearbeitung weitergereicht. Dies sei im vorliegenden Fall nicht geschehen. Die Redaktion entschuldigt sich für diesen Fehler. (1995)
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