Entscheidungen finden

Wie hat der Presserat entschieden?

Rüge, Missbilligung oder Hinweis, wie hat der Presserat entschieden? Hier können Sie online in der Spruchpraxis des Presserats eine Auswahl an Beschwerdefällen von 1985 bis heute recherchieren.

Bitte beachten: Im Volltext abrufbar sind nur Entscheidungen mit den Aktenzeichen ab 2024, z.B. 0123/24/3-BA!
Sie müssen dazu immer das volle Aktenzeichen eingeben, also 0123/24/3-BA.

Nach detaillierten Richtlinien (z.B. 8.1) können Sie erst ab den Fällen aus 2024 recherchieren. Ältere Fälle werden nur unter der entsprechenden Ziffer (z.B. 8) angezeigt.

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Entscheidungsjahr
6869 Entscheidungen

Verdacht beruht auf einer Spekulation

Eine Regionalzeitung informiert unter dem Titel „Ein Mietvertrag als kleines Dankeschön?“ über die geplante Anmietung eines neuen Kindergartens durch die Stadt zum Preis von 16.347 Euro monatlich. Eine Vertreterin der CDU, deren Fraktion im Stadtrat gegen den Mietvertrag gestimmt hatte, wird mit diesen Worten zitiert: „Das kommt uns komisch vor“. Der Autor mutmaßt, dass der Mietvertrag ein Dankeschön des Oberbürgermeisters an die Vermieterin sein könne, da er diese gut kenne und sie zum Kreis seiner Wahlkampfberater gehört haben soll. Die Vermieterin wird namentlich genannt; ein Foto von ihr ist dem Artikel beigestellt. Die Betroffene sieht in dem Beitrag eine unwahrhaftige Berichterstattung und eine Verletzung der Sorgfaltspflicht. Die Zeitung habe weder sie noch ihren Mann mit der dargestellten Vermutung konfrontiert und sie nicht zu Wort kommen lassen. Der im Beitrag geäußerte Verdacht sei völlig aus der Luft gegriffen und sowohl ruf- als auch geschäftsschädigend. Die Frau betont, dass sie nicht Wahlkampfberaterin des Oberbürgermeisters gewesen sei. Zudem habe das Liegenschaftsamt der Stadt als unvoreingenommener Prüfer den Mietvertrag für den Kindergarten befürwortet. Das Justitiariat des Zeitungshauses teilt mit, dass die Beschwerdeführerin durch ihr Auftreten als Investorin und Vertragspartnerin der Stadt im Blickpunkt des öffentlichen Interesses stehe. Insofern sei ihre Kritik, dass ihr Name genannt werde und sie im Bild gezeigt worden sei, zurückzuweisen. Das öffentliche Interesse überwiege das Recht der Beschwerdeführerin auf Anonymität. Im Übrigen habe der Autor mehrfach ohne Erfolg versucht, mit der Frau zu sprechen. Das Justitiariat stellt weiter fest, in dem Artikel sei nicht behauptet worden, dass die Beschwerdeführerin ein Mitglied des Wahlkampfteams des Oberbürgermeisters gewesen sei. Vielmehr habe die Redaktion geschrieben: „Sie soll auch zum Kreis seiner Wahlkampfberater gehört haben“. Der Autor des Artikels habe im Rahmen seiner Recherche erfahren, dass die Frau Dritten gegenüber geäußert habe, sie habe als OB-Beraterin fungiert. Aufgrund dieser Rechercheergebnisse sei die im Artikel geäußerte Vermutung nicht zu beanstanden. (2008)

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„Ladenkritik“ analog zur Restaurantkritik

Unter der Überschrift „Parcours der Verlockungen“ berichtet eine Regionalzeitung im Rahmen einer Einzelhandelsserie über ein Feinkostgeschäft. Es wird positiv dargestellt. Der Bericht endet mit einem Hinweis auf Adresse und Homepage. Ein Leser der Zeitung sieht in dem Artikel eine werbende Anpreisung des Geschäfts und seines Angebotes. Es werde mit werbenden Attributen, suggestiven Detailhervorhebungen und beschönigendem Marketingjargon gearbeitet. Die Rechtsabteilung der Zeitung weist darauf hin, dass in der Stadt eine zunehmende Filialisierung – wie in vielen anderen Städten auch – stattfinde. Mit der Serie wolle die Zeitung deutlich machen, dass es trotz dieser wirtschaftlich eintönigen Entwicklung noch örtlich ansässige Einzelhändler gebe. Im Vorfeld der Berichterstattung habe eine redaktionelle Auswahl der Geschäfte stattgefunden. Selbstverständlich hätten die vorgestellten Einzelhändler keine Gegenleistung erbracht und insbesondere kein Geld gezahlt. Nach Meinung der Zeitung ist der vom Beschwerdeführer geäußerte Vorwurf der Schleichwerbung unangebracht. (2008)

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Bürgermeister fühlt sich „totgeschwiegen“

Die Bezirksausgabe einer Regionalzeitung berichtet innerhalb mehrerer Monate über diverse lokalpolitische Ereignisse in einer Kleinstadt. Es geht zum Beispiel um eine Initiative zur Belebung der Innenstadt, das Jahreskonzert eines örtlichen Musikvereins, die Versammlung des Hegerings und mehrere Ratssitzungen. Der Bürgermeister der Stadt beschwert sich beim Presserat über die Zeitung, die ihn systematisch ignoriere. Seit Monaten werde er – so sein Anwalt – bei lokalpolitischen Ereignissen weder im Text erwähnt noch im Bild gezeigt. Seine Äußerungen würden ignoriert, seine Anwesenheit – auch bei Ratssitzungen – verschwiegen. Die Leser der Zeitung müssten davon ausgehen, dass der Bürgermeister als gewählter Repräsentant der Stadt nicht mehr existiere. Hintergrund sei ein Rechtsstreit der Lebensgefährtin des Bürgermeisters mit dem Verlag der Zeitung. Dabei gehe es um die unerlaubte Vervielfältigung und Verbreitung von Fotografien. Der Anwalt des Beschwerdeführers und Bürgermeisters wirft der Redaktion vor, dass ihr Verhalten über ein passives Unterlassen hinausgehe. Fotos, auf denen der Bürgermeister neben anderen Personen abgebildet sei, würden abgeschnitten. Ansonsten unverändert abgedruckte Pressetexte würden um die Stellen gekürzt, in denen sein Name vorkomme. Die Rechtsvertretung vermutet eine Anweisung der Geschäftsleitung, den Bürgermeister „totzuschweigen“. Sie sieht den Grundsatz der fairen Berichterstattung verletzt. Die Chefredakteurin der Zeitung weist den Vorwurf des Bürgermeisters, er werde totgeschwiegen, zurück und schickt zum Beweis einige Beispiele in Wort und Bild aus der jüngsten Vergangenheit. Sie bestreitet ein schwerwiegendes Zerwürfnis zwischen Stadt und Redaktion. Nach einem verlorenen Urheberrechtsstreit und der damit verbundenen Unterlassungserklärung gegenüber der Lebensgefährtin des Bürgermeisters, die Fotos für die Stadt anfertige, sei die Redaktion lediglich vorsichtig bei Veröffentlichungen, die das Urheberrecht verletzen und zu Schadenersatzforderungen führen könnten. Die Chefredaktion betont, dass dieser Rechtsstreit auf die unabhängige Berichterstattung über den Bürgermeister und die Stadt keinen Einfluss habe. Die Berichterstattung erfolge nach rein journalistischen Kriterien. Im Zweifelsfall, bei einer unklaren Quelle oder bei einer ungünstigen Aufnahme des Bürgermeisters, habe die Redaktion vorsichtshalber auf eine Veröffentlichung verzichtet. Auf einem der angesprochenen Fotos habe der Verwaltungschef ganz am Rande gestanden. Das Bild habe „auf Höhe“ gebracht werden müssen. Deshalb sei „der Bürgermeister abgeschnitten worden“. Niemand habe ihn gebeten, am Rande zu stehen. (2008)

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Nachrichtenmagazin vergleicht Stromanbieter

Ein Nachrichtenmagazin berichtet unter der Überschrift „Gleiches Licht für weniger Geld“ über Möglichkeiten zum Vergleich von Energieanbietern und deren Internetauftritte. Auf einer Tabelle werden Strom- und Gasanbieter miteinander verglichen. Als Quelle wird die Website von „Verivox“ genannt. Der Beschwerdeführer – ein Leser der Zeitschrift – sieht eine Provisionspartnerschaft zwischen diesem Stromtarifrechner und dem Magazin sowie dessen Online-Auftritt. Dieser Verdacht erhärte sich, wenn man auf der Website die für einen Anbieterwechsel notwendigen Unterlagen anfordert. Diese Partnerschaft werde im kritisierten Artikel nicht deutlich gemacht. Daher sei die in Ziffer 7 des Pressekodex definierte Trennung von redaktionellen und werblichen Inhalten nicht befolgt worden. Der Chefredakteur des Nachrichtenmagazins teilt mit, dass in dem kritisierten Beitrag schlicht im Rahmen journalistischer Recherche die beste Quelle für einen Strompreisvergleich herangezogen und genannt worden sei. Der Autor habe die abgedruckte Tabelle anhand des Tarifrechners selbst erstellt. Die Quelle sei ordnungsgemäß genannt worden. Die Redaktion habe sich eines Stromtarifrechners bedient, der bei einem Vergleichstest der „Stiftung Warentest“ am besten abgeschnitten habe. Das Magazin habe auch eine weitere Website hinzugezogen, die laut Impressum nichts mit dem anderen Anbieter zu tun habe. Dass beide möglicherweise auf die gleiche Datenbank zugriffen, habe der Beschwerdeführer offenbar detektivisch ermittelt. Der Autor des Beitrages habe dies jedoch nicht gewusst. Der Artikel sei nicht geschrieben worden, um eine Kooperation zwischen der Verivox GmbH und dem Nachrichtenmagazin – so sie denn bestehe – zu fördern. Ein Provisionsvertrag bestehe nicht. Deshalb könnten auch die vom Beschwerdeführer vermuteten Provisionen nicht fließen. (2008)

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Aus 31 Opfern wurden 31 tote Mönche

Unter der Überschrift „Birmas hoffnungslose Revolutionäre“ berichtet eine überregionale Zeitung über die politische Situation in Myanmar und den etwa ein Jahr zurückliegenden Aufstand gegen die Regierung, der mit Waffengewalt niedergeschlagen worden war. Im Beitrag ist die folgende Passage enthalten: „Wie viele Mönche damals umkamen, ist bis heute ungewiss. Offiziell waren es 31, inoffiziell mehrere hundert“. Der Beschwerdeführer, er vertritt das Asien-Afrika-Institut einer Universität, sieht darin eine Verletzung der journalistischen Sorgfaltspflicht nach Ziffer 2 des Pressekodex. Die Zahl 31 beziehe sich auf die Angaben zur Gesamtzahl der Toten im Bericht des UN-Sondergesandten für Menschenrechtsfragen. Von Mönchen sei in diesem Bericht nicht die Rede. Zudem sei die Angabe „mehrere hundert“ unbewiesen und hätte entsprechend gekennzeichnet werden müssen. Der Autor des Beitrages teilt mit, dass es aus Birma kaum unabhängige Informationen gebe. Deshalb habe er den vom Beschwerdeführer kritisierten Absatz auch mit einer Prämisse zur Ungewissheit der Opferzahlen eingeleitet. Er habe sich in der Folge an die Zahl der Vereinten Nationen, konkret 31, gehalten. Offenbar habe es aber in seinem Text eine unklare Stelle gegeben, die der redigierende Kollege möglicherweise zum besseren Verständnis auszubessern versuchte. In seinem Originaltext sei nicht von 31 getöteten Mönchen die Rede gewesen, sondern allgemein von 31 Opfern. Der bearbeitende Redakteur habe daraus 31 getötete Mönche gemacht. Fakt sei, dass keine unabhängige Quelle wisse, wie viele Mönche an dem Septembertag 2007 in Rangun getötet und wie die verschleppten Geistlichen behandelt worden seien. (2008)

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Ex-Richter als Querulanten bezeichnet

Eine Regionalzeitung berichtet unter der Überschrift „Stadt will pro Tag bis 7000 Euro Zinsen“ über den teilweisen Verkauf einer Wohnungsbaugesellschaft an ein anderes Unternehmen. Ein früherer Richter am Verwaltungs- und Landesverfassungsgericht schreibt an den Käufer. Dieser solle die ausstehende Summe nicht zahlen. Die Zeitung stellt die Hintergründe dar, die den Juristen zu diesem Brief bewogen haben könnten. Sie zitiert den Leiter des Amtes für Wirtschaft und Finanzen. Der Ex-Richter sei ein „starrsinniger Querulant, der sich auch noch als Rentner gern in der Richterrobe“ sehe. Das Blatt weist darauf hin, dass der Vertrag zum Verkauf der Gesellschaftsanteile wirksam und der Kaufpreis fällig sei. Die Verzugszinsen betrügen pro Tag bis zu 7000 Euro. Am Ende des Artikels zitiert die Zeitung zwei Verkaufsgegner, die wie der Ex-Richter der Meinung sind, dass die Abstimmung zum Anteilsverkauf auf undemokratische Weise zustande gekommen sei. Drei Tage später veröffentlicht die Zeitung eine Stellungnahme des einstigen Richters. Er spricht davon, an den Pranger gestellt worden zu sein. Der Chef des Amtes für Wirtschaft und Finanzen habe „es gewagt, mich einen starrsinnigen Querulanten zu nennen“. Ein Leser der Zeitung kritisiert, dass die Zeitung sich bei ihrer Darstellung allein auf Aussagen Dritter verlassen habe, ohne sie auf ihren Wahrheitsgehalt zu überprüfen. Bei sorgfältiger Recherche hätte der frühere Richter nicht als „starrsinniger Querulant“ bezeichnet werden dürfen. Nach Auffassung der Chefredaktion liege es in der Natur der Sache, dass es bei einem so brisanten Sachverhalt konträre Meinungen gebe. Der Leiter des Amtes für Wirtschaft und Finanzen habe der Zeitung Zitate geliefert, von denen die Redaktion noch das harmloseste („starrsinniger Querulant“) ausgewählt habe. Es sei Absicht der Zeitung gewesen, den Frust und die Verärgerung der Stadtspitze für die Leser deutlich zu machen. Der Amtschef sei als kompetenter und sachlicher Verwaltungsmitarbeiter bekannt. Es habe keinen Anlass gegeben, an seinen Worten zu zweifeln. (2008)

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Voreilige Bewertung der Indizienlage

Unter der Überschrift „Mit den Falschen angelegt“ berichtet eine Regionalzeitung über einen Prozess, der am Erscheinungstag, also nach der Veröffentlichung, vor dem Landgericht stattfindet. Die Verfasserin berichtet über den Inhalt der Anklageschrift. Dabei verwendet sie nicht durchgängig den Konjunktiv, sondern formuliert die Anklagevorwürfe zum Teil auch im Indikativ. Am Ende stellt die Autorin fest: „Selbst wenn es in beiden Fällen acht zu zwei steht, die Indizien sprechen eine eindeutige Sprache“. Der Beschwerdeführer vertritt als Anwalt einen der acht Angeklagten. Er hält den Beitrag für vorverurteilend. Insbesondere wendet er sich gegen die vorweggenommene Bewertung der Indizienlage durch die Journalistin. Hierdurch werde der Verpflichtung zur Unschuldsvermutung nicht Rechnung getragen. Der stellvertretende Chefredakteur der Zeitung hält die Vorwürfe für unbegründet. Der Unschuldsvermutung sei in vollem Umfang Genüge getan worden, da die Verdächtigen anonymisiert worden seien. Daher habe gegenüber keinem der acht Angeklagten eine Vorverurteilung stattgefunden. Die Kritik an einer Berichterstattung vor Beginn der Hauptverhandlung erscheine befremdlich und lebensfern, da dies doch anerkannte Praxis sei. (2008)

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Geringfügige Verletzung der Sorgfaltspflicht

Der Leser einer Regionalzeitung und zugleich Beschwerdeführer in diesem Fall schreibt eine E-Mail an einen Redakteur des Blattes. Am Schluss steht dieser Satz: „Bitte ´sagen´ Sie mir, ob Textbausteine aus diesem Schreiben für einen Leserbrief geeignet sind.“ Kurz darauf erscheint ein Leserbrief, der aus ebendiesen Textbausteinen besteht. Der Leser kritisiert, dass der Redakteur keine Antwort auf die Schlussfrage gegeben und stattdessen ohne Rückfrage einen Leserbrief veröffentlicht habe. Nach Erscheinen des Briefes sei er telefonischen Belästigungen ausgesetzt gewesen. Der Chefredakteur teilt mit, die Leserbriefredaktion sei aufgrund des letzten Satzes der E-Mail davon ausgegangen, dass der Beschwerdeführer mit der Veröffentlichung als Leserbrief grundsätzlich einverstanden sei. Deshalb sei der E-Mail-Text in Auszügen als Leserbrief abgedruckt worden. Gleichwohl bedauert es der Chefredakteur, dass man den Willen des Lesers offenbar falsch interpretiert habe. Er entschuldigt sich ausdrücklich. (2008)

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Konkurrenz zwischen Mutter und Staat

Eine allein erziehende Mutter lässt bei ihrem Ex-Mann Geld pfänden. Der hatte sich angeblich seit Jahren geweigert, für den gemeinsamen Sohn Unterhalt zu zahlen. Die örtliche Zeitung berichtet, dass die Mutter dieses erstrittene Geld nun dem Landkreis abtreten solle, da der Ex-Mann dort ebenfalls Schulden habe. Die Frau ist abgebildet und wird mit vollem Namen, Alter und Wohnort genannt. In dem Beitrag werden detaillierte Angaben über die gepfändeten Beträge sowie die Schuldenstände des Mannes bei seiner Ex-Frau und beim Landkreis gemacht. Der Ex-Mann tritt als Beschwerdeführer auf. Er sieht sich in seinem Privatleben gestört, da er sich durch die Berichterstattung für erkennbar hält. Die Darstellung, er habe sich geweigert Unterhalt zu zahlen, sei falsch. Vielmehr sei er seinen Verpflichtungen im Rahmen seiner finanziellen Möglichkeiten nachgekommen. Die Zeitung habe ihm keine Möglichkeit zur Stellungnahme gegeben. Nach Darstellung der Chefredaktion hat der Streit zwischen den geschiedenen Eheleuten in dem Artikel nur am Rande eine Rolle gespielt. Der Ehemann werde deshalb weder mit Namen noch Alter noch Wohnort genannt. Die entscheidende Tatsache, dass der Mann über einen längeren Zeitraum seiner Unterhaltspflicht nicht nachgekommen sei, räume der Beschwerdeführer in seinem Schreiben indirekt ein, wenn er schreibe, er habe seine Unterhaltspflichten „im Rahmen seiner finanziellen Möglichkeiten“ wahrgenommen. Die im Beitrag konkret angeführten Unterhaltsrückstände seien vom Jugendamt und dem Amtsgericht bestätigt worden und würden vom Beschwerdeführer nicht bestritten. Eine weitere Rückfrage bei dem Mann sei daher nicht erforderlich gewesen. Es sei in dem Artikel nicht darauf angekommen, warum ein Unterhaltsrückstand entstanden sei, sondern nur, dass gleichzeitig ein Zahlungsrückstand beim Landkreis und der Ex-Frau bestanden habe. Das sei unstrittig. Ein Gespräch mit dem Beschwerdeführer hätte an der Darstellung des Sachverhalts nichts geändert. Die Chefredaktion ist der Ansicht, dass es möglich sein müsse, über die Folgen einer Unterhaltsverletzung für die betroffene Familie und den Staat zu berichten. (2008)

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Zeitung zeigt verkohlte Unglücksopfer

Eine Boulevardzeitung berichtet über einen Flugzeugabsturz im Himalaya unter der Überschrift „12 Deutsche im Flugzeug verbrannt!“ Ein Foto auf der Titelseite zeigt die Bergung der verkohlten Leichen. Im Innern des Blattes wird das Schicksal zweier Opfer geschildert: Ein Paar aus Niedersachsen, das gerade erst geheiratet hatte. Die Zeitung druckt die Fotos der verunglückten Personen ab, nennt ihre Vornamen und ihre Herkunft. Sie schildert den Absturz im Detail. Mehrere Leser der Zeitung wenden sich gegen die Veröffentlichung. Eine Leserin sieht in dem Titelfoto eine Verletzung der Würde der Opfer, sowie eine Respekt- und Rücksichtslosigkeit gegenüber den Angehörigen. Das Bild sei menschenverachtend. Eine weitere Beschwerdeführerin ist der Auffassung, dass das Informationsbedürfnis innerhalb der freien Presse maßlos überschritten sei. Offensichtlich sprengten die Wirtschaftsinteressen alle Ethikgrenzen. Ein anderer Leser sieht eine Gefährdung für Kinder und Jugendliche. Eine derartige Veröffentlichung auf der Titelseite sei absolut unangemessen. Eine Leserin sieht in dem Foto die Grenzen der Verrohung und der Geschmacklosigkeit überschritten. Schließlich hält ein Beschwerdeführer die Darstellung für unangemessen sensationell. Im Vergleich zu anderen Medien habe die Zeitung extra ein Foto gewählt, das die verbrannten Körper ohne Verschleierung oder Abdeckung zeige. Bei den Beschwerdeführern handelt es sich nach eigenem Bekunden um engste Freunde der Opfer, die diese gern würdevoll in Erinnerung behalten wollten. Nach Auffassung der Rechtsabteilung des Blattes handelt es sich bei dem Flugzeugunglück um ein Ereignis von herausragender Bedeutung, das die gesamte Weltpresse beschäftigt habe. Das kritisierte Foto beschränke sich nicht auf die Opfer, sondern gebe vor allem die Bergungsarbeiten wieder. Es sei ein zeitgeschichtliches Dokument und stelle die brutale Wirklichkeit und Kehrseite eines hierzulande als „schick und modern“ geltenden Abenteuerurlaubs dar. Mit dem Foto solle gerade einem „Wegsehen und Übergehen zur Tagesordnung“ entgegengewirkt werden. Die Rechtsabteilung betont, dass die erforderlichen Einwilligungen für die Veröffentlichung der Fotos im Innern des Blattes vorgelegen hätten. (2008)

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