Wie hat der Presserat entschieden?
Rüge, Missbilligung oder Hinweis, wie hat der Presserat entschieden? Hier können Sie online in der Spruchpraxis des Presserats eine Auswahl an Beschwerdefällen von 1985 bis heute recherchieren.
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6869 Entscheidungen
„Wirt muss weiter im Knast schmoren“ titelte eine Boulevard-Zeitung in den neuen Ländern. Dem Mann, den die Zeitung als Promi-Gastwirt bezeichnet, werfe die Staatsanwaltschaft sechsfachen Betrug und dreifache Insolvenzverschleppung vor. Dem Beitrag ist ein Foto des Betreffenden beigestellt. In einer Beschwerde beim Deutschen Presserat beklagt der Gastwirt eine Vorverurteilung. Außerdem sei sein Foto ohne seine Genehmigung veröffentlicht worden. Die Chefredaktion der Zeitung hält die Beschwerde für unbegründet. Der Beschwerdeführer habe auf Grund seines hohen Bekanntheitsgrades und des erheblichen Strafvorwurfes den Abdruck des Fotos hinnehmen müssen. Er habe sich von Fotografen der Zeitung wiederholt bei Veranstaltungen fotografieren lassen; die veröffentlichte Portraitaufnahme sei mit seiner Einwilligung gemacht worden. (2001)
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Eine Regionalzeitung berichtet über eine weihnachtliche Ausstellung in einer Passage der Stadt, bei der Spenden für vielfältige wohltätige Aktionen gesammelt werden sollen. Dabei erwähnt sie, dass der Veranstalter in der Vergangenheit als Betreiber eines Pärchenclubs tätig gewesen sei, der den gleichen Namen getragen habe wie die erwähnte Ausstellung. Außerdem sei der Veranstalter wegen Herbeiführung einer Explosion und versuchten Versicherungsbetruges verurteilt worden. Er befinde sich zur Zeit im offenen Vollzug, was sich jedoch als unzutreffend herausstellte. Das stellt die Zeitung einen Tag später richtig. Der Betroffene wendet sich an den Presserat und wehrt sich in seiner Beschwerde gegen die Verbreitung personenbezogener, geschützter Daten. Er äußert überdies den Verdacht, dass die Zeitung seine Aktion in der Einkaufspassage kritisiert habe, um eine Konkurrenz ihrer eigenen weihnachtlichen Hilfsaktion klein zu halten. In ihrer Stellungnahme teilt die Zeitung mit, dass die Veröffentlichung der Daten nach sorgfältiger Abwägung des Persönlichkeitsrechts des Beschwerdeführers mit dem öffentlichen Interesse erfolgt sei. Die Aufklärungspflicht gegenüber den Lesern hätte dabei den Vorrang gehabt. Es sei zu befürchten gewesen, dass die vom Beschwerdeführer gesammelten Spenden missbräuchlich verwendet würden. Die Vermutung, es habe einen Zusammenhang mit der seit Jahren laufenden Weihnachtsaktion der Zeitung gegeben, sei abstrus. Den Bezug zu seiner Vergangenheit habe der Beschwerdeführer durch die Namensgleichheit der Spendenaktion und des „Pärchen-Clubs“ selbst hergestellt. Eine Gegendarstellung habe die Zeitung aus formellen und inhaltlichen Gründen nicht veröffentlicht. Das Angebot an den Beschwerdeführer, sich in Form eines Leserbriefes zu äußern, habe dieser abgeschlagen. Zwei Klagen auf Abdruck der Gegendarstellung wurden vom Landgericht und dem Oberlandesgericht abgelehnt. (2001)
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Eine Tageszeitung berichtet über einen Politikwissenschaftler, der vor dem Verwaltungsgericht gegen die umfangreiche Videoüberwachung im Sozialamt klagt. Im fraglichen Bezirk der deutschen Millionenstadt leben 40 000 Sozialhilfeempfänger. Sie alle haben regelmäßigen Kontakt mit dem Sozialamt, dessen Bedienstete durch die Videoanlagen gegen häufige Gewalt geschützt werden sollen. Die Zeitung hat mit dem betroffenen Sozialhilfeempfänger gesprochen und ist von diesem darauf hingewiesen worden, dass er anonym bleiben wolle. Sie entspricht diesem Wunsch und ändert den Namen, charakterisiert ihren Gesprächspartner aber als „50jährigen Bürger der Stadt“, als „Politikwissenschaftler, derzeit von Sozialhilfe lebend“, „als staatstragenden Linken mit Hornbrille und Dreitagebart“. Durch diese Beschreibung sieht der Mann seine Anonymität beschädigt. Er werde, so schreibt er an den Deutschen Presserat, von Freunden und Bekannten auf den Artikel und seine Klage gegen die Kameras angesprochen. Der Chefredakteur der Zeitung ist der Meinung, der Betroffene sei in dem Gespräch mit dem Autor darauf hingewiesen worden, dass man auch seine Persönlichkeit darstellen wolle, um sein Engagement verständlich würdigen zu können. Er räumt aber ein, dass das engere private Umfeld des Beschwerdeführers auf dessen Person habe schließen können. Dies sei jedoch nicht die Absicht bei der Berichterstattung gewesen. (2001)
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Ein Sozialarbeiter steht vor Gericht. Die Anklage wirft ihm vor, nicht dafür gesorgt zu haben, dass zwei kleine verwahrloste und misshandelte Kinder der Mutter entzogen wurden. Die damals 25-jährige Frau war 1999 wegen Misshandlung zu drei Jahren Gefängnis verurteilt worden. Schon 1997 hatte ein Kinderarzt einen „lebensbedrohlichen Zustand“ der eineinhalbjährigen Tochter wegen Unterernährung festgestellt, ein anderer Arzt auch bei dem 1997 geborenen Sohn. So berichtet es die Zeitung am Ort, wobei sie den Angeklagten beim Namen nennt. Dieser beschwert sich beim Deutschen Presserat. Die Nennung seines Namens verletze sein Persönlichkeitsrecht, betont er. Des weiteren kritisiert er die Hinweise auf die angeblichen Äußerungen der Ärzte. Diese Aussagen seien falsch, da fünf als Zeugen vernommene Ärzte die Frage des Richters, ob die Kinder in einem lebensbedrohlichen Zustand gewesen seien, ausdrücklich verneint hätten. Die Chefredaktion der Zeitung hält die Namensnennung für gerechtfertigt, da der Beschwerdeführer als stellvertretender Ortsvorsteher eines Stadtteils und wegen zahlreicher anderer politischer Aktivitäten eine relative Person der Zeitgeschichte sei. Dass in dem Bericht etwas Unwahres behauptet werde, sei der Zeitung gegenüber bislang nicht vorgetragen worden. Deshalb habe man auch keine Berichtigung veröffentlicht. (2001)
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Doppelten Ärger mit einer Boulevard-Zeitung hatte der Leitende Oberstaatsanwalt in einer Landeshauptstadt. Erst wollte er Landgerichtspräsident werden. Er hatte die Unterstützung des Justizministers, nicht aber die des Regierungschefs. Und dessen Votum war ausschlaggebend. Der Staatsanwalt blieb, was er war. Das Blatt nannte den Mann einen Egomanen, der bei Kollegen und Mitarbeitern nicht sonderlich beliebt sei. Dann warf ihm die Boulevard-Zeitung in einem Artikel unter der Überschrift „Staatsanwalt spielt mit Menschenleben“ vor, er habe bei Razzien in Arztpraxen Patientenkarteien beschlagnahmt und so im Fall einer paracetamol-allergischen Thrombosepatientin deren Wohl aufs Spiel gesetzt. Der Staatsanwalt schaltete den Deutschen Presserat ein. Die Boulevard-Zeitung wies die Vorwürfe des Juristen zurück. Ihr regionaler Redaktionsleiter rechtfertigt die Überschrift „Staatsanwalt spielt mit Menschenleben“ mit einem entsprechenden Zitat eines Arztes, das in dem Artikel wiedergegeben ist. Für ihn ist entscheidend, dass die Staatsanwaltschaft wichtige Patientenunterlagen zunächst nicht herausgegeben hat. Fazit des Redaktionsleiters: Ein journalistisches Fehlverhalten sei auch nicht in Ansätzen erkennbar. (2001)
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Unter der Überschrift “Zu sexy für die Schule“ schildert ein Boulevardblatt einen Vorfall in einer katholischen Privatschule. Die Schulleiterin hatte eine Zwölfjährige nach Hause geschickt, weil sie nicht warm genug angezogen sei, so die Schulleiterin, weil sie zu sexy gekleidet gewesen sei, so die Zeitung. In dem Bericht wird erwähnt, dass ein Promoter aus dem Show-Geschäft der jungen Dame eine Pop-Karriere in Aussicht gestellt habe. Laut Zeitung sei das Mädchen von der Schule verwiesen worden. Die Darstellung der Zeitung löst eine Beschwerde des Elternrats der Schule beim Deutschen Presserat aus.
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Eine in einer deutschen Großstadt erscheinende Stadtteilzeitung greift unter der Überschrift „Miethai des Monats“ den Besitzer und Verwalter zahlreicher Wohnungen an. In einigen der Räume sollen Chemikalien gelagert worden sein, die eine zweifelhafte Nähe zu Drogengeschäften erkennen ließen. Die Zeitung erhebt den Vorwurf, die Wohnungen würden zweckentfremdet genutzt. Sie verweist auf eine große Polizeiaktion, in deren Verlauf Fässer mit weißem Pulver sichergestellt worden seien. Angeblich handele es sich dabei um ein Schmerzmittel, das zum Strecken von Drogen gedient habe. Der angebliche „Miethai“ sieht in dem Artikel einen persönlichen Angriff und schaltet den Deutschen Presserat ein. Vor allem wehrt er sich gegen den Vorwurf, Wohnungen gewerblich genutzt zu haben. Die Räume seien vielmehr als Gewerbeflächen ausgewiesen. Des weiteren beklagt er die in dem Artikel aufgestellte Behauptung, er sei von „Profitgier besessen“. Datenschutzrechtlich geschützte Informationen über das Eigentum an verschiedenen Grundstücken seien in dem Beitrag genannt worden, so dass er seine persönliche Sicherheit gefährdet sehe. Warum, sagt er nicht. Die Stadtteilzeitung steht auf dem Standpunkt, die geschilderten Missstände seien von mehreren Mietern bestätigt worden und durch bloßen Augenschein erkennbar. Außerdem bleibe unklar, welche Fakten der Wohnungsverwalter überhaupt beanstande. Die Zeitung räumt ein, dass die Formulierungen in dem Artikel und vor allem in der Überschrift zwar drastisch, aber gerechtfertigt seien. (2001)
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Eine Lokalzeitung berichtet ausführlich über einen Nachbarschaftsstreit in der Ferienanlage einer Gemeinde. Obwohl nach einer Bauvorschrift Zäune nicht höher sein dürfen als 30 Zentimeter, haben die Zäune in den Jahren an Höhe zugenommen, ohne dass sich jemand daran störte. Meinungsverschiedenheiten zwischen einer Hundehalterin und einem Nachbarn seien jetzt in einer Sitzung des Ortschaftsrates angesprochen worden, schreibt die Zeitung. Das könnte schon bald dafür sorgen, meint sie, dass über 40 Grundstückseigentümer ihre Zäune gemäß der geltenden Vorschrift zurückbauen müssten. Die Hundehalterin wird in dem Bericht dahingehend zitiert, dass sie sich von ihrem Nachbarn bedroht fühle. Dieser sei bereits einmal mit einem Totschläger auf sie zugegangen und habe mit einem dicken Knüppel einen Hund verletzt. Der Nachbar lässt durch seinen Anwalt den Deutschen Presserat anrufen. Der Artikel stelle den Sachverhalt einseitig und falsch dar. Die Angaben der Nachbarin seien kritiklos ohne Rückfrage bei seinem Mandaten übernommen worden. Die Chefredaktion der Zeitung erklärt, sie habe in dem Artikel über eine öffentliche Sitzung des Ortschaftsrates berichtet. In dieser Sitzung sei der Nachbarschaftsstreit ein Thema gewesen. Der Beschwerdeführer sei darin zu Wort gekommen und seine Aussagen seien in der Berichterstattung entsprechend berücksichtigt worden. Da seine Kontrahentin nicht anwesend war, habe eine Mitarbeiterin diese gesondert zu den Vorgängen und den Anschuldigungen des Beschwerdeführers befragt. Die Frau habe dabei wiederum schwere Vorwürfe gegen den Nachbarn erhoben. Am Tage der Veröffentlichung habe der Beschwerdeführer in der Lokalredaktion angerufen und kritisiert, dass seine Argumente nicht genügend zum Ausdruck gekommen seien. Gleich am nächsten Tag habe man dann unter der Überschrift „Uns geht’s nur um die Wohnqualität“ einen weiteren Bericht veröffentlicht, der sich ausschließlich mit den Argumenten des Beschwerdeführers beschäftigte. Der Beschwerdeführer sei also in zwei Veröffentlichungen ausreichend zu Wort gekommen. Auch seine Kontrahentin sei zu den erhobenen Vorwürfen gehört worden. Damit habe die Zeitung ihrer Sorgfaltspflicht Genüge getan, da man ja nicht ständig jede Aussage hin und her gegenprüfen könne. Irgendwann müsse ja einmal der Artikel geschrieben werden, in dem dann Aussage gegen Aussage stehe. (2001)
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Eine Jugendzeitschrift veröffentlicht im Laufe des Jahres zwei Fotoromane. Der eine handelt von Ayse, einer jungen Türkin, die einen Deutschen liebt. Als ihre Familie davon erfährt, fühlt diese sich in den Schmutz gezogen. Der Vater beschließt, die Tochter in die Türkei zu bringen und dort mit dem Mann zu verheiraten, der für sie ausgesucht worden ist. In seiner Verzweiflung erhängt sich das Mädchen auf dem Dachboden. Held des zweiten Romans ist Erik, der verzweifelt ist, weil er schon wieder in Mathe eine Sechs geschrieben hat. Zufällig landet er im Internet auf einer Selbstmord-Site und lernt dadurch Maria kennen, die Selbstmordgedanken nachhängt. Um der neuen Liebe zu beweisen, dass er Mut hat, schneidet sich Erik die Pulsadern auf und wird in letzter Minute gerettet. Zwei Mütter, deren elfjährige Söhne die Zeitschrift begeistert lesen, schreiben besorgt den Deutschen Presserat an. Sie sind der Ansicht, dass diese Fotoromane Selbstmorde verherrlichen und verharmlosend wirken. Solche Fotoromane seien für pubertierende Kinder gefährlich. Insbesondere kritisieren die beiden Beschwerdeführerinnen das Foto des türkischen Mädchens, das sich erhängt hat. Die Geschäftsführung des Verlages ist davon überzeugt, dass keiner der beiden Fotoromane das Thema Suizid verherrliche. Innerhalb des Fotoromans „Tod aus dem Internet“ werde deutlich gemacht, dass Selbstmord keine Lösung für Probleme darstelle. Der Selbstmordversuch des Jungen werde schließlich von ihm selbst klar bereut. Der Roman ende damit, dass ausdrücklich vor Internetseiten, die Suizid verherrlichen, gewarnt werde. Es werde dazu aufgerufen, seine Probleme anders zu lösen und sich u.a. mit der Telefonseelsorge in Verbindung zu setzen. Mit dem Selbstmord der Türkin in dem Roman „Freiheit“ solle eine Warnung ausgesprochen werden. Dieser Fotoroman sei als sozialkritischer Beitrag zu sehen. Es solle in verständlicher Form aufgezeigt werden, welche Schwierigkeiten junge, in Deutschland geborene Türken hätten, wenn sie gezwungen würden, sich zwei verschiedenen Kulturen anzupassen. Die Geschäftsführung sieht ein, dass man auf das Foto der Selbstmorddarstellerin hätte verzichten sollen. Die ausweglose Lage der Türkin hätte man tatsächlich anders darstellen können. In diesem Zusammenhang wird darauf verwiesen, dass der damals verantwortliche Chefredakteur nicht mehr im Hause beschäftigt sei. (2001)
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