Entscheidungen finden

Wie hat der Presserat entschieden?

Rüge, Missbilligung oder Hinweis, wie hat der Presserat entschieden? Hier können Sie online in der Spruchpraxis des Presserats eine Auswahl an Beschwerdefällen von 1985 bis heute recherchieren.

Bitte beachten: Im Volltext abrufbar sind nur Entscheidungen mit den Aktenzeichen ab 2024, z.B. 0123/24/3-BA!
Sie müssen dazu immer das volle Aktenzeichen eingeben, also 0123/24/3-BA.

Nach detaillierten Richtlinien (z.B. 8.1) können Sie erst ab den Fällen aus 2024 recherchieren. Ältere Fälle werden nur unter der entsprechenden Ziffer (z.B. 8) angezeigt.

Sie haben Fragen zu unseren Sanktionen? Hier finden Sie Erläuterungen.

 

Entscheidungsjahr
155 Entscheidungen

Ein wesentlicher Punkt wurde nicht beachtet

Eine Boulevardzeitung berichtet gedruckt und online über den starken Rückgang von Sanktionen gegen Hartz-IV-Empfänger im ersten Halbjahr 2020 gegenüber dem gleichen Vorjahreszeitraum. Sie schreibt, dies sei darauf zurückzuführen, dass das Bundesverfassungsgericht die Sanktionspraxis im vergangenen November stark eingeschränkt habe. Die Jobcenter müssten seither in jedem Fall die besondere Belastung durch den Entzug der Gelder prüfen und besondere Anforderungen an die Verhältnismäßigkeit der Strafen stellen. Ein Leser der Zeitung sieht eine falsche Darstellung. Die Zahl der Sanktionen sei nicht wegen des Urteils des Bundesverfassungsgerichts zurückgegangen, sondern aufgrund der wegen des Corona-Virus geänderten Arbeit der Job-Center (keine Einladungen mehr, Ein-Euro-Jobs vielfach gestrichen, Rückgang der Jobvermittlungen, Wiedereingliederungsmaßnahmen zurückgefahren). Die Rechtsabteilung des Verlages übersendet eine Stellungnahme des Autors des Beitrages. Darin teilt dieser mit, dass das Bundesverfassungsgericht die Sanktions-Praxis bei Hartz IV mit seiner Entscheidung vom November 2019 stark verändert habe. So sei die Zahl der neu festgestellten Sanktionen zum Beispiel von 66.275 im November 2019 auf 41.902 im Dezember 2019 und im Januar 2020 auf 25.210 zurückgegangen. Zu diesem Zeitpunkt sei von Corona noch gar keine Rede gewesen. Die Zahl der Sanktionen sei dann weiter gesunken auf den Tiefstand von 2.649 im Juli 2020, was sicher auch auf den Corona-Einfluss zurückzuführen sei. Im Übrigen habe der Corona-Lockdown dann im März begonnen und sei ab Mai gelockert worden. Folge man der Argumentation des Beschwerdeführers, hätten die Sanktionen im Juni und Juli ohne Corona-Lockdown stark steigen müssen, was aber nicht geschehen sei. Der Autor teilt mit, dass er noch einmal überprüft habe, was im Jahr 2020 in Sachen Sanktionen gelaufen sei. Die Bundesanstalt für Arbeit habe die Sanktionen wegen Corona tatsächlich zwischen April und Juli ausgesetzt, weil die Jobcenter geschlossen gewesen seien. Dies sei ihm nicht bekannt gewesen. Ungeachtet dessen bleibe es aber richtig, dass der Rückgang der Sanktionen maßgeblich auf die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zurückzuführen sei.

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Teilnehmer hat lediglich Placebos bekommen

Eine Regionalzeitung veröffentlicht online einen Artikel unter der Überschrift „Auf der Suche nach Corona-Impfstoff: Proband (28) von klinischer Studie gestorben“. Es geht im Beitrag um den Tod eines mit dem Corona-Virus infizierten Mannes, der in Brasilien an einer klinischen Studie zur Suche nach einem Impfstoff teilgenommen hatte. Ein Leser der Zeitung ist der Auffassung, dass in der Überschrift der Sachverhalt verfälschend verkürzt werde. Der Mann sei Teilnehmer einer Gruppe gewesen, die lediglich Placebos bekommen habe. Die Überschrift erwecke Angst vor Impfungen. Die Zeitung gibt zu der Beschwerde keine Stellungnahme ab.

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Lutschbonbons als Corona-Hoffnungsschimmer?

„Bonbon als Corona-Medikament? Wirkung einer Heilpflanze überrascht selbst die Forscher“ – unter dieser Überschrift berichtet eine Regionalzeitung online über eine Studie zur Wirksamkeit von Lutschbonbons mit Cistus-Extrakt gegen Corona. Eine Leipziger Forschungsgruppe habe für einen Hoffnungsschimmer im Kampf gegen die neuartigen Erreger gesorgt. Die Wissenschaftler hätten einen Extrakt der Heilpflanze Zistrose (Cistus) auf seine Wirkung gegen die Erreger untersucht. Ergebnis: Cistus vermindere die Vermehrung von Sars-CoV-2 in Zellkulturen. Das Fraunhofer-Institut für Zelltherapie und Immunologie habe im Auftrag des niedersächsischen Herstellers „Dr. Pandalis“ die Laborversuche durchgeführt. Der Studienleiter habe betont, dass die Studienergebnisse kein Beleg „für die medizinische Wirksamkeit im Menschen“ seien. Das müsse noch untersucht werden. Ein Leser der Zeitung wirft dieser vor, ungehemmt Werbung für das Produkt des Herstellers „Dr. Pandalis“ zu machen. Selbst wenn es im Beitrag heiße, es gebe keinen Beleg für die medizinische Wirksamkeit am Menschen, suggeriere der Artikel, die Bonbons könnten möglicherweise vor Corona schützen. Die zuständige Redaktionsleiterin stellt fest, der Autor habe „Dr. Pandalis“ einmal im Text erwähnt. Dadurch werde für Leserinnen und Leser transparent gemacht, wer der Urheber der Studie gewesen sei. Dies wiederum erlaube Rückschlüsse auf Entstehung und Art der Studie. Die Redaktion erkennt an, dass durch den Hinweis, wo die Lutsch-Bonbons zu kaufen sind, ein werblicher Eindruck entstehen könne. Der Hinweis sei entfernt worden. Auch die Passage mit dem “Hoffnungsschimmer“ sei im Online-Angebot nicht mehr enthalten. Auf die Änderungen werde am Ende des Beitrages hingewiesen und damit für Transparenz gesorgt.

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Redaktionelle Werbung für Reiseveranstalter

Eine Regionalzeitung berichtet über einen in der Region bekannten Reiseveranstalter. Dessen Prokurist kommt im Beitrag ausführlich zu Wort. Er zieht ein positives Fazit für die Corona-Zeit und erklärt, warum sein Unternehmen besser als andere durch die Krise gekommen ist. Der Reisefachmann stellt pandemiebedingte Serviceleistungen für seine Kunden positiv heraus. Ein Leser der Zeitung bezeichnet den Beitrag als reinen PR-Artikel für das Unternehmen. Die Redaktion habe keine gründliche Recherche betrieben. Nicht erwähnt werde eine Vielzahl von Beschwerden und gerichtlichen Auseinandersetzungen. Der Leser berichtet, er habe mit dem zuständigen Redakteur über das Kontaktformular der Zeitung Verbindung aufzunehmen versucht. Eine Reaktion sei ausgeblieben. Der Chefredakteur der Zeitung räumt ein, dass der kritisierte Beitrag die gerichtlichen Auseinandersetzungen nicht aufgreife, die der Reiseveranstalter mit mehreren Kunden führe. Das habe die Zeitung an anderer Stelle getan. Es sei Anliegen der Redaktion gewesen, dass die Firmenpolitik (viel Eigentum, wenig Kredite) einen Unterschied ausmachen könnte zu anderen Veranstaltern und deren wirtschaftlicher Situation. Leider vertiefe der Autor diesen Aspekt nicht. Es sei in der Tat ein Manko, dass ein gewisser werblicher Effekt entstanden sei. Die Nachricht des Beschwerdeführers habe diesen nicht erreicht. Deshalb habe er darauf auch nicht antworten können.

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„Am Ende blieb nur die Blitz-Scheidung“

Eine Frauenzeitschrift berichtet online unter der Überschrift „Michael Wendler und Laura Müller: Blitz-Scheidung! Sie musste die Notbremse ziehen“ über das versuchte Comeback von Michael Wendler nach einem heftig kritisierten Corona-Verschwörungsvideo. Im Beitrag heißt es, seine Frau habe deshalb Probleme bei ihrem Job als Influencerin für ein Beauty Label bekommen. Am Ende des Beitrages heißt es, der jungen Frau sei nur die Blitz-Scheidung geblieben, um ihre Karriere zu retten. Ein anonymisierter Beschwerdeführer kritisiert, die Überschrift sei grob irreführend. Die angeblich vollzogene Blitz-Scheidung habe nicht stattgefunden, was am Ende des Berichts auch mitgeteilt werde. Der Beschwerdeführer spricht von Click-Baiting. Das heißt, die Redaktion habe, um möglichst viele Clicks im Netz zu erzeugen, eine falsche Behauptung in die Überschrift genommen, um sie am Ende des Textes zu relativieren. Grundsätzlich widerspreche ein solcher Artikelaufbau glasklar presserechtlichen Grundsätzen. Der Beschwerdeführer meint, bei so jungen Menschen wie der Frau von Michael Wendler sei ohnehin besondere Vorsicht geboten. Man stelle sich nur vor, die junge Frau beginge im Nachgang zu der Berichterstattung Suizid. Die Redaktion nimmt zu der Beschwerde nicht Stellung.

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Verlag: Aktuell kein rechtes Gedankengut

Eine Regionalzeitung veröffentlicht die Rezension zu einem Buch über die Corona-Pandemie. Der Buch-Autor und der Verlagsinhaber wenden sich mit Beschwerden an den Presserat. Der Autor stört sich an der Aussage des Rezensenten, der Verlag zähle zu den Buchvertrieben der „Neuen Rechten“. Damit werde der Verlag verleumdet. Es sei richtig, dass der Verleger in den ersten Jahren seiner Selbständigkeit Bücher verlegt habe, die rechtes Gedankengut beinhaltet hätten. Seit fast 20 Jahren habe er jedoch diese Linie verlassen und seitdem keine Bücher mehr im Sortiment, die der rechten Szene zuzuordnen seien. Der Beschwerdeführer teilt mit, dass er sich selbst an die Zeitung gewandt und auf sein Buch aufmerksam gemacht habe. Nach der Veröffentlichung der Rezension habe er eine Mail an den Chefredakteur geschrieben, die jedoch unbeantwortet geblieben sei. Sein „richtigstellender“ Leserbrief sei jedoch veröffentlicht worden. Zweiter Beschwerdeführer ist der Verleger des Buches. Er trägt Vergleichbares vor.

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Ein Satz, der nicht erfunden wurde

Eine Großstadtzeitung veröffentlicht online eine Kolumne unter der Überschrift „Die Intensivstationen waren auch vor Corona schon am Limit“. Der Autor beschäftigt sich mit dem Zustand der Intensivmedizin angesichts der Corona-Krise. Ein Leser der Zeitung hält die folgende Passage in der Kolumne für frei erfunden: „Wenn das aber alles bekannt war, hätte man die Kapazitäten der Intensivstationen ja inzwischen erweitern müssen, spätestens im Frühjahr 2020, als man die zweite Corona-Welle für den Herbst kommen sah. Vor allem das Personal hätte man aufstocken müssen, denn an dem fehlte es in erster Linie. Das tat man aber nicht. Im Gegenteil: Bundesweit wurden noch im September und Oktober über 3000 Intensivbetten abgebaut, wahrscheinlich um Personal einzusparen“. Die Rechtsvertretung der Zeitung legt eine Stellungnahme des Autors vor. Dessen Antwort stützt sich auf verschiedene Wissenschaftler und Erhebungen, die sich alle mit den Angaben der Deutschen Interdisziplinären Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin (DIVI) decken. Danach sind im genannten Zeitraum 2020 bundesweit rund 3000 Intensivbetten abgebaut worden. Verantwortlich für diese Entwicklung sei offenbar die Wiedereinsetzung der Personaluntergrenzen durch die Bundesregierung. Die Personaluntergrenzen waren zuvor angesichts des Ausbruchs der Pandemie bis Ende Juli außer Kraft gesetzt worden. Aufgrund der ab August wieder geltenden Personaluntergrenzen seien Betten gesperrt worden, wenn das Personal nicht ausreichte. Die Zahl der Intensivbetten nahm – so der Autor – nach dem von ihm benannten Zeitraum kontinuierlich und erheblich weiter ab. Damit stehe fest, dass entgegen der Einschätzung des Beschwerdeführers der beanstandete Satz keineswegs „frei erfunden“ ist, sondern zutreffe. Seine Feststellungen könnten mit diversen wissenschaftlichen Erhebungen sowie den Angaben der Deutschen Interdisziplinären Vereinigung für intensiv- und Notfallmedizin (DIVI) untermauert werden.

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Querdenker“ als Gattungsbegriff verwendet

Eine Regionalzeitung veröffentlicht einen Beitrag unter der Überschrift „Querdenker in Moers - Stadt Moers untersagt für Sonntag geplante Querdenker-Demo“. Unmittelbar unter der Überschrift ist ein Foto platziert, auf dem Demonstrierende mit einem Banner von „Querdenken 284 – Moers“ zu sehen sind. Die Bildunterschrift lautet: „Seit Mitte Oktober haben Querdenker mehrfach in Moers demonstriert.“ Weiter heißt es, eine Einzelperson aus Duisburg habe die Veranstaltung mit bis zu 250 Personen angekündigt. Die Stadt habe hierauf reagiert und das Treffen untersagt. Später heißt es, die lokale Querdenker-Gruppe weise auf die kommende Veranstaltung „Der Schweigemarsch Moers. Wir müssen reden!“ hin, merke aber an, dass es sich diesmal nicht um ihre Demonstration handele. Der Beschwerdeführer äußert sich für die Gruppe „Querdenken 284 – Moers“. Er sieht mehrere presseethische Grundsätze verletzt. Er stellt fest, dass für den genannten Zeitpunkt weder von „Querdenken 284 – Moers“ noch von einer anderen Querdenker-Initiative eine Demo in der Stadt geplant gewesen sei. Somit könne eine solche Veranstaltung auch nicht von der Stadt Moers untersagt werden. Der gesamte Artikel beziehe sich auf vergangene Versammlungen seiner Initiative. Der Text wie auch das Aufmacherfoto suggerierten, dass die Initiative Querdenker eine Versammlung angemeldet habe und diese untersagt worden sei. Dies sei nicht nur irreführend, sondern schlichtweg falsch. Für die Zeitung antwortet deren Rechtsvertretung auf die Beschwerde. Der Begriff „Querdenker“ werde im allgemeinen Sprachgebrauch und auch in der beanstandeten Berichterstattung keinesfalls nur in Bezug auf die Initiative des Beschwerdeführers, sondern als Gattungsbegriff verwendet. In Anbetracht dessen könne auch die Nutzung eines Bildes von einer vorhergehenden Veranstaltung zur Illustration des Beitrages nicht dazu führen, dass die Leser hier von einer Verantwortlichkeit der Gruppe „Querdenker 284 – Moers“ ausgingen. Es handele sich hier um ein Symbolbild.

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Schwere Vorwürfe gegen Pflegeheim-Leitung

Eine Berliner Zeitung berichtet, dass in einem Pflegeheim in der Hauptstadt zehn Bewohner an einer Corona-Infektion gestorben seien. Angehörige und Behörden erhöben schwere Vorwürfe gegen das Heim. 61 Patienten und 27 Mitarbeiter hätten sich infiziert. Hygienevorschriften seien missachtet worden. Abstriche seien auf Anweisung nicht sachgemäß genommen worden, um Infektionen zu verschleiern. Die Zeitung zitiert aus einem anonymen Schreiben an die namentlich genannte Heimleiterin. Darin werden die Sterbefälle und Infektionen in Zusammenhang mit deren Arbeit gebracht. Die Heimleiterin weise sämtliche Vorwürfe zurück. Die Zeitung gibt ihr entsprechendes Schreiben detailliert wieder. Der Beschwerdeführer – ein Pfarrer – stellt fest, dass in dem anonymen und von der Zeitung zitierten Schreiben der Heimleiterin öffentlich grob pflichtwidriges Verhalten und bewusste Gefährdung des Patientenwohls sowie der Gesundheit der Mitarbeiter unterstellt würden. Aus der Unterzeile der Überschrift gehe auch hervor, dass Behörden schwere Vorwürfe gegen die Heimleitung erhöben. Davon sei aber im Text nicht die Rede. Die Zeitung nimmt zu der Beschwerde nicht Stellung.

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„Körpernahe Dienstleistungen“ übers Internet