Entscheidungen finden

Wie hat der Presserat entschieden?

Rüge, Missbilligung oder Hinweis, wie hat der Presserat entschieden? Hier können Sie online in der Spruchpraxis des Presserats eine Auswahl an Beschwerdefällen von 1985 bis heute recherchieren.

Bitte beachten: Im Volltext abrufbar sind nur Entscheidungen mit den Aktenzeichen ab 2024, z.B. 0123/24/3-BA!
Sie müssen dazu immer das volle Aktenzeichen eingeben, also 0123/24/3-BA.

Nach detaillierten Richtlinien (z.B. 8.1) können Sie erst ab den Fällen aus 2024 recherchieren. Ältere Fälle werden nur unter der entsprechenden Ziffer (z.B. 8) angezeigt.

Sie haben Fragen zu unseren Sanktionen? Hier finden Sie Erläuterungen.

 

Entscheidungsjahr
6738 Entscheidungen

Schwere Verletzung des Datenschutzes

„Sind Internet und E-Mails ein Ganoventreff und Eldorado für anonyme Betrüger?“ – unter dieser Überschrift schreibt eine Zeitschrift, die sich vornehmlich mit Modellbau beschäftigt, über geschönte Tests und gekauftes Product Placement. Die Redaktion bittet zum Thema Betrug die Leser um Unterstützung. Die Zeitschrift sei durch eine gefälschte E-Mail denunziert worden. Sie habe versucht, den Betreiber der E-Mail-Adresse ausfindig zu machen. Der Chefredakteur fordert die Leser auf, der Redaktion mitzuteilen, wer der Inhaber der E-Mail-Adresse sei. Die Redaktion habe Informationen, dass es sich um eine bekannte Person handele, die in Modellbauerkreisen den Ruf habe, merkwürdige Geschäftspraktiken auszuüben. Die offenbar private E-Mail-Adresse wird in dem Kommentar genannt. Ein Leser der Zeitschrift sieht in der Veröffentlichung der privaten Mail-Adresse einen Verstoß gegen den Pressekodex. Der Chefredakteur der Zeitschrift äußert die Vermutung, dass der Beschwerdeführer in einer Art von Verfolgungswahn ständig gegen ihn vorgehen wolle. Er vermutet hinter der E-Mail, die diesen Fall auslöste, niemand anderen als den Beschwerdeführer. Aus diesem Grund werde in der Zeitschrift zu dem Beschwerdeführer kein weiterer Kommentar mehr erscheinen.

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Fallstricke bei Fotos mit Minderjährigen

Die Leiter eines Supermarktes und einer Brauerei übergeben Spenden an zwei Kindergärten. Die örtliche Zeitung berichtet in Wort und Bild. Ein großes Foto zeigt die Spender mit einem Scheck, auf dem das Logo des Supermarktes zu sehen ist, und eine Gruppe Kinder im Hintergrund. Der Beschwerdeführer ist der Vater eines der abgebildeten Kinder. Er ist der Ansicht, das Foto sei Werbung für den Supermarkt und die Brauerei. Es verletze die Persönlichkeitsrechte der Kinder. Der Verlag berufe sich darauf, dass die Rechte an dem Bild beim Fotografen lägen und dieser eine Genehmigung der Eltern gehabt habe, das Foto anzufertigen. Den Namen des Fotografen habe der Verlag ihm – dem Beschwerdeführer - nicht mitteilen wollen. Die Geschäftsführerin des Verlages berichtet, der Beschwerdeführer habe sich zunächst gegenüber dem Verlag weder zu erkennen gegeben, noch eine etwaige Betroffenheit verifizierbar dargelegt. Die Verlagsleitung habe sich deshalb aus Gründen des Informantenschutzes geweigert, Daten über den Urheber des Fotos preiszugeben. Der Beschwerdeführer habe unerkannt agiert, so auch mit einem anonymen Anruf beim Verlag. Dieser habe Gesprächsbereitschaft für den Fall signalisiert, dass sich der Beschwerdeführer zu erkennen gebe. Dass er das nicht getan habe, belege, dass er an einer einvernehmlichen Klärung des Sachverhalts nicht interessiert gewesen sei. Der Fotograf – so die Geschäftsführerin weiter – sei freier Mitarbeiter der Redaktion, seit Jahren für sie tätig und habe nie Anlass für Beschwerden gegeben. Die Redaktion habe die beanstandete Berichterstattung presserechtlich geprüft. In der Gemeinde, in der das Foto entstanden sei, sei es gängige Praxis, dass Schul- und Kindergärten beim Start eines jeden Jahrgangs Einverständniserklärungen der Erziehungsberechtigten für etwaige Presseveröffentlichungen einholten. Auf dem beanstandeten Foto sei eine Erzieherin abgebildet. Die Redaktion sei davon ausgegangen, dass diese wusste bzw. habe wissen müssen, dass es sich um ein Foto für eine Presseveröffentlichung handelte. Die Redaktion habe nicht zusätzlich im Kindergarten nachgefragt, ob alle Kinder auf dem Foto auch in der Zeitung abgebildet werden dürften. Mittlerweile habe sich der Vater mit einer Bildveröffentlichung einverstanden erklärt, sofern das Foto nicht zu Werbezwecken verwendet werde und der Name seines Kindes nicht genannt werde. Abschließend stellt die Verlagsgeschäftsführerin fest, dass das beanstandete Foto nicht zu Werbezwecken, sondern wegen des sozialen Hintergrundes veröffentlicht worden sei.

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Ein Bauer verliert nach und nach 135 Kühe

Eine Regionalzeitung berichtet unter der Überschrift „Vergiftete Kühe: Was ein Bauer mit Genmais erlebte“ über die Erfahrungen eines namentlich genannten Landwirts, der vor etwa fünfzehn Jahren damit begonnen hatte, Genmais anzubauen und an seine Kühe zu verfüttern. Verwendet wurden auch die Produkte eines Futtermittel-Herstellers. Der Mais, so die Zeitung, habe so genannte „B-Toxine“ enthalten. Die Folge: 135 Kühe seien wegen des Futters verendet. Ein Leser der Zeitung wirft der Redaktion vor, gar nicht oder nur unzureichend recherchiert zu haben. In dem Artikel komme nur die Sicht des Bauern vor. Der Beschwerdeführer legt eine E-Mail der Pressestelle des Bundesamtes für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) vor, der zuständigen Behörde für gentechnikrechtliche Zulassungen. Danach seien zahlreiche Analysen durchgeführt worden. Nur die von der Zeitung erwähnte Lehr- und Forschungsanstalt habe „einen Bt-Proteingehalt von 8.3 Mikrogramm knapp über der Nachweisgrenze gefunden“. Insgesamt ließen sich aus den Ergebnissen der Futtermittelanalysen keine Anhaltspunkte für einen kausalen Zusammenhang der Vorfälle in dem Betrieb mit den verendeten Kühen ableiten. Vielmehr müsse als Ursache das „Zusammentreffen mehrerer ungünstiger Faktoren“ angenommen werden. Nach Darstellung des Chefredakteurs der Zeitung habe der kritisierten Veröffentlichung eine ausführliche Internet-Recherche zum Thema Gen-Mais zugrunde gelegen. Dabei sei die Autorin auf den spektakulären Fall des Bauern gestoßen, der im Laufe der Zeit 135 Kühe verloren habe. Sie habe mit dem Landwirt gesprochen und dabei den Eindruck gehabt, mit einem glaubwürdigen Gesprächspartner zu reden. Dieser Eindruck sei durch mehrere ergänzende Recherchegespräche mit anderen Genmais-Skeptikern, etwa vom Bund Naturschutz, untermauert worden. Der Chefredakteur räumt ein, dass die unerlässliche Gegenprüfung bei dem Futtermittel-Hersteller bedauerlicherweise unterblieben sei. Diese Panne habe die Chefredaktion veranlasst, in einer Dienstanweisung alle Redaktionsmitglieder an das Thema Gegenrecherche zu erinnern. Auf den Fehler habe der Pressesprecher des Herstellers unmittelbar nach Erscheinen des Artikels hingewiesen. Noch vor dem Eintreffen der Beschwerde beim Presserat habe die Zeitung mit dem Pressesprecher ein Interview geführt, in dem dieser seine Position darstellen konnte. Der Chefredakteur bedauert, dass seine Redaktion den Ansprüchen des Pressekodex in diesem Fall nicht gerecht geworden ist.

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Misstöne um eine Leser-Äußerung

Ein Leser schreibt eine E-Mail an eine Wochenzeitung und kündigt sein Probe-Abonnement. Er spricht den Chefredakteur direkt an und äußert seinen Unmut über Inhalte der Zeitung. Zwei Stunden später folgt eine weitere E-Mail an den Chefredakteur. Diesmal enthält sie eine Kritik an einem bestimmten Beitrag. Diese zweite E-Mail wird von der Zeitung als Lesermeinung gekürzt veröffentlicht und um einen Satz ergänzt. Damit ist der Leser nicht einverstanden. Seine E-Mail sei ein persönliches Schreiben an den Chefredakteur und nicht von ihm als Leserbrief gedacht gewesen. Außerdem habe die Redaktion seine Nachricht um eine eigene Anmerkung ergänzt. Die Rechtsvertretung der Zeitung teilt mit, die Kündigung des Probe-Abos sei von den Meinungsäußerungen des Lesers klar getrennt gewesen. Aus diesen sei klar der Wille des Einsenders, einen Leserbrief an die Zeitung zu schicken, zum Ausdruck gekommen. Er habe sich zu Inhalten der Zeitung geäußert. Daher habe die Redaktion die Meinungsäußerung als Leserbrief veröffentlichen dürfen. Den beiden Schreiben des Noch-Lesers sei nicht zu entnehmen gewesen, dass er mit einer Veröffentlichung nicht einverstanden sei.

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Vorwürfe nicht ausreichend recherchiert

Eine Regionalzeitung berichtet über die bevorstehende Schließung eines Dialysezentrums in einer Stadt des Verbreitungsgebietes. Im Bericht ist davon die Rede, dass der Fall die Emotionen am Ort hochkochen lasse. Ein Arzt habe Patientenakten aus der Praxis geholt und dabei auch nicht vor Gewalt zurückgeschreckt. Einer der Ärzte habe der Redaktion gesagt, dass er eine Aufbewahrungspflicht für die Akten habe. Der Patientensprecher hingegen wird von der Zeitung mit den Worten zitiert: „Die Patientenordner gehören nicht dem Arzt, sondern den Patienten. Für uns war das Hausfriedensbruch, Körperverletzung und Nötigung.“ Die Redaktion teilt mit, dass der Vorfall bei der Staatsanwaltschaft und bei der Kassenärztlichen Vereinigung angezeigt worden sei. Ein Leser der Zeitung sieht presseethische Grundsätze verletzt. Zu der behaupteten Gewalt sei es nicht gekommen. Er sei an dem fraglichen Tag vor Ort gewesen und habe dem Arzt beim Transport der Akten geholfen. Der Autor habe seinen Bericht einzig und allein auf der Basis der Informationen des Patientensprechers geschrieben. Eine gründliche Recherche habe nicht stattgefunden; die Gegenseite sei nicht gehört worden. Dem widerspricht der Autor des kritisierten Artikels. Er habe sehr wohl beide Seiten gehört. Auch habe er keinen Grund gehabt, an den Angaben des Patientensprechers zu zweifeln. Der Redakteur erläutert, er habe keine rechtliche Aufarbeitung des Falles betreiben wollen. Vielmehr habe er darstellen wollen, wie Patienten zwischen die Fronten eines innerbetrieblichen Zerwürfnisses geraten seien. Der Beschwerdeführer sei mit der Mitarbeiterin des genannten Arztes verheiratet und verfolge ein klares Eigeninteresse. Der Chefredakteur der Zeitung stellt sich hinter seinen Redakteur und sieht presseethische Grundsätze nicht verletzt.

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Sinti und Roma unter Pauschalverdacht

„Polizisten-Schläger stellt sich“ titelt eine Regionalzeitung. In der Unterzeile zum Artikel heißt es: „Zwei weitere Verwandte in Haft“. Die Redaktion berichtet weiter im Text: „Zwei Tage lang hatten die Ermittler intensiv nach ihm gefahndet, am späten Mittwochabend stellte sich der brutale Polizisten-Schläger. Seit gestern Nachmittag sitzt der Serbe im Gefängnis.“ Im Einzelnen berichtet die Zeitung über ein Ermittlungsverfahren gegen einen 37-jährigen Tatverdächtigen, der unter anderem einen Polizisten zusammengeschlagen haben soll. Im Artikel heißt es dann weiter: „Die Täter wohnen mit anderen Familienmitgliedern seit mehreren Jahren in (…); sie sollen der Volksgruppe der Roma oder Sinti angehören. Das Paar hat sieben Kinder im Alter zwischen knapp zwei und acht Jahren, ist aber nicht verheiratet. Den Lebensunterhalt bestreitet es von Sozialhilfe – und hin und wieder wohl auch von Einnahmen aus kriminellen ´Geschäften´.“ Ein Vertreter des Zentralrats Deutscher Sinti und Roma hält die Nennung der ethnischen Zugehörigkeit für nicht erforderlich. Sie sei dazu geeignet, Vorurteile gegen Sinti und Roma zu schüren. Daran ändere auch der Umstand nichts, dass offenbar Staatsanwaltschaft und Polizei die Kennzeichnung vorschriftswidrig veranlasst hätten. Die Formulierung führe zu einer Pauschalverdächtigung der Minderheit insgesamt. Kriminalität habe nichts mit der Abstammung und vor allem nichts mit der Zugehörigkeit zu der Minderheit zu tun. Die Chefredaktion der Zeitung nimmt Stellung. Sie hält die Beschwerde für unbegründet, da im konkreten Fall die Herkunft der Täter und ihr Umfeld nach Darstellung der Polizei eine wichtige Rolle gespielt hätten. Der brutale Angriff auf einen Polizisten habe in der Öffentlichkeit für großes Aufsehen gesorgt. Die Kripo selbst habe von einer „Sippe“ gesprochen. In weiteren Berichten vor dem Prozess sei der Begriff „Sinti und Roma“ nicht mehr verwendet worden. Unabhängig davon sei die Herkunft der Täter in der Gerichtsverhandlung für die Gutachter und die Verteidiger von Bedeutung gewesen. Letztere hätten beispielsweise erklärt, dass das kinderreiche Paar nach Roma-Recht verheiratet sei. Außerdem habe die Frau „als Roma stets Angst vor der Polizei“ gehabt. Der Chefredakteur betont abschließend, der Zeitung liege es fern, Vorurteile gegen Volksgruppen zu schüren.

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„Redaktion druckt Diffamierungen ab“

„Bei der Erziehung muss es anfangen“ – unter dieser Überschrift veröffentlicht eine Lokalzeitung einen Leserbrief. Es geht darin um einen Artikel, in dem sich die Redaktion mit der Umbenennung der Gustav-Frenssen-Straße in einem Ort des Verbreitungsgebietes und mit der Person Frenssens auseinandersetzt. Im Leserbrief heißt es: „Hat eine der selbstbewusstesten Nationen dieser Erde, in der nicht nur die orthodoxen Fanatiker sich für das auserwählte Volk halten, es nötig, sich solcher Helfer und Kriecher zu bedienen?“ Und weiter: „Heißen die Bilderstürmer und Bücherverbrenner der Neuzeit heute … (es folgen vier Namen aus dem Ort)?“. Der Leserbriefschreiber ist der Ansicht, dass der Einsatz gegen Extremismus und Gewalt bei der Erziehung in den Kinderzimmern anfangen müsse „und nicht mit der endgültigen Leugnung und Löschung von Personennamen und Wirken aus dem vergangenen Jahrhundert; weiterhin damit, dass man unsere ausländischen Einwanderer, die gerne bei uns bleiben möchten, davon überzeugt, dass sie ausschließlich hier ihre Heimat sehen und unsere Sitten und Gebräuche respektieren und dass alle anderen wissen, dass sie als Gäste bei uns gut behandelt werden, wenn sie sich als solche benehmen“. Ein Leser der Zeitung wirft der Redaktion vor, gegen die journalistische Sorgfaltspflicht verstoßen zu haben. Die im Leserbrief enthaltenen Diskriminierungen habe die Redaktion abgedruckt. Die Einsendung enthalte – in das Stilmittel rhetorischer Fragen gekleidet – diffamierende Äußerungen über namentlich genannte und identifizierbare Personen. Der Brief gebe das antisemitische Stereotyp der jüdisch-israelischen Weltverschwörung wieder, von der die in der Stadt aktiven Kritiker von Gustav Frenssen ferngesteuert würden. Auch nach nochmaliger Prüfung des Sachverhaltes erkennt der Chefredakteur der Zeitung keinen Verstoß gegen den Pressekodex.

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Leserbrief wäre besser nicht gedruckt worden

„Kirche hat genug Leichen im Keller“ – unter dieser Überschrift veröffentlicht eine Lokalzeitung einen Leserbrief. Es geht um die Umbenennung der Gustav-Frenssen-Straße in einem Ort des Verbreitungsgebietes. Der Vorgang hat in der Kleinstadt eine breite öffentliche Diskussion ausgelöst. Der Leserbriefschreiber ist der Ansicht, dass mit der Umbenennung ein längst Verstorbener mit Verachtung bestraft werden solle. Manch einer – auch aus den Kirchen - kritisiere nur den Antisemitismus in der NS-Zeit und blende 2000 Jahre Judenverfolgung von Kirche und Christen aus. Die Kirche habe aber selbst genug Leichen im Keller. Dem Vorwurf des Antisemitismus in der Diskussion um die Straßenumbenennung begegnet der Leserbriefschreiber mit der Gegenfrage: „Gab es den nicht schon immer? Euthanasie? Wird und wurde in vielen Staaten praktiziert! Und Rassengesetze? Die Zionisten gaben damals ihr Okay. Und man schaue heute nur nach Israel!“ Ein Leser wirft der Redaktion einen Verstoß gegen die journalistische Sorgfaltspflicht vor. Der Leserbrief enthalte verharmlosende Äußerungen zum NS-Terror und zu Willkürmaßnahmen, die von Gustav Frenssen seinerzeit in seinen Schriften gerechtfertigt worden seien. Der Leserbriefschreiber, der als Verteidiger von Frenssens Veröffentlichungen auftrete, verharmlose dabei menschenverachtende Ideologien bzw. in Deutschland geächtete Verbrechen. Der Chefredakteur der Zeitung erkennt auch nach nochmaliger Prüfung des Sachverhalts keinen Verstoß gegen den Pressekodex.

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Satire: Rentner sind Gammelfleisch

„Ein Schiff wird kommen“ titelt der Satiriker einer Programmzeitschrift. Im Beitrag geht es um die Schwierigkeiten der TV-Serie „Traumschiff“, noch neue Reiseziele zu finden. Er macht einige satirische Vorschläge, das Problem zu lösen, und schreibt abschließend: „An Bord sind schließlich Hunderte älterer Menschen, die die Rentenkassen unnötig belasten. Denkbar, wenn nicht wünschenswert, wäre auch ein Angriff von Greenpeace-Aktivisten, die kurz vor Tahiti das Schiff entern, um dagegen zu protestieren, dass hier Gammelfleisch transportiert wird“. Ein Leser der Zeitschrift hält diese Sätze für unverschämt und menschenverachtend. Das habe mit Satire nichts mehr zu tun, sondern sei schlicht ein Verstoß gegen den Pressekodex. Die Rechtsabteilung des Verlages teilt mit, bei dem Satiriker handele es sich um einen langjährigen Kolumnisten, dessen immer bissige Einblicke bekannt seien für das fantasievolle Weiterdenken von skurrilen Vorgängen im Alltag, in der Politik, im Fernsehen etc. Die Satire sei deutlich als solche gekennzeichnet und erfülle alle ihre Kriterien.

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Arzt tötet seine Frau und dann sich selbst

„Arzt (70) schießt Ehefrau (40) in den Kopf“ – so überschreibt die Online-Ausgabe einer Großstadtzeitung ihren Bericht über ein Ehe-Drama. Danach hat ein Mann seine Frau und dann sich selbst erschossen. Die Tat habe sich auf einem Reiterhof ereignet, den die Zeitung mit Namen und genauer Ortsangabe nennt. Die Beteiligten werden mit Vornamen und abgekürztem Nachnamen sowie ihrem Alter genannt. Der Arzt habe in einer Tagesklinik in einem von der Redaktion genannten Stadtteil einer Großstadt bis vor kurzem als Gynäkologe gearbeitet. Er sei Spezialist für Regelbeschwerden gewesen. Kürzlich sei die Frau aus der gemeinsamen Wohnung ausgezogen. Die Zeitung nennt auch den bis zu diesem Zeitpunkt gemeinsamen Wohnort, in dem etwas über tausend Menschen leben. Der Artikel enthält in der dem Presserat vorgelegten Version drei Fotos. Davon zeigt eines den Arzt in seinem Behandlungszimmer. Im Hintergrund ist das linke Bein einer Patientin zu sehen, die auf einem gynäkologischen Behandlungsstuhl liegt. Der Beschwerdeführer – ein Nutzer des Online-Portals der Zeitung – hält die Veröffentlichung für nicht vereinbar mit dem Pressekodex. Die Bildauswahl sei pietätlos. Ein Bild aus dem Berufsalltag des Arztes zeige diesen unverpixelt und eine Frau, die mit gespreizten Beinen auf einem Behandlungsstuhl liege. Dieses Bild hätte nicht veröffentlicht werden dürfen. Es habe überdies mit der Tat, über die die Redaktion berichte, nichts zu tun. Der Presserat hat das Verfahren im Hinblick auf einen möglichen Verstoß gegen Ziffer 8 des Pressekodex (Persönlichkeitsrechte) erweitert, weil die Zeitung identifizierend über Täter und Opfer berichtet hat. Die Zeitung wurde erneut um eine Stellungnahme gebeten. In der nunmehr vorgelegten Version ist das kritisierte Bild nicht mehr enthalten. Nach Meinung des stellvertretenden Chefredakteurs ist die Berichterstattung in Wort und Bild nicht zu beanstanden. Anders als der Beschwerdeführer ist er der Meinung, dass die soziale und berufliche Herkunft des Täters angesichts des dramatischen Tatverlaufes bei der Berichterstattung eine Rolle spielen dürfe. Zum anderen sei auf dem zunächst veröffentlichten Foto neben dem Täter keine andere Person erkennbar.

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