Wie hat der Presserat entschieden?
Rüge, Missbilligung oder Hinweis, wie hat der Presserat entschieden? Hier können Sie online in der Spruchpraxis des Presserats eine Auswahl an Beschwerdefällen von 1985 bis heute recherchieren.
Bitte beachten: Im Volltext abrufbar sind nur Entscheidungen mit den Aktenzeichen ab 2024, z.B. 0123/24/3-BA!
Sie müssen dazu immer das volle Aktenzeichen eingeben, also 0123/24/3-BA.
Nach detaillierten Richtlinien (z.B. 8.1) können Sie erst ab den Fällen aus 2024 recherchieren. Ältere Fälle werden nur unter der entsprechenden Ziffer (z.B. 8) angezeigt.
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155 Entscheidungen
Ein regionales Internet-Portal berichtet, ein Krankenhaus in seinem Einzugsgebiet erweitere aufgrund der Corona-Pandemie seine Kapazitäten. Dem Artikel beigestellt ist ein Foto von der Corona-Station. Die Bildunterschrift lautet: „Auf der rasch eingerichteten Covid-19-Station versorgen Ärzte und Pfleger der Asklepios-Klinik Schwererkrankte. Momentan sind acht Corona-Patienten in Behandlung.“ Eine Leserin der Zeitung kritisiert, dass zum Artikel ein Foto gestellt ist, das die Pflege eines Intensivpatienten abbilde. Der Intimbereich des Menschen sei deutlich sichtbar. Auch wenn die Person selbst nicht erkennbar sei, würden durch die Veröffentlichung doch die Persönlichkeitsrechte des Kranken verletzt. Die Redaktion nimmt zu der Beschwerde nicht Stellung.
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Unter der Überschrift „Start-ups bieten etwas andere Lebensmittel an“ berichtet eine Regionalzeitung über einen namentlich genannten Hersteller von Fitnessriegeln auf Insektenbasis. Dieser habe sich in Reaktion auf die Corona-Pandemie mit anderen Produzenten zusammengetan und biete Kisten mit Lebens- und Genussmitteln für das Home-Office an. Es seien alles hochwertige und besondere Lebensmittel. Mit der Kiste, die 29,99 Euro koste, spare man zwölf Euro gegenüber dem üblichen Preis. Die Zeitung gibt diese Aussage eines der Start-up-Unternehmer an die Leser weiter. Im Internet gebe es weitere Informationen zu den Firmen und ihren Produkten. Dort könnten – so die Zeitung – die Produkte auch bestellt werden. Die Redaktion nennt die Internetadresse des Anbieters. Ein Leser der Zeitung sieht kein öffentliches Interesse für diese Veröffentlichung. Im Beitrag werde der Verkaufspreis nebst Rabatt erwähnt. Es werde auch auf die Bestellmöglichkeit mit einem Link hingewiesen. Der Beschwerdeführer kritisiert den Hinweis „Hochwertige und besondere Lebensmittel“ als Werbung im redaktionellen Teil. Die Redaktionsleiterin der Redaktionsgemeinschaft, zu der die Zeitung gehört, trägt vor, dieser Artikel sei in einer Phase der Corona-Krise erschienen. Seinerzeit habe das öffentliche Leben stillgestanden. Das Angebot des Start-ups, Lebens- und Genussmittel ins Homeoffice zu liefern, habe für die Leserinnen und Leser einen mehrfachen Informationswert gehabt. Den Vorwurf des werblichen Aspekts der Berichterstattung weist die Redaktion zurück. Man habe in dieser Hinsicht keinerlei Interessen. Sollte der Eindruck eines werblichen Hintergrunds entstanden sein, so bedauere die Redaktion das sehr.
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Das Internet-Portal einer Regionalzeitung berichtet unter der Überschrift „Coronavirus in Deutschland: Fatale Prognose für den Sommer! Experten sind sich sicher, dass…“ über den Stand der Corona-Pandemie in Deutschland und Prognosen für den weiteren Verlauf. In einem Zwischentitel wird auf eine „Horror-Prognose“ von Wissenschaftlern der University von Washington in Seattle hingewiesen. Diese hätten für Deutschland berechnet, wie es in der Corona-Krise weitergehen könnte. Resultat: Der Höhepunkt der Krise stehe noch bevor. Ein Nutzer des Internet-Portals kritisiert eine nach seiner Ansicht fehlende Quellenrecherche. Der Autor stelle sowohl die prognostizierten Zahlen als auch den Zusammenhang grob fehlerhaft dar. Er berichte über Prognosezahlen, die denen der Quelle nicht entsprächen. Zum anderen beschreibe er unter Berufung auf diese Quelle den Höhepunkt der Corona-Krise für August. Tatsächlich vermittle die Quelle anschaulich, dass der Höhepunkt für Deutschland bereits Mitte April 2020 erreicht war. Dazu reicht der Beschwerdeführer eine entsprechende Projektion ein. Die Rechtsvertretung des Internat-Portals teilt mit, zum Berichtszeitpunkt habe die Prognose der angegebenen Quelle den im Artikel wiedergegebenen Zahlen entsprochen. Erfreulicherweise habe es danach eine aus deutscher Sicht positive Entwicklung geben, die sich auch in der günstigeren Prognose der University of Washington niedergeschlagen habe. Wenn der Beschwerdeführer Tage später auf die entsprechend abgeänderte Prognose zugreife, ergebe sich zwangsläufig eine Diskrepanz zu den vorher im Artikel genannten Zahlen.
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Ein Nachrichtenmagazin berichtet über eine Studie, der zufolge die Sars-CoV2-Viren langlebiger seien als zunächst angenommen. Überschrift: „16 Stunden in der Luft: US-Forscher finden heraus, wie lang Sars-CoV-2 infektiös bleibt“. Die gängige Meinung der Virologen sei, dass das Coronavirus zwar sehr ansteckend sei, aber fast nur durch Tröpfchen übertragen werde. Das heißt, ein Infizierter müsse einem anderen Menschen schon nahekommen, damit die Viren beim Husten, Niesen oder Sprechen ein neues Opfer fänden. Mehr als 1,5 bis zwei Meter könnten die Tropfen nicht fliegen. Dann sänken sie zu Boden, die Virenlast verdünne sich in der Luft und die Erreger verlören nach wenigen Stunden ihr Ansteckungspotential. Das Magazin fährt in seinem Bericht fort. So eindeutig und kurzlebig sei das Ansteckungsrisiko wohl nicht. Die Viren gelangten auch mit dem feinen Nebel, den jeder Mensch beim Ausatmen abgebe, in die Luft. Und dort hielten sie sich besser und länger als anfangs vermutet. Das legten zumindest mehrere Studien nahe. Ein Leser des Magazins kritisiert, im Artikel werde unterschwellig zwar darauf verwiesen, dass der Artikel auf einer ungeprüften Studie basiere. Aber mit der Überschrift werde eine Wahrheit suggeriert, die es nicht gebe. Die Rechtsvertretung des Magazins erwidert dem Beschwerdeführer, mehr Ausgewogenheit und Zurückhaltung – wie von der Redaktion in diesem Fall geübt – seien wohl kaum möglich. Es bleibe aber trotzdem eine für die Allgemeinheit bedeutsame Information: dass die Forschungsergebnisse auf Ansteckungswege hinwiesen, die möglicherweise noch nicht genügend berücksichtigt worden seien. Dies könne für den Einzelnen durchaus ein Grund sein, die Vorgaben (Abstand, Maske) ernster zu nehmen, als dies womöglich in Unkenntnis solcher Studien der Fall wäre. In jedem Fall habe die interessierte Öffentlichkeit das Recht darauf, von den Medien über die aktuelle Studienlage informiert zu werden.
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Die ersten Corona-Fälle in Mecklenburg-Vorpommern sind Thema in einer Regionalzeitung. Ein Ehepaar, dessen Wohnort die Zeitung nennt, habe sich auf einem Kongress in Süddeutschland angesteckt. Das Alter der Infizierten wird genannt und auch ihre Symptome. Die Redaktion veröffentlicht einen Text mit näheren Details. Jetzt ist die Rede von einem Professor und dessen Frau. Details des Kongresses, wo sich die beiden angesteckt haben, werden genannt. Sie wenden sich mit einer Beschwerde an den Presserat. Die Zeitung habe viele Details genannt. Diese ermöglichten es mit einfachsten Mitteln, sie zu identifizieren. Kurz nachdem das Ehepaar positiv getestet worden sei, hätten Mitarbeiter der Zeitung angerufen, um Details zu erfahren. Es hätte auf die Journalisten-Fragen nicht antworten können, nachdem es gerade erst von der schwerwiegenden Infektion erfahren habe. Die Beschwerdeführer hatten sich am Tag der Berichterstattung an den Chefredakteur gewandt. Dieser habe umgehend per E-Mail geantwortet. Er könne die Reaktion der Eheleute sehr gut verstehen. Er verweist jedoch auf das große Informationsbedürfnis der Bürgerinnen und Bürger zum Coronavirus. Es sei auch von öffentlichem Interesse zu erfahren, wie das Virus nach Mecklenburg-Vorpommern gekommen sei. Diese Aufklärungs- und Öffentlichkeitsarbeit trage auch dazu bei, dass die Menschen wüssten, wie sie sich zu verhalten hätten. Der Chefredakteur teilt nicht die Meinung der Beschwerdeführer, dass sie durch die Berichterstattung leicht zu identifizieren seien.
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„Ganze Stadt in Brandenburg unter Corona-Quarantäne“ – titelt eine Boulevardzeitung online. Im Bericht geht es um Quarantäne-Maßnahmen nach einem Coronavirus-Verdacht. Neustadt/Dosse sei eine kleine Stadt im Nordwesten Brandenburgs. Sie liege im Landkreis Ostprignitz-Ruppin und habe 3452 Einwohner. Bis zu 2250 Menschen befänden sich in häuslicher Quarantäne. Die Zeitung beruft sich auf eine Mitteilung des Landratsamtes. Die isolierten Menschen seien über mehrere Landkreise Brandenburgs und auf weitere Bundesländer verteilt. Der Landkreis habe sich zugleich von zuvor genannten deutlich höheren Zahlen distanziert. Der Amtsdirektor der Kleinstadt habe zunächst von 4000 bis 5000 Menschen in Quarantäne gesprochen. Ein Leser der Zeitung wendet sich mit einer Beschwerde an den Presserat. Er trägt vor, es sei unklar, wie viele Menschen in diesem Zusammenhang in Brandenburg isoliert worden seien. Zum Zeitpunkt der Veröffentlichung sei die Zahl 4000 bis 5000 falsch gewesen. Die amtlichen Stellen könnten diese Zahlen nicht bestätigen. Die Chefredaktion nimmt zu den sachlichen Aspekten der Beschwerde nicht Stellung.
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„Top-Virologe erhöht Corona-Alarmstufe auf Orange: 5 Verhaltensregeln sollten Sie beachten – Video“ – unter dieser Überschrift berichtet ein Nachrichtenmagazin online über die neueste Entwicklung der Virus-Krise. Nachdem das Coronavirus von der WHO bereits als Pandemie eingestuft worden sei, habe Top-Virologe Alexander Kekulé das sogenannte „Personal Alert Level“ (PAL) von Gelb auf Orange, also die dritthöchste Stufe gesetzt. Auf dieser Stufe sind persönliche Schutzmaßnahmen gegen das Virus notwendig. Anders als die Maßnahmen der Weltgesundheitsbehörde (WHO) oder von nationalen Regierungen richtet sich das PAL an jeden Einzelnen und gibt fünf konkrete Handlungsempfehlungen zum persönlichen Schutz. Ein Leser des Magazins hält die Überschrift in Anbetracht der aktuellen Pandemie für unnötig dramatisiert und verunsichernd. Der Artikel enthalte Verhaltenstipps, die seit längerem von offiziellen Stellen ausgegeben worden seien. Die Rechtsvertretung des Magazins teilt mit, dieses habe über den Vorgang berichtet, weil eine derartige Einschätzung eines der führenden und bekanntesten Fachwissenschaftler Deutschlands naturgemäß auf sehr großes Informationsinteresse stoße. Gerade in der fraglichen Zeit zu Beginn der Pandemie habe buchstäblich ganz Deutschland an den Lippen der Virologinnen und Virologen gehangen. Medien wie das Nachrichtenmagazin hätten ihrerseits zum besonnenen Umgang der Bevölkerung mit der Pandemie-Situation beigetragen, in dem sie diese sachlichen Statements auch für diejenigen Menschen erschlossen hätten, die nicht auf Twitter seien oder tagsüber die Pressekonferenzen verfolgen könnten.
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„Warum ich bei Heinsberg an den Kongo denken muss“ – so überschreibt eine Boulevardzeitung online einen Bericht über den Corona-Ausbruch in Heinsberg. Die Autorin schreibt, sie fühle sich erinnert an ihre Zeit im Kongo, als dort die Seuche Ebola ausgebrochen sei. Zum Bericht gestellt ist ein Foto, das die Reporterin vor einem klStapel Särge zeigt. Ein Leser der Zeitung sieht eine unangemessen sensationelle Darstellung durch das Foto mit den Särgen und den Hinweis auf Ebola. Die Berichterstattung sei geeignet, Panik in der Bevölkerung zu schüren. Die Zeitung nimmt zu der Beschwerde nicht Stellung.
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„Das Klinikum Offenburg sucht händeringend Helfer!“ Unter dieser Überschrift erscheint eine Meldung online in einer Boulevardzeitung. Ein Leser der Zeitung sieht in der Veröffentlichung einen Verstoß gegen Ziffer 2 des Pressekodex (Journalistische Sorgfaltspflicht). Entgegen der Behauptung im Artikel habe das Klinikum Offenburg – weder in der Corona-Krise noch davor – händeringend Helfer gesucht. Dies sei eine Falschmeldung. Die Zeitung will inhaltlich zu der Beschwerde nicht Stellung beziehen.
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Überschrift „Michael Schumacher: Endlich! Jetzt redet Sohn Mick Klartext: ´Die Gesundheit…´“. Im Beitrag geht es um die Neuansetzung eines wegen der Corona-Krise abgesagten Charity-Fußballspiels, an dem auch Michael Schumachers Sohn Mick teilnehmen werde. Kurz darauf veröffentlicht die Zeitung einen Artikel unter der Überschrift „Michael Wendler: Laura Müller macht Schluss – sie kündigt an…“ Hier geht es um den Plan der Freundin des Sängers Michael Wendler, sich ihre langen Haare kürzen zu lassen. Zu dieser Zeit erscheint ein Beitrag mit der Überschrift „Corona: Staat gibt zu - ´Es wurden geheime Lager angelegt, um…´“. Der Artikel beschäftigt sich mit dem Kaufverhalten der Deutschen im Zuge der Corona-Krise und möglichen Engpässen bei der Warenversorgung. Die Redaktion teilt mit, dass der Staat für Notfälle Lebensmittellager angelegt habe, um die Versorgung mit Grundnahrungsmitteln zu gewährleisten. Ein Leser der Zeitung wendet sich mit Beschwerden zu diesen drei Beiträgen an den Presserat. Er kritisiert, dass die Überschrift des ersten Artikels suggeriere, dass es in dem Beitrag Neuigkeiten über den Gesundheitszustand von Michael Schumacher durch seinen Sohn gebe. Das genannte Zitat beziehe sich jedoch auf die Gesundheit der Teilnehmer an dem Charity-Spiel. Die Überschrift des zweiten Artikels erwecke beim Leser den falschen Eindruck, als wolle sich die Freundin von Michael Wendler von diesem trennen. Die dritte Veröffentlichung beziehe sich auf eine Interview-Aussage von Landwirtschaftsministerin Julia Klöckner, die auf die existierenden Notfallreserven hingewiesen habe. Sie habe dabei weder etwas „zugegeben“, noch sei die Existenz der Lager „geheim“. Lediglich ihre Standorte seien nicht bekannt. Die Überschrift sei daher nicht korrekt, sondern irreführend und unangemessen. Der Beschwerdeführer spricht davon, dass hier „Clickbaiting“ vorliege (etwa „Jagd auf Clicks um jeden Preis“). Das werde von der Zeitung mit System betrieben. Die Redaktion verfälsche mit Überschriften Informationen und untergrabe damit Ansehen und Glaubwürdigkeit der Medien. Die Rechtsabteilung des Verlages führt aus, der Beschwerdeführer versuche offensichtlich, den Presserat für seinen eigenen Feldzug gegen ihm unerwünschte Medien zu instrumentalisieren. So greife er mit seinen Beschwerden nicht etwa einzelne Veröffentlichungen an, sondern richte sich vielmehr gegen die Online-Ausgabe als solche. Im Zusammenhang mit der Veröffentlichung über die vom Staat vorgehaltenen Lebensmittellager räumt die Rechtsvertretung ein, dass der Artikel in Kombination mit der gewählten Überschrift nicht den üblichen redaktionellen Standards entspreche. Er sei zwischenzeitlich online nicht mehr abrufbar.
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