Entscheidungen finden

Wie hat der Presserat entschieden?

Rüge, Missbilligung oder Hinweis, wie hat der Presserat entschieden? Hier können Sie online in der Spruchpraxis des Presserats eine Auswahl an Beschwerdefällen von 1985 bis heute recherchieren.

Bitte beachten: Im Volltext abrufbar sind nur Entscheidungen mit den Aktenzeichen ab 2024, z.B. 0123/24/3-BA!
Sie müssen dazu immer das volle Aktenzeichen eingeben, also 0123/24/3-BA.

Nach detaillierten Richtlinien (z.B. 8.1) können Sie erst ab den Fällen aus 2024 recherchieren. Ältere Fälle werden nur unter der entsprechenden Ziffer (z.B. 8) angezeigt.

Sie haben Fragen zu unseren Sanktionen? Hier finden Sie Erläuterungen.

 

Entscheidungsjahr
7055 Entscheidungen

Symbolfoto diskriminiert niemanden

„Mann verweigert Tragen von Mundschutzmaske und bedroht Menschen in Schwerin“ – so überschreibt eine Regionalzeitung online ihren Bericht über einen Vorfall in ihrem Verbreitungsgebiet. Im Beitrag geht es um einen Schweriner, der in einem Laden keine Maske tragen wollte und später Personen in der Stadt mit einem Messer bedrohte. Die Redaktion illustriert den Text mit einem Symbolfoto. Dieses zeigt eine Hand, die ein Messer hält. Die Haut wirkt dunkel. Der Daumen ist allerdings hell. Ein Leser der Zeitung hält das Symbolbild für diskriminierend. Im Bericht werde über das Aussehen des Täters keine Aussage gemacht. Es heiße nur, dass der Mann Schweriner sei. Das Bild könnte unnötigerweise Vorurteile schüren und sollte daher entfernt werden. Der Rechtsvertreter der Zeitung verweist auf das Originalfoto, das der Redaktion von einer Agentur geliefert worden sei. Es zeigte den unteren Teil des Unterarms und die Innenseite der Faust eines hellhäutigen Mannes. Die Faust umklammere ein Messer. Unterarm, Faust und Messer – so der Rechtsvertreter weiter – lägen im Schatten; ein kleiner Bereich des Daumens werde von der Sonne angestrahlt. Durch diesen Kontrasteffekt wirke die von der Sonne angestrahlte Haut dunkler. Dennoch sei klar, dass der Betreffende ein Mann typischerweise aus Nord- oder Mitteleuropa sei. Zu dem Zeitpunkt, als die Redaktion Kenntnis von der Beschwerde erhielt, habe sie bereits das Foto durch ein anderes ersetzt.

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Eine Bildaussage wurde falsch interpretiert

„Rassismus versus Zivilcourage: Amerika, wohin gehst du?“ – unter dieser Überschrift beschreibt ein Kommentator in einer Regionalzeitung den Zustand der amerikanischen Gesellschaft. Der Beitrag enthält ein Foto aus dem Video von der Tötung des Afroamerikaners George Floyd durch einen weißen Polizisten in Minneapolis. Der Kommentar selbst enthält diese Passage: „Die linke Hand hält er in der Tasche seiner Uniformhose gesteckt. Als ob er dort nach den Autoschlüsseln oder dem Feuerzeug für die nächste Kippe kramen würde, während sein Opfer ein ums andere Mal ´I can´t breathe“ – ´ich kann nicht atmen´ - stammelt.“ Ein Leser wendet sich wegen dieser Passage mit einer Beschwerde an den Presserat. Er sieht darin einen Verstoß gegen die journalistische Sorgfaltspflicht nach Ziffer 2 des Pressekodex. Auf dem Bild, das dem Kommentar zugeordnet sei, sei die linke Hand nicht in der Hosentasche. Durch die Behauptung von der lässigen Hand in der Hosentasche werde beim Leser das Bild eines Polizisten erzeugt, der lässig und gedankenlos sein Opfer tötet. Die Redaktion räumt ein, dass der Polizist Derek Chauvin nicht die Hand in der Hose habe, sondern offenbar dunkle Handschuhe trage und sich auf die Uniformhose stütze. Dieser Irrtum sei bedauerlich. Er sei mehreren Kollegen, die mit dem Bild im Produktionsverlauf zu tun gehabt hätten, nicht aufgefallen.

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Polizei: Gewalt muss verhältnismäßig sein

„Derek Chauvin: Das ist der Mann, der den US-Protest auslöste“ – so lautet die Überschrift über einem Beitrag in einer Großstadtzeitung. Im Anreißer heißt es: „Derek Chauvin ist der Mann, der die Massenproteste auslöste. Was weiß man über den Polizisten, der George Floyd umgebracht haben soll?“ Der Artikel beginnt mit dem Satz: „Der Mord an George Floyd sorgt weltweit für Entsetzen.“ Später heißt es dann, Chauvin sei wegen Mordes „angeklagt“. Der Vorwurf laute Mord zweiten Grades, was mit dem deutschen Tatbestand des Totschlags in besonders schwerem Fall zu vergleichen sei. Ein Leser der Zeitung sieht einen Verstoß gegen die in Ziffer 13 des Pressekodex verankerte Unschuldsvermutung. Die Polizei sei zur Erfüllung ihrer Aufgaben ermächtigt, Gewalt anzuwenden, sofern diese verhältnismäßig sei. Zu entscheiden, ob die von Polizeibeamten ausgeübte Gewalt gegen George Floyd verhältnismäßig gewesen sei, müsse ein amerikanisches Gericht auf der Grundlage der dortigen Rechtslage entscheiden. Bis zu einer etwaigen Verurteilung seien die Polizeibeamten daher als unschuldig und nicht als Beteiligte an einem Mord zu betrachten. Die Redaktion habe aber den Todesfall als Mord eingestuft. Erschwerend komme hinzu, dass sie den verantwortlichen Täter Derek Chauvin mit seinem vollen Namen und sogar in der Überschrift nenne. Die vorverurteilende Wirkung werde noch durch den Hinweis am Beginn des Artikels verstärkt, gegen Derek Chauvin seien schon „vor dem Mord an George Floyd“ 18 Beschwerden erhoben worden. Die Redaktion habe in diesem Kontext nicht darauf hingewiesen, dass sich diese Beschwerden im Verlauf von nahezu zwei Jahrzehnten angesammelt hätten. Die Rechtsabteilung der Zeitung widerspricht der Beschwerde. Der Artikel sei nach den Maßstäben der Verdachtsberichterstattung zulässig. Die gebotene Sorgfalt sei gewahrt worden. Das Video von dem Vorfall lasse keinen Zweifel am Vorliegen eines Mindestmaßes an Beweisen aufkommen. Zudem habe ein außergewöhnlich hohes Informationsinteresse der Öffentlichkeit an dem Vorgang bestanden. Der Name des Polizisten, der George Floyd getötet habe, sei zum Zeitpunkt der Berichterstattung weithin bekannt gewesen. Schon aufgrund des für jedermann zugänglichen Videos habe keine Gefahr der Vorverurteilung bestanden.

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Für Foto gab es keine Einwilligung

Eine Boulevardzeitung berichtet online über den Absturz eines Ultraleichtflugzeuges, dessen Pilot bei dem Unfall getötet wurde. Der Mann wird als „Andreas H. (61) bezeichnet. Ein Foto zeigt ihn unverpixelt. Die Zeitung berichtet, der Mann sei früher Fallschirmspringer gewesen. Gemeinsam mit 213 anderen Springern habe er 2014 in Arizona einen Weltrekord im Formationsspringen aufgestellt. Zur Illustration ist dem Bericht das Foto von Fallschirmsportlern beigestellt, die gerade aus einem Flugzeug springen. Eine Leserin der Zeitung kritisiert, dass der Tote durch die Berichterstattung identifizierbar wird. Das Foto sei von seiner Facebook-Seite heruntergeladen worden, ohne dass die Hinterbliebenen darüber informiert worden seien bzw. ihre Einwilligung dazu gegeben hätten. Das zum Bericht veröffentlichte Foto von Fallschirmspringern erwecke den Eindruck, als sei es beim Weltrekord in Arizona aufgenommen worden. Dies sei jedoch nicht der Fall. Das Bild sei bei einem Trainingssprung in Spanien entstanden. Die Beschwerdeführerin kritisiert auch die Mitteilung der Zeitung, der Verstorbene habe zu Lebzeiten mehrere Vorträge an seinem Wohnort gehalten. Es sei nur ein Vortrag gewesen. Die Rechtsabteilung der Zeitung teilt mit, Videos von dem Weltrekord im Jahr 2014 seien mühelos im Internet zu finden. Bei dem Mann handele es sich demnach um eine Person des öffentlichen Lebens, dessen Bild ebenso veröffentlicht werden dürfte, wie die von anderen Sport-Weltmeistern. Auch die Bildunterschrift sei nicht zu beanstanden, weil darin nicht behauptet werde, dass das Foto in Arizona entstanden sei. Das Bild hätte überall in der Welt aufgenommen werden können und habe damit lediglich symbolischen Charakter. Dass im Beitrag von mehreren Vorträgen die Rede sei, sei eine ärgerliche redaktionelle Ungenauigkeit, die aber im Kontext des Artikels nebensächlich sei.

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Im Fall Olof Palme eine Wertung abgegeben

Ein Nachrichtenmagazin berichtet online unter der Überschrift „Der Mörder tarnte sich als Zeuge“, die schwedische Kripo habe den Mord an Ministerpräsident Olof Palme nach mehr als drei Jahrzehnten aufgeklärt. Es sei der „Skandia-Mann“ gewesen, ein Einzeltäter, den die Polizei gut gekannt habe. Ein Leser bezeichnet die Berichterstattung als grob falsch. Der Mord an Olof Palme sei nicht aufgeklärt worden. Das Verfahren sei ergebnislos eingestellt worden. Stig Engström sei lediglich der einzig verbleibende Verdächtige, gegen den nach seinem Tod nicht mehr ermittelt werden könne. Die Rechtsvertretung des Magazins stellt fest, dass der Beschwerdeführer in der Sache richtig liege. Er verkenne allerdings, dass es der Presse nicht verwehrt sei, auf Grundlage einer entsprechenden – hier zweifellos gegebenen und von den schwedischen Strafermittlern in gleicher Weise gewürdigten Tatsachenbasis selbst eine Wertung zu treffen und sich eine entsprechende Wertung anderer zu eigen zu machen, wenn der Täter verstorben und eine gerichtliche Aufarbeitung damit nicht mehr möglich sei. In einem solchen Fall müssten die Medien sich im Fall einer Berichterstattung nicht strikt am Verdachtsmodus festhalten. Auch wenn der Mordfall in dem Beitrag als „gelöst“ bzw. „aufgeklärt“ bezeichnet wird, werde der Leser nicht im Unklaren darüber gelassen, dass es sich um eine Wertung handelt. Im Bericht werde auch nicht verschwiegen, dass es „viele konkurrierende Thesen und Spekulationen über Tat und Täter gibt, von denen jede ihre glühenden Verfechter hat“. Die Rechtsvertretung schließt ihre Stellungnahme mit der Anmerkung, es sei nicht ersichtlich, weshalb es presseethisch zu beanstanden sein sollte, dass die Redaktion die Verlautbarung der schwedischen Polizei zum Abschluss der Mordermittlungen im Fall Palme zum Anlass genommen hat, das Verbrechen als „aufgeklärt“ und den Fall als „gelöst“ zu bewerten.

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Aussage ungenau wiedergegeben

Ein Recherchenetzwerk veröffentlicht online den Bericht „´Widerstand 2020´: Was steckt hinter der Corona-Protestpartei?“ Eine Passage lautet: „Eine richtige Partei ist der ´Widerstand´ derweilen noch gar nicht. Parteienrechtlerin Sophie Schönberger (…) erklärt: ´Um eine Partei zu sein, braucht man ein Mindestmaß an politischem Programm´“. Zum jetzigen Zeitpunkt sei die Parteieigenschaft damit ausgeschlossen, so Schönberger. Auf der Seite der Gruppierung wird zudem zu anonymen Spenden aufgerufen – das ist schlichtweg mit dem Parteiengesetz nicht vereinbar.“ Eine Leserin sieht durch die Veröffentlichung presseethische Grundsätze verletzt. Der Artikel suggeriere, anonyme Spenden seien laut Parteiengesetz nicht erlaubt. „Widerstand 2020“ würde somit illegales Handeln unterstellt. Das Parteiengesetz erlaube jedoch die Entgegennahme von anonymen Spenden bis zu 500 Euro. Weiterhin sei fraglich, warum RND einerseits schreibe, „Widerstand 2020“ sei keine richtige Partei, anderseits aber das Parteiengesetz als Maßstab nehme. RND gibt der Beschwerdeführerin Recht. Die Aussage im Text, anonyme Spenden seien verboten, sei nicht richtig. Es gebe in der Tat eng begrenzte Ausnahmen. Der Fehler sei aufgrund einer ungenauen Wiedergabe der Aussage der Parteienrechtlerin Sophie Schönberger passiert. RND habe den Fehler umgehend korrigiert.

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Verwerfliche Tat an einem kleinen Jungen

Eine Lokalzeitung veröffentlicht gedruckt einen Beitrag unter der Überschrift „Was geschah im Haus 9b?“ In der Online-Version lautet die Überschrift „Kindermord-Prozess: Was geschah im Haus 9b?“ Die Artikel sind nahezu textidentisch. Thema ist jeweils der Prozess gegen Sylvia D., die ihren Pflegesohn Jan getötet haben soll. Die Tat ereignete sich Ende der achtziger Jahre. Mutter und Vater waren Mitglieder einer sektenähnlichen Gruppe, wie die Redaktion schreibt. Ein Aussteiger habe schwere Vorwürfe gegen die Sekte erhoben. 2015 seien Ermittlungen aufgenommen und 2017 die Mordanklage erhoben worden. Der Sohn soll in einem Sack geknebelt und verschnürt worden sein. Im Beitrag wird die genaue Adresse genannt; die Hausnummer wird auch im Bild gezeigt. Der Beschwerdeführer – ein Leser der Zeitung – sieht einen Verstoß gegen Ziffer 8 des Pressekodex (Schutz der Persönlichkeit). Die Veröffentlichung der genauen Adresse der Angeklagten sei eine grobe Verletzung ihrer Persönlichkeitsrechte. Die Adresse – so der Beschwerdeführer – trage zu dem Fall keine Sachinformation bei und könne daher nicht im Interesse der Öffentlichkeit sein. Die Veröffentlichung gefährde die Angeklagte. Dies vor allem, wenn man die ganze abwertende und verunglimpfende Berichterstattung hinzunehme. So bewertet der Beschwerdeführer die Begriffe „Sekte“, „Sektenführerin“, „Aussteiger“ etc. Die Art der Berichterstattung leiste einem Sensationstourismus Vorschub. Die Redaktionsleiterin spricht von einem der spektakulärsten Fälle der jüngeren Stadtgeschichte, der auch bundesweit für ein großes Medienecho gesorgt habe. Augenscheinlich gehe es in diesem Fall um eine sektenähnliche Gruppierung mit Frau D. als Anführerin. Die Staatsanwaltschaft werfe ihr vor, vor dreißig Jahren ihren kleinen Pflegesohn ermordet zu haben. Nach Darstellung der Redaktionsleiterin habe die Adresse der Frau im Prozess eine zentrale Rolle gespielt. Sie sei von der Verteidigung und von der Staatsanwaltschaft mehrmals erwähnt worden. Zum anderen lebten neben dem kleinen Jan auch andere Pflegekinder bei dem Ehepaar.

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Leser fühlt sich wie im Mittelalter

„Wir haben sehr viele schimmlige Sachen gegessen“ – unter dieser Überschrift berichtet eine Boulevardzeitung online über einen Mordprozess, der in einer hessischen Stadt stattfindet. Sylvia D. wird vorgeworfen, vor mehr als 30 Jahren ihren Pflegesohn misshandelt und getötet zu haben. Der Beitrag ist mit einem unverpixelten Foto von Sylvia D. bebildert. Im Bericht wird die Frau unter anderem auch als“ Hexe“ bezeichnet. Darin sieht ein Leser der Zeitung eine Verletzung der Menschenwürde nach Ziffer 1 des Pressekodex. Man fühle sich ins Mittelalter zurückversetzt, als man einen Sündenbock für Missstände benötigte. Sylvia D. sei auf dem Foto eindeutig zu erkennen. Das verletze ihre Persönlichkeitsrechte. Frau D. sei weder in der Öffentlichkeit bekannt, noch suche sie diese. Auch sei die Tat nicht in der Öffentlichkeit geschehen. Der Beschwerdeführer vermag nicht zu erkennen, wo ein berechtigtes Interesse der Öffentlichkeit den Schutz der Persönlichkeit überwiegen sollte. Besonders verwerflich sei die Veröffentlichung des Fotos in Kombination mit der Bezeichnung „Hexe“. Die Rechtsabteilung der Zeitung sieht keinen Grund, warum der bewertende Begriff „Hexe“ und die unverpixelte Abbildung von Sylvia D. im Gerichtssaal presseethisch zu beanstanden seien. Im Beitrag solle darauf aufmerksam gemacht werden, dass die Angeklagte eine Kultistin mit eigener Anhängerschaft sei. So sei Sylvia D. im laufenden Prozess von Sektenaussteigern schwer belastet worden. Es sei beispielsweise immer noch unklar, was der innerhalb ihrer Sekte zur Bezeichnung eines Menschen verwendete Ausdruck „Schwarze Katze“ bedeute. Vor diesem Hintergrund und mit Blick auf den wertenden Charakter der Bezeichnung „Hexe“ sei ein Verstoß gegen presseethische Grundsätze nicht gegeben. Resümee der Stellungnahme der Rechtsabteilung: Die Öffentlichkeit habe einen Anspruch darauf, sich einen Eindruck von der in öffentlicher Hauptverhandlung vor Gericht stehenden Angeklagten auch visuell personalisiert verschaffen zu können.

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Rechtsabteilung gibt dem Beschwerdeführer Recht

„Die Mehrwertsteuersenkung soll ohne neue Preisschilder funktionieren“ titelt en Nachrichtenmagazin online. Im Beitrag geht es um die Umsetzung der befristeten Steuersenkung. Unter anderem heißt es im Text: „Für preisgebundene Artikel wie Bücher, Zeitungen und rezeptpflichtige Arzneimittel gilt die befristete Steuersenkung nicht.“ Aus Sicht eines Lesers des Magazins gaukelt das Zitat dem Konsumenten vor, dass Verlagserzeugnisse nicht verbilligt angeboten können, weil eine Steuersenkung für die eigenen Produkte nicht vorgesehen ist. Richtig sei vielmehr, dass preisgebundene Artikel sehr wohl unter den Regelungsbereich der zeitweilig abgesenkten Mehrwertsteuersätze fielen. Lediglich die Verbraucherpreise blieben unverändert. Das Justiziariat des Magazins gibt dem Beschwerdeführer in der Sache Recht. Die Redaktion verwahre sich jedoch gegen seine Unterstellung eines – gar bewussten – Verstoßes gegen presseethische Sorgfaltsanforderungen. Der Beschwerdeführer weise zu Recht darauf hin, dass die fragliche Aussage unzutreffend ist. Tatsächlich gelte auch für diese Produktgruppen der ermäßigte Steuersatz. Ausgenommen seien sie lediglich von Sonderregelungen, die für andere Warenkategorien gelten. Die Redaktion habe die Beschwerde zum Anlass genommen, den fraglichen Satz aus der Meldung zu streichen und dies den Lesern gegenüber transparent gemacht.

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Im Rahmen der Nothilfe dreimal gefeuert

„Staatsanwalt prüft Anklage wegen Mordes im Fall Brooks“ titelt eine Wochenzeitung online über einen tödlichen Polizeieinsatz gegen einen Afroamerikaner in Atlanta/ (Georgia). Die Zeitung beschreibt den Hergang des Vorgangs wie folgt: „Brooks war am Freitagabend von der Polizei kontrolliert worden und hatte eine Alkoholkontrolle nicht bestanden. Die Polizisten versuchten, ihn in Gewahrsam zu nehmen, und setzten dabei einen Elektroschocker ein. Es kam zu einem Handgemenge. Brooks konnte dem Beamten den Elektroschocker entwenden und fliehen, woraufhin einer der Beamten Schüsse auf ihn abgab.“ Aus Sicht eines Lesers der Zeitung suggeriert der Bericht, US-amerikanische Polizisten hätten einen Afroamerikaner allein deshalb erschossen, weil er einen Elektroschocker entwendet und versucht habe, zu fliehen. Es werde mehr oder weniger behauptet, Polizisten hätten einer wehrlosen Person in den Rücken geschossen. Wie sich aus einer Videoaufnahme des Vorfalls ergebe, habe sich der Flüchtende mit dem Taser umgedreht, auf einen Beamten gezielt und den Schocker abgefeuert. Unmittelbar danach habe ein Kollege des Polizisten im Rahmen der Nothilfe dreimal gefeuert. Die Rechtsvertretung der Wochenzeitung weist darauf hin, dass es sich bei dem Beitrag um eine Agenturmeldung handele. Hier greife das Agenturprivileg. In diesen Fall gehe es um eine strafrechtliche Beurteilung der Situation, die der Beschwerdeführer als Fall der „Nothilfe“ sehe. Aus dem Artikel und auch aus den Ausführungen des Beschwerdeführers sei ersichtlich, dass es rechtlich um eine Abwägungsfrage und nicht um die Frage gehe, ob eine Nothilfelage gegeben gewesen sei. Die juristische Einordnung, ob einem Polizisten, der einem Täter dreimal in den Rücken schieße, der Rechtfertigungsgrund zur Nothilfe zur Seite stehe, sei einer strafrechtlichen Bewertung vorbehalten.

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