Entscheidungen finden

Wie hat der Presserat entschieden?

Rüge, Missbilligung oder Hinweis, wie hat der Presserat entschieden? Hier können Sie online in der Spruchpraxis des Presserats eine Auswahl an Beschwerdefällen von 1985 bis heute recherchieren.

Bitte beachten: Im Volltext abrufbar sind nur Entscheidungen mit den Aktenzeichen ab 2024, z.B. 0123/24/3-BA!
Sie müssen dazu immer das volle Aktenzeichen eingeben, also 0123/24/3-BA.

Nach detaillierten Richtlinien (z.B. 8.1) können Sie erst ab den Fällen aus 2024 recherchieren. Ältere Fälle werden nur unter der entsprechenden Ziffer (z.B. 8) angezeigt.

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Entscheidungsjahr
6738 Entscheidungen

Das Haus des „Rambo-Gewerkschafters“

Die Online-Ausgabe eines Nachrichtenmagazins berichtet unter der Überschrift „Weselskys Altbau-Fassade: So versteckt sich Deutschlands oberster Streikführer“ über den Bundesvorsitzenden der Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL) und dessen Wohnsituation. Er lebe in einem Haus im Leipziger Stadtteil Neustadt- Neuschönefeld, „nur wenige hundert Meter vom Hauptbahnhof entfernt.“ Weiter heißt es in dem Artikel: „In der Straße haben sich Rechtsanwälte und Psychologen niedergelassen – und mittendrin lebt Weselsky in einem schmucken Altbauhaus. Die Klingelschilder zeigen zehn Wohnparteien. ´Fam. Weselsky` steht auf dem untersten. Doch eigentlich müsste der Name ganz oben stehen, denn der Wohnbereich des 55-Jährigen unterscheidet sich grundlegend von anderen Wohnungen auf dem Grundstück, wie sich nach dem Eintreten in das Gebäude zeigt. Hinter dem Eingang mit den zwei großen Säulen, führen kurz darauf ein paar Treppenstufen hinab zu einer zweiten großen Tür. Der Briefkasten mit der Aufschrift ´Fa. Weselsky´ verrät die Identität des berühmten Bewohners. Hinter der Tür öffnet sich ein Innenhof mit einem kleinen, rotverklinkerten Häuschen. Der geheime Rückzugsort des GDL-Chefs. Er lebt abgeschieden.“ (Die Fehler wurden aus dem Original übernommen). Dem Artikel sind mehrere Fotos beigestellt. Eines zeigt die Fassade des Weselsky-Wohnhauses, ein anderes das mit „Fa. Weselsky“ beschriftete Klingelschild. 34 Leser der Zeitschrift wenden sich mit Beschwerden an den Presserat. Sie sehen gleich eine ganze Reihe von Ziffern des Pressekodex verletzt. Vor allem geht es um das Persönlichkeitsrecht des Gewerkschaftsvorsitzenden und den Schutz des privaten Wohnsitzes nach Richtlinie 8.8 des Pressekodex. Die Privatwohnung Weselskys habe mit dem Lokomotivführerstreik nichts zu tun. Unterschwellig ermuntere der Beitrag die Leser, Weselsky zu Hause aufzusuchen und ihm die Meinung zu sagen. Andere Beschwerdeführer kritisieren, dass Reporter den Wohnsitz des Gewerkschaftsführers aufgesucht und fotografiert hätten, sowie mit Nachbarn gesprochen hätten. . Damit hätten sie Stalking bzw. Nachstellung im Sinne von Paragraf 238 StGB betrieben. Die Bezeichnungen des Betroffenen als „aktuell der wohl meistgehasste Deutsche“ und „Rambo-Gewerkschafter“ seien ehrverletzend und kämen dem Aufruf zu einer Hetzjagd gleich. Der Chefredakteur des Magazins spricht vom seinerzeit alles beherrschenden Thema Bahnstreik. Da habe es nahegelegen, sich mit der Person des Gewerkschaftsbosses Weselsky zu befassen. Dabei habe man auch dessen Wohnumstände geschildert. Wer sich entscheide, im öffentlichen Leben eine wichtige Rolle zu spielen, könne nicht deren Geheimhaltung beanspruchen. Im Übrigen habe die Wohnung selbst im Bericht überhaupt keine Rolle gespielt. Der Text beschränke sich auf eine allgemeine Beschreibung des Gebäudes und eine ungefähre Angabe seiner Lage. Negative Folgen des Artikels seien nicht bekannt geworden. Weselsky selbst habe keinen Anlass gesehen, die Redaktion auch nur informell zur Entfernung des Wohnhaus-Bildes aufzufordern.

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Ex-Ehefrau: „Er ist ein Diktator!“

Die Online-Ausgabe einer Regionalzeitung veröffentlicht ein Interview mit der Ex-Frau des Bundesvorsitzenden der Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL), Claus Weselsky. Überschrift: „Er ist ein Diktator!“ Die Frau wird wie folgt zitiert: „Claus Weselsky streikt schon lange nicht mehr für seine Lokführer. Er streikt nur noch für sich selbst, missbraucht das Streikrecht für sich selbst und aus purem Egoismus.“ Als Grund dafür gibt sie an: „Er ist machtversessen, wird nicht aufhören, bis er auch die Schwestergewerkschaft EVG beherrscht.“ Über die gemeinsame Beziehung sagt sie: „Er entwickelte sich zum Diktator, betrachtete alles von oben herab. Plötzlich durfte ich auch keinen Wein mehr unter 25 Euro kaufen. Das gehöre sich nicht in seinen Kreisen, sagte er arrogant.“ Geschockt habe sie feststellen müssen: „Er zahlte Miete und Strom für eine Wohnung in Leipzig, ging dort ständig essen, belog mich, knapste dafür unser gemeinsames Geld ab. Wie ich heute weiß, für eine Geliebte.“ Ein Leser der Zeitung hält die Berichterstattung für einen Verstoß gegen den Pressekodex. Es sei sachfremd und ehrenrührig, aus dem internen Persönlichkeitsbereich des Betroffenen zu berichten, ohne dass dafür ein öffentliches Interesse bestünde. Der Rechtsanwalt der Zeitung ist da anderer Meinung. Von einem Eingriff in die Intimsphäre des Betroffenen sei nicht auszugehen. Lediglich seine Privatsphäre sei betroffen. In der Beschwerde werde nicht mitgeteilt, was konkret beanstandet werde. Deshalb sei er gezwungen, es bei allgemeinen Ausführungen zu belassen, schreibt der Anwalt. Die Äußerungen der Ex-Frau seien wahrheitsgemäß wiedergegeben worden. Die Auseinandersetzung mit der Privatsphäre des Gewerkschafters sei zulässig, da es sich bei ihm um eine Person der Zeitgeschichte handele. Der Rechtsanwalt überreicht ein Anlagenkonvolut von 44 Online-Artikeln, in denen zu einem Großteil über die Person Weselskys berichtet wird. In den Berichten der unterschiedlichsten Medien sei auch die Frage nach den persönlichen Motiven und Charaktereigenschaften aufgeworfen worden. So habe der Amtsvorgänger Weselskys diesem Selbstherrlichkeit und Egoismus vorgeworfen. Selbst aus dem Gewerkschaftslager habe er harsche Kritik an seiner Person einstecken müssen. Als prominente Person – so schließt der Anwalt – müsse Weselsky auch die identifizierende Berichterstattung über sich als „Privatmann“ hinnehmen.

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„Weselsky streikt nicht mehr für die Lokführer“

„Jetzt spricht Weselskys Ex-Frau: Zu Hause war er ein Diktator“ – so berichtet die Online-Ausgabe eines Nachrichtenmagazins über ein Interview, das eine Regionalzeitung mit der Ex-Frau des Vorsitzenden der Gewerkschaft GDL geführt hat. Einige Zitate: „Claus Weselsky streikt schon lange nicht mehr für seine Lokführer. Er streikt nur noch für sich selbst, missbraucht das Streikrecht für sich selbst aus purem Egoismus.“ Als Grund dafür gibt die Frau an: „Er ist machtversessen, wird nicht aufhören, bis er auch die Schwestergewerkschaft EVG beherrscht.“ Über die gemeinsame Beziehungen sagt sie: „Er entwickelte sich zum Diktator, betrachtete alles von oben herab. Plötzlich durfte ich auch keinen Wein mehr unter 25 Euro kaufen. Das gehöre sich nicht in seinen Kreisen, sagte er arrogant.“ Mehrere Leser sehen in der Berichterstattung Verstöße gegen presseethische Grundsätze. Es sei sachfremd und ehrenrührig, aus dem intimen Bereich des Gewerkschaftsvorsitzenden zu berichten, ohne dass dafür ein öffentliches Interesse bestünde. Die persönlichen Lebensverhältnisse von Claus Weselsky seien für die Tarifverhandlungen und den Lokführer-Streik unerheblich und nicht von öffentlichem Interesse. Die Beschwerdeführer halten es für unzulässig, beides zu verknüpfen. Im Gegensatz zu den Beschwerdeführern stellt der Chefredakteur ein öffentliches Interesse für den kritisierten Beitrag fest. Er könne hunderte von Artikeln vorlegen, in denen die Frage gestellt werde, wieviel „Weselsky“ in den Streiks stecke. Der Chefredakteur zitiert Weselskys Vorgänger Schell, der festgestellt habe, dass Weselsky seinen Egoismus über alles stelle. Der kritisierte Beitrag gebe aufschlussreiche Einblicke in die Persönlichkeitsstruktur des Vorsitzenden, ohne dessen Beziehungs- oder gar Intimleben zu berühren. Der Chefredakteur hält es für ausgeschlossen, dass die Presseethik tangiert sein könnte, wenn durch Befragung des Umfelds eines Politikers, Wirtschaft- oder Gewerkschaftsführers versucht werde, dessen Persönlichkeit besser zu verstehen. Das zu recherchieren sei nicht anrüchig, sondern grundlegendes journalistisches Handwerk.

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„Abknallen aus reiner Lust am Töten“

In Eifersuchtsanfall Bardame umgebracht

„Mord wegen enttäuschter Hoffnung“ titelt die Online-Ausgabe einer überregionalen Zeitung. Es geht um eine Gerichtsverhandlung. Ein Mann muss lebenslang hinter Gitter, weil er aus Enttäuschung auf die 35jährige Bardame Natalija G. eingestochen und sie getötet hat. Der russische Ex-Soldat Jurij G. sei erst – so schreibt die Redaktion – zwei Tage zuvor aus einer Entziehungsanstalt entlassen worden. Er habe die Frau während seiner Ausgänge vom Entzug kennengelernt und ihr Avancen gemacht. Diese sei jedoch nicht mehr als an einer Freundschaft interessiert gewesen. In der Bar, in der die Frau gearbeitet habe, habe ihn ein Eifersuchtsanfall überkommen. Dabei sei die Bluttat geschehen. Ein Leser der Zeitung kritisiert die Nennung der Staatsangehörigkeit des Täters. Sie trage nichts zum Verständnis des Geschehenen bei und schüre Ressentiments gegen Menschen russischer Staatsbürgerschaft (Ziffer 12 des Pressekodex – Diskriminierungen). Der Autor des Beitrages nimmt Stellung. Der Verurteilte sei als Soldat in der damaligen DDR gewesen und habe sich überhaupt nur deshalb in Deutschland aufgehalten. Er habe vor Jahren einen Landsmann niedergestochen. Auch in diesem Zusammenhang sei die Staatsangehörigkeit von Bedeutung gewesen. Schließlich sei er damals in Richtung Osteuropa geflohen mit dem Ziel, in Russland unterzutauchen. Der Autor hält die Nennung der Staatsangehörigkeit für das Verständnis des Beschriebenen für erforderlich und zulässig.

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Unfassbar grausame Taten

Die Redaktion der Online-Ausgabe einer Boulevardzeitung beschreibt den Inhalt eines Videos, auf dem der Zeitung zufolge die Enthauptung von IS-Gefangenen – darunter der Amerikaner Peter Kassig – durch IS-Leute zu sehen ist. Nach Ansicht eines Lesers des Blattes ist der Artikel unangemessen sensationell. Die Redaktion berichtete nicht nur, dass die Gefangenen getötet worden seien, sondern schildere grausige Details. Das sei unangemessen sensationell und pietätlos. Die Rechtsabteilung der Zeitung betont, dass die Redaktion das fragliche Video gerade nicht zeige. Die bloße inhaltliche Beschreibung sei weder unangemessen sensationell noch pietätlos. Pietätlos sei vielmehr das, was auf dem Video zu sehen sei. Dies stelle der Autor auch klar, wenn er schreibe, das Gezeigte sei „pervers“ und kaum zu ertragen. Die Beschreibung des Videos sei in keiner Weise unangemessen sensationell. Der Beitrag beschreibe und analysiere lediglich, welche unfassbar grausame Taten der so genannte „Islamische Staat“ (IS) verübe. Die Redaktion sei mit diesem Artikel ihrer Pflicht zur umfassenden Information über die Vorgänge im Irak und in Syrien nachgekommen.

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„Streng genommen etwas ungenau“

„Zoff um Protest gegen kriminelle Ausländer“ titelt die Online-Ausgabe einer Boulevardzeitung. Im Beitrag geht es um Proteste gegen die Einrichtung eines Heimes für jugendliche kriminelle Asylbewerber in einem kleinen Ortsteil einer Großstadt. Die Zeitung berichtet auch über Gegenproteste. Es heißt, die Gegendemonstranten hätten gegen mehrere Ladenbesitzer gepöbelt, die sich gegen das Heim gewandt hätten. Die Ladenbesitzer hätten, so die Zeitung weiter, gesagt, dass sie nichts gegen Asylbewerber, wohl aber gegen Intensivtäter hätten. Zum Beitrag gehört ein Foto, das laut Unterzeile die Gegendemonstration in dem namentlich genannten Ortsteil zeigt. Der Beschwerdeführer, ein Leser der Zeitung, bemängelt eine falsche Ortsangabe. Das Foto sei an einem anderen Ort als dem genannten aufgenommen worden. „Pöbeleien“ habe es nicht gegeben. Die Kundgebung sei friedlich gewesen. Die Rechtsvertretung der Zeitung berichtet, das fragliche Foto sei der Redaktion von einem seit langem für sie tätigen zuverlässigen Mitarbeiter geliefert worden. Dieser habe den Ort des Geschehens als „in der Nähe der Flüchtlingseinrichtung“ gelegen angegeben. Insofern könne die veröffentlichte Ortsangabe streng genommen etwas ungenau sein. Es sei unstreitig, dass Ladenbesitzer Unterschriften gegen ein Heim für kriminelle junge Asylbewerber gesammelt hätten. Die Rechtsvertretung stellt aus ihrer Sicht fest, dass der vor Ort tätige Mitarbeiter korrekt berichtet habe. Selbst, wenn die Polizei von einer friedlichen Demo gesprochen haben sollte, habe der Kollege die Stimmung als aufgeheizt empfunden. Ob Wut in der Luft lag oder nicht sei ein subjektives Empfinden, was kein Grund für den Vorwurf sein könne, gegen das Gebot der journalistischen Sorgfaltspflicht verstoßen zu haben.

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Polizei-Blitz schlägt bei Politiker ein

„Wird hier Thüringens neuer Landes-Chef geblitzt?“ fragt eine Boulevardzeitung. Die Überschrift bezieht sich auf den damaligen Chef der Thüringer Links-Partei, Bodo Ramelow, der kurz darauf Ministerpräsident des Bundeslandes wurde. Die Zeitung berichtet, Ramelows Auto sei bei erlaubten 60 km/h mit 96 Stundenkilometern unterwegs gewesen. Das Auto trage das Kennzeichen „EF-DL 56“. DL stehe für „Die Linke“ und 56 für das Geburtsjahr Ramelows. Der Politiker habe einen Bußgeldbescheid über insgesamt 145 Euro und einen Punkt in Flensburg bekommen. Dagegen habe Ramelow über seinen Rechtsanwalt Einspruch erhoben. Sein Auto werde von mehreren Personen gefahren. An dem besagten Tag sei er in Wien gewesen. Das von der Polizei angefertigte Radar-Foto lasse nicht erkennen, wer am Steuer gesessen habe. Der Kopf des Fahrers sei vom Rückspiegel verdeckt. Die Zeitung berichtet, Ramelow sei schon einmal mit zu hoher Geschwindigkeit erwischt worden. Damals sei das Verfahren eingestellt worden. Dem Beitrag sind drei Fotos beigestellt. Eines ist das Radar-Foto. Ein weiteres zeigt den Wagen des Politikers. Das dritte ist eine Vergrößerung des Nummernschildes des Ramelow-Wagens. Als Beschwerdeführerin tritt in diesem Fall die Pressesprecherin der Fraktion „Die Linke“ im Thüringer Landtag auf. Sie ist der Ansicht, die Veröffentlichung verletze den Schutz der Privatsphäre und das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung des Betroffenen. Mit der Veröffentlichung des Kennzeichens würden Ramelow und Personen aus seinem Umfeld auch in ihrem Privatleben und ihren Alltagsbesorgungen erkennbar. Besondere Brisanz erhalte der Bericht dadurch, dass in letzter Zeit des Öfteren Autos von Abgeordneten der Linkspartei offensichtlich von Rechtsradikalen beschädigt worden seien. Somit ziehe die Veröffentlichung des Autokennzeichens eine Gefährdung von Ramelow, seiner Familie und anderer, die den Wagen nutzen, nach sich. Die Pressesprecherin verweist auf Ziffer 8 des Pressekodex (Persönlichkeitsrechte), wonach der Schutz der Persönlichkeit Vorrang vor dem Informationsinteresse der Öffentlichkeit habe. Das gelte umso mehr, wenn datenrechtlich geschützte Privatdaten veröffentlicht würden. Das sei hier durch die Wiedergabe des Autokennzeichens geschehen. Nach Darstellung des Justiziariats der Zeitung verstößt die Abbildung des Kennzeichens nicht gegen presseethische Grundsätze. Die Argumentation der Beschwerdeführerin sei schlicht falsch. Es habe eine Abwägung zwischen widerstreitenden Interessen stattzufinden. Diese falle in diesem Fall zugunsten der Berichterstattungsfreiheit und dem Informationsinteresse der Öffentlichkeit aus. Die Rechtsvertretung bezieht sich auf einen Beschluss des Landgerichts Kassel. Danach gehören Auto-Kennzeichen nicht zur Privatsphäre, sondern sind Teil der nach außen gewandten Sozialsphäre, da sie für jedermann erkennbar sind. Das Kennzeichen „EF-DL 56“ liefere wichtige Anhaltspunkte dafür, dass Ramelow den Verkehrsverstoß begangen habe. An dem Vorgang habe ein erhebliches öffentliches Informationsinteresse bestanden. Für die Wähler sei es im Hinblick auf die bevorstehende Landtagswahl wichtig gewesen zu wissen, wie ein Politiker sich zu Gesetzesverstößen verhalte.

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Eine ganze Seite Schleichwerbung

Eine Fernsehzeitschrift veröffentlicht einen ganzseitigen Beitrag unter der Überschrift „Mit der Knappschaft fit und gesund durch die kalte Jahreszeit“. Dabei geht es den Schutz vor Infekten im Winter. Eine Vertreterin der Knappschaftskrankenkasse äußert sich zu Fragen der Schutzimpfungen. In einem beigestellten Kasten gibt sie weitere Tipps zur Abwehr von Erkältungen. Ein zweiter Kasten verweist auf ein Gewinnspiel auf der Homepage der Knappschaft. Der Beitrag enthält auch den Hinweis auf weitere Gesundheitstipps, die man über die Homepage der Krankenkasse erreicht. Auch die genaue Internetadresse wird im Artikel genannt. Ein Leser der Zeitschrift kritisiert die Schleichwerbung für die Knappschaftskrankenkasse, mit der gegen Ziffer 7 des Pressekodex verstoßen worden sei. Der Chefredakteur der Fernsehzeitschrift verweist auf ein früheres Beschwerdeverfahren zum gleichen Thema, das mit einer Missbilligung durch den Presserat abgeschlossen worden sei. Er spricht von einer „Wiedergutmachungsseite“ für die Krankenkasse.

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Subjektives Empfinden eines Journalisten

In einem Ortsteil einer Großstadt soll ein Heim für kriminelle jugendliche Asylbewerber eingerichtet werden. Nach Darstellung der Online-Ausgabe einer Boulevardzeitung gibt es Proteste gegen die Einrichtung. Sie berichtet auch von Gegenprotesten. Danach hätten Gegendemonstranten Ladenbesitzer angepöbelt, die sich gegen die Flüchtlingseinrichtung gewandt hätten. Die Ladenbesitzer werden mit den Worten zitiert, sie hätten nichts gegen Asylbewerber, wohl aber gegen Intensivtäter. Dem Artikel ist ein Foto beigestellt, das laut Unterschrift die Demonstration an einem namentlich genannten Ort zeigt. Eine Leserin der Zeitung kritisiert, dass die Zeitung den Ort der Demonstration falsch angegeben habe. Schon deshalb sei es falsch zu behaupten, dass rund 200 Demonstranten an diesem Ort die Ladenbesitzer angepöbelt hätten. Die Polizei sei bei der Demonstration gewesen und habe hinterher gesagt, dass sie friedlich abgelaufen sei. Die Rechtsvertretung der Zeitung teilt mit, der Artikel und das Bild seien der Redaktion von einem langjährigen und bewährten Mitarbeiter geliefert worden. Dieser habe den Ort des Geschehens als „in der Nähe der Flüchtlingseinrichtung“ liegend beschrieben. Insofern könne die im Beitrag gemachte Ortsangabe strenggenommen etwas ungenau sein. Feststehe, dass Ladenbesitzer im Umfeld des geplanten Asylbewerberheims Unterschriften gesammelt hätten. Dies sei unstrittig und werde von der Beschwerdeführerin auch nicht beanstandet. Die vom Autor des Beitrages beschriebenen Vorgänge auf der Demonstration haben sich aus dessen Sicht so zugetragen, auch wenn die Polizei von einem friedlichen Verlauf spreche. Das sei kein Widerspruch zu der Aussage des Journalisten, dass die Stimmung aufgeheizt gewesen sei. Ob Wut in der Luft lag oder nicht, sei ein subjektives Empfinden des beobachtenden Journalisten. Ein Verstoß gegen das Gebot der journalistischen Sorgfaltspflicht könne davon nicht abgeleitet werden.

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