Entscheidungen finden

Wie hat der Presserat entschieden?

Rüge, Missbilligung oder Hinweis, wie hat der Presserat entschieden? Hier können Sie online in der Spruchpraxis des Presserats eine Auswahl an Beschwerdefällen von 1985 bis heute recherchieren.

Bitte beachten: Im Volltext abrufbar sind nur Entscheidungen mit den Aktenzeichen ab 2024, z.B. 0123/24/3-BA!
Sie müssen dazu immer das volle Aktenzeichen eingeben, also 0123/24/3-BA.

Nach detaillierten Richtlinien (z.B. 8.1) können Sie erst ab den Fällen aus 2024 recherchieren. Ältere Fälle werden nur unter der entsprechenden Ziffer (z.B. 8) angezeigt.

Sie haben Fragen zu unseren Sanktionen? Hier finden Sie Erläuterungen.

 

Entscheidungsjahr
7055 Entscheidungen

Namen von Kindern veröffentlicht

Ein Nachrichtenmagazin berichtet online über die Entführung zweier Kinder aus früheren Beziehungen durch ein Paar nach Paraguay. Das Paar habe Kontakt zu den Anwälten der ehemaligen Lebenspartner und Kindseltern aufgenommen. Der Anwalt wird dahingehend zitiert, dass daran gearbeitet werde, „einen sinnvollen Weg zurück nach Deutschland zu finden, wo die Kinder gehört und behördliche Entscheidungen getroffen werden. Übersetzt heißt das, dass das Ehepaar sich gemeinsam mit den Kindern stellt und - wenn möglich - nach Deutschland ausreist.“ Die Redaktion schreibt im weiteren Verlauf des Beitrages: „Gerechnet wird damit, dass sich die Gesuchten innerhalb der nächsten Stunden oder spätestens Tage stellen.“ Dem Beitrag ist eine Abbildung des in Paraguay veröffentlichten Fahndungsplakats beigefügt, auf dem auch ein Foto der Kinder gezeigt und deren vollständige Namen genannt werden. Der Beschwerdeführer sieht presseethische Grundsätze verletzt. Er kritisiert, dass die Zeitschrift die Bilder der Kinder zeigt und ihre Namen nennt. Dass die Zeitung lediglich das Foto eines Fahndungsplakats zeigt, ist für ihn irrelevant. Die Rechtsvertretung des Magazins hält die Abbildung des Fahndungsplakats für legitim. Das hätten im Übrigen viele deutsche Medien genauso gesehen. Die sorgeberechtigte Mutter eines der im Bild gezeigten Mädchen, sei mit der Veröffentlichung ausdrücklich einverstanden gewesen.

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Frau wurde Person des öffentlichen Lebens

Eine Großstadtzeitung berichtet gedruckt und online über eine namentlich genannte Frau, die als sogenannte „Instagram-Polizistin“ für ihre Dienststelle ein positives Image für die Polizei generieren soll, indem sie Posts über ihre Arbeit bei der Hundestaffel und ihren Hund veröffentlicht. Ihr Account habe fast 8.500 Follower. Der schöne Schein bekomme nun Risse. Nach Informationen eines Recherche-Kollektivs fänden sich in den sozialen Medien nämlich auch Fotos von ihr und ihrem namentlich genannten Lebensgefährten. Dieser bewege sich seit mehr als zehn Jahren in der rechtsextremen Szene und sei 2013 wegen Sachbeschädigung verurteilt worden, nachdem er 2010 mit anderen eine alternative Kneipe gestürmt, einen Gast verletzt und die Einrichtung zerstört hatte. Zudem sei er 2014 an der Gründung der rechtsextremen Partei „Der III. Weg“ beteiligt gewesen. Ein Leser der Zeitung sieht durch die Berichterstattung mehrere presseethische Grundsätze verletzt. Der Presserat lässt die Beschwerde beschränkt zu auf einen möglichen Verstoß gegen die Ziffer 8 des Pressekodex (Persönlichkeitsrechte). Die Rechtsvertretung der Zeitung steht auf dem Standpunkt, die Frau sei durch ihren Instagram-Account eine Person des öffentlichen Lebens geworden. Sie wurde bewusst von der Dienststelle zur Imagepflege eingesetzt und aufgebaut. Ihr Agieren ist insofern von öffentlichem Interesse. Sie selbst hat in den sozialen Medien die Öffentlichkeit gesucht.

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Herkunft ist von öffentlichem Interesse

Eine Großstadtzeitung berichtet online über die Amokfahrt am Berliner Breitscheidplatz vom Juni 2022. Die Redaktion erwähnt, dass der Autofahrer 29 Jahre alt und Deutsch-Armenier sei. Ein Terrorverdacht bestehe nicht. Ein Leser der Zeitung vertritt die Ansicht, die Abstammung eines Täters habe keine Relevanz, wenn der aktuelle Erkenntnisstand laut Polizei darauf hindeute, dass es sich um eine Amokfahrt gehandelt habe. Es hätten keinerlei Hinweise auf ein z.B. religiös-fanatisch motiviertes Attentat vorgelegen. Die Bezeichnung des Täters als „Deutsch-Armenier“ sei darüber hinaus unklar. Falls der Täter die deutsche Staatsangehörigkeit besitze, sei er Deutscher. Eine Unterscheidung würde suggerieren, dass es Deutsche und „Nicht-so-richtig-Deutsche“ gebe. Eine fremdenfeindliche Lesart im Sinne von „das war also keiner von uns“ möge nicht beabsichtigt sein, sei aber naheliegend und leider häufig. Der stellvertretende Chefredakteur der Zeitung hält die Berichterstattung für presseethisch in Ordnung. Die mediale Aufmerksamkeit für die Amokfahrt sei von Beginn an enorm gewesen. Das habe einen historischen Grund: Die Terrorattacke des Islamisten Anis Amri 2016 fast an gleicher Stelle. Durch die Nennung der Herkunft würden keine diskriminierenden Stereotype bedient oder Gruppen verunglimpft. Eine Verknüpfung mit abwertenden Begriffen liege nicht vor. Die Gruppenzugehörigkeit werde nicht unangemessen herausgestellt, sondern finde sich nur in einer Zwischenüberschrift. Die Gruppenzugehörigkeit – so der stellvertretende Chefredakteur – werde nicht als bloßes Stilmittel benutzt. Es werde über eine schwere Straftat berichtet, an der ein besonderes öffentliches Interesse bestand.

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Der Begriff „Zigeuner“ ist inakzeptabel

Eine überregionale Zeitung berichtet in ihrer Online-Version unter der Überschrift „Der Galgen von Beerfelden“ über eine Wanderung zu einem Denkmal im Odenwald. Dort fanden früher Hinrichtungen statt. Der Bericht enthält diese Passage: “Obwohl häufig schon bei geringer Schuld verhängt, bildeten Todesurteile die Ausnahme. Das letzte überlieferte erging 1804 gegen eine Zigeunerin wegen ´Mundraubs´ für ihre hungernden Kinder.“ Ein Leser der Zeitung kritisiert, der Begriff Zigeuner ohne Anführungszeichen oder irgendeine andere Distanzierung verstoße gegen Ziffer 12 des Pressekodex (Diskriminierungen). Es handele sich um die Diskriminierung einer ethnischen Minderheit. Der Begriff Zigeuner gelte heute gemeinhin als inakzeptabel. Die Rechtsabteilung der Zeitung übermittelt die Stellungnahme der Redaktion. Danach sei das Wort „Zigeunerin“ in einem historischen Kontext verwendet worden. Der vorliegende Fall sei somit nicht im Ansatz vergleichbar mit denjenigen, über die der Presserat in der Vergangenheit zu entscheiden gehabt habe. Schon aus dem oben zitierten Satz und im Kontext der übrigen Berichterstattung gehe hervor, dass es um den damaligen Sprachgebrauch zu Beginn des 19. Jahrhunderts gehe. Dass der Satz den Eindruck erwecke, Zigeuner „sei auch heute noch eine ganz normale Bezeichnung“, sei abwegig. Unabhängig davon habe sich die Redaktion entschlossen, die Dinge durch eine kleine Umformulierung noch klarer zu machen. Im Text heiße es nunmehr: „Das letzte überlieferte erging 1804 gegen eine ´Zigeunerin´, wie man damals sagte, wegen ´Mundraubs´ für ihre hungernden Kinder.“

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Wie lange leben Nutz- und Wildtiere?

Eine Fachzeitschrift berichtet über die Lebenserwartung von Nutz- und Wildtieren. Landwirten begegne immer wieder der Vorwurf, sie würden Tiere lange vor dem Erreichen ihrer natürlichen Lebenserwartung schlachten lassen. Doch in der Natur würden die Tiere noch viel jünger sterben. Der Artikel, der erklärtermaßen eine Argumentationshilfe liefern will, erläutert für verschiedene Tierarten, dass die Lebenserwartung in freier Wildbahn unter der von Nutztieren liege. Ein Leser der Zeitschrift trägt vor, unter anderem die Kernaussage des Artikels, dass Nutztiere im Durchschnitt nicht jünger sterben als ihre wilden Verwandten, sei nicht korrekt. Der Beschwerdeführer nennt dazu diverse Quellen zur Lebenserwartung verschiedener Wildtiere. Der Chefredakteur der Zeitschrift schickt dem Presserat eine Stellungnahme der Autorin des kritisierten Beitrages. Er unterstütze deren Argumentation in vollem Umfang und sehe daher auch keine Notwendigkeit, den Beitrag abzuändern. Die Autorin erklärt, der Beschwerdeführer beklage die mangelnde Sorgfalt bei der Recherche zu ihrem Artikel. Tatsächlich solle der Artikel aber dazu dienen, immer wieder kolportierte Zahlen in Frage zu stellen.

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„Parallele ist unwürdig und Quatsch“

Eine Regionalzeitung veröffentlicht in einigen ihrer Lokalausgaben eine Serie zu einer Rede eines Ortshistorikers. Deren Thema ist die Verlegung von sogenannten Stolpersteinen und deren Folgen. Unter der Überschrift „Unwürdig und Quatsch dazu“ bringt die Zeitung im „Editorial“ einen Beitrag, in dem der Autor die Rede des Historikers kritisiert. Die dort gezogene Parallele zur NS-Zeit mit Blick auf den heutigen Umgang mit Ungeimpften sei gewagt und „unwürdiger Quatsch“. In der gleichen Ausgabe erscheint der Bericht eines Redakteurs der Zeitung, der sich auf die Äußerungen des Ortshistorikers konzentriert. Überschrift: “Ortshistoriker zieht Parallelen zur NS-Zeit im Umgang mit Ungeimpften“. Beschwerdeführer ist in diesem Fall der erwähnte Ortshistoriker. Er sieht mehrere presseethische Grundsätze verletzt. Vor allem stört er sich an dem Passus mit dem NS-Vergleich. Für die Zeitung nimmt deren Chefredakteur zu der Beschwerde Stellung. Er hält die Berichterstattung für korrekt.

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Kassel: Ein Bild löste einen Skandal aus

Eine Wochenzeitung veröffentlicht unter der Überschrift „Unser Thema ist Klasse, nicht Rasse“ ein Interview mit dem Künstlerkollektiv Taring Padi. Thema ist der Antisemitismus-Skandal anlässlich der Documenta in Kassel, den eines seiner Bilder ausgelöst hat. Die Redaktion schreibt, dies sei das erste Interview mit Taring Padi. Der Beschwerdeführer, ein Leser der Zeitung, widerspricht dieser Behauptung. Schon einige Tage vorher habe eine andere Zeitung ein Interview mit Taring Padi gebracht, ebenso andere indonesische Medien. Die Rechtsvertretung der Wochenzeitung teilt zu der Beschwerde mit, ein Sprecher des Kollektivs habe mehrfach versichert, dass dies das erste Interview mit einem deutschen Printmedium sei. Vor diesem Hintergrund habe die Redaktion davon ausgehen können, dass diese Aussage korrekt sei.

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Redaktion hat sorgfältig recherchiert

Ein Nachrichtenmagazin berichtet unter der Überschrift „Vizegeheimdienstchefin auf bedenklicher Reise im Iran“ über eine private Reise der Vizepräsidentin des Verfassungsschutzes. Ein Leser des Magazins hält die Berichterstattung für unkorrekt. Die letzte Reise der Verfassungsschützerin sei 2017 gewesen. Die Behauptung in der Überschrift sei falsch, da die Frau 2017 noch nicht „Vizegeheimdienstchefin“ gewesen sei. Der stellvertretende Chefredakteur der Zeitschrift stellt fest, die Berichterstattung über eine problematische Reise der leitenden BfV-Mitarbeiterin basiere auf Recherchen eines äußerst erfahrenen, langjährigen Mitarbeiters. Dieser habe das Bundesamt für Verfassungsschutz mit seinen Rechercheergebnissen konfrontiert. Eine detaillierte Anfrage sei mit dem Satz beantwortet worden: „Wir bitten um Verständnis, dass sich das BfV grundsätzlich nicht zu Mitarbeitenden und deren etwaigen Reisetätigkeiten äußert“. Der stellvertretende Chefredakteur des Magazins spricht von einem erheblichen Informationsinteresse der Öffentlichkeit an diesem Fall. Er stellt fest, dass die Redaktion allen Anforderungen des Pressekodex gerecht geworden ist.

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Ausriss enthält das Wort „Zigeuner“

Eine Regionalzeitung veröffentlicht einen Beitrag unter der Überschrift „Vor 120 Jahren“. Der Artikel ist ein Ausriss aus einer Tageszeitung, erschienen im Jahr 1902. Thema ist eine seinerzeit aktive Diebesbande. Darin enthalten ist diese Passage: „In der Wohnung eins Arbeiters, der als Stabschläger in Pasewalk arbeitet, an dem Tage jedoch zu Hause war, benutzte eine Zigeunerin, als sie einen Augenblick allein im Zimmer war, die günstige Gelegenheit und stahl aus einer Kommode die Ersparnisse der Familie im Betrag von 100 Mark. Der Diebstahl wurde jedoch sofort bemerkt, die Zigeuner wurden verfolgt und ihnen das Geld wieder abgenommen.“ Ein Leser der Zeitung sieht in dem unkommentierten Nachdruck des Artikels aus dem Jahr 1902 eine Verletzung des Pressekodex. Hier würden rassistische Klischees ebenso gedankenlos wiedergegeben, wie die Anwendung körperlicher Gewalt gegen ethnische Minderheiten durch das unkommentierte Zitieren nachträglich gebilligt werde. Dies scheine vor dem Hintergrund des von den Deutschen verübten Genozids an den Sinti und Roma und der latent fremdenfeindlichen Stimmung in Teilen der Bevölkerung Vorpommerns nicht akzeptabel. Der Chefredakteur der Zeitung trägt vor, dass sich der kritisierte Beitrag durch den Ausriss-Charakter klar von den übrigen redaktionellen Inhalten der Zeitung unterscheide. Schon durch die Überschrift „Vor 120 Jahren“ werde klar, dass es sich nicht um einen aktuellen Beitrag der Redaktion, sondern um einen Nachdruck handele. Der Leserschaft dürfte bewusst sein, wie die historischen Texte einzuordnen seien und dass sich die Redaktion deren Inhalte in keiner Weise zu Eigen mache. Dazu bedürfe es keiner wortreichen Einordnung.

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Erste Hilfe bei einem Schützenfest

Unter der Überschrift „Erste Hilfe in neuen Händen“ berichtet eine Lokalzeitung über die Erstversorgung beim Schützenfest in einem Ort des Verbreitungsgebiets. Die Bereitschaft des Deutschen Roten Kreuzes sei über Jahrzehnte ein fester Bestandteil des Schützenfestes gewesen und würde dies auch gerne bleiben. Aber das sei personell mehr leistbar, zitiert die Zeitung den örtlichen Platzmeister. Der hatte sich im Beisein der Compagnie-Vorstände in den Räumen des „Fire and Rescue Services“ geäußert. Dieser werde künftig die Grundversorgung in Erster Hilfe während des Schützenfestes gewährleisten. Der Beschwerdeführer stellt fest, der Platzmeister gebe per Artikel eine Erklärung zur Situation des DRK-Ortsvereins ab, zu der er als Nicht-Mitglied des DRK-Ortsvereins nicht berechtigt sei. Auch sei die Erklärung nicht korrekt. Die DRK-Bereitschaft habe diesmal aus personellen Gründen nur die Verpflegung abgesagt. Die Besetzung und Durchführung des Sanitätsdienstes sei zu keinem Zeitpunkt in Frage gestellt gewesen. Des Weiteren handele es sich um Maßnahmen des Sanitätsdienstes bzw. erweiterten Sanitätsdienstes und nicht nur um Erste Hilfe. Ein Mitglied der Chefredaktion nimmt zu der Beschwerde Stellung. Mit Verwunderung nehme man diese zur Kenntnis. Schon in der Begründung des Beschwerdeführers werde deutlich, dass es sich bei diesem Streit um ein Missverständnis zwischen den handelnden Personen (in diesem Fall der DRK-Ortsverein und der Platzmeister) handele. Letzterer begründe seine Entscheidung über die Vergabe des Sanitätsdienstes für das Schützenfest. Die von ihm gegenüber dem Redakteur getätigte Aussage sei unbestritten und daher korrekt wiedergegeben. Die Beschwerde sei gegenstandslos.

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